Unsicherheitsverkrampfung

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Ich musste einfach folgendes aufgreifen und eine Frage dazu stellen:

Es gibt dann auch noch die Unsicherheitsverkrampfung: wenn du Angst davor hast, falsche Töne zu spielen, spannen sich die Muskeln auch an. Die Muskeln denken dann, so würden sie die Töne besser finden.

Wie verhindert man das am besten? Klar muss man sich auch selbst entspannen können, aber irgendwie ist an bestimmten Stellen eines Stücks ein Automatismus vorhanden, der Muskelgruppen anspannt und sogar zu Verspannungen führen kann. Wie durchbricht man diesen Automatismus?
 
Wenn man sich das richtig bewußtmacht, wie unsinnig es ist, die Muskeln anzuspannen, um richtig zu spielen - dann hat man es im Prinzip schon. Also: locker lassen, auch wenn die Alarmglocken schrillen.

Kennst du das Lied "Es brennt" von Hans-A-Plast?

Was tun wenn es brennt -







_R_U_H_E___B_E_W_A_H_R_E_N !
 
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Du mußt dich "einfach" daran gewöhnen, daß du entsprechende Stellen auch fehlerfrei spielen kannst. Wenn du eine vertrackte Stelle hast, versuche, sie zwei bis dreimal nacheinander gut zu spielen, dann höre auf und mache am nächsten Tag weiter. Wenn zwei bis dreimal nicht klappt, dann wenigstens einmal, zur Not auch ziemlich langsam. Das muß man natürlich einige Tage wiederholen...

Haydnspaß Methode geht schneller, aber die muß man leider auch erst lernen. Hilft aber auch hervorragend bei Lampenfieber, bzw. das ist die einzige Methode, die ich kenne, die bei Lampenfieber funktioniert.
 
Haydnspaß Methode geht schneller, aber die muß man leider auch erst lernen.

Es ist ja keine Methode, sondern eine Feststellung der Tatsachen:

angespannte Muskeln helfen nicht gegen falsche Noten. :)

Daß man lernen muß, locker zu spielen (genauer gesagt: sich abgewöhnen muß, mit Verkrampfung zu spielen) stimmt unbedingt. Und je nachdem, wie sehr man sich schon an ein Spielen mit Verkrampfung gewöhnt hat, kann das sehr, sehr schwierig und langwierig sein. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Aber man kann es lernen - ich bin der lebende Beweis :D
 
Hat jemand schon Erfahrungen mit der progressiven Muskelentspannung gesammelt?
 
Hat jemand schon Erfahrungen mit der progressiven Muskelentspannung gesammelt?

Es gibt eine ganze Reihe solcher Wundermethoden (autogenes Training, PM, TaiChi, Yoga, Alexandertechnik usw.) Wenn du mich fragst: kannst du dir sparen. Einfach beim Üben darauf achten, wann deine Muskelspannung vom normalen Alltagszustand in den Krampfzustand umschaltet. Das kann durchaus schon passieren, bevor du den ersten Ton spielst. Dann sofort unterbrechen(!) - entspannen - und genau die Stelle so langsam spielen daß du im entspannten Zustand bleiben kannst. Im Ernstfall (Vorspiel, Konzert) ist diese maximale Entspanntheit zwar ein wünschenswertes Ziel, wird sich aber nicht immer verwirklichen lassen. Ein gewisses Maß an vorübergehender Anspannung/Verspannung wirkt sich noch nicht derart aus, daß "nichts mehr geht". Beim Üben sollte die entspannte, unverkrampfte Spielweise aber zur Selbstverständlichkeit gehören.
 
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Aber gehört nicht eine bestimmte "verkrampftheit der Finger" zum Spielen dazu?
Ich meine jetzt, dass sich die Finger ja durch spannen/entspannen der Sehnen bewegen. Wenn die Finger also "total entspannt" sind, kann man sie auch nicht bewegen :cool:

Ich nehme jetzt als Beispiel beim Fantaisie Impromptu Op. 66 von Chopin folgende Stelle:

chopin.jpg

Meiner Meinung nach kann man diese Stelle ohne gewisser Verkrampung nicht spielen. Man muss in der rechten Hand das GIS1 (1. Finger) und das GIS2 (5. Finger) spielen und gleich danach C und CIS (2., 3. Finger) und so weiter, bis runter auf E C und dann das gleiche wieder rauf.

