Vertrackte Übungen

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Vielleicht gehört das eher in die Plauderecke, aber vielleicht auch nicht. Gesucht werden verwickte Übungen, die nicht unbedingt im herkömmlichen Sinne schwer sein müssen aber trotzedem harte Nüsse sind. Sinn und Zweck dieses Themas ist mir nicht so recht klar, vielleicht eine Art pianistische Rätselsammlung.

Von mir erstmal die folgende Übung:
Code:
Links wiederholt in Vierteln |: c' d' e' fis' gis' fis' e' d' :|
Rechts wiederholt in Achteln |: e' fis' gis' ais c'' ais' gis' fis' :|
Das ganze im 9/8 Takt und es wird solange wiederholt, bis der Kreis geschlossen ist, also links c' und rechts e' gemeinsam auf 1 angeschlagen werden. Auf die Töne kommt es nicht an, links und rechts können jeweils fünf beliebige aufeinander folgende Töne nehmen. Wenn man damit fertig ist, kann man zur Abwechslung links Achtel und rechts Viertel spielen.
Die ersten zwei Takte rechts wären
| e f# g# a# c a# g# f# e | f# g# a# c a# g# f# e f# |
links wäre es
| c d e f# g#_|_g# f# e d c | (g# besteht aus zwei über den Taktstrich gebundene Achtel )
 
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hallo Guendola,

ich verstehe Deine Übung noch nicht ganz - wie bringst Du Viertel in einem 9/8Takt unter? oder sollen die punktiert sein?

mir fällt da auch eine fiese, vertrackte und letztlich wohl sinnlose übung ein:
- man legt die Finger 1-5 der rechten Hand auf des-es-f-ges-as (Des-Dur)
- stumm 1-2-3-5 halten
- jetzt staccato das ges mit dem 4. Finger repetieren
(in Fis-Dur wäre das leichter, aber nicht mehr vertrackt) :)

Gruß, Rolf
 
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Hi Guendola,

welch Zufall- gerade in einer meiner letzten Stunde habe ich dies mit etwas anderen tönen auch Schüler spielen lassen.

Wobei es noch interessanter klingt, wenn sich die rechte und linke Hand dabei Ton für Ton abwechseln. Der Kreis schliesst sich nach einigen Runden ebenso.

Dies ist eine Übung aus dem Umfeld der "Minimal Music" wie sie von p. Glass stammen könnte, obowhl man Glass natürlich nicht darauf reduzieren darf.

Ausserdem regt dies die Kreativität der Schüler an, denn sie können selbst neue "Modelle" erfinden und immer neue Tonkombinationen ausprobieren.

Auch kann man die Schüler so dran gewohnen mit den Händen quasi durcheinander also sich durchdringend zu spielen. Viele Schüler haben ja Angst, sich mit ihren Händen zu verheddern, wenn die sich zu nahe kommen.
 
mir fällt da auch eine fiese, vertrackte und letztlich wohl sinnlose übung ein:
- man legt die Finger 1-5 der rechten Hand auf des-es-f-ges-as (Des-Dur)
- stumm 1-2-3-5 halten
- jetzt staccato das ges mit dem 4. Finger repetieren
(in Fis-Dur wäre das leichter, aber nicht mehr vertrackt) :)

Hallo Rolf,

Liszts Technische Übungen beginnen genau mit solchen "Prozeduren" (das Bild unten für den Daumen ist aus der Vorschau von SheetMusicPlus). Ich habe zwar noch nie solche Übungen gemacht, bin aber bisher -- allein aus der Tatsache heraus, dass die Übungen von Liszt sind ("und der es ja gewusst haben muss") -- davon ausgegangen, dass sie nicht sinnlos sind. Bist Du davon überzeugt, oder relativiert das Wörtchen "wohl" die Aussage ein bisschen?

Ich glaube, die Kritik an solchen Übungen geht von der Überlegung aus, dass echte Fingerunabhängigkeit sowieso (anatomisch) nicht möglich ist. Aber kann man daraus folgern, dass man gar nichts derartiges üben soll?

Ist keine rhetorische, sondern eine echte Frage (wie gesagt, ich habe solche Übungen noch nie selbst gemacht).

Ob nützlich oder nicht, eines ist denke ich klar: wenn solche Übungen gegen Schmerz oder Verkrampfung exzessiv betrieben werden, kann es gefährlich werden.

Viele Grüsse,
Tobias

3502970_01.jpg


P.S. Guendola, mir ist Deine Übung mit dem 9/8-Takt auch noch nicht ganz klar.
 
