Neue Miniatur für Klavier

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lucaceto

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18. Apr. 2021
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Liebe Leute,

auch wenn ich seit dem letzten Mal, dass ich hier eine Klavierstück von mir vorgestellt habe, noch andere Dinge komponiert habe, ist es vor allem mein jüngstes Stück, das ich gerne wieder hier vorstellen würde, weil es am meisten aus dem Rahmen der sonst (bis auf das "À la manière de Ravel") doch sich ziemlich innerhalb klassisch-romantischer Harmonik bewegenden Stücke fällt.

Es ist eben doch der erste, oft beim Improvisieren (und damit meine ich ein ziemlich unkontrolliertes Umhertappen) auftauchende Einfall, der den Ton des Ganzen dann bestimmt, und das waren in diesem Fall die ersten zwei und die sich dann rasch ergebenden folgenden zwei Takte mit denen ja schon feststeht, dass es hier ganz unklassisch zugeht. Auch hier ist sicherlich unverkennbar meine Zuneigung eben insbesondere zu Ravel, aber hier ist nicht Imitation eines Ravelstils die Absicht, sondern eben wirklich Ausführung des ersten Einfalls zu einem Stück.

In der Struktur des Stückes dominiert sehr die viertaktige Einheit, deren Starrheit, die ja doch droht schnell langweilig zu werden (und im Mittelteil meines Erachtens dieser Gefahr nicht ganz entgeht) im A-Teil des im Ganzen in A-I:B:I-A'-Form stehenden Stückes vor allem rhythmische Verschiebungen entgegenstehen, die in der A'-Variation dieses Teils noch zunehmen. Überhaupt ist die ganze Entwicklung etwas metamorphosenartig, indem oft gewisse Grundmotive entweder melodisch erhalten bleiben, aber rhytmisch variiert werden, oder umgekehrt ein rhythmisches Motiv erhalten bleibt (die ursprünglich aus Takt 3 gewonnene Viertel-Achtel-Achtel-Folge am Schluss des A-Teils), das aber dann melodisch neu ausgestaltet wird (beagte Folge bildet dann die Grundlage des Mittelteils).
Für den Mittelteil charakteristisch ist auch der Rückgriff auf imitatorische Techniken: Es beginnt mit einem strengen Doppelkanon von Takt 29 bis 36 (hier habe ich mich verspielt und Takt 35 unten c statt h gespielt) auch die zweistimmigen Passagen im Folgenden beginnen immer imitatorisch im Quintabstand (das ist vielleicht die deutlichste Spur meiner gegenwärtigen Leidenschaft für die Musik Josquins).

In gewisser Weise musste ich mich an das Stück selbst erst etwas gewöhnen, das ich zunächst für weniger rund gehalten habe als manche andere meiner Stücke, die ich für einigermaßen gelungen halte, aber inzwischen halte ich es für wenn nicht das beste, so doch immerhin für das vielleicht interessanteste (in der Harmonik, Behandlung der Stimmen und Rhythmik) und höre es mir gerne und mit zunehmendem Gefallen wieder an. Gerade darum würde mich doch interessieren, wie andere, insbesondere musikbeflissene und sich hier aufhaltende sehr viel kenntnisreichere Leute als ich es bin, das auffassen.

Eine Bemerkung vielleicht noch zur Aufnahme: Leider kommt es an meinem Kawaii CN33 Digitalpiano oft dazu, dass Töne etwas verschluckt werden, wenn ich Passagen sehr leise spiele - Leise Passagen sind bei der Tastenmechanik leider dynamisch sehr schwer zu handhaben.

Hier nun die Aufnahme:

Und im Anhang die Noten.
 

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darum würde mich doch interessieren, wie andere, insbesondere musikbeflissene und sich hier aufhaltende sehr viel kenntnisreichere Leute
Ich bin das blanke Gegenteil, will trotzdem oder gerade deswegen was schreiben.
In gewisser Weise musste ich mich an das Stück selbst erst etwas gewöhnen
Ich nicht, und das will was heißen. Ich konnte dem Stück trotz der Taktwechsel und rhythmischen Verschiebungen meist folgen. Insgesamt hat es mir gut gefallen.
 
Zähle mich hier auch nicht zu den theoretisch Kenntnisreichen, aber trotzdem muss ich mal sagen: Ein schönes kleines Stück, dem man gerne zuhören kann. Das ist hier eher eine Seltenheit. Die Einspielung auf deinem Digi ist ganz ok, auf einem richtigen Instrument dürfte es aber noch mehr zur Geltung kommen.
 
