nur 85 Tasten??

Klavierretter

vormals GSTLP
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Hallo zusammen,
ich habe mir heute ein gebrauchtes Klavier angesehen (A. Schmidt/Essen), welches mir vom Klang und von der Spielbarkeit sehr gut gefallen hat. Allerdings fehlen bei dem Klavier die oberen Töne ais - c. Selbst mein Clavinova geht bis zum c hoch. Brauche ich diese Töne überhaupt jemals? Oder sollte man doch lieber zusehen, dass man die vollen 88 Tasten bekommt? Über eine schnelle Antwort würde ich mich sehr freuen, denn das Angebot ist zeitlich begrenzt.
Viele Grüße
 
Ich spiele seit 14 Jahren Klavier (und beileibe gern auch Stücke mit mit ausschweifenden Tonlagen) und habe selbst ein Klavier, dass nur 7 Oktaven von a bis a besitzt. Also insgesamt auch nur 85 Tasten mit fehlendem ais - h - c ganz oben.
In den 14 Jahren ist es, glaube ich, nur ein einziges Mal vorgekommen, dass ein einziger Ton in einem Stück, das ich gespielt habe auf eine dieser drei nicht vorhandenen Tasten gefallen wäre. Also ich von meiner Seite her kann gut auf die fehlenden drei Tasten verzichten.
Prinzipiell ist ein Klavier mit 88 Tasten natürlich trotzdem etwas "luxuriöser" als eines mit 85 Tasten. Aber in der Praxis würdest du diese Tasten wohl zumeist wirklich nur zum Staub wischen anrühren.
 
Hallo, nicht die Anzahl der Tasten dürfte das Problem sein, sondern eher das dahinter zu vermutende Alter des Klavieres. Das können mal locker 100 Jahre sein! Da würd ich schon ein bisserl vorsichtig sein.
Gruss Till
 
Hallo Filmklang,

Der Tonumfang von 7 Oktaven lässt nicht auf das Alter schliessen. Es werden selbst heute noch vereinzelt Klaviere mit 7 Oktaven, sprich Vollklaviatur gebaut. Erst in den 1970er Jahren hat sich bei den meisten Herstellern der erweiterte Tonumfang auf 7 1/4 Oktaven durchgesetzt - was wohl eher als Herdenverhalten zu werten ist, denn als Notwendigkeit. Es gibt den erweiterten Klaviaturumfang von 7 1/4 Oktaven bereits seit 1825.

Wenn Du daher eine ungefähre Altersbstimmung daraus ableiten möchtest, ist das sogut wie unmöglich.
Auch Klaviere mit zwei Pedalen statt drei ist kein Hinweis auf das Alter, wobei heute fast alle Hersteller dazu übergegangen sind Klaviere mit drei Pedalen anzubieten.

LG
Klaviermacher
 
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Wieder was gelernt;)

Nichtsdestotrotz ist es schon ein gewisser Erfahrungswert...
 
Erstmal vielen Dank für die schnellen Antworten. Ich denke also mal, die fehlenden Tasten dürften nicht das Problem sein. Man konnte mir auch nicht sagen, wie alt das Klavier ist... da es aber offenporig schwarz gebeizt ist und sogar eine eingebaute Klavierlampe hat und zudem eine Rennermechanik hat, kann es meiner Meinung nach nicht sooo alt sein. Wenn ich mir den Stecker der Lampe anschaue, schätze ich mal, dass das Klavier so in den 50ern bis 60ern erbaut worden ist. Allerdings weiss ich auch nicht, seit wann es die Renner-Mechanik überhaupt gibt...
 
In den 14 Jahren ist es, glaube ich, nur ein einziges Mal vorgekommen, dass ein einziger Ton in einem Stück, das ich gespielt habe auf eine dieser drei nicht vorhandenen Tasten gefallen wäre. Also ich von meiner Seite her kann gut auf die fehlenden drei Tasten verzichten.

Ich denke auch, daß man auf die letzten drei Tasten locker verzichten kann, falls die anderen Tasten alle ordentlich funktionieren ;)

Ein kleines Problem könnte sich höchstens daraus ergeben, daß man sich daran gewöhnt, daß die oberste Taste ein a ist und dann auf einem 88er Klavier möglicherweise etwas irritiert ist. Das wird aber erst relevant, wenn man Stücke spielt, in denen die oberste Oktave genutzt wird. Also die Virtuosenstücke der Romantik. Sogar bei Schubert kommt nur sehr selten mal ein Ton der viergestrichen Oktave vor.
 
