Vorschläge für eine Reform des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes (UrhWG)
1. Verlängerung laufender Gesamtverträge bis zur Feststellung der Angemessenheit des neuen Tarifs.
Begründung:
Bestehende Tarife sind von allen Parteien oder per Schiedsspruch als angemessen bestimmt worden. Es muss im Urheberrechtswahrnehmungsgesetz geregelt werden, dass eine von den Verwertungsgesellschaften geforderte Erhöhung diese Tarife erst dann wirksam wird, wenn eine Einigung mit den Nutzern erzielt wurde oder die Rechtmäßigkeit in einem gerichtlichen Verfahren rechtskräftig festgestellt worden ist.
2. Festschreiben eines echten Kontrollauftrages für die Aufsichtsbehörde
Begründung:
Die Monopolstellung der Verwertungsgesellschaften erfordert eine effektive staatliche Aufsicht, wie die Tarifreform der GEMA von 2012 gezeigt hat.Diese wird durch das DPMA und das Bundeskartellamt bisher nicht ausreichend wahrgenommen (vgl. Schlussbericht der Enquete-Kommission “Kultur in Deutschland”, BT-Drucks. 16/7000, S. 282 ff.). Die Nutzer sind daher gezwungen, auf ihre Kosten und ihr Risiko die Durchsetzung staatlicher Monopolaufsicht zu übernehmen. Es soll daher im Urheberrechtswahrnehmungsgesetz klargestellt werden, dass die Aufsichtsbehörde verpflichtet ist, bei Uneinigkeit die Angemessenheit der Tarife zu prüfen und erforderlichenfalls ihre Veröffentlichung und Anwendung zu vorläufig zu untersagen.
3. Anspruch auf den Abschluss von Gesamtverträgen zur Festlegung der Gesamtbelastung der Nutzer
Begründung:
Wenn eine urheberrechtliche Nutzung die Rechte unterschiedlicher Rechteinhaber betrifft, müssen Nutzer Verträge mit verschiedenen Verwertungsgesellschaften schließen. Dies betrifft im Bereich der öffentlichen Wiedergabe von Tonträgern beispielsweise die GEMA und die GVL, bei der Kabelweitersendung in Hotels neben GEMA und GVL u.a. die VG Wort, ZWF und VG Media.
In der Praxis weigern sich Verwertungsgesellschaften, gemeinsame Gesamtverträge abzuschließen, selbst wenn die GEMA die Vergütung für alle Verwertungsgesellschaften kassiert. Damit kann der Nutzer nicht sicher kalkulieren können, wie viel insgesamt zu zahlen ist. Tariferhöhungen einzelner Verwertungsgesellschaften können zusätzlich Folgeeffekte für andere Tarife ergeben, weil die Rechte in der Praxis relativ, d.h. im Verhältnis zu anderen Rechten bewertet werden (vgl. z.B. BGH, GRUR 2009, 1148 (1149) – Tz. 42 – Talking to Addison). Jede Preiserhöhung einer Verwertungsgesellschaft kann dadurch unabsehbare Folgen für die Gesamtbelastung der Nutzer haben.
Diese Situation kann durch einen Anspruch auf einheitlichen Gesamtvertragsschluss mit allen beteiligten Verwertungsgesellschaften entscheidend verbessert werden.
4. Veröffentlichungspflicht für Tarife und Gesamtverträge
Begründung:
Aus der Monopolstellung von Verwertungsgesellschaften folgt ein generelles Transparenzgebot, welches der Gesetzgeber bereits in der derzeitigen Fassung des § 13 Abs. 2 UrhWG anerkennt. Dieses dient der Information der Nutzer und gewährleistet die Gleichbehandlung. Ein Vergleich bestehender Tarife ist auch erforderlich, um deren Angemessenheit beurteilen und ggf. im Streitfall überhaupt in Frage stellen zu können.
Transparenz ist letztlich auch mit Blick auf die von den Verwertungsgesellschaften wahrgenommenen Aufgaben im öffentlichen Interesse geboten (vgl. Schlussbericht der Enquete-Kommission “Kultur in Deutschland”, BT-Drucks. 16/7000 S. 280). Auch in anderen Bereichen unterliegen marktmächtige Unternehmen einem Transparenzgebot (z.B. § 20 TKG).
In der Praxis ist diese Transparenz nicht hinreichend gewährleistet. Nach der derzeitigen gesetzlichen Regelung sind Tarife nur im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Dieser ist für die überwiegende Zahl von Nutzern schwer zugänglich.
Verwertungsgesellschaften veröffentlichen teilweise, aber nicht durchgängig ihre Tarife auf ihrer Homepage. Gesamtverträge werden dagegen in der Praxis nicht veröffentlicht, obwohl die Vergütungssätze nach § 13 Abs. 1 Satz 2 als Tarife gelten.
Der Transparenzgewinn einer einfach zugänglichen Veröffentlichung von Tarifen und vollständigen Gesamtverträgen im Internet ist bei nur geringem Mehraufwand für die Verwertungsgesellschaften erheblich.