Repertoirepflege

@ Walter: In ähnlicher Weise kann ich das bei meinem KL bestätigen. Obwohl manche Stücke für mich noch bei Weitem "nicht fertig" sind, beginnen wir schon mit dem Nächsten. Am Anfang hatte ich auch das Problem, dass ich auf die freundliche Frage von Freunden, was ich denn so am Klavier zu spielen vermag, nur sagen konnte: Nix! :-( Das neue Stück kann ich noch nicht und das alte hab ich (fast) wieder vergessen. Und so soll es ja nicht sein!

@alle: Vielen Dank für Eure Tipps & Anregungen :-)
 
Ich bin einer derjenigen, die erfolglos versuchen, ein Repertoire zu pflegen. Ich weiss, woran es bei mir scheitert.

Zum einen spiele ich viel zu viele zu schwere Stücke, die technisch so am Limit sind, dass sie dann auch schnell wieder verschwinden, wenn sie länger nicht gespielt werden. Auch weil sie nach wochenlanger Arbeit gerade so geklappt haben, anstatt dass man Stücke auf angemessenem Niveau dann mal wirklich perfekt spielt und das dann noch eine Weile weiter spielt.

Und ich bin in der Harmonielehre nicht so bewandert, dass ich da mit Verständnis auswendig lerne, das ist eher ein Gedächtnis nach Gehör und in den Fingern und wenn die Finger da nicht mehr fit sind, höre ich zwar, dass ich falsch spiele, aber dann muss ich mir das aus den Noten quasi neu erarbeiten. Ich ziehe meinen Hut vor den Profis, die ein Stück ansehen, es lesen wie eine Geschichte, es quasi dann schon halb auswendig können und dann nur noch spielen müssen.

Um das zu umgehen, müsste ich die Stücke regelmäßig spielen. Das ist aber bei den langen komplexen Stücke so eine Sache. Nur mal eben durchspielen? 5min. Oder doch mit hier und da fehlerhafte Stellen wiederholen? 10min. Das bei zwei, drei Stücken und die Übezeit ist halb rum. Das ist also machbar. Aber mehr als drei Stücke sind es denn auch nicht, die ich abrufbar habe, eher zwei, das dritte verblasst schon wieder. Bei mir überwiegt immer die Neugier auf neue Stücke, so dass ich mir schlicht zu wenig Zeit nehme für altbekanntes.
 
@ Walter: In ähnlicher Weise kann ich das bei meinem KL bestätigen. Obwohl manche Stücke für mich noch bei Weitem "nicht fertig" sind, beginnen wir schon mit dem Nächsten. Am Anfang hatte ich auch das Problem, dass ich auf die freundliche Frage von Freunden, was ich denn so am Klavier zu spielen vermag, nur sagen konnte: Nix! :-( Das neue Stück kann ich noch nicht und das alte hab ich (fast) wieder vergessen. Und so soll es ja nicht sein!

Das kenne ich! Obwohl der Klavierlehrer sagt, da bleiben wir jetzt mal dran, hakt er es nach der folgenden Stunde ab. Obwohl es bei weitem nicht fertig ist.

Ich habe keine 30 oder 40 Stücke im Repertoire und auch gar nicht das Ziel, dieses zu haben. Wenn mein Lehrer was abhakt, was zwar - wie immer - noch zu verbessern wäre, dann lasse ich das Stück meist für einige Zeit liegen und gehe dann noch einmal neu dran. Das ist jedes Mal ein großes Erfolgserlebnis, denn ich muss mich zwar erst wieder hineinfinden, merke dann in der Regel aber, dass das Stück plötzlich viel besser läuft, als ich das in Erinnerung hatte, weil sich zum Beispiel eine technische Fähigkeit verbessert hat, ein Triller plötzlich viel einfacher wird und so weiter. Ein bereits erarbeitetes Stück wieder aufzufrischen geht auch meist recht schnell.

Manchmal hakt mein Lehrer für meine Begriffe zu schnell ab, dann lasse ich das Stück (aktuell eine Polonaise aus dem AMB-Notenbüchlein) noch für zwei bis drei Wochen auf dem Übeplan (ich schreibe mir nach jeder Klavierstunde immer einen Übeplan für die nächste Woche), dann lege ich es weg. So ein richtiges Dauerrepertoire, was ich jeden Tag spiele oder einmal die Woche, habe ich nicht. Das wechselt bei mir durch. Ich sehe das Erarbeiten von Stücken auch nicht mit dem Ziel, diese nicht wieder vergessen zu dürfen oder wollen, sondern als Weg, musikalisch daran zu reifen.
 
Das kenne ich! Obwohl der Klavierlehrer sagt, da bleiben wir jetzt mal dran, hakt er es nach der folgenden Stunde ab. Obwohl es bei weitem nicht fertig ist.

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Wenn mein Lehrer was abhakt

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Manchmal hakt mein Lehrer für meine Begriffe zu schnell ab

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Klingt für mich nach einem Missverständnis darin, ob der Lehrer für dich arbeitet oder du für ihn.
 
Manchmal hakt mein Lehrer für meine Begriffe zu schnell ab, dann lasse ich das Stück (aktuell eine Polonaise aus dem AMB-Notenbüchlein) noch für zwei bis drei Wochen auf dem Übeplan …
Es ist doch wohl keinem verwehrt, die Stücke, die man noch nicht zur angemessenen Perfektion gebracht hat, weiter zu bearbeiten. Meine Lehrerin „hakt Stücke ab“, wenn sie der Überzeugung ist, daß ich (a) alles verstanden habe und (b) in der Lage sein müßte, selbständig weiterzuarbeiten. Wenn ich Fragen habe oder das Bedürfnis, den augenblicklichen Stand vorzutragen, ist mir das doch nicht verwehrt. Oder verbieten es Eure Lehrer „abgehakte“ Stücke weiter im Programm zu halten?
 
