Warum ist Steinway so beliebt?

Lieber Wiemalte, Du liegst völlig falsch. S&S hat die Top-Pianisten schon vor zigzig Jahren - als alle anderen noch selig schlummerten - extrem unterstützt. Kein 1a-Pianist wird durch Steinway bekannter. Aber 90% der P. sind eben den S. gewohnt, schätzen die Zuverlässigkeit und den Service, den S&S Ihnen im Konzertbetrieb bietet. Das ist eine Frage der Gewöhnung und der Sicherheit, mehr nicht. Vor allem letzteres gibt den Ausschlag. Glaub bloß nicht, dass die Steinway-Artists nicht vom Wettbewerb hart umkämpft werden - und in diesem Fall wirklich mit Barem. Das war übrigens schon bei Glen Gould so! Yamaha hätte/hat sich ein Bein ausgerissen!
 
Wirklich gute Pianisten dürfen aber nicht an Steinway gewöhnt sein, sondern müssen auch andere Instrumente spielen können.
Warum sind die Künstler denn Steinway Artists? Man ist doch lieber unabhängig (man kann ja trotzdem viel auf Steinway spielen).
 
Wiemalte; natürlich können Stars auf allen Flügeln spielen, so wie ein Formel 1-Pilot auch alle Autos fahren kann. Es geht in dieser Region um das letzte bisschen Präzision und Sicherheit. Wenn mich nicht alles täuscht, müssen die S-Artists (teilweise) für bestimmte Dienstleistungen sogar zahlen - aber die Bindung an S&S sorgt dafür, dass eben auf jeder Bühne der optimale S&S nebst Spitzentechniker steht. Dafür sorgen dann die jeweiligen Häuser und Händler rund um den Globus. Dass andere das nicht ebenso machen, bzw. die Zahl deren Artists kleiner ist, liegt vermutlich einfach an der Marktdurchdringung und am kleineren Händlernetz. Last not least kostet das natürlich trotz Bezahlung Marketinggeld und das muss man erst mal ausgeben wollen oder können. Und - ganz zum Schluß: Ich bin sicher, dass es ähnlche Konstruktionen bei allen großen Premiumherstellern gibt - nur werden diese nicht so vehement "vermarktet" - was natürlich auch daran liegt, dass S&S das schon viele, viele Jahrzehnte durchhält. Da sammeln sich natürlich mehr illustre Namen an, gegen die andere Hersteller mit vielleicht 30, 40 Vertragskünstlern (noch) nicht "anstinken" können und wollen.

Und nochmal: Der Vorteil einer Bindung liegt für den Pianisten in weltweit größtmöglicher Sicherheit - sowohl bei S&S als auch bei anderen, die ähnliches machen. Die Hauskreditkarte einer kleinen, feinen Privatbank mag viel mehr leisten können als Visa, Mastercard und Amex - doch das nützt eben nix, wenn sie in Ügsligaggsli nicht akzeptiert wird.
 
Noch ein Tipp für alle, die nicht immer nur Steinway auf der Bühne hören möchten:
Fahrt raus " auf's Land", da gibt es abseits der typischen Tourneestädte immer wieder ganz erlesene Konzerte von leidenschaftlichen (unverdorbenen) Veranstaltern. Und siehe da, vielleicht nicht nur aus Kostengründen, steht da auch mal ein Bechstein oder Steingräber auf der Bühne. Und was mich natürlich sehr anrührt: auch mal ein Blüthner. Das gibt dann extra Applaus. Einmal für den Pianisten oder das Ensemble und dann für's Instrument :D

LG, Sesam
 
Aber die Künstler können doch dann vor Ort entscheiden, welches Instrument sie nehmen!
 
