Übehäufigkeit bei Kindern

  • Ersteller des Themas Ralph_hh
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Meine Schwägerin hat mal gespielt, heute, soweit ich weiß nicht mehr. Ihre Tochter spielt Geige. Anfangs sehr wenig, inzwischen etwas mehr und auch mit erkennbaren Fortschritten, die dann wohl auch den Spaß mit sich bringen, aber so sehr tief sind wir in das Thema nicht eingestiegen.
 
Disclaimer: Eine Kinderlose erteilt Ratschläge in Kindererziehung. :lol:

Quelle: Eigene Kindheit.

Nach der Schule wurde zu Mittag gegessen, dann "Hausaufgaben erledigt" ;-), dann eine Stunde Klavier geübt und dann war Freizeit.

Da Eltern den Klavierunterricht bezahlen (und womöglich sogar gas Instrument eigens angeschafft haben), hat das Kind auch die Pflicht zu verhindern, dass gemeinsames Geld der Familie zum Fenster hinausgeworfen wird. Dies ist ihm ggf. zu verdeutlichen.

Um das vitale Eigeninteresse an der Sinnhaftigkeit des Unterfangens zu fördern, könnte man zusätzlich auch verkünden, dass es weniger Taschengeld gibt. Dann wirkt der Unterricht nicht "geschenkt", sondern irgendwie ein bisschen selbstbezahlt – noch ein Grund mehr, das Angebot nicht durch Nichtüben zu vergeuden.




Nota bene, immer vorausgesetzt, das Instrument wurde auf ausdrücklichen Wunsch des Kindes angeschafft. ;-) Projektion des eigenen Interesses/Wunsches ins Kind ist unfair.
 
Ich sag's immer wieder gerne: Kinder müssen erst lernen, dass auf die nicht ausschließlich schöne Arbeit die Belohnung des Erfolges folgt. Deshalb brauchen manche längere und mehr Motivation durch die Eltern.

Ich hatte ein paar Jahre eine (für mich) nicht so gute Klavierlehrerin. Wäre ich dort geblieben, hatte ich vermutlich irgendwann aufgehört. Aus heutiger Sicht wäre das rückblickend jammerschade gewesen.
 
Ich glaube, dass die Pädagogik insgesamt so viel "weiter" ist, dass sich schon längst alles ins Gegenteil umgekehrt hat. Alles soll Spaß machen, und zwar nicht nur in Summe (Freude am Erfolg), sondern jede einzelne Minute.
na das ist ja nicht das, was ich meine.
Mir gehts nur darum, dass wenn ich mitkriege, wie frühkindliche Musikerziehung im Allgemeinen oder Klavierunterricht im Speziellen heutzutage aussehen kann, wenn es richtig läuft, ich extreme Diskrepanzen zu meinem Klavierunterricht sehe.
Sachen, die gemacht werden, bevor es überhaupt ans Instrument geht, wie Rhythmusübungen, erst mal die Stücke hören und nachsingen lassen, dann auch mal am Instrument die entsprechenden Tasten finden lassen (alles ohne Noten), etc.; das gab es bei mir nicht.
Und wie ich die Sache sehe, auch bei vielen Leidensgenossen nicht, die zur gleichen Zeit als Kind Klavierunterricht "genossen" haben.
Stattdessen gleich ans Klavier gesetzt, und direkt mit Notenlesen angefangen und die KL nachmachen, ohne überhaupt richtig zu kapieren, um was es da geht.
Ziemlich bald kam dann auch das Metronom dazu, was einen völlig kirre gemacht hatte, weil man gar nicht mehr wusste, ob man sich nun auf das unerbittliche KLACK KLACK KLACK konzentrieren sollte, oder auf die Noten, oder auf die Finger.
Das letzte jedenfalls, worauf man sich konzentrierte/konzentrieren konnte, war die Musik.

Ich denke schon, dass heutzutage die Chancen auf so einen "tollen" Unterricht deutlich niedriger sind.
 
das musst du ihn fragen

Ich gebe nur meine Beobachtungen von dem wieder, was ich so aus dem Bekanntenkreis mitkriege.
 
@brennbaer: bzgl. Deiner Schilderung stimme ich zu. Ja, es war bei mir ähnlich und ja, es scheint heute besser zu sein.
 
Sie spielen also 10 Minuten am Tag Computer?
Oder war das nur im ersten Jahr?