Ich hab von handwerklichen Aspekten auch null Ahnung aber bin positiv überrascht was du da postest. Was mir fehlt ist, dass ich (für mich zumindest) eigentlich viel weitere/längere Zusammenhänge drin höre als du mit deiner Interpretation spielst. Du spielst von Takt zu Takt und dabei finde ich sind da wirklich lange Gedankengänge drin die irgendwie keiner Richtung folgen. Das würde ich mal versuchen exzessiv zu analysieren und viel Zeit ins „formen“ investieren.

Also ich mein mal auf langen Linien dynamisch und Agogisch herausarbeiten wo es hinstrebt und sich wieder beruhigt. Aber auch im Detail einzelne Motive differenzieren. Wenn es sich wiederholt auch zueinander differenzieren. Z.B. verstärken oder minimal verzögern so dass die Wiederholung ein Nachdruck wird oder eine Erinnerung oder oder oder. Nicht die Noten belanglos metrisch und aneinander setzen. Probier doch im Detail auch dynamisch/agogisch zu Formen und dann in größeren Zusammenhängen zu denken.

Würde mich freuen das dann nochmal zu hören.
 
Zuletzt bearbeitet:
Moin, Luca,

für eine Miniatur ist Dein Stück schon zu lang. Miniaturistisch sind die Zweitakt-Phrasen, deren Kurzatmigkeit aber zur Stücklänge in einem gewissen Mißverhältnis steht. Idee: entweder das Stück radikal kürzen - oder es musikalisch anreichern, durch längere Melodiebögen (wie sie Dein Vorbild Ravel zu lieben pflegte), durch Asymmetrien, Hemiolen und thematische Arbeit auch für die linke Hand.

Jedenfalls hast Du ein feines Gespür für Harmonik, innerhalb eines sehr abgesteckten Rahmens, aber egal: Das nennt man dann eben minimalistisch.

Viel Freude bei der Weiterarbeit!
Gomez
 
Vielen Dank für eure hilfreichen Bemerkungen!

Ich fang mal mit Gomez an:
Ja, die Spieldauer des Stückes (das Tempo, in dem ich gespielt habe, ist für mein Empfinden auch so ziemlich das Maximaltempo) ist wohl für eine Miniatur zu lang. Ich habe mir wegen des Titels gar nicht so große Gedanken gemacht und hatte mehr den miniaturistischen Charakter, den Du auch angesprochen hast, vor Augen. Wie könnte man es sonst nennen? Natürlich, Bagatelle wäre wohl eine Möglichkeit, aber da habe ich (vielleicht zu Unrecht) vor allem Assoziationen an die Klassik. Naja, der Titel ist aber ja auch das geringste Problem.
Deine Anmerkungen zur Struktur des Stücks kann ich voll nachvollziehen und empfinde das ähnlich. Mit dem A-Teil und seiner Wiederholung bin ich eigentlich ganz zufrieden - Trotz der Kleinteiligkeit der Motive gibt es da ja schon einen längeren Spannungsbogen (der durch das Spiel, dazu komme ich noch) sicherlich noch deutlicher herausgestellt werden kann. Eine Idee wäre vielleicht, die lyrischeren melodischen Ansätze des Mittelteils tatsächlich zu längeren Melodiebögen auszuarbeiten, statt der ja auch ziemlich ermüdenden Wiederholung der viertaktigen Einheiten in den verschiedenen Lagen.

Zu Carnina:
Deine Anmerkungen zum Spiel fand ich auch sehr hilfreich und habe mich angeregt gefühlt, nochmal an den einzelnen Teilen etwas in dieser Hinsicht zu feilen. Ich muss zugeben, dass ich das Einspielen manchmal fast mehr als lästige Notwendigkeit empfinde: Zum einen bin ich oft einfach froh, wenn eine Komposition einmal zu einem Ende gebracht ist, und dann spielt da wohl überhaupt die Perspektive eine Rolle, dass ich als das eigentliche Werk eben die Komposition selbst betrachte und mich dann (gerade wenn ich nicht so viel Zeit habe) mit einer Aufnahme begnüge, die ausreichend fehlerfrei ist, um eine Vorstellung von dem Stück zu geben.
Manchmal wünschte ich mir fast, ich könnte das Einspielen jemand anderem überlassen. Interessant wäre das wohl (ich habe noch nie jemanden etwas von mir spielen hören - leider habe ich in meinem Umfeld kaum Leute, die Klavier spielen), aber ob ich dann mit dem, was dabei herauskäme glücklich wäre, weiß ich natürlich nicht. Ich weiß nur, dass mein Klavierspiel weder was die Technik im engeren Sinne noch was die Artikulation betrifft besonders gut ist, aber da meine Stücke an diese Dinge meistens keine großen Anforderungen stellen, dafür doch ausreichend.
Ich finde aber auch, dass gerade dieses technisch ja doch ziemlich leichte Stück (wenn man darunter nur versteht: die richtigen Töne zur richtigen Zeit), so zu gestalten und zu artikulieren, dass es nicht abgehackt wirkt, einige Schwierigkeit für mich hat. Das hat zunächst dazu geführt, dass meine Einspielungen einfach immer schneller wurden.
Ich habe nun einmal versucht, den ersten Teil noch einmal neu zu gestalten. Vielleicht ist nun das Tempo etwas langsam, aber vielleicht lässt sich auch durch eine noch bedachtere Artikulation auch das noch besser zusammenhalten.
Es würde mich interessieren, was Du davon hältst und ob das etwas in die Richtung geht, die Du dir vorgestellt hast:
 

