Warum wird keine geniale Musik mehr gemacht?

Letztens hab ich einer Zeitung einen Artikel über den schweizer Komponisten David Philip Hefti gelesen. Hier kann man sich eine seiner Kompositionen mit Noten unterlegt anhören: Klick (links auf Hörprobe mit Notenbeispiel) Ich möchte jetzt kein Urteil über den musikalischen Wert solcher Kompositionen fällen, aber ich finde die Umstände, das alles zu notieren, fast interessanter, als was letztlich für Töne daraus entstehen.
So hat sich übrigens die Schostakowitsch-Sinfonie angehört, die unser Lehrer uns mal aufgelegt hat. Daher meine ehemalige Schostakowitsch-Phobie

Natürlich ist im Film viel Schund, aber deshalb die einzige verbliebene massenwirksame Bühne für symphonische tonale (ich will nicht sagen "normale") Musik innerhalb von drei Worten in einer Klammer abzutun, ist schon mangelnder Ernst beim Herangehen an zeitgenössische Musik. Die Bühne die es gibt wird abgelehnt, weil 99% schlecht/primitiv ist, andere Bühnen werden nicht geschaffen.
@Pilo: Da hast du Pitt falsch verstanden. Er hat mit Sicherheit nichts gegen Filmmusik ( wie ich finde, ist das übrigens oft klasse Musik), aber es liegt nahe, an Filmmusik zu denken, wenn man von moderner, tonaler, orchestraler Musik spricht. Diese Einschränkung wollte Pitt wohl vermeiden;)

@Pitt: Korrigier mich, wenn ich eben Mist verzapft habe;)






Hacon
 
Letztens hab ich einer Zeitung einen Artikel über den schweizer Komponisten David Philip Hefti gelesen. Hier kann man sich eine seiner Kompositionen mit Noten unterlegt anhören: Klick (links auf Hörprobe mit Notenbeispiel) Ich möchte jetzt kein Urteil über den musikalischen Wert solcher Kompositionen fällen, aber ich finde die Umstände, das alles zu notieren, fast interessanter, als was letztlich für Töne daraus entstehen.

es gibt wirklich leute, die so etwas für musik halten? das ist genau das, was ö1 sonntag nacht in der reihe "neue musik" spielt: das akustische äquivalent des inhalts eines müllcontainers.

:floet:
 
Viele finden Klassik auch nicht schlimm und hören es sogar gerne. (Kann ich bei meiner Mutter in der Grundschule beobachten und bei mir in der Klasse)

Das Problem ist denk ich, dass sie nicht hingeführt werden. Und dass man heute ja immer das Neuste vom Neuen will. Und das ist Klassik leider nicht.

Wir hatten das schonmal mit dem Klavierkonzert der Zukunft. Wenn man etwas für die klassik tun will und dafür dass mehr Leute es hören, muss man es schaffen, dass einer der keine Klassik hört in ein gutes Konzert geht.
Ich will wetten, dass es dann einigen gefallen wird.

oli
 
Ich würde sie nicht als blöd bezeichnen.
Klassische Musik nicht zu mögen heißt ja nicht dass man blöd ist.

oli
 
Mancher Zuhörer, der klassische Musik noch nie gehört hat, wird es als ein neues Erlebnis wahrnehmen, klassische Musik zu hören. Das ist mir auch so ergangen. Ich hab auch erst mit 17 angefangen, mich für klassische Musik zu interessieren und vor meinen Augen eröffnete sich eine neue Welt.
Genauso wars auch bei mir.
Das ist auch der Grund, warum in China viel mehr Jugendliche in klassische Konzerte gehen als in Europa.





Hacon
 
*rofl*

also ich schätze ich gehöre hier in diesem forum zu denen, die am allerwenigsten klassik hören (zumindest das, was wir landläufig als klassisch bezeichen), aber ich interessiere mich dann und wann doch dafür. dieses interesse kommt natürlich von der filmmusik her, die sich ja reichlich im pool der klassik bedient.

das mit dem heranführen ist ein interessanter gesichtspunkt. in der schule (einer nicht-musischen) bekommt man klassik bestenfalls peripher mit und ist meistens zu jung, um irgend etwas damit anfangen zu können, wenn man keinerlei ERKLÄRUNG dazu bekommt. musikunterricht mit pädagogen, die es zustandebringen, klassische musik (oder musik überhaupt) als etwas interessantes zu präsentieren, als ein organisches etwas, das man erforschen kann, wären nicht schlecht.