Mehr als 15 Minuten im Schnitt pro Tag ist es bei uns auch nicht. Und mein Sohn hats so lange heftigst boykottiert, bis ichs irgendwann entnervt aufgegeben habe.
Meine (11) Tochter will eigentlich spielen können und kann auch schon langfristig denken, aber deshalb freiwillig üben käme ihr (noch?) nicht in den Sinn ;)

Jeden Tag viel Üben dürfen gern die Naturtalente machen, die sich dazu hingezogen fühlen. Das sollte man nicht erzwingen, es kommt, oder es kommt nicht.

Man kann das auch nicht mehr mit vor 40 Jahren vergleichen, heutzutage gibts so unfassbar viel Ablenkung. Ich mein, wir hatten ja nix - TV war unterirdisch, Computer gabs net etc. - man hatte mehr Langeweile und wurde automatisch geduldiger, sich mit so einer mühsamen Sache ausführlichst zu beschäftigen.
Allein diese Multiplayergames - die Kinder verabreden sich auf dem Schulhof nicht mehr zum Spielen (was machen wir? weiß nicht...) sondern in welchen Games / auf welchem Server sie nachher gleich nen Clan / Gruppe aufmachen und wie der Teamspeak-Channel heißt. Da ist schwierig gegenzuhalten, die müssen keine 10 Sekunden nachdenken um ihre interne TODO-Liste dafür durchzuforsten, 1000 spannende Sachen.

Sie haben sich die Zeit zusammengespart und einmal die Woche Computer gespielt. Mittlerweile hat der Grosse ein Handy und spielt schon öfter dran. Aber mittlerweile brauchen sie sowieso keine Erpressung mehr. Jetzt reicht sanfter Druck und die Erinnerung, dass sie jetzt schon zu viel können, als dass sie aufhören dürften. :-D

Lg
 

Als Oma, die über 400 km von ihren Enkelkindern entfernt wohnt, versuche ich die Kinder zum Üben zu motivieren, indem ich die gleichen Stücke wie sie einübe. Wir spielen sie uns dann via Telefon vor. Auch wenn sie bei mir zu Besuch sind gehen wir abwechselnd an mein Flügelchen. Bei meinem fast 14 -jährigen Enkel hat auch geholfen, dass er jetzt mit seinem neuen Klavierlehrer aktuelle Pop-Stücke einübt.
 
Ich bewerte es heute vor allem aus der Rückschau.

Für die dezente (!) Nötigung zum regelmäßigen Üben seinerzeit bin ich (heute, im Nachhinein!) dankbar. Meinen jugendlichen Ehrgeiz habe ich seinerzeit definitiv auf Anderes konzentriert, und am Klavier bin ich nicht besonders weit gekommen ( ~ pi mal Daumen eine passable Facile, mehr nicht).

Aber was man als Kind "so nebenher" gelernt hat, das bleibt. Niemand weiß, ob man nicht später im Leben plötzlich gern Klavier spielen möchte. Und dann in höherem Alter, mit Beruf, Familie, Trallala, bei Adam und Eva anfangen... o je.
 
Auch ein Pianist braucht Allgemeinbildung
Ist Musik keine Allgemeinbildung?
Schule ist lebensnotwendig, Musik ein schönes Hobby und somit Bonus.
Ist bildende Kunst nicht auch ein schönes Hobby und somit Bonus? Ich wurde in der Schule im Kunst-Unterricht trotzdem genötigt, Bilder zu malen, Linoldruckplatten zu "fräsen" etc. Und ich bin in der Nachschau der Meinung, dass das durchaus sinnvoll war.

Wo ist der Unterschied?
 
Musik ist in der Schule ein Pflichtfach. Zumindest solange, bis man in der Oberstufe zwischen Kunst und Musik wählen kann. Ich hab damals Kunst genommen, weil die Musik privat ausreichend abgedeckt war, eigentlich hätte ich gerne beides gemacht und dafür drauf verzichtet, in Deutsch Goethe und Schiller zu lesen. Wer möchte kann die ja als Hobby durcharbeiten.

Wer legt fest, was Pflicht, was Hobby ist? Im Zweifelsfall neben der Schule die Eltern. Ich hab eine kurze Weile Gitarre gelernt und war sehr froh, dass das keine Pflicht war, denn das war absolut nicht meins.
 