Oder spielt ihr diese Stelle ganz ohne Spannung in den Fingern? Meine Finger sind dabei ganz gespreizt, die Spannung ist deswegen schon da.


MfG
Mathias
 
Aber gehört nicht eine bestimmte "verkrampftheit der Finger" zum Spielen dazu?
Ich meine jetzt, dass sich die Finger ja durch spannen/entspannen der Sehnen bewegen. Wenn die Finger also "total entspannt" sind, kann man sie auch nicht bewegen :cool:

Es stimmt, die Finger werden durch Muskeln und Sehnen bewegt, es ist also eine Muskelaktivität da. Diese ist aber sehr gering (kleine Muskelimpulse reichen meist völlig aus) und darf nicht zur Verkrampfung führen, sonst würgt sie sich selbst ab.

Des weiteren werden die Finger, bzw. die ganze Hand, auch durch Bewegungen des Arms bewegt. Es ist eine sehr komplexe Geschichte.

Ich nehme jetzt als Beispiel beim Fantaisie Impromptu Op. 66 von Chopin folgende Stelle:

Den Anhang 519 betrachten

Meiner Meinung nach kann man diese Stelle ohne gewisser Verkrampung nicht spielen.

Meiner Meinung nach kann man das. Es erfordert eine geschickte Kombination aus Finger, Hand und Armbewegung. Gelegentliche Fingerspreizung kann zwar vorkommen, sollte aber umgehend wieder relaxed werden. Dauerhafte Fingerspreizung ist sehr unökonomisch und kann auch Schmerzen verursachen.
 
Dann ist es wohl diese Spreizung der Finger, die meine Schmerzen verursacht. Werde mal versuchen, das ganze ohne verkrampfung zu spielen bzw. wehniger zu spreizen. Ich kläre euch dann über meine Erfolge/nichterfolge auf.

MfG
Mathias
 
Anspannung

Des weiteren werden die Finger, bzw. die ganze Hand, auch durch Bewegungen des Arms bewegt. Es ist eine sehr komplexe Geschichte.



Meiner Meinung nach kann man das. Es erfordert eine geschickte Kombination aus Finger, Hand und Armbewegung. Gelegentliche Fingerspreizung kann zwar vorkommen, sollte aber umgehend wieder relaxed werden. Dauerhafte Fingerspreizung ist sehr unökonomisch und kann auch Schmerzen verursachen.

Das kann ich mit Nachdruck so unterschreiben. MAn darf eine normale Muskelanspannung, die wir immer brauchen,, um was zu bewegen nicht mit Verkrampfung verwechseln, die immer falsch ist und jede harmonische Bewegung stört oder sogar unmöglich macht.

Diese Stelle kann musikalisch eigentlich nur mit volkommener Gelassenheit richtig gelingen.

Voraussetzung ist aber, dass diese von Haydnspaß genannten Finger, Hand- und Armbewegungen wirklich studiert werden und sich automatisch einstellen.
 
oder etwas anatomischer ausgedrückt:

eine Betätigung des Agonisten hat eine Bewegung zur Folge.
Wird gleichzeitig der Antagonist benutzt, muss dessen Kraft erst überwunden und dann eine zusätzliche Kraft aufgebracht werden um eine Bewegung zu ermöglichen.

Ein verkrampfter Klavierspieler ist fast wie beim Seilziehen; nur wenn eine Seite mehr Kraft hat, bewegt sich wirklich etwas, obwohl eine Menge Arbeit verrichtet wird.

Der Hartmut
 

dass diese ... Finger, Hand- und Armbewegungen wirklich studiert werden und sich automatisch einstellen.

studiert klingt irgendwie... ich weiß nicht... so studiert :p

Mein Ansatz ist das Körpergefühl. So wenig wie möglich machen und so viel wie möglich einfach passieren lassen. Ob man nun im konkreten Fall den Arm rechts oder linksrum dreht, das Handgelenk noch oben oder unten, die Hand vor oder zurückbewegt, ist relativ egal, solange die Spielbewegung insgesamt in sich "harmonisch" ist - im Englischen gibts dafür das wunderbare Wort "smooth". Also keine ruckartigen Bewegungen, kein gewaltsames Herumreißen der Hand oder des Arms, keine "ausgedachte" Spieltechnik, sondern ein natürlicher Bewegungsablauf.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
studieren

Mit einstudieren meinte ich, dass derjenige, welcher diese smoothen Bewegungen nicht drauf hat am besten mit einem guten Lehrer sich diese bewusst macht und aneignet.

