Wie lernt man eine Fuge?

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Ich habe mir mal vorgenommen, nach und nach das komplette Wohl Temperierte Klavier zu lernen, deswegen wollte ich mal einen Thread aufmachen, um Tipps zu sammeln, wie man überhaupt an eine Fuge rangeht.

Da gibt es so Fragen wie:

- Wie übe ich sie am besten? ;)

- Wie kann ich üben, mir jede einzelne Stimme vorzustellen und dynamisch unterschiedlich zu spielen?

- Sollte man auch erst nach dem Motto, erst die eine Hand, dann die andere Hand, dann beide zusammen üben?

Würde mich freuen, wenn ihr Erfahrungen und Tipps hier reinschreiben würdet.
 
Kann dir zwar keine Antworten bieten, dises Thema ist für mich aber auch sehr interessant, da ich auch gerade gestern das Wohltemperierte Klavier bekommen habe und mich auch dahintersetzen will :)

Freue mich auch schon auf Antworten!


MfG
Mathias
 
Ich übe gerade an einer Fuge und ich habe folgende allgemeine Tipps bekommen:

1) Die Hände sehr oft getrennt üben.
2) Die Stimmen (!) einzeln spielen.
3) Genau wissen, wie das Thema gespielt wird, denn das kommt ja immer wieder.
4) Formale Analyse
5) Beim Zusammenfügen der Hände genau aufpassen, dass beide Hände so spielen, wie vorher (als sie einzeln gespielt haben)

Ob die Tipps gut sind, könnt ihr herausfinden, wenn ich eine Aufnahme "meiner" Fuge ins Forum stelle ;)

marcus

@ubik: Da hast du dir ja viel vorgenommen :cool:
 
Ich mach das meistens so:

1. Ich schau mir die Partitur an: Wie viele Stimmen, welche Tonart? Dann:
- Markiere ich die einzellnen Stimmen (im WTK 2-5) mit Farbe oder sonstigem. So, dass ich sie halt getrennt vor mir habe.
-Notiere mir das Thema und die Passagen in denen es auftritt, gleiches gilt für Sequenzen (hoch, runter), 1 (und 2) Gegenthema, etc.
Also quasi eine Formanalyse der Fuge.

2. Als nächstes übe ich alle Stimmen getrennt, bis ich sie auswendig kann (Wenn die Stimme die Hand wechselt dann wechsle ich auch die Hand ohne die Passage zu überspringen.) Dabei mache ich mir gleichzeitig die oben Analysierten Punkte bewusst.
Sitzen alle Stimmen (noch ohne Vortragsbezeichnungen und Dynamik) auswendig und sicher, spiele ich:

3. Stimme 1 + Stimme 2 | Stimme 1 + Stimme 3 | Stimme 2 + Stimme 3 ... usw, sodass jede Stimme mal mit jeder erklungen ist. Hierbei darauf achten das, wenn man z.B Thema und Kontrapunkt hat das Thema herauszustellen, also lauter zu spielen. (Also mehr auf Dynamik und Artikulation achten.)

4. Alle Stimmen beidhändig langsam zusammen (Vorher wenn nötig noch Hände getrennt alle Stimmen zusammen). Wenn die Fuge auswendig sitzt, folgt noch die Feinarbeit: Wo tritt das Thema auf (Betonen), crescendo, decrescrendo in den Sequenzen, sonstige Vortragsbezeichnungen, etc.)
 
Ich üb immer nur ein paar takte. wenn das Thema 2 Taktik ist, dann erst nur das erste Thema, dann die nächsten 2 Takte mit Thema und Kontrapunkt1 usw...
dann nehm ich mich auf und höre ob man alle Stimmen so hört wie ich denke dass ich sie spile (weil ich beim Spielen nie auf alle gleichzeitig achten kann).

Mir wurde auch mal gesagt ich soll alle Stimmen einzeln üben, das ist wohl die von Lehrern am liebsten gesehene Übweise. Bei mir ist das aber eher kontraproduktiv, weil mir das Zusammenfügen zweier Stimme genauso viel arbeit macht wie neu lernen.
 
dann nehm ich mich auf und höre ob man alle Stimmen so hört wie ich denke dass ich sie spile

Mir wurde auch mal gesagt ich soll alle Stimmen einzeln üben, das ist wohl die von Lehrern am liebsten gesehene Übweise. Bei mir ist das aber eher kontraproduktiv, weil mir das Zusammenfügen zweier Stimme genauso viel arbeit macht wie neu lernen.

Wenn du dir beim Spielen nicht bewusst bist, was du spielst, musst du dir dieses Bewusstsein schaffen. Es ist anfangs nicht leicht, überhaupt verschiedene Töne in einem Akkord deutlich zu hören, aber es ist lernbar. Mit der Zeit wirst du auch ganze Stimmen unterhalb der Oberstimme verfolgen können und schließlich auch beim Spielen untere Stimmen ganz bewusst hören und gestalten können. Einfache Hörübungen der Marke "Spiele einen zweinotigen Akkord und singe beide Töne von unten auf" können da bereits helfen, das Hören zu verbessern.

Aber dazu ist es wichtig, diese Stimmen zu kennen. Am schnellsten kommt man immer dann voran, wenn man dem Gehirn die Arbeit so leicht wie möglich macht. Bei zwei völlig unbekannten Stimmen auf einmal ist das aber eine Überforderung. Stattdessen solltest du die Stimmen einzeln spielen, um sie kennenzulernen - nur so wirst du sie später im Zusammenspiel bewusst wahrnehmen können.
 
Mir hilft es sehr - nicht nur bei Fugen - die jeweilige Hauptstimme mitzusingen oder mitzudenken, ganz egal, wo sie gerade gespielt wird. Dabei muß man aber auch darauf achten, daß die einzelnen Stimmen ihren Zusammenhalt nicht verlieren. Dafür kann man dann wieder die einzelnen Stimmen mitsingen.