ich habe glücklicherweise einen freund, der ein halbes jahr jünger ist als ich, und in wien musik und französisch lehramt studiert - der "führt mich an die klassik heran" ... :)
 
Also was die klassische Musik angeht: da gibt es ja auch etwas zeitgenössischere Komponisten, die eigentlich auch schon tot sind, aber dennoch als "modern" gelten: Z.B. hab ich mir die CD von Nikolai Tokarew gewünscht, und da ist eine Bonus-CD von Mussorgsky und Prokofieff drauf, Leute, da kann ich gar nichts mit anfangen. Klingt für meine Ohren einfach nur schräg, disharmonisch, auch längeres (qualvolles) Anhören bringt da nix, ich finde es einfach nur schrecklich.
Klassik hat viele Gesichter, sie ist nicht nur brav und rein, sondern auch oft verstörend und schwierig, und Klassik ist wie Kunst: es kommt auf das Auge des Betrachters an, entweder man mag sie oder nicht. Nur die Leute im 18/19.Jahrhundert hatten keine Wahl: es gab nichts anderes. Und die arme Bevölkerung (waren ja die meisten Menschen damals) hatte gar keine Möglichkeit, sich überhaupt Musik anzuhören.
Mozart war genial, Beethoven auch, Chopin einfach nur unvorstellbar, aber: würden diese Menschen heute in irgendeiner Form auffallen? Sicher, sie wären hochbegabt, musisch hätten sie alle Preise bei "Jugend musiziert" abgeräumt. Und sonst?
Die Zeiten haben sich geändert, es gibt einfach zuviel Eindrücke, die auf uns jeden Tag einstürzen. Es gibt einfach nicht mehr diese "Einzigartigkeit" mehr, wir sind übersättigt, Kunst und auch Musik muss andere Wege einschlagen, um wieder im Mittelpunkt zu stehen.
 
Wir hatten das schonmal mit dem Klavierkonzert der Zukunft. Wenn man etwas für die klassik tun will und dafür dass mehr Leute es hören, muss man es schaffen, dass einer der keine Klassik hört in ein gutes Konzert geht.
Ich will wetten, dass es dann einigen gefallen wird.
100% Zustimmung!
Ich finde, genau das sollte Ziel des Musikunterrichts in der Schule sein!
Deswegen ärgere ich mich auch immer, wenn in der Schule vorwiegend " gewöhnungbedürfte" Musik vorgespielt wird, mit der nicht mal ich was anfangen kann.
Es hätte viel mehr nutzen, mal eine der großen Beethoven-Sonaten oder was von Chopin oder so vorzuspielen - vielleicht würde es ja dem ein oder anderen Schüler gefallen, und schon würde er beginnen, klassische Musik anzuhören!





Hacon
 
Ich würde eigentlich liebend gern neu komponierte, tonale Musik z.B im Stile von Rachmaninoff hören

Warum willst du Musik im Stil von Rachmaninow hören, wenn du die richtige Musik von Rachmaninow hören kannst? Und Rachmaninow war eigentlich damals schon nicht besonders neuartig.

Man will doch etwas hören, das sich speziell anhört, nicht wie die Musik von jemand anderem. Jedenfalls gehts mir so.

Das Klangbeispiel von diesem D.P.Hefti klingt für mich allerdings wie diese typische Kompositionsschülermusik, wie sie schon vor 30 Jahren am laufenden Meter produziert wurde.Originell ist das wirklich nciht.
 
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Woher weißt du, dass es nicht irgendwo sowas gibt? Man kann es nicht wissen, weil der Markt, auch der für Neue Musik, überschwemmt ist. In den Kreisen, die regelmäßig solchen Komponisten lauschen wird ein Rachmaninoff wohl eher mäßigen Anklang finden, nichts dringt nach außen. Wie soll das neue Genie dich also erreichen?

Na, dann soll der E-Musik Markt wieder anfangen vermehrt "normale" Musik zu komponieren, dann wird mich dieses Genie vielleicht erreichen. ;)

@Pilo: Da hast du Pitt falsch verstanden. Er hat mit Sicherheit nichts gegen Filmmusik ( wie ich finde, ist das übrigens oft klasse Musik), aber es liegt nahe, an Filmmusik zu denken, wenn man von moderner, tonaler, orchestraler Musik spricht. Diese Einschränkung wollte Pitt wohl vermeiden;)

@Pitt: Korrigier mich, wenn ich eben Mist verzapft habe

Ja, genauso meinte ich das. Gegen Filmmusik hab ich nichts einzuwenden, aber sie ist halt auch kein Ersatz für mich.

