Übe-Tagebuch: Letzter Anlauf - mit Handicap und Keyboard

  • Ersteller des Themas Clavifilius
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Gestern insgesamt ca. 1 Stunde geübt.
Teilweise unkonzentriert und ungeduldig.
Inzwischen kann ich die Invention zwar komplett spielen, aber an mehreren Stellen hakt es immer. Und sobald ein Haken geglättet ist, hakt es wieder woanders. Und wenn Ungeduld und Unkonzentriertheit und Es-erzwingen-wollen kommen, klappt plötzlich gar nichts mehr.
Spätestens an diesem Punkt habe ich früher aufgegeben, der Klavierlehrer hat verständnisvoll das Stück abgehakt und wir sind zum nächsten übergegangen. :007:
(Wobei ich ja bei den Inventionen früher sowieso nur die erste holpernd geschafft habe. Bin also jetzt schon weiter.)

Wie auch immer: Am Ende der Woche ist mein nächstes "Vorspiel". Bis dahin kann es klappen, sie gut zu spielen, wenn ich wieder konzentriert übe.
 
Hut ab @Clavifilius vor deiner Motivation. :super: Ich habe nicht viel Ahnung weil ich noch nicht so lange Klavier spiele. Aber ich hätte nicht gedacht, dass man mit einem Keyboard sowas so spielen kann. Wünsche Dir weiterhin viel Erfolg und Freude und auch, dass Deine Hand immer länger am Klavier durchhält.
 
Hut ab @Clavifilius vor deiner Motivation. :super: Ich habe nicht viel Ahnung weil ich noch nicht so lange Klavier spiele. Aber ich hätte nicht gedacht, dass man mit einem Keyboard sowas so spielen kann. Wünsche Dir weiterhin viel Erfolg und Freude und auch, dass Deine Hand immer länger am Klavier durchhält.

Vielen Dank für die freundlichen Worte.
Es ist allerdings gar nicht so schwierig, auf einer normalen (ungewichteten) Keyboard-Tastatur mit einem Cembalo-Sound, der ja nicht anschlagsdynamisch ist, Bach zu spielen.
Im Grunde genommen sind das Vorübungen, um die Stücke schon flüssig spielen zu können. Bevor ich dann später (hoffentlich) lange genug an einem Klavier/Digi üben kann, um die Dynamik (Piano-Forte) auszuarbeiten.

Wobei: Wenn ich das wegen der nur begrenzt belastbaren Hand nicht schaffe, ist das auch keine Katastrophe. Dann gönne ich mir schöne Cembalo-Samples und gute Lautsprecher dazu.
Auf diese Idee hat mich freundlicherweise Kollege @FünfTon gebracht.
 
Gestern 45 Minuten konsequent geübt.
Es läuft wieder besser mit der 8. Invention.

Warum Samples - ein Clavichord ist doch 100 mal schöner?

Ich hatte schon vor über 20 Jahren Interesse an einem Clavichord und mir sogar ein Neupert Clavichord gekauft.
Gespielt habe ich damit damals nur leichte alte Tänze. Dafür war es hervorragend.

Leider habe ich es nie gelernt, das Clavichord richtig zu stimmen.

Natürlich überlege ich seit Wochen, es wieder spielbereit zu machen, aber soweit ich das beurteilen kann, müssten neue Saiten aufgezogen und die Tastatur reguliert werden. Die alten Saiten klingen nicht mehr so schön und eine Taste klemmt.

Das wird also ein größeres Projekt. Abgesehen davon müsste ich gründlich lernen, das Instrument zu stimmen.

Also: Einerseits gebe ich dir natürlich recht. Ein echtes Clavichord hat einen Charme, den kein digitales Instrument ersetzen kann.
Sofern es denn hochwertig konstruiert und gut in Schuss ist. Es gibt auch schlecht gebaute Clavichords, die sich nicht gut bespielen lassen.

Ein elektronisches Keyboard mit Cembalo-Samples ist demgegenüber relativ einfach zu spielen und klingt auch noch toll.

Meine Priorität liegt im Moment darin, die Inventionen unkompliziert üben zu können.

Da ich nun aber schon ein Clavichord besitze, werde ich natürlich später einmal einen Versuch starten, die Inventionen damit zu spielen, nachdem ich sie auf dem unkomplizierten Keyboard gelernt habe.
 
Heute 90 Minuten an dem Schimmel Klavier geübt.

Dabei eine spannende Entdeckung gemacht. Hab mein Spiel aufgenommen und beim Anhören festgestellt, dass ich zu laut anschlage. Also tendenziell dauerhaft Forte.