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Der 9/8 Takt ist schon richtig so.
Gemeint ist, dass man diese 8 Töne in einer Endlosschleife spielt. Das heißt der erste Takt beginnt nach Guendolas Tonwahl mit e' und endet auch mit e'. Da wir uns aber in einer Endlosschleife bewegen, beginnt der 2te Takt mit dem Ton fis und endet auch wieder mit fis. Folglich wird der 3te Takt mit gis anfangen und enden usw.
Die Linke Hand wird hin und wieder Synkopen bzw Überbindungen haben, aber das ist ja legitim und notwendig. Und wie schon geschrieben wurde, schliesst sich der Kreis nach einer bestimmten Anzahl an Wiederholungen. Man könnte das hier sogar als kleines Rätsel aufgeben, wer zuerst auf die nötige Anzahl an Durchgängen kommt, bis man wieder beim ersten "Pattern" angelangt ist. ;)

Eine Schande, dass ich den Namen gerade nicht parat habe, aber nach einem Ähnlichen Muster hat mal jemand ein Stück komponiert. Es gibt nur einen Rhythmus, den zunächst 2 Leute zusammen klatschen. Die 2te Person bleibt immer im selben Rhythmus. Die erste Person hingegen setzt beim zweiten Durchlauf genau eine Achtel später mit dem gleichen Ryhthmus ein. Beim zweiten Durchgang 2 Achteln später usw. Dadurch entsteht eine Rückung und nach einer bestimmten Anzahl von Durchläufen gelangen sie wieder im gleichen Klatschryhthmus ein.

Durch einen solch simplen Gedanken eig. entstehen unglaublich viele und vor allem aber interessante Variationen.
Wie Klavigen schon schrieb, gerade in der Minimal Music sind solche Konzepte sehr beliebt und ich persönlich bin auch ein Freund von diesen. Habe mir solche Spielchen schon selbst mal ausgedacht.
Das ist durchaus kreative Arbeit die Spaß macht und am Ende sogar des öfteren mit einem hörbaren Ergebnis belohnt wird.
 
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Hi Guendola,

ist es so bei Deiner Übung, dass zunächst in der Rechten das e' immer 2x hintereinanderkommt? Es sind also 9 aufeinander folgende Achtel, wobei das Letzte identisch von der Tonhöhe her mit dem Ersten ist.
In der Linken wird das letzte Viertel übergebunden in den 2. Takt, in dem dann die weiteren Viertel synkopisch sind.
Ist das richtig so?

Oh, Raskolnikow war schneller. :-))


Hier mal ein Beispiel aus dem Trainingsprogramm meines ehemaligen Profs Siegbert Panzer.
In seinem Vorwort sagt er u.a.:
... die Übungen mit immer wieder überraschenden Fingerkombinationen stellen eine Herausforderung für die Physiologie des Spielapparates und - mehr noch - für die Innervation dar. Diese Übungen bilden sozusagen einen Extrakt der in der Literatur auftretenden polyphonen Gegebenheiten. ...

(Innertion ist die Versorgung von Körperteilen mit Nervenfasern.)

Ich muss sagen, als ich sein Büchlein ("Strukturiertes Klavierspiel") das erste mal sah, schienen mir die Übungen auf dem Blatt von der Optik her zunächst sehr einfach. Beim näheren studieren erwiesen sie sich aber teilweise als ungemein schwer und das nicht unbedingt von der körperlichen Seite her, sondern von der Geistigen. In einer Hand gleichzeitig 2 rhythmisch verschiedene Stimmen zu artikulieren kann doch sehr anspruchsvoll sein.
 
Bist Du davon überzeugt, oder relativiert das Wörtchen "wohl" die Aussage ein bisschen?
Ist keine rhetorische, sondern eine echte Frage (wie gesagt, ich habe solche Übungen noch nie selbst gemacht).

hallo Pianovirus,

der Witz bei meinem Vorschlag liegt halt darin, dass es enorm unbequem ist, mit 3 ein f zu halten und mit 4 ein ges zu repetieren - ganz zu schweigen von den beliebten Probleme, die man gerade diesen beiden Fingern gerne attestiert (deshalb auch der Hinweis, dass das in der 5-Ton-Lage von Fis-Dur gar nicht mehr so schlimm ist) :)

ansonsten sind manche Stützfinger-Übungen anfangs unbequem.

Gruß, Rolf
 
Ich habe die Übungsanweisung korrigiert, natürlich spielt rechts das e' nicht zweimal nacheinander. Taktmaß ist durch "rechts in 9/8" vorgegeben, links spielt halt auf jeder zweiten Achtel, also in jedem zweiten Takt gegen den Beat. Links und rechts spielen also immer im Kreis auf und ab, rechts doppelt so schnell wie links. Auf den ersten Blick eine Kopfübung, aber wenn man es im Kopf drauf hat und das Tempo variiert, kommt es immer mehr auf einen kontrollierten Anschlag an - die Takt-Betonungen müssen natürlich erhalten bleiben, man kann auch auf die Melodierichtung eingehen (auch, wenn es nicht wirklich eine Melodie ist).