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  • Miniatur Teil A.mp3
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Dass du das Einspielen eher als lästige Notwendigkeit empfindest die du auch gerne jemand anderem überlassen würdest kann ich gut nachvollziehen, geht mir ähnlich als jemand der sich auch an ein paar erste Gehversuche gewagt hat was Komposition angeht.
Deine neue Einspielung finde ich spannend, wäre interessant zu sehen ob du es schaffst in dem Stil über das ganze Stück die Spannung zu halten denn bei deiner ersten Aufnahme hatte ich schon den Eindruck dass sie irgendwo im B Teil für mich verloren ging. Vielleicht ist das Stück auch einfach etwas zu lang (für meinen Geschmack), aber interessant allemal :)
 
Es würde mich interessieren, was Du davon hältst und ob das etwas in die Richtung geht, die Du dir vorgestellt hast:
Viel besser! Vor allem in der zweiten Hälfte finde ich die Steigerung gelungen. Man hört auch dass du Noten nachklingen lassen würdest was das Instrument aber nicht zulässt. Auf einem Akustischen Instrument käme das viel besser raus dass man den Klang bissl „atmen“ lässt.

Was mir immer noch nicht gefällt ist der Anfang. Da ist’s mir noch zu metrisch. Gerade die ersten paar Takte sind eine langweilige Abfolge wie ein Uhrwerk. Wenn du den Effekt willst, würde ich das dann aber strikter umsetzen und versuchen den Klang viel „glockiger“ zu halten. Fände das aber nicht schön. Ich würde wohl eher versuchen das sich wiederholende Motiv in Takt 2 deutlich leiser und vielleicht sogar uns Corda und mehr Pedal spielen. Wie ein Echo und das rhythmisch bissl „in die Länge ziehen“. Und wahrscheinlich würd ich auch ein deutliches diminiendo in jedem Takt spielen. Es ist eh 3/4 Takt und fällt ab. Das würd ich unterstreichen und nicht leichte Zählzeiten am Ende des kurzen Motivs betonen.
 
Mir gefällt es im Grunde sehr gut. Es ist unprätentiös und vermittelt eine wundersame Zufriedenheit.
Auch ich finde es für eine Miniatur viel zu lang. Du hälst Dich die ganze Zeit an dem rhythmischen Motiv fest.
Es ist die Kunst, aus einem winzigen Musikbruchstück etwas wachsen zu lassen.
Als sehr prägnantes Beispiel sei der erste Satz der 5. Sinfonie von Beethi genannt. Ein einfaches Motiv, aber es entwickelt sich und gibt Raum für neue Gedanken.
Ist es aber eine Miniatur, dann darf es so sein, wie Du geschrieben, aber dann viiiiel kürzer.
 
Sorry, aber den Vergleich mit diesem Satz von Beethoven überhaupt anzubringen, halte ich für unangemessen, to say the least. Das erschlägt nur den TO.

Eine solche geradezu monomotivische und zugleich so kontrastreiche (und also nicht "alike minimal music") Komposition ein zweites Mal in der abendländischen Musik zu finden, dürfte sehr schwer sein. Dieser Symphoniesatz ist ein erratischer Block (um mal eine Sentenz zu Dantes Göttlicher Komödie hier wiederzuverwerten). Beethoven hat so etwas nicht ein zweites Mal gemacht (entfernt vielleicht den langsamen Satz aus der 7.,... naja...), und Brahms auch nicht so prägnant trotz entwickelter Variationen.

Die klassische Empfehlung für monomotivische Kompositionen sind natürlich die Inventionen von Bach. Aber ulkigerweise fällt mir auch der Walzer op.18 von Chopin ein - die Abschnitte sind auch monomotivisch...
 


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