Meine schlimmsten Klavierstunden

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Redi

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14. Juni 2008
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Es ist unglaublich, was ich als Klavierlehrer schon alles erlebt habe. Ich möchte hier einfach mal schildern, was mir bei meiner Tätigkeit schon widerfahren ist und herausfinden, ob das auch schon andere Klavierlehrer in dieser oder ähnlicher Form erlebt haben und was man da am besten tun kann (es handelt sich freilich nur um eine kleine Auswahl). Auch geht es darum, etwas Frust abzubauen. :roll:

Ich muss vorausschicken, dass ich das nur nebenberuflich und auf privater Basis mache und entsprechend bei meinen Schülern zuhause unterrichte. Meine Schüler sind eigentlich ausschliesslich erwachsen und im Alter von 30 aufwärts.

- Immer wieder begegnen mir erwachsene Schülerinnen, die offenbar das Gefühl haben, man könne mit künstlichen Fingernägeln (um nicht zu sagen: Mörder-Klauen) ernsthaft Klavier spielen. Man braucht wohl nicht extra zu erwähnen, was die für eine Knick-Fingerhaltung haben. Wenn man weiss, was solche Gelnägel kosten ist es aber gar nicht so leicht einfach zu fordern, dass die weg müssen. Schliesslich hat man es ja mit erwachsenen Menschen zu tun...

- Eine Schülerin hatte ihr schreiendes Kleinkind in der Wohnung. Da ihr Ehemann, der ebenfalls zugegen, aber mit seiner Arbeit beschäftigt war und keine Zeit hatte, sich mit dem Kind abzugeben, lief dieses frei herum, kam von Zeit zu Zeit dann auch zum Klavier und drückte Tasten herunter. Die Schülerin nahm das Kind - wohlgemerkt während des Unterrichts - dann auf ihre Knie und spielte so weiter.

- Bei derselben Schülerin hat während einer Lektion das Telefon - ohne zu Übertreiben - mindestens vier mal geklingelt. Die ersten drei male hat sie dann gesagt, dass sie später zurückrufe, der vierte Anruf allerdings dauerte eine glatte Viertelstunde, die ich neben dem Klavier sitzend wartend verbringen durfte.

- Ich habe die Erfahrung gemacht, dass berufstätige Erwachsene, "die sich mit Klavierstunden einen Kindheitstraum erfüllen möchten", wenig bis gar nie üben, weil sie schlicht keine Zeit haben. Die glauben dann ernsthaft, dass es genüge, einmal pro Woche eine Stunde zu haben. Ist es denn so abwegig zu wissen, dass man Klavier üben muss und es ohne halt nicht geht? Ich sehe ja ein, dass berufstätige Erwachsene wenig Zeit haben, aber eine halbe (oder eine Viertel-) Stunde täglich muss man dann doch ohne das Ziel Berufsmusiker erwarten können? Man glaubt es nicht, aber ich hatte bereits einige Anfragen von interessierten Personen, die selbst gar kein Klavier hatten und dachten, die eine Stunde wöchentlich (oder gar zweiwöchentlich) würde genügen...

- Eine Schülerin hat konstant von mir erwartet, dass ich die Stücke, die wir zusammen angschaut haben, vorspiele, sodass sie sie aufnehmen konnte. Immer wieder habe ich ihr gesagt, dass blosses Nachspielen eine schlechte Idee sie dann immer nur Stücke werde spielen können, die ihr bereits jemand vorgespielt hat. Hat aber nichts genützt...

- Ähnliches zum lernen von Noten(namen). Immer wieder bin ich erwachsenen Schülern begegnet, die seitenweise die Notennamen über die Noten geschrieben haben. Es gab gar Schüler, die während der Klavierstunde eine Tabelle bereit hielten, auf der die Noten mit Namen eingezeichnet waren. Ein Schüler hatte auf den Tasten gar Aufkleber mit den Notennamen. Mein Hinweis, dass man die Notennamen vorallem dann lerne, wenn man sie gerade nicht jedesmal hinschreibe, stiess auf taube Ohren.

- Zum Problem "Immer-von-vorne-Beginnen". Wie oft habe ich doch gesagt, dass es eine schlechte Idee sei, bei Fehlern jedesmal von vorne zu beginnen und es manchmal genau so falsch sei, bloss den Fehler zu korrigieren, sondern dass es eben auf die Übergänge ankomme. Wieso stelle ich dann immer wieder fest, dass die Schüler dann doch nur am Beginn des Stückes einsetzen können?


Fazit: Von erwachsenen Anfänger-Schülern kann ich aus mittlerweile langjähriger Erfahrung eigentlich nur abraten. Zwar hatte ich vereinzelt auch Ausnahmen, die wirkliche Fortschritte erzielt hatten, die viel grössere Mehrheit allerdings unterschätzt den Aufwand (die tägliche Viertelstunde) enorm, weiss generell besser, wie man Klavier lernt, übt selten bis nie und kaum so, wie man es beibringt (aus purer Bequemlichkeit).

