Hallo PianoCandle,
herzlichen Dank für deine anschaulichen Ausführungen. ... LG, Sesam
Danke für deine Fragen, Sesam... tut mir leid dass ich nicht gleich antworten konnte. War halt mal wieder paar Tage kreuz und quer in der Republik unterwegs.
Wenn ich es richtig verstanden habe, dann geht es darum, durch eine "kürzere" Mechanik bzw. letztlich durch einen kürzeren vorderen Tastenhebel die klingende Saite zu verlängern?
So erscheint es im Effekt, aber die Logik dahinter ist eigentlich anders. Offensichtlich wurde angestrebt, trotz möglichst großer klanglicher Kapazitäten ein kompaktes wohnraumtaugliches Bauformat zu bewahren. Und auch schon damals, wie heute, waren wohl Flügelgrößen deutlich unterhalb von 2 m Länge wesentlich besser zu vermarkten als größere. Nur als Rechenbeispiel: für 5-10 cm längere Tastenvorderhebel müsste die Bautiefe der Mechanik, und damit die Gesamtlänge des Flügels, um ca. 10-20 cm zunehmen. Wie sich das im Markt auswirken würde, ist leicht zu prüfen: 190er
blüthner sind häufig. 210er dagegen sind sehr selten.
Wäre es denn ratsam auf eine "normale" Mechanik wert zu legen? Bzw. gibt es diese überhaupt oder sind das nachträgliche Umbauten, die letztlich auch den Klang beeinträchtigen, weil ja dann die Saite wieder sozusagen kürzer würde.
Ein Blüthner-190 aus der fraglichen Zeit um ca. 1890-1920 ist mit originaler Normalmechanik (gibt es!) unbedingt vorzuziehen. Denn, wie gesagt, das
Flügelkonzept ist wirklich wunderbar. Und bei der
Normalmechanik-Version ist das Thema der Tastenhebellänge zu vernachlässigen. Ein solcher
flügel ist auf Jahrzehnte hin zukunftssicher und auch stets ggf. (verschleiß-)technisch in aktuellen Stand zu versetzen.
Umbauten von Patent- auf Normalmechanik sind unbedingt zu meiden. Dazu hat jensen1 bereits dankenswerterweise etwas in einer Nebenbemerkung gesagt. Aus eigener Erfahrung möchte ich da mindestens drei Ausrufezeichen anhängen.
Übrigens: Die Tastenhebellänge ist meinerseits kein akademisches, sondern ein sehr konkretes Thema. Seit dem zarten Alter von sechs Jahren, was mittlerweile deutlich über 50 Jahre her ist, hatte ich Unterricht. Meine Lehrerin besaß einen Blüthner-190 Aliquot mit Patentmechanik und ein Rönisch Konzertklavier. Dieses Klavier war exzellent, klang toll und spielte sich wunderbar. Und hatte, wie ich erst sehr viel später zu wissen begann, außergewöhnlich großzügige Tastenhebel. (Bild folgt.) Sämtliche Schüler/innen spielten auf diesem, höchst selten und eher widerwillig setzte sich mal jemand an den Flügel. Nicht wegen dessen Klangs, sondern wegen dieses seltsamen, schwierig dosierbaren, unter den Fingern wegflutschenden Spielgefühls.
Ich will niemanden verwirren, aber sorgfältige Abwägungen erlaube ich mir, im Lobenswerten wie im Überdenkenswerten, gleich ob bei Spitzenprodukten oder bei NoNames oder sogar bei verfemten Bä-Bäs. Ich schätze z. B. viele Blüthner-Instrumente vom Grundkonzept bis in viele Details hinein (incl. einer gut regulierten Patentmechanik) außerordentlich, wie bereits x-fach an unterschiedlichsten Stellen betont. Aber wo es um kritische Anmerkungen geht (wie hier die Tastenhebellänge), ist dem so ein Begriff wie "Weltfirma" allenfalls als Machtwort entgegenzuhalten. Aber ganz gewiss nicht als Argument.
Also - viel Geduld und Spaß weiterhin bei der Suche.
Gruß
Martin
PianoCandle
... Klang braucht Klartext
P.S. Hab gerade fertig geschrieben, da sehe ich, dass die Würfel gefallen sind. Da wünsche ich dir nun große Freude mit deiner Neuerwerbung. Möglicherweise verschiebe ich irgendwann diese meine, nun nicht mehr ganz aktuelle, Äußerung an eine andere Stelle, wo sie besser passt. -m-