Viel schlimmer fand ich lange Zeit das zusammenfriemeln der Fingersätze. Aber seitdem ich die selbst ausarbeiten muß (insbesondere im Orgelunterricht), wissen die Finger oft schon fast von selbst, wie es am besten geht und ich lerne auch fleißig, wie und wo man schummeln darf :D
 
Frage: Wenn ich zwei Stimmen mit einer Hand spiele, wie schaffe ich es, dass die eine Stimme leiser als die andere ist? Wenn ich beispielsweise e und g mit dem Fingersatz 1 und 3 spiele, wie bekomme ich das e lauter als das g?
 
Ganz hilfreich ist es, die Fuge in Partitur zu notieren: Jede Stimme erhält ein eigenes System. Die musikalische Struktur wird erst einmal visuell transparenter. Im übrigen schult es ungemein die Auffassungsgabe, mehrere Systeme im Blick haben zu müssen. (Für Organisten ist das allerdings das tägliche Brot.)

Und dann, wie schon Mathieu vorschlug, jede Stimme mit jeder kombinieren (und die dritte Stimme dazu singen :mrgreen:)

Ich habe für meine Schüler mal die dreistimmigen Sinfonien von J.S. Bach in dieser Weise aufgearbeitet und ins Netz gestellt. (Für die Qualität der Fingersätze möchte ich allerdings nicht mehr einstehen. Ich habe vieles mittlerweile geändert und müßte die Dateien mal entsprechend überarbeiten ...)
 
Frage: Wenn ich zwei Stimmen mit einer Hand spiele, wie schaffe ich es, dass die eine Stimme leiser als die andere ist? Wenn ich beispielsweise e und g mit dem Fingersatz 1 und 3 spiele, wie bekomme ich das e lauter als das g?

Spiel die Stimmen erstmal einzeln, aber mit dem korrekten Fingersatz. Die leisere sehr leise, die lautere normal.

Einzelne Töne kann man "bearbeiten", indem man den Hauptton normal anschlägt und den Nebenton DANACH (auch wenn er gleichzeitig zu spielen wäre) sehr leise ein paar mal wiederholt. Natürlich geht das nicht von heute auf morgen, aber eine Woche sollte eine deutliche Verbesserung bringen.
 
Frage: Wenn ich zwei Stimmen mit einer Hand spiele, wie schaffe ich es, dass die eine Stimme leiser als die andere ist? Wenn ich beispielsweise e und g mit dem Fingersatz 1 und 3 spiele, wie bekomme ich das e lauter als das g?


Es ist eine Sache der Gewichtsverlagerung und Federung. Man kann es so üben, daß der Finger der den lauteren Ton zu spielen hat, mehr gestreckt ist - somit kommt er ein ganz klein bißchen früher unten an und knickt beim Anschlag weniger ein als der andere. Die Anschlagsbewegung kommt aus dem Handgelenk oder aus dem Arm. Anfangs kann man die leichte Zeitdifferenz außer acht lassen, im Lauf der Übung läßt sich dieses Nachschlagen dann problemlos korrigieren. An manchen Stellen ist es aber auch ein reizvoller Effekt.
 

Soll man Fugen (oder Bach allgemein) jetzt eigentlich mit Dynamik oder ohne spielen. Ich habe mir viele Meinungen von verschiedenen Lehrern angehört und die waren so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Die einen sagen: Ja bei der Stelle muss aber schon ein crescendo her. Und dann spiel ich das so und dann bekomm ich als Antwort von wem anderen: Du spielst das viel zu romantisch!
Also wie jetzt? Vom Pedal will ich ja jetzt garnicht anfangen...

Zum üben der Fuge: Also ich probier am Anfang auch immer die Fuge ein bisschen zu analysieren und dann üb ich halt mal mit jeder Hand das Thema ein und dann schön langsam zusammen.
 
Soll man Fugen (oder Bach allgemein) jetzt eigentlich mit Dynamik oder ohne spielen. Ich habe mir viele Meinungen von verschiedenen Lehrern angehört und die waren so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Die einen sagen: Ja bei der Stelle muss aber schon ein crescendo her. Und dann spiel ich das so und dann bekomm ich als Antwort von wem anderen: Du spielst das viel zu romantisch!
Also wie jetzt? Vom Pedal will ich ja jetzt garnicht anfangen...

Zum üben der Fuge: Also ich probier am Anfang auch immer die Fuge ein bisschen zu analysieren und dann üb ich halt mal mit jeder Hand das Thema ein und dann schön langsam zusammen.

Natürlich mit Dynamik! ;)
 
Anstatt die Stimmen langwierig in einzelne Systeme zu schreiben, kann man sich auch mal eine visualisierte Fuge anschauen. :)
Leider gibt es das nur von ganz wenigen Fugen.

marcus
 
Was Dynamik in Bachschen Fugen angeht, so darf man heute alles. Ich finde sowieso, daß man Musik unter drei Aspekten interpretieren kann:

- Wie wurde es zu Lebzeiten des Komponisten gespielt
- Wie hätte der Komponist es haben wollen, wenn er die heutigen Möglichkeiten gehabt hätte (höchst spekulativ!)
- Wie kann man das Stück aus heutiger Sicht verstehen

So gesehen könnte man jede Fuge schon mindestens dreimal spielen :)

Und dann kann man noch einmal anfangen und sie so spielen, wie man es selbst für am besten hält...
 
@ Guendola:
Schön formuliert. Nur -für die "Kunst der Fuge" benötigt man dann eine gehörige Portion Sitzfleisch und eine gute Kondition. :D
 

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