Ein etwas frustrierter Klavierlehrer
(der sich überlegt, nur noch Kinder zu nehmen)

P.S. Nun könnte man mir einfach vorwerfen, dass ich ein schlechter Klavierlehrer sei, der seine Schüler überfordere. Meine Erfahrung im Unterricht mit Kindern zeigt nun aber, dass es dort einfach extrem viel einfacher geht.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Zitat von Redi; 10 75 07:
Fazit: Von erwachsenen Anfänger-Schülern kann ich aus mittlerweile langjähriger Erfahrung eigentlich nur abraten. Zwar hatte ich vereinzelt auch Ausnahmen, die wirkliche Fortschritte erzielt hatten, die viel grössere Mehrheit allerdings unterschätzt den Aufwand (die tägliche Viertelstunde) enorm, weiss generell besser, wie man Klavier lernt, übt selten bis nie und kaum so, wie man es beibringt (aus purer Bequemlichkeit).

Hallo Redi,

ich antworte dir jetzt mal, obwohl ich kein Klavierlehrer bin, der ähnliche Erfahrungen beisteuern kann, sondern mich als erwachsene Klavierschülerin von den von dir geschilderten Erfahrungen doch sehr betroffenen fühle.

Wie obiges Zitat zeigt, hat sich der erwachsene Spätanfänger (oder noch besser die erwachsene Spätanfängerin) ja bei dir so ziemlich zum Schreckbild des Klavierschülers entwickelt! Schade drum!

Zu den von dir angesprochenen Punkten kann ich aus eigener Erfahrung folgendes sagen:


Zitat von Redi; 10 75 07:
Eine Schülerin hatte ihr schreiendes Kleinkind in der Wohnung. Da ihr Ehemann, der ebenfalls zugegen, aber mit seiner Arbeit beschäftigt war und keine Zeit hatte, sich mit dem Kind abzugeben, lief dieses frei herum, kam von Zeit zu Zeit dann auch zum Klavier und drückte Tasten herunter. Die Schülerin nahm das Kind - wohlgemerkt während des Unterrichts - dann auf ihre Knie und spielte so weiter.

Bei derselben Schülerin hat während einer Lektion das Telefon - ohne zu Übertreiben - mindestens vier mal geklingelt. Die ersten drei male hat sie dann gesagt, dass sie später zurückrufe, der vierte Anruf allerdings dauerte eine glatte Viertelstunde, die ich neben dem Klavier sitzend wartend verbringen durfte.

Hierzu folgendes: Ich habe selbst vier Kinder und eine Telefon, das wirklich zur Zeit meiner Klavierstunde mindestens drei mal klingelt.

Dennoch kommt es dadurch zu keiner Störung der Klavierstunde, da
1) das Telefon auf Anrufbeantworter geschaltet ist
2) die Kinder wissen, dass sie in diesen 45 Minuten nicht stören dürfen
3) wenn ich noch ein Kleinkind hätte, dann würde ich es so organisieren, dass vorher klar ist, dass jemand während der Klavierstunde darauf aufpasst.

Dir würde ich raten, bevor die Klavierstunden mit einem neuen Spätanfänger in dessen Wohnräumen beginnst, ganz klare Regeln für den Unterricht zu den Dingen, die dir wichtig sind aufzustellen. Hier also:

1) keine Telefongespräche während der KL-Stunde
2) keine Anwesenheit von unbetreuten Kleinkindern.

Zitat von Redi; 10 75 07:
Immer wieder begegnen mir erwachsene Schülerinnen, die offenbar das Gefühl haben, man könne mit künstlichen Fingernägeln (um nicht zu sagen: Mörder-Klauen) ernsthaft Klavier spielen.

Regel Nr. 3 für deinen Forderungskatalog: kurze Fingernägel unbedingt erforderlich!

Zwar gibt es Absonderlichkeiten, wie z.B. Sprintwettbewerbe, die in High heels von mindestens 6 cm zurückzulegen sind, aber das sollte keinen Klavierlehrer verleiten, künstliche Nagelprothesen zu erlauben.

Zitat von Redi; 10 75 07:
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass berufstätige Erwachsene, "die sich mit Klavierstunden einen Kindheitstraum erfüllen möchten", wenig bis gar nie üben, weil sie schlicht keine Zeit haben. Die glauben dann ernsthaft, dass es genüge, einmal pro Woche eine Stunde zu haben. Ist es denn so abwegig zu wissen, dass man Klavier üben muss und es ohne halt nicht geht? Ich sehe ja ein, dass berufstätige Erwachsene wenig Zeit haben, aber eine halbe (oder eine Viertel-) Stunde täglich muss man dann doch ohne das Ziel Berufsmusiker erwarten können? Man glaubt es nicht, aber ich hatte bereits einige Anfragen von interessierten Personen, die selbst gar kein Klavier hatten und dachten, die eine Stunde wöchentlich (oder gar zweiwöchentlich) würde genügen...