Da zeigt sich wieder, wie wichtig solche Aufnahmen sind, um das eigene Spiel zu prüfen. Mit anderen Ohren zu hören sozusagen.
So konnte ich das korrigieren und leiser spielen.

Bin zum ersten Mal ohne allzu viel Stolpern in angemessenem Tempo durch das Stück gekommen.
 
Hier der aktuelle Stand des Stücks, nach 90 Minuten Üben auf dem "echten" Klavier.
(Aufgenommen mit Smartphone und Diktiergerät-App, aber ich glaube, man kann das einigermaßen anhören.)

https://soundcloud.com/user-750131763/invention-8-klavier-testaufnahme
 
Heute 90 Minuten mit Freude und Disziplin an der 8. Invention geübt.
Fortschritte erkennbar.
 
Das Wochenende ist da. Und damit auch mein nächstes "Vorspiel" ... - diesmal schon am Freitag Abend.

Inzwischen kann ich die 8. Invention flüssig und halbwegs fehlerfrei spielen. Allerdings ist mir heute (2 Stunden geübt) aufgefallen, dass ich den Takt nicht halte.

Deshalb habe ich mir einen kleinen Spaß daraus gemacht, zum ersten Mal überhaupt einen "Beat" auszuprobieren als schönere Form eines Metronoms.
Hab einen "Dance-Style" ausgewählt und den Bach in den Club geschickt. :004:

Hat Spaß gemacht!
Bin jetzt im Takt (glaube ich). :001:

https://soundcloud.com/user-750131763/8-invention-beat
 

Und da das wochenlange Üben von Inventionen nach einem kleinen musikalischen Ventil verlangt, hab ich hinterher noch eine richtige "Electro-Dance-Was-weiß-ich"-Variante der 8. Invention gespielt! :012:

https://soundcloud.com/user-750131763/bach-8-invention-dance-synth
 
Nach zwei Wochen Übe-Tagebuch möchte ich ein kleines Zwischen-Fazit für mich ziehen:

Es läuft insgesamt prima! Die Motivation zu üben und das jeweilige Ziel der Woche zu erreichen, ist sehr stark. Dazu trägt bei, dass ich täglich protokolliere, wie lange und wie konsequent ich geübt habe. Und natürlich das "Vorspiel" einmal wöchentlich, auf das ich beim täglichen Üben gedanklich zusteuere.
Über einige Frustrationspunkte (als es zwischenzeitlich an einzelnen Tagen anscheinend nicht vorwärts ging) bin ich gut hinweg gekommen.

Die Inventionen sind für mich weder zu schwierig noch zu leicht, sondern die genau richtige Herausforderung.
Außerdem mag ich diese Musik und habe eine Vorstellung, wie sie klingen und gespielt werden sollte.
Durch die regelmäßige Aufnahme meines eigenen Spiels höre ich auch - gewissermaßen aus der Außenperspektive - was schon gut läuft und was noch verbessert werden kann.

Ein bisschen vorsichtig muss ich sein mit der täglichen Übe-Dauer. Da ich sehr motiviert bin, neige ich dazu, an die Belastungsgrenze zu gehen. Schwachpunkte sind die Handgelenke und mehrere Finger der rechten Hand.
Die zwei Stunden gestern waren zuviel. Die leichten Schmerzen sollte ich als Warnsignal ernst nehmen. 60 bis 90 Minuten Übe-Dauer sollten die Obergrenze sein. Heute und morgen weniger zur Erholung.

Noch mehr auf Entspannung beim Spielen achten!
Besonders Handgelenk locker lassen. Manchmal ist dort noch zuviel Anspannung.
Damit experimentieren, was es bedeuten kann, aus dem Oberarm heraus zu spielen. @hasenbein hatte in dem Zusammenhang Abby Whiteside erwähnt und das "Bewegungsprinzip vom Zentrum zur Peripherie": "Dabei ist das Handgelenk FREI und DURCHLÄSSIG, und durch die Bewegungen des Arms entstehen - als rein passive Reaktion! - unvermeidlicherweise Bewegungen des Handgelenks." (Zitat Hasenbein)
Bislang spiele ich hauptsächlich aus den Fingern heraus, so wie ich das bei meinen Klavierlehrern gelernt habe, soweit ich mich erinnere. Die Verspannungen der Handgelenke sind aber Anzeichen dafür, dass das falsch ist.
Wenn ich nun aber die Finger eher passiv lasse und probiere, aus dem Arm heraus zu spielen, gelingt mir das erst einhändig. Noch nicht mit beiden Armen gleichzeitig.
Bedeutet das jetzt, dass ich wieder lange einhändig übe?

