Ich find‘s putzig - allerdings VIEL zu lang. Ich frage mich allerdings, ob das nicht mit einem Sequenzer-Tool eingespielt wurde …
Das Stück entstand im Jahre 1981, da war man in technischer Hinsicht ganz sicher noch nicht so bestückt. Ein analoges Merkmal steht in Verbindung mit etlichen Klavierwerken der (Spät-)Romantik: es ist ein literarisches Zitat vorangestellt. In diesem Falle ist dieses wohl Programm: "'Tout est hiéroglyphique' (Baudelaire)", in der Tat ist bei der Einstudierung das Enträtseln der geschriebenen Vorgabe zunächst der zentrale Vorgang schlechthin. Das Schriftbild der "New Complexity"-Kompositionen fußt auf Schreibweisen, die letztlich auf spätserielle Techniken zurückgeht. Hat man also einige Stücke von Komponisten wie Stockhausen, Boulez, Xenakis oder vergleichbaren Komponisten analytisch durchdrungen und/oder selbst einstudiert und aufgeführt, ist das Enträtseln durchaus auch hier zu schaffen. Angesichts meiner inzwischen anders gelagerten Spezialisierung habe ich die Noten im Schrank, mir aber nicht die Einstudierung dieses Stücks aufgehalst.
Reiner Brainfuck.
Kennt man schon seit vielen Jahrzehnten in der Neuen Musik - dieses Komponieren, um damit anzugeben, wie geil kompliziert es auf dem Papier aussieht.
Natürlich ist diese Art Musik meist unmusikalischer Schwachsinn.
Bei Kompositions-Wettbewerben waren/sind solche Opera durchaus preisverdächtig, zumal der Komponist Professor an einer deutschen Musikhochschule war und in vielen Wettbewerbsjurys saß. Von Spezialisten für Spezialisten, nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. Deshalb blieb ich stets auf Distanz zu Wettbewerben und habe mich nach etlichen Jahren des Doppellebens praktisch von der Neue-Musik-Szene komplett losgesagt, bereue es aber nicht, mir Fertigkeiten im Verständnis derartiger Werke angeeignet zu haben. Rundheraus "unmusikalischer Schwachsinn" würde ich trotz einer gewachsenen kritischen Musikauffassung dennoch nicht einfach sagen, aber es ist augenfällig, dass es auch im "Neue-Musik-Betrieb" gewisse Mode- und Zeiterscheinungen gab und gibt. Heute ist es keineswegs einfacher geworden: Du kannst absolut alles machen und bewegst Dich mehr oder weniger überzeugend im Spannungsfeld zwischen Simplizität und Komplexität, zwischen betonter Eingängigkeit und absolutem Durchgeknallt-Sein, zwischen..., egal, alles ist möglich und nichts ist ausgeschlossen. Übrigens ist der inzwischen für Easy-Listening-Pianomusik bekannte
Ludovico Einaudi Kompositionsschüler von
Luciano Berio und damit ein Beispiel dafür, dass die Grenzen zwischen sehr unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen im Musikbetrieb immer durchlässiger werden.
LG von Rheinkultur