@Haydnspass

Du kannst "Rachmaninoff" auch durch "Spätromantik" ersetzen (welche ich jetzt deshalb gewählt habe, weil sie meiner präferierten Musikrichtung entspricht). Natürlich sollte so ein Komponist Rachmaninoffs Musik nicht einfach imitieren. Mir ging es vielmehr darum, dass ich es begrüßen würde, wenn sich heutige Komponisten wieder vorwiegend an alte, klassische Kompositionsformen anlehnen. Originalität sollte aber dadurch nicht ausgeschlossen werden. Ich finde, dass dies z.B rappy mit seiner Klaviersonate sehr gelungen ist.

Ich gebe zu, dass ich mich in diesem neuen Musikmarkt nicht allzu gut auskenne und evtl. gibt es ja auch viele K. die meinen Vorstellungen entsprechen. Bisher ist jedoch mein Eindruck, dass vorwiegend "Hefti-Musik" komponiert wird.
 
danke danke danke danke. *simeon ten holt auf den einkaufszettel notier*
 

Hab mir jetzt nur sein Canto Ostinato angehört. Mein persönlicher Ersteindruck:

Mir ist diese Musik zu minimalistisch. Sie bleibt für mein Empfinden immer an gleicher Ort und Stelle und entwickelt sich nicht (groß) weiter. Etwas grundsätzliches was ich an Musik, ist das Eintauchen in andere, neue Welten, und gerade dieses Hinfortgehen und Wieder-Zurückkommen vermisse ich heutzutage oftmals. Aber ich spreche hier jetzt auch nur für mich.

EDIT: Hab noch ein Interview von meinem Hefti gefunden:
 
Mir ist diese Musik zu minimalistisch. Sie bleibt für mein Empfinden immer an gleicher Ort und Stelle und entwickelt sich nicht (groß) weiter. Etwas grundsätzliches was ich an Musik, ist das Eintauchen in andere, neue Welten, und gerade dieses Hinfortgehen und Wieder-Zurückkommen vermisse ich heutzutage oftmals. Aber ich spreche hier jetzt auch nur für mich./hefti_drs2_nov06.mp3[/url]

darum heißt es wohl canto ostinato ... ;)

bezüglich eintauchen ... da kann ich nur empfehlen, robert schneiders roman "schlafes bruder" zu lesen. was schneider da über repetition schreibt und die macht, die sie besitzt, trifft ziemlich genau das, was ich mir unter "eintauchen" vorstelle. es dauert schon eine weile, bis man das "loch in der seite" findet (oder eben in der musik). das köln konzert von keith jarrett ist nicht wegen seines überbordenden einfallsreichtums so erfolgreich, sondern weil jarrett sich geradezu qualvoll viel zeit lässt und minutenlang die selben noten durchexerziert.
 
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He Leute,

muss euch loben, der Thread entwickelt sich für mich doch noch in eine gute Richtung.

Endlich werden 'mal Beispiele aktueller Komponisten Genies (was immer das ist) genannt. :-)

Leider kann ich nichts beitragen, da bin ich völlig blank. :-(

Weiter so, wer hat noch mehr Beispiele zeitgenösischer "guter" Musik.

gut =
  • komplexer als Pop Sch...rott,
  • nicht so komplex, dass es keiner mehr versteht (atonal),
  • ästhetisch vielleicht sogar harmonisch (ja, ich out'e mich als Romantiker)

Man muss aber nicht alte Musik Formen, z. B. die Sonate wieder aufleben lassen. Die finde ich nämlich schon im Orginal zu streng und langweilig (Reprise, etc..).

Gruß
 
danke danke danke danke. *simeon ten holt auf den einkaufszettel notier*

bitte, bitte, bitte... :)

Also es gibt da eine CD-Box (11 CDs) mit allein Werken für Klavier-Ensemble (größtenteils 4 klavierig) für ca.20 Euro. Die Stücke sind alle sehr in die Länge gezogen, viele Stücke ziehen sich über 2 CDs hin :D

Mir gefällt canto ostinato in der Version für 2 Klaviere auf 1 CD aber noch besser.

Mehr über Simeon ten Holt und seine Werke findest du hier:

www.simeontenholt.org
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

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