In meinen Kreisen ist Sibelius nun mal das mit weitem Abstand unter den Profis meistbenutzte Programm. Auch bei den Komponisten und Arrangeuren (Pop, Jazz, Rock).
In meinen Kreisen ist das nicht so. Konkret habe ich mit Ansgar Krause zusammen im Chor gesungen (Ansgar ist Gitarrenprofessor in Köln und arbeitet u.a. auch mit großen Notenverlagen zusammen), der benutzt Finale. Wir haben beide mal den gleichen Satz (für gem. Chor) für eine Weihnachtsaufführung in jeweils "unserem" Programm (Finale vs. Capella) reingehackt, weil Ansgar auch der Meinung war, dass Capella minderwertige Noten produziert. Dieser Meinung ist er jetzt nicht mehr.
Dann sehe ich noch regelmäßig meinen Cousin Friedemann Immer, weltbekannter Barocktrompeter (hat auch viel mit Hanoncourt produziert), Prof. a.D. für Trompete in Köln, der arbeitet auch mit Notenverlagen zusammen und benutzt ebenfalls Finale.
Last not least arbeite ich sehr viel mit dem Arrangeur HMD (Hans-Michael Dücker) zusammen, der schreibt hochwertige Arrangements aus dem Jazz und Pop Bereich, transkripiert u.a. auch a capella Sätze für gem. Chor usw)., der benutzt den Dinosaurier "Logic Audio" (das kennt wahrscheinlich kaum noch jemand). Die produzierten Noten sehen leider sehr amateurhaft aus, was ihrer hohen musikalischen Qualität nicht annähernd gerecht wird. Von Sibelius ist weit und breit keine Spur.
Letztendlich ist das auch egal, ich kann so oder so keine brauchbare Information daraus ableiten, dass Deine Bekannten Sibelius benutzen. Was soll uns das bedeuten?
Das kann man gut oder doof finden - auf jeden Fall ist es somit klug, auch Sibelius zu benutzen, sofern man auch Profi ist und auf Notenaustausch/Kollaboration sowie gegenseitige Hilfestellung (Bedienung etc.) Wert legt.
Köstlich - ein Arrangeur der sein Arrangement im Source an Dritte weitergibt? Das ist ungefähr das gleiche wie ein Messer ohne Klinge, bei dem der Griff fehlt. Und gegenseitige Hilfestellung holt man sich in den einschlägigen Internetforen und Supportbereichen. Da hat Musescore definitiv die Nase ganz vorne, da gibt es einen riesigen Supportbereich inkl. extrem umfangreicher Notendatenbank. Und da findet man immer mehr definitiv sehr gut gemachter Notensätze.
Die Zielgruppen "Amateur, der einfach mal ein paar Noten erstellen will" und "Typ, der Orchesterpartituren in Henle-artiger Druckqualität erstellen will" mögen gerne als Programm nehmen, was auch immer ihnen besser behagt als Sibelius oder Geld spart - für mich relevant sind sie nicht.
Genauso dürfte des den Anwendern hier gehen, für die sind Deine Bekannten auch nicht relevant. Wozu auch?
Und schließlich noch die Frage an alle Musescore-Verteidiger: Würdest Du Musescore auch dann nehmen, wenn Du kostenlos und legal eines der "großen" Programme haben könntest? Sicherlich nicht!
Die sind aber nicht umsonst und die Frage ist sinnlos. So oder so. Welches Auto würdest Du denn fahren, wenn sie alle umsonst wären? Sicherlich nicht das, was Du aktuell fährst.
Der Vergleich mit beispielsweise LibreOffice hinkt, denn LibreOffice kann alles, was man wirklich braucht, mindestens genauso gut wie MS Office; es gibt dort also keinen Grund, dem Monopolisten Geld in den Rachen zu schmeißen (womöglich gar für so ein besch*** Abo-Modell).
Und wieso sollte das hinken? Du hast doch offensichtlich nicht die geringste Ahnung von Musescore und was es kann und was es nicht kann. Wahrscheinlich hast Du mal vor 15 Jahren eine Probeinstallation gehabt und zu den Akten gelegt. Musescore war viele Jahre ein Einmannprojekt und hat so vor sich hingedümpelt. Da wäre (und war) meine Entscheidung auch einfach. Das ist aber nicht mehr so, inzwischen hat ein ehrgeiziges Team an Entwicklern die Arbeit an Musescore wieder aufgenommen und das Team wird ständig größer. Die Schlagzahl, in der Verbesserungen und neue Releases mit signifikanten Verbesserungen herauskommen, MUSS den anderen Anbietern Angst machen. Das sind nämlich alles "Klitschen", das ist ja auch eine Crux dieser Programme, dass das so kleine Buden sind. Bei Sibelius ging 2012 ein Aufschrei des Entsetzens durch die Anwender, nachdem Avid die gesamte Bude aufgekauft hatte und dann die zentrale Entwicklung in London rausgeworfen hat. Daraus entstand dann letztendlich Dorico, das sind die ex. Sibelius Entwickler, die natürlich auf das Know How der Sibelius Entwicklung zurückgreifen konnten.
Der Erfolg von Sibelius speziell bei Musikproduzenten ist die Tatsache, dass Sibelius seit sehr vielen Jahren eine sehr gute Sequenzer Anbindung hat und man in der Lage war, sich die Noten mit allen Attributen vorspielen zu lassen. Das ist für einen Musikproduzent mindestens genauso wichtig wie der Notensatz selbst. Capella hatte da jahrelang eine äußerst magere MIDI-Vorspielfunktion. Das ist aber auch schon lange wesentlich verbessert worden, mit Capella Playalong wurde ein eigenes Tool entwickelt, dessen Kern inzwischen auch vollständig in Capella integriert ist und welches u.a. auch VST Module (von Steinberg) unterstützt. Das ehrgeizige Vienna Symphony Projekt ist in abgespeckter Form als Produkt nachrüstbar, aber auch die originalen Klangmodule können integriert werden (kosten aber richtig Geld, das ist Profiliga).
Aber um auf Musescore zurückzukommen: die Entscheidung, welches Programm man wählt, sollte sicherlich auch davon abhängen, wie man die zukünftige Entwicklung einschätzt. Und da sehe ich definitiv Musescore fett auf der Überholspur. Wir sind jetzt schon wieder bei Release 3.5 und in Entwicklerkreisen wird schon für Release 4.x mit der Hufe gescharrt. Wenn Du mal auf die Musescore Projektseite gehst und nachschaust, mit welcher Schlagzahl "Issues" bearbeitet und behoben werden, dann weißt Du, was Open Source so gefährlich macht.
Ich selbst bleibe bei Capella, weil es mir viel zu viel Mühe bedeutet, ein neues Programm zu lernen, insbesondere sind die Ansätze auch sehr unterschiedlich. Aber wenn ich heute zum ersten Mal eine Entscheidung treffen würde, dann würde ich Musescore wählen. Ich wüßte keinen Grund dagegen. Allenfalls die Tatsache, dass es inzwischen auch dort eine "Pro" Version gibt, mit professioneller Sequenzer Unterstützung, die dann doch eine kostenpflichtige Lizenz bedeutet. So weit sind die inzwischen schon.