Rolf, deine Übung ist zwar nicht so vertrackt, dafür aber fies. Ich bin mal gespannt, ob Fingeryoga (http://evelynebaldan.wordpress.com/asamyukta-hasta-mudras/) mich da weiterbringt ;) Es fördert jedenfalls die Beweglichkeit der Finger ohne sie auszukugeln. Ein bischen mußte ich dabei an die "lyrischen" Stellen im ersten Satz der Pathetique denken, die ich größtenteils so spiele, wie die Finger gerade liegen, also ohne Fingerwechsel für die Vorschläge (ich glaube, das geht so auch am besten, aber nicht das Thema hier).

Beides, die scheinbar einfachen aber motorisch beschränkten Bewegungen, wie auch die motorisch wirklich einfachen aber dafür verwirrenden Bewegungen, finde ich hochinteressant. Ich glaube, daß beides in Übungen das Klavierspielen fördern kann, beides trainiert jedenfalls Geist und Beweglichkeit.

Vor einiger Zeit hatte ich ein paar Fesselübungen im Programm, die dem Beispiel von Fred ähnlich waren. Das Beispiel selbst natürlich speziell, weil man immer um den fixierten Finger herumspielen muß, und das ist sonderbarerweise ziemlich schwer.

Einen recht verbreiteten "fiesen" Klatschrhythmus für vier Hände kenne ich auch:
Code:
|: // // // // // / :|
(Sechzehntel im 4/4-Takt)
Der Zweite setzt im zweiten Takt ein.
Mit einem Freund habe ich mal versucht, das mit gemischten Händen zu klatschen. Das war sehr lustig aber ich glaube, wir haben es nicht geschafft.

PS: Doppelpunkt gefolgt vom senkrechten Strich (|) ergibt einen Smiley, daher mußte ich es als Code schreiben.
 
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Bei der von mir vorgestellten Übung ging es nicht um Fixierung eines Fingers sondern um Polyphonie.

Das hatte ich gelesen aber versehentlich ignoriert, tut mir leid! Ich habe gerade eines der Moments Musicaux von Rachmaninoff begonnen (Op weiß ich jetzt nicht, C-Dur, nur 16tel Blöcke synchron links und rechts, mit eingebautem Thema in Achteln und zusätzlichen Akkorden), da kam mir das irgendwie selbstverständlich vor. Damit will ich aber nicht sagen, daß es einfach wäre, das ist es durchaus nicht. Es fiel mir eben nicht so auf |duck|
 

Was ist mit den Achteln? Und die weitere offensichtliche Stimme in den Akkorden? Für beide sind sogar Pausen notiert.

Was verstehst du denn unter Polyphonie?

Was ist an einem gehaltenen Ton mit darum ondulierenden Figuren polyphonischer? Ich beziehe mich auf dein Beispiel unter http://www.cisum.info/Strukturiertes%20Klavierspiel.pdf.

PS: Ich will nicht provozieren, bin nur angesichts deiner Kommentare etwas perplex und würde mich über eine Aufklärung freuen.
 
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Was ist mit den Achteln? Und die weitere offensichtliche Stimme in den Akkorden? Für beide sind sogar Pausen notiert.

Was verstehst du denn unter Polyphonie?

Was ist an einem gehaltenen Ton mit darum ondulierenden Figuren polyphonischer? Ich beziehe mich auf dein Beispiel unter http://www.cisum.info/Strukturiertes Klavierspiel.pdf.

PS: Ich will nicht provozieren, bin nur angesichts deiner Kommentare etwas perplex und würde mich über eine Aufklärung freuen.

Hi Guendola,

ich sehe nun was Du mit den Achteln meinst. Jedoch empfinde ich da keine wirkliche Polyphonie, da die Achtel regelrecht an die Liedstimme rhythmisch angekoppelt sind und sich dadurch rhythmisch nicht wirklich abheben.
Klar kann man das als Polyphonie bezeichnen, aber die Selbstständigkeit der Achtelstimme hält sich in Grenzen, da sie, wie schon gesagt, direkt an die 1.Stimme angekoppelt ist, was natürlich auch Auswirkung auf den Aufführungsschwierigkeitsgrad hat.
 
Polyphonie ist das nicht. Es ist einfach Melodiestimme (wenn man diese 8tel-Schrittfolge eine Melodie nennen will) + ein Stimme mit Begleitfiguren in einer Hand.
 
Aber in welcher Weise ist denn nun Freds Übung polyphonischer???
 

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