Wenn man einem Menschen, der sich am Klavier verkrampft nur sagt, er möge in weichen und fliessenden Bewegungen denken und spielen, wird er es nicht umsetzen können. Von daher braucht er wohl eine Hilfe und muss auch erstmal die Notwendigkeit einsehen, dass er was machen muss.
Dieses darüber Nachdenken und ausprobieren am besten mit professioneller hilfe nannte ich eben einstudieren- ansonsten stimmt es, wie du es sagtest, Haydnspaß
 
Dieses darüber Nachdenken und ausprobieren am besten mit professioneller hilfe nannte ich eben einstudieren- ansonsten stimmt es, wie du es sagtest, Haydnspaß

Ich weiß schon, wir "Insider" verstehen ja eh, wovon die Rede ist. Wenn man einem Schüler erklärt, wie er es besser machen kann, kommts aber auch oft auf die Formulierung an. Je nachdem, welche Worte man benutzt, vermittelt man auch sowas wie "ach, das ist ja einfach" oder "puh, ich glaub nicht, daß ich das jemals hinkriege werde, dafür muß man erst 5 Jahre Musik studiert haben". Daher vermeide ich bewußt alle Formulierungen, die den Eindruck erwecken könnten, Klavierspielen sei schwierig und kompliziert und "nur was für Profis". Schwierig ist es nur, wenn man es falsch macht. Das Einfachere ist auch immer das Bessere.
 
Mein Tipp für diese Stelle wäre:

- die Hand ein bisschen höher halten, dann sind die Wege von Taste zu Taste kürzer

- zur Umsetzung dieser smoothigen Bewegung: Nicht in Einzeltönen denken, sondern in Phrasen. Das könnten in diesem Fall immer vier Töne sein, von denen ja auch der erste ein bisschen Hervorgehoben wird.
Spiele erstmal mit dem Daumen diese Cantilene, bis du klanglich mit ihr zufrieden bist. Anschließend hängst du die Oktave mit dem 5. Finger einfach noch dran. Spiel aber nicht bewusst zwei Einzeltöne; stell dir vor, die Oktave hängt sich einfach immer mit hinten dran.
Das kannst du auch an anderen Melodien üben: Mit dem Daumen die Melodie spielen und einfach immer eine Oktave hintendran werfen...
Ähnlich verfährst du mit den restlichen Tönen. Sie sind einfach ein Anhängsel des ersten Tones jeder Phrase.
Sie müssen auch gar nicht unbedingt laut sein - Geschwindigkeit, etwas Pedal, Harmonie im Bass und die Betonung der Melodie reicht aus.
Meine Klavierlehrerin riet mir sogar, den Daumen etwas länger zu halten - muss aber nicht sein.
 
Dieses Moment des "mit Kraft spielens" und unmittelbarer Entspannung, diese Fähigkeit, halte ich für eine der wichtigsten Grundlagen der Klaviertechnik. Ich kann mich erinnern, daß das Erlernen dieser Fähigkeit einen großen Raum in meinem Klavierunterricht einnahm. Und ich wage zu behaupten, in dieser Zeit Unterricht bei einer großartigen Klavierpädagogin gehabt zu haben :rolleyes:
Ich galube nicht, daß es genügt, einem Schüler zu sagen , daß er das braucht, man muß ihm auch zeigen und erklären, wie er in diesen Zustand gelangen kann, sonst verzweifelt er darüber. Ich habe es damals geschafft, aber wie gesagt, ich mußte es konkret erlernen.

Mein Tipp für diese Stelle wäre:
- zur Umsetzung dieser smoothigen Bewegung: Nicht in Einzeltönen denken, sondern in Phrasen.
Ich wage sogar zu behaupten, daß man das FI garnicht anders ein einüben kann, allein schon wegen der Sextolen links gegen die Sechzehntel rechts.
 