Es ist doch wohl keinem verwehrt, die Stücke, die man noch nicht zur angemessenen Perfektion gebracht hat, weiter zu bearbeiten. Meine Lehrerin „hakt Stücke ab“, wenn sie der Überzeugung ist, daß ich (a) alles verstanden habe und (b) in der Lage sein müßte, selbständig weiterzuarbeiten. Wenn ich Fragen habe oder das Bedürfnis, den augenblicklichen Stand vorzutragen, ist mir das doch nicht verwehrt. Oder verbieten es Eure Lehrer „abgehakte“ Stücke weiter im Programm zu halten?

Genauso ist es. Mein Lehrer hakt Stücke ab, wenn ... s. Zitat! Und das ist halt eben manchmal für mich noch zu früh, ich bin aber in der Lage, selbständig daran weiterzuarbeiten. Ich kann aber auch immer nochmal was vortragen, wenn ich möchte.
 
Zur Zeit mache ich auch nur Repertoirepflege. Manchmal spiele ich dreivier Tage nicht. Und bei Stücken, die ich echt mal länger nicht gespielt habe, über Wochen nicht, merke ich zum einen, dass es hakelt, bin aber immer extrem zuversichtlich, dass die Proggerei dieses ältesten Hirnteils, ganz hinten tief im Nacken, das Bewegungs-Gedächtnis, ich nenne es das "Krokodilshirn", gut funktioniert und das dort Abgespeicherte dann auch wieder flink flüssig wird.

Manchmal ist ein Fehler sogar freudenspendend, in der Nichtpflege schleicht sich was ein, das sich erstaunlich GUT anhört, und man will es nun immer so machen. Auch das gelingt. Daran merke ich, dass das Hirn auch dann an paar Sachen weiterarbeitet, wenn man gar nicht übte. ...

Selbst Sachen, die ich vor über 45 Jahren lernte und danach nicht mehr spielte, kommen schnell wieder zurück, und in weit weit besserer Qualität, wegen des lebenslangen Fortschritts beim Klavierspielen. Ich habe uralte Joplin-Ragtimes mitunter komplett neu entdeckt, wie fein und schön die sind, die mir damals mit meinen doppelten Wurstfingern verschlossen waren, aber das Training vom Krokodilshirn kommt dennoch zum Tragen, die vor langen Jahrzehnten erlernten Bewegungsabläufe "sitzen" noch irgendwo. Dreimal feilen, und wupp - isses wieder da. Das ist mir immer eine große Freude.

Letztlich ist es wegen der archaischen Leistungen des Bewegungsgedächtnisses so, dass du - genau besehen - gar nichts verlernst. Es ist nur ein klein wenig verschüttet, wird aber sofort wider frei.

Es ist wie Schwimmen, Skifahren, Rollschuhfahren, Fahrradfahren, das verlernt man auch nicht.

Es muss allerdings vom "Kopf" hinten in den Nacken übergegangen sein, in die Bewegungs-Automatiken. Ich merke das auch immer beim Auto- und Motorradfahren. Manche Motorräder haben die Fußschaltung nicht am linken, sondern am rechten Fuß, und oder das Schaltschema ist umgekehrt. Der Erste Gang ist da irregulär (bei alten Engländerinnen, Italienerinnen) hochzuziehen, die anderen runterzutreten... Ich muss ein Motorrad solange fahren, bis diese Abläufe ins Krokodilshirn gingen. Dann brauche ich nicht mehr nachdenken, das Programm "Fahren mit diesem Motorradtyp" sitzt dann. Es wird automatico aktiviert. Gleiches beim Autofahren.

Allerdings ist dieses Talent nicht jedem in dem Umfang und in der Geschwindigkeit gegeben. Es ist eine intrinsische, entweder vererbte, oder per Training geschärfte Eigenschaft, sich geschickt und sinnentsprechend zu bewegen. Den einen gelingt das schnell, die anderen brauchen was länger ... bis etwas automatisch "sitzt".

Und das ist - meine ich ... - nicht direkt mit Intelligenz gekoppelt, es setzt sich vom IQ etwas ab. D.h. es gibt auch Hochintelligenzler, die das nicht so gut drauf haben, und auf der anderen Seite auch "dümmere", die mit Bewegungsabläufen hervorragend klarkommen.
 
Ich hatte heute ein echtes Erfolserlebnis in Sachen Repertoirepflege als ich ein Stück von vor 1,5 Jahren wieder rausgekramt habe. Zugegeben, bis es wieder ganz flüssig und gut wird, dauerts vermutlich noch zwei, drei Tage, aber das Stück ist plötzlich so leicht für mich und meine Finger haben sich fast sofort erinnert. Ich habe das Stück damals auch sehr lange geübt.

Die Übedauer ist glaube ich ein entscheidender Faktor Ich merke, dass ich bei meiner neuen KL, die mich Monate mit Stücken triezt, eigentlich erst ein wirkliches Repertoire aufbaue, weil ich die Stücke dann wirklich nicht mehr so leicht vergesse. Selbst nach fast 6 Wochen Sommerpause konnte ich die direkt wieder spielen. Bissl verwahrlost waren sie zwar, aber da haben wir schnell wieder dran feilen können.
 

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