Wirklich schade, dass wir Spätanfänger hier so in Verruf gekommen sind!
Zum Thema Üben wäre es für dich vielleicht wichtig zu wissen, ob so ein Spätanfänger bereits in seiner Jugend mal ein anderes Instrument gelernt hat. Wenn ja, dann wird er die Sache mit dem regelmäßigen Üben möglicherweise schon hinreichend kennen, wenn er absoluter Musikanfänger ist und noch nicht mal Noten lesen kann, dann sieht es schon ganz anders aus. Dann musst du ihm das wahrscheinlich vorab ganz eindringlich und ausführlich erklären.

Im Interesse eines erfolgreichen Unterrichtens wäre es für dich wahrscheinlich gut, zu vermitteln, dass du eine Warteliste hast und Leute, die es langfristig einfach nicht schaffen, regelmäßig und ausreichend lange zu üben, dann anderen Kandidaten Platz machen müssen.

Übemotivation könnte man darüberhinaus vielleicht auch durch Mini-Spätanfänger-Vorspiele im privaten Kreis (vielleicht 4-5 Schüler in einem privaten Wohnzimmer ohne Anhang und sonstige Zuhörer) steigern.

Ich selbst übe jedenfalls trotz Job und vier Kindern jeden Tag regelmäßig mindestens eine Stunde (wenn auch spät am Tag)

Generell finde ich:

Wer will findet Zeit, wer nicht will findet Gründe!

Zitat von Redi; 10 75 07:
- Eine Schülerin hat konstant von mir erwartet, dass ich die Stücke, die wir zusammen angschaut haben, vorspiele, sodass sie sie aufnehmen konnte. Immer wieder habe ich ihr gesagt, dass blosses Nachspielen eine schlechte Idee sie dann immer nur Stücke werde spielen können, die ihr bereits jemand vorgespielt hat. Hat aber nichts genützt...

- Ähnliches zum lernen von Noten(namen). Immer wieder bin ich erwachsenen Schülern begegnet, die seitenweise die Notennamen über die Noten geschrieben haben. Es gab gar Schüler, die während der Klavierstunde eine Tabelle bereit hielten, auf der die Noten mit Namen eingezeichnet waren. Ein Schüler hatte auf den Tasten gar Aufkleber mit den Notennamen. Mein Hinweis, dass man die Notennamen vorallem dann lerne, wenn man sie gerade nicht jedesmal hinschreibe, stiess auf taube Ohren.

- Zum Problem "Immer-von-vorne-Beginnen". Wie oft habe ich doch gesagt, dass es eine schlechte Idee sei, bei Fehlern jedesmal von vorne zu beginnen und es manchmal genau so falsch sei, bloss den Fehler zu korrigieren, sondern dass es eben auf die Übergänge ankomme. Wieso stelle ich dann immer wieder fest, dass die Schüler dann doch nur am Beginn des Stückes einsetzen können?

Zu diesen Beobachtungen würde ich an deiner Stelle grundsätzlich festlegen:
Spezielle Übetechniken werden generell nicht diskutiert, sondern sind Bestandteil der jeweiligen Hausaufgabe. (Vielleicht schreibst du das dann sicherheitshalber noch ins Heft, z.B. "Takt 9 und 10 einzeln als Schleifenübung" etc.).

Was das Notenlernen angeht:
Wer zu wenig übt, lernt natürlich auch die Noten zu langsam!
Vielleicht hilft bei manchen Anfängern, die noch Noten-Analphabeten sind auch folgender link:

http://www.musica.at/musiklehre/notenspiel/notenspiel.html
Das ist so eine Art Levelspiel zum Notenlesenlernen.

Insgesamt finde ich schließlich, dass es eigentlich nicht sein kann, dass es für Erwachsene so unmöglich ist, noch einigermaßen und zumindest für den Hausgebrauch Klavierspielen zu lernen. Man sieht doch auch in der Erwachsenenbildung, bei zahlreichen beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen und im Sport, dass Erwachsene sehr wohl noch etwas erfolgreich lernen können. Das Lebenslange Lernen wird doch in nahezu allen lebensbereichen gefordert.

Daher kann ich mir nicht vorstellen, dass es beim Klavierspielen anders ist, sofern es wirklich ernsthaft betrieben wird!

Ich hoffe, dass dir mein Geschreibsel ein wenig geholfen hat1

LG

Debbie digitalis
 
Diese bööösen Erwachsenen aber auch! :D

Die gehen eben an das "Lernen" ganz anders ran, denn es ist ja für sie Freizeitvergnügen. Jeder Lehrer muss für sich entscheiden ob und wie weit er da mitgeht. Ich kenne gute Lehrer, die holen jeden Erwachsenen dort ab, wo er mit seiner "(v)erwachsenen Persönlichkeit" ist und bringen ihn sogar weiter :o. Ich glaube, dazu bedarf es aber eines ganz besonderen pädagogischen/psychologischen Geschicks, ganz anders als bei Kindern. Sicher klappt es auch dann nicht bei jedem.
So wie Du über den Unterricht mit Erwachsenen hier sprichst, kann ich mir nicht vorstellen, dass Du Deinen Frust im Unterricht