Ich denke mal, diese zitierte Stelle kann man verkrampft überhaupt nicht spielen. Ich habe mir inzwschen zur Regel gemacht, mir Stellen zu merken, an denen ich alleine scheitere und sie mit meinem Klavierlehrer zu besprechen. Meistens ist nur eine Winzigkeit am Bewegungsablauf zu ändern und schon geht es fast wie von selbst.

Wenn man solche Stellen mit Gewalt meistert, kann man sich schon darauf vorbereiten, daß sie im entscheidenen Moment daneben gehen.
 
Mein Tipp für diese Stelle wäre:

- die Hand ein bisschen höher halten, dann sind die Wege von Taste zu Taste kürzer

- zur Umsetzung dieser smoothigen Bewegung: Nicht in Einzeltönen denken, sondern in Phrasen. Das könnten in diesem Fall immer vier Töne sein, von denen ja auch der erste ein bisschen Hervorgehoben wird.
Spiele erstmal mit dem Daumen diese Cantilene, bis du klanglich mit ihr zufrieden bist. Anschließend hängst du die Oktave mit dem 5. Finger einfach noch dran. Spiel aber nicht bewusst zwei Einzeltöne; stell dir vor, die Oktave hängt sich einfach immer mit hinten dran.
Das kannst du auch an anderen Melodien üben: Mit dem Daumen die Melodie spielen und einfach immer eine Oktave hintendran werfen...
Ähnlich verfährst du mit den restlichen Tönen. Sie sind einfach ein Anhängsel des ersten Tones jeder Phrase.
Sie müssen auch gar nicht unbedingt laut sein - Geschwindigkeit, etwas Pedal, Harmonie im Bass und die Betonung der Melodie reicht aus.
Meine Klavierlehrerin riet mir sogar, den Daumen etwas länger zu halten - muss aber nicht sein.



THX, werds mal versuchen!

MfG
Mathias
 
Muskel entspannen = loslassen

In Ergänzung zum dem, was hier geschrieben wurde, will ich nur hinzufügen, dass man zwar auf Befehl einen Muskel schnell und zuverlässig anspannen kann (das hat die Natur eben so eingerichtet), aber dass man schwer auf Befehl einen Muskel entspannen kann. Muskel entspannen bedeutet, die Anspannung loszulassen, freizugeben.

Also eher, etwas nicht zu tun. Nur, dies scheint eben nicht einfach zu sein. Meiner Meinung nach ist die Beobachtung des Körpergefühls dafür sehr wichtig. Wenn es nicht gerade ungesund und verboten wäre, würde ich dafür plädieren, das herrliche Gefühl, was sich beim Spiel mit entspannten Muskeln einstellt (und unmittelbar auch zu musikalischerem Spiel führt), mal bei einem Gläschen Rotwein und/oder ein paar Zügen Gras zu genießen. Weil man erstmal erleben sollte, wie sich Klavierspielen im völlig entspannten Körperzustand (bei gleichzeitiger Hochkonzentration) anfühlt. Dann weiss man, worauf man achten sollte.

Mir geht es regelmässig bei schwierigen Passagen so, dass ich merke, wie sich Muskeln anspannen wollen, und zwar nicht nur im Handbereich. Zum Beispiel der rechte Oberschenkelmuskel, merkwürdigerweise. Ich versuche, durch rotierende Aufmerksamkeit auf den Körper verteilt, die Sache in den Griff zu bekommen. Das Spiel wird besser, wenn eben auch dieser Muskel entspannt ist, wie alle anderen auch. Das hat nichts damit zu tun, dass man schlaff rumhängen soll - im Gegenteil, hochkonzentriert. Aber entspannt.
 
..... würde ich dafür plädieren, das herrliche Gefühl, was sich beim Spiel mit entspannten Muskeln einstellt (und unmittelbar auch zu musikalischerem Spiel führt), mal bei einem Gläschen Rotwein und/oder ein paar Zügen Gras zu genießen.....

Mindenblues, Mindenblues, du bist mir ja ein ganz schlimmer...ts..ts..ts... :D


...vorallem das "und" beim "und/oder"....
 

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