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Ein kleines Problem könnte sich höchstens daraus ergeben, daß man sich daran gewöhnt, daß die oberste Taste ein a ist und dann auf einem 88er Klavier möglicherweise etwas irritiert ist. Das wird aber erst relevant, wenn man Stücke spielt, in denen die oberste Oktave genutzt wird. Also die Virtuosenstücke der Romantik.

O ja!
Der Flügel meiner Tante hat nur 85 Tasten. Und irgendwie bin ich beim Auswendigspiel auf das Bild der Tastatur mit 88 Tasten getrimmt. Beim Spiel der Berceuse von Chopin war ich ziemlich irritiert, dass das Tastenbild irgendwie anders aussieht. Hatte zum Glück vor dem Vorspiel ein paar Tage vorher auf dem Flügel gespielt, so dass ich dann darauf gefaßt war. Habe sogar zu Übungszwecken die oberen 3 Tasten meines Flügels die Tage vorher abgedeckt, um mich daran zu gewöhnen.

Man ist eben ein Gewohnheitstier...

Ansonsten könnte ich auch auf die oberen 3 Töne verzichten.
 
Ich denke auch, daß man auf die letzten drei Tasten locker verzichten kann, falls die anderen Tasten alle ordentlich funktionieren ;)

Ein kleines Problem könnte sich höchstens daraus ergeben, daß man sich daran gewöhnt, daß die oberste Taste ein a ist und dann auf einem 88er Klavier möglicherweise etwas irritiert ist. Das wird aber erst relevant, wenn man Stücke spielt, in denen die oberste Oktave genutzt wird. Also die Virtuosenstücke der Romantik. Sogar bei Schubert kommt nur sehr selten mal ein Ton der viergestrichen Oktave vor.
Bei welchen Stücken von welchen Komponisten? Hat Beethoven, Chopin, Rachmaninoff Stücke, bei denen es so "hoch" muss?
 
Wenn ich mich recht entsinne, haben zusätzliche Tasten, auch wenn man sie nur für ganz wenige Stücke benötigt, noch einen ganz anderen Vorteil:

Sie üben einen insgesamt positiven Einfluss auf den Klang des Instrumentes aus, da ihre Saiten mitschwingen und weitere Obertöne erzeugen.
 

Bei vielen Werken von Bartok, Prokofieff, Schostakowitsch u.a. wird der Tonumfang der 88 Tasten voll ausgenutzt oder sogar nach unten ausgeweitet. Bartoks 2. Klavierkonzert verlangt beispielsweise das Subkontra-G. Manche Bösendorfer-Modelle sind mit 92 oder sogar 97 Tasten ausgestattet, sogar dafür gibt es entsprechende Literatur meist aus dem Neue-Musik-Bereich. Wolfgang Rihms Klavierstück Nr. 7 benötigt mehrfach das Subkontra-F, wobei diese oftmals nicht obligatorisch vorhandenen Töne im Notentext eingeklammert sind.

Fazit: Spielern von klassischer Literatur mittlerer Schwierigkeit, die vor 1900 entstanden ist, genügt in der Regel die 85er-Tastatur. Bei früh- und vorklassischer Literatur ist der verlangte Tonumfang oftmals noch kleiner.

LG von Rheinkultur
 
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Mir fällt noch Skrjabins 7. Sonate und Ravels 'Jeux d'eau' ein, im moderneren Bereich bei Rzewskis 'The People United Will Never Be Defeated'.

Aber bei Prokofiev? Wo?
 
Das ais‘‘‘‘ habe ich beispielsweise in den Zehn Stücken op. 75 nach der Ballettmusik zu „Romeo und Julia“ entdeckt, habe extra nochmal reingeschaut. Gezielt nach solchen Extremlagen habe ich noch nicht gesucht, da im 20. Jahrhundert zumindest auf qualitativ höherwertigen Instrumenten ein Tonumfang bis c‘‘‘‘‘ irgendwann obligatorisch war. Dass weiterhin etwa noch Kleinklaviere mit reduziertem Tonumfang gebaut wurden, ist kein Widerspruch. Deren Käufer spielen in der Regel darauf keine Literatur mit pianistischen Ausnahmeanforderungen und wissen das vermutlich auch.

LG von Rheinkultur
 

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