Zum weiteren Vorgehen mit den Inventionen. Bevor ich mit einer neuen beginne, möchte ich noch eine dritte Woche lang die 8. spielen. Vor allem um ein wenig damit herumzuexperimentieren, Tempo zu steigern, Begleitrhythmen (Styles) ausprobieren etc.

Alles in allem bin ich zufrieden und übe mit Freude. Ein wenig problematisch finde ich allein die Sache mit den Bewegungen aus dem Oberarm bzw. dieses "Bewegungsprinzip vom Zentrum zur Peripherie". Da hatte ich vier Klavierlehrer und keiner von denen hat mir davon etwas erzählt. Dieser Sache möchte ich in den nächsten Wochen Aufmerksamkeit schenken.
 
Üb mal eine ganze Zeitlang nicht Bach, sondern romantisches Repertoire mit viel Pedal und diesen kreisenden, sich wiederholenden Begleifiguren (z.B. Chopin). Dann kannst Du das gleich viel besser an den Start bringen. Mit Bach kommst Du aus Deiner "Fingergewohnheit" nicht raus, das kann ich Dir aus der Ferne mit ziemlicher Sicherheit sagen.
 
Üb mal eine ganze Zeitlang nicht Bach, sondern romantisches Repertoire mit viel Pedal und diesen kreisenden, sich wiederholenden Begleifiguren (z.B. Chopin). Dann kannst Du das gleich viel besser an den Start bringen. Mit Bach kommst Du aus Deiner "Fingergewohnheit" nicht raus, das kann ich Dir aus der Ferne mit ziemlicher Sicherheit sagen.

Vielen Dank für die Rückmeldung!
Mir steht zur Zeit nur einmal wöchentlich ein Klavier zur Verfügung, an dem ich das machen kann. (Hab aktuell nur ein Keyboard.) Bin dort am Klavier aber bereit, den Rat zu beherzigen. Geht statt Chopin auch Erik Satie? Auf Chopin habe ich keine Lust, aber die Gymnopédies und Gnossiennes würde ich ganz gerne mal spielen zwischendurch.
 
Habe jetzt herausgefunden, woher die Schmerzen in den Handgelenken kamen:
Sobald ich die Invention sehr schnell spielen möchte, führt das zur Verkrampfung.
(Nach den "Einspielungen" gestern Abend hatte ich noch eine Weile höhere Tempi ausprobiert und anschließend Schmerzen.)

Der Plan für die kommende Woche besteht also darin:
Tempo behutsam steigern (mit Metronom bzw. Begleit-Rhythmus) und dabei immer auf ein entspanntes Handgelenk achten.
 
Finde ich super, das Übergabebuch, habe ich auch bei einigen Schülern angemahnt, damit Übeplan und Verwirklichung nachvollziehbar werden. Weniger für mich als Lehrer denn für den Schüler selbst!
Zur Verkrampfung noch ein paar kleine Anmerkungen:
Man kann viele Spielbewegungen verbalisieren, z. B. Anfang 8. Invention rH staccato Achtel,
"kleiner Sprung 1-2 f- a;
mittlerer Sprung 1-3 f- c
großer Sprung 1-5 f- f ankommen! Stop";
"heruntergleiten zum c 3-2-1 e-d-c
heruntergleiten zum a 4-3-2-1 d- c- b- a
heruntergleiten zum f 4-3-2-1 b-a-g-f"

Möglichst Widerstände fühlen und reduzieren und die Finger die Hand 'nachziehen' lassen! Es ist oft besser, man kümmert sich zunächst um den sauberen Aufsatz und das Ablösen der Finger und beobachtet dann wie der Arm nachgeführt wird, wenn er sich frei bewegen kann/darf.
Die Rotationsstelle a-c-b-c usw. würde ich rechts zunächst daumenfrei mit 2-5-3-5 spielen und beobachten, wie die Finger die Hand nach hinten (weisse Tasten a-c) und naçh vorne (schwarze Taste b) ziehen. So nochmals das ganze Stück auf angenehme Spielbewegungen hin untersuchen und auch akzeptieren, dass die unbequeme Stelle links (T. 19/20) keine wirklich bequeme Lösung erlaubt.
Aber auch da kann man sich (4-5-4) vom kürzeren fünften Finger etwas nach vorne ziehen lassen und findet eine einigermaßen angenehme Spielbewegungen.
Jetzt, wo die Noten sitzen, kann man musikalisch und technisch noch ein wenig nachjustieren!

Empfehlung: jetzt vielleicht die schöne chromatische g-Moll Invention oder die hell leuchtende in B-Dur.

Chopin ist immer schön, aber vielleicht wäre für die typische romantische Setzweise mit den weiträumigen lH Figuren John Fields übersichtlicheres B-Dur Nocturne (ich glaube es wird als Nr. 8 geführt) zunächst hilfreich.
 