Wiemalte, so gaaanz laaangsam müsste es dir doch klar werden:
"Steinway-Künstler" sind gehalten, a) zuhause einen selbst bezahlten Steinway zu besitzen und b) Konzerte ausschließlich auf Steinway zu spielen, WENN am Konzertort ein zumutbarer Steinway steht ODER das Steinway-Händlernetz einen Flügel zur Verfügung stellen kann. (Im Ausnahmefall könnte vielleicht bei wichtigem Grund auch ein anderes Instrument gespielt werden).
Konzertflügel kosten Geld, und zwar viel, sowohl in der Anschaffung als auch im Unterhalt. Und nein, hinter den Bühnen deutscher Konzerthäuser steht keine Ansammlung von tollen Flügeln, auf die Wahl des Pianisten wartend. Selten findet sich überhaupt ein Alternativinstrument. Selten!
Sollte der Pianist aus einer Laune heraus ein anderes Instrument beschaffen lassen, dann darf er das schön von seiner Gage bezahlen. Und das ist immer ein vierstelliger Betrag (Flügelmiete, zwei Transporte, Stimmung).

Auch wenn es sich der Hobbymusiker nicht vergegenwärtigen möchte: Den allermeisten Pianisten ist eine perfekt laufende Mechanik wichtiger als der Klang. Und da spielt man gerne das, was man von zuhause kennt.
 
Wiemalte; Gegenbeispiel: Bist Du kein S-Artist, steht auf der Bühne im besten Fall der bestmögliche Flügel, denn das Haus/der Veranstalter sich leisten kann/will. Dito der "bestmögliche" Techniker. Wenn Du viel Glück hast! Ob das dann Deinen Vorstellungen entspricht, steht in den Sternen. Du spielst z.B. am liebsten auf einem Flügel, der etwas Kraft erfordert - Pustekuchen, der Veranstalter hat EXTRA einen tollen, wunderbar leichtgängigen XY hinstellen lassen. Und nu? ;-) Augen zu und durch - das möchten sich aber die Stars nicht antun. Also ...
 
Aber die wirklich guten Pianisten müssen doch alle Instrumente spielen können!
Den Rest habe ich mittlerweile schon verstanden. Aber große Konzerthäuser haben ja normalerweise mindestens zwei Flügel. Aber es sind immer beides Steinways. Könnte man nicht auch einen Bösendorfer hinstellen? Und wenn dann der Pianist den Bösendorfer besser fände, darf er ihn nicht benutzen... Und ein Flügel steht ja auf jeden Fall da, wo er auftritt. Da muss er doch kein Steinway Artist sein, um den Flügel zu spielen, der da steht! Das kann auch ein Bösendorfer sein...
Und vielleicht hätte der Pianist auch zuhause ein anderes Instrument gerne...
 
Fisherman: Und was ist, wenn Steinway auch gerade nur leichtgängige Instrumente zur Verfügung stellen kann? Bei Steinway selbst zum Beispiel waren alle Instrumente in dem Faktor sehr ähnlich.
 

Wiemalte !!!! NATÜRLICH können Profis JEDEN Scheissflügel spielen! Sie wollen aber ganz, ganz oben bleiben. 120% Performance - nicht 105%!!! Und schon gar nix unter 100%. Und sie sind Stars!!! Die Eintrittskarten für deren Konzerte toppen oft jeden Mega-Popstar! Natürlich gibt es Häuser, wo ein miserabler S&S steht und ein toller Bösi. Das kann Dir als S-Artist aber am A... vorbeigehen - denn wenn Du dort auftrittst, wird dort ein S&S stehen, der auf Dich zugeschnitten ist. Der dann eben besser ist als der Bösi! Und wehe, wenn nicht.

Das sind dann die Situationen, wo es zu kriseln anfängt in der Beziehung. Das kann dann wunderliche Blüten treiben. Lies mal "Romanze mit einem Dreibeiner". Da wird Dir schnell klar, dass (zumindest bei Gould) S&S manchmal eine ungeheure Leidensfähigkeit besitzen muss ...
 
Wiemalte, wenn Du als Star groß genug bist, wird man Dir notfalls aus 5 Flügeln über Nacht einen schwergängigen Flügel zaubern! Im Übrigen glaube ich nicht, dass wir den Grad der Leichtgängigkeit so bewerten können, wie es Superstars tun. Von denen wird m.E. kaum einer einen wirklich zähen Flügel wollen. Was für Dich bei S&S alles leichtgängig war, hat für einen Topprofi nochmals eine ungeheure Range. Und, und, und...