Senf: Ohne meine Uroma, bei der ich täglich (außer ich hatte Neurodermitisschübe, über die ich mich dann freute xD) minimum 45 Minuten spielen musste, hätte ich lange aufgehört. Aus heutiger Sicht bin ich zweierlei. Zum einen dankbar, dass ich mit einer Hand voll aus einer Teedose gekratzten Zibeben belohnt eine (wenn gleich didaktisch völlig unbrauchbare xD ) Regelmäßigkeit hatte. (Manchmal kam ein Skatonkel im isabellfarbenem B Kadett und drückte mir mit seinem Schnupftabakdaumen einen Heiermann in die Hand.)

Zum anderen bin ich wütend, dass ich auf dem Land unentdeckt verkam.

Nur einmal kam ein Onkel aus der Stadt. Seines Zeichens Scholast und Organist, Regensburg, irgendwas und er riet man solle mich fördern.

Nichts geschah. Ich wehrte mich erfolgreich gegen alle Bestrebungen meiner Eltern mich in ein Musikinternat etc. zu stecken.

(Weil es hier auch schon einmal stand. Ich litt sehr unter dem "seht her mein Sohn bla" - VHS - Geaufnehme. Bei meiner Uroma fühlte ich die Musik noch gewertschätzt und vor allem gebraucht. Sonst war ich nur "Vorzeige Kind". )


Ich sehe das große Manko im "nicht mehr Gebraucht werden" im Sinne von Gesellschaftlicher Relevanz. Allerdings kann ich da nur von "so Egerländer Hausmusik" auf andere schließen.
Bei meiner Uroma ging es noch sehr oldschool zu, und es gefiel mir dort mit meinem Großonkel Adolf, aus Berlin, zu Zither und Mundart mitzusingen / spielen etc.. Ich fühlte mich gebraucht und nützlich und nicht bloß scheitelgelegt, mit 4711 Taschentuch - Spucke saubergewischt auf die Bühne gestellt.
 
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Ihre Motivation zu üben allerdings war nie sehr ausgeprägt, sie ist in der Schule unterfordert und hat sich als Ausgleich mit Hobbys überladen, so dass es zeitlich jetzt alles etwas eng wird.

Ich sehe hier zwei Probleme zusammenkommen. Motivation entsteht durch Erfolg, aber Erfolg stellt sich erst nach einiger Arbeit ein, braucht Zeit und Mühe. Wenn sie durch zu viele Hobbys keine Zeit mehr hat, wird sie in keinem davon echte Erfolgserlebnisse erreichen und am Ende bleibt eine Menge Frust darüber, dass andere alles besser hinkriegen. Du musst ihr helfen, sich zu fokussieren. Ich an deiner Stelle würde ihr vorschlagen, dass sie zwar so viele Hobbys haben kann, wie sie möchte, aber immer mindestens eines davon ernsthaft betreibt, mit ernsthaftem Einsatz. Egal ob Klavier oder irgendetwas anderes. Ich würde da auch nicht zu zaghaft rangehen und zum Beispiel beim Klavierüben (so sie das denn auswählt) mindestens eine halbe Stunde pro Tag an Übung ansetzen. Kinder fördert man, indem man sie fordert und wenn die Schule das nicht schafft, musst Du ran... Natürlich musst Du dabei auch aufpassen, dass Du sie nicht überforderst, das ist mitunter ein schmaler Grat. Die vielen Hobbys Deiner Tochter könnten auch ein Anzeichen dafür sein, dass die Eltern ihr alles mögliche aufdrängen, weil das gut sei, sich damit zu beschäftigen.

Mit der reinen Übezeit ist es allerdings nicht getan. Du weisst selbst, beim Üben klappt nicht immer alles, wie man sich das denkt. Gerade Kinder wissen noch nicht, wie man damit umgeht und da musst Du, aber auch der KL ihr helfen, wie man systematisch Blockaden umgeht. Das ist ganz wichtig und ich sehe immer wieder, wie Eltern ihre Kinder in der Beziehung quasi verhungern lassen.

Regelmässiges Feedback ist sehr wichtig. Deshalb würde ich auf den KL mit regelmässigen Klavierstunden nicht verzichten (aber in Deinem Fall wohl mal das pädagogische Konzept mit ihm besprechen, ggf. einen anderen suchen). Wenn Du das selbst übernimmst, solltest Du einen gemeinsamen Übezeitplan aufstellen und auch einhalten.
 

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