Finde ich super, das Übergabebuch, habe ich auch bei einigen Schülern angemahnt, damit Übeplan und Verwirklichung nachvollziehbar werden. Weniger für mich als Lehrer denn für den Schüler selbst!
Zur Verkrampfung noch ein paar kleine Anmerkungen:
Man kann viele Spielbewegungen verbalisieren, z. B. Anfang 8. Invention rH staccato Achtel,
"kleiner Sprung 1-2 f- a;
mittlerer Sprung 1-3 f- c
großer Sprung 1-5 f- f ankommen! Stop";
"heruntergleiten zum c 3-2-1 e-d-c
heruntergleiten zum a 4-3-2-1 d- c- b- a
heruntergleiten zum f 4-3-2-1 b-a-g-f"

Möglichst Widerstände fühlen und reduzieren und die Finger die Hand 'nachziehen' lassen! Es ist oft besser, man kümmert sich zunächst um den sauberen Aufsatz und das Ablösen der Finger und beobachtet dann wie der Arm nachgeführt wird, wenn er sich frei bewegen kann/darf.
Die Rotationsstelle a-c-b-c usw. würde ich rechts zunächst daumenfrei mit 2-5-3-5 spielen und beobachten, wie die Finger die Hand nach hinten (weisse Tasten a-c) und naçh vorne (schwarze Taste b) ziehen. So nochmals das ganze Stück auf angenehme Spielbewegungen hin untersuchen und auch akzeptieren, dass die unbequeme Stelle links (T. 19/20) keine wirklich bequeme Lösung erlaubt.
Aber auch da kann man sich (4-5-4) vom kürzeren fünften Finger etwas nach vorne ziehen lassen und findet eine einigermaßen angenehme Spielbewegungen.
Jetzt, wo die Noten sitzen, kann man musikalisch und technisch noch ein wenig nachjustieren!

Empfehlung: jetzt vielleicht die schöne chromatische g-Moll Invention oder die hell leuchtende in B-Dur.

Chopin ist immer schön, aber vielleicht wäre für die typische romantische Setzweise mit den weiträumigen lH Figuren John Fields übersichtlicheres B-Dur Nocturne (ich glaube es wird als Nr. 8 geführt) zunächst hilfreich.

Vielen Dank für die ausführlichen Hinweise!

Genau, das Übe-Tagebuch dient hauptsächlich dazu, dass ich selbst nachvollziehen kann, welche Fortschritte ich mache und woran jeweils zu arbeiten ist.

Ja, die Fingersätze hatte ich (mit viel Zeit und Mühe) in der ersten Übe-Woche entwickelt. Hier und da weichen sie ein wenig von Deinen Vorschlägen ab. Aber insbesondere an den schwierigen Stellen bin ich zu denselben Fingersätzen gekommen.

Wenn Du davon sprichst, dass die Finger die Hand nach vorne oder hinten ziehen, ist damit doch gesagt, dass die Aktivität von den Fingern ausgeht?
Ich will hier ja keinen Streit unter Klavierlehrern auslösen. Es gibt ja sicherlich auch parallel existierende Lehrmeinungen. Deine Antwort deute ich jetzt so, dass zumindest Bach (und vielleicht allgemein die Klaviermusik, die für Cembalo/Clavichord geschrieben wurde) eine aktive Bewegung der Finger verlangt. Während bei romantischer Klavierliteratur die Arme stärker beteiligt sind.

Soweit ich das im Moment beurteilen kann, kam die Verspannung der Handgelenke durch den Versuch zustande, das Tempo des Stückes schnell beidhändig zu steigern.
Stattdessen möchte ich jetzt so vorgehen, dass ich das Tempo erst mit jeder Hand einzeln steigere und danach allmählich das Tempo bei beidhändigen Spiel.

Eine Woche nehme ich mir noch, um die 8. Invention zu spielen.

Im Hinblick auf die Empfehlungen romantischer Klavierliteratur:
Ich kann den Gedankengang dahinter verstehen und respektieren. Allerdings möchte ich eben Bach spielen, das motiviert mich, konsequent zu üben, alles andere nicht.
Und ich glaube nicht, dass man einen Umweg über Chopin nehmen muss, um Bach zu spielen.
Nach meinem Eindruck ist Bach selbst der beste Klavierlehrer von allen, wenn man Bach spielen will. Schließlich hat er die Inventionen ja ausdrücklich als Klavierdidaktik geschrieben.
Welche bessere Einführung kann man sich wünschen?

Mein Ehrgeiz besteht darin, später mal die Französischen Suiten gut spielen zu können. Jedenfalls ist das mein längerfristiger Plan, auf den das Üben abzielt.
 

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