Da ist auch sicher viel Gezicke dabei. Es gibt genug Anekdoten von Stars bei der Flügelauswahl. Da wird ein Flügel aus "bescheiden" bezeichnet und der Maestro ist auch mit allen andern 20 Flügeln bei der Auswahl nicht so recht zufrieden. Dann geht man gepflegt dinieren und danach werden noch ein paar Flügel "hervorgezaubert". Darunter auch der "bescheidene" der nun eben woanders steht ;-). Und auf einmal ... "Jahh - der ist toll. Den nehm ich ..." Damit so was nicht passiert, notieren manche schnell mal die Seriennummern ;-)
 
Fisherman: Und was ist, wenn Steinway auch gerade nur leichtgängige Instrumente zur Verfügung stellen kann? Bei Steinway selbst zum Beispiel waren alle Instrumente in dem Faktor sehr ähnlich.
Leichtgängig sollten die doch wohl sein, für mich bedeutet es, daß keine Reibungswiderstände merkbar sind, sonst sind sie zäh. Oder meinst Du das Niederdruckgewicht oder die Massenträgheit der bewegten Teile? Der Unterschied ist aber spürbar. Leichtgängigkeit sehe ich positiv, wenn nicht notwendig.

Gruß
Manfred
 
Ich habe nicht gesagt, dass die Steinways alle leichtgängig waren, zu meinem Erstaunen nicht so sehr wie andere ältere Modelle. Sesam: Aber die Steinway Artists spielen sicher nicht so viel in kleinen Gemeinden und Städtchen.
 
Manfred: Es gibt genug Pianisten, die schwergängige Instrumente bevorzugen.
 

Als großes Haus, nehmen wir mal die Philharmonien übers Land verteilt, ist so ne Flügelanschaffung ein größeres Projekt mit einer Menge Stakeholder Interessen. Aus dem Bauch raus würde ich sagen, dass da nicht hauptsächlich klangliche Präferenzen entscheiden.

Findet sich aber auf dem Land ein wohlhabender musikliebhabender Mäzen oder die Stiftung eines toten ehemaligen Mäzen, dann gefiel diesem vielleicht ein Bösendorfer Flügel. Also steht der da.

Man muss halt ein bißchen herumfahren, dann erlebt man das und kann wirklich tolle Konzerte (ohne Steinway) genießen.

LG, Sesam
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich habe nicht gesagt, dass die Steinways alle leichtgängig waren, zu meinem Erstaunen nicht so sehr wie andere ältere Modelle. Sesam: Aber die Steinway Artists spielen sicher nicht so viel in kleinen Gemeinden und Städtchen.

Richtig, aber Steinway Artists sind nicht die einzigen guten Künstler. Will heißen, offensichtlich kann man auch auf anderen Flügeln zur musikalischen Hochform auflaufen. Und für das Publikum ist es eine Abwechslung.

Aber da halte ich mich jetzt raus, ich habe den Faden nur halb verfolgt und wusste nicht, dass es explizit um Steinway Artists geht.

LG, Sesam
 
Manfred: Es gibt genug Pianisten, die schwergängige Instrumente bevorzugen.
Aber doch nicht wegen der Reibung der beweglichen Teile. Das Niederdruckgewicht ist wohl im Prinzip durch Blei einstellbar, die Größe mag unterschiedlich favorisiert werden. Zu wenig ist ungünstig und zu viel auch. Das muß überwunden werden, aber wer will dann auch noch Reibungswiderstände überwinden? Dann wird es schwergängig. Vielleicht waren die S&S nur perfekt ausgearbeitet bei gleichem Niederdruckgewicht anderer Instrumente. Es sei denn es ist bekannt, daß S&S geringere Niedruckgewichte einstellt. Soweit mir bekannt ist etwa 50 g eine gängige Größe für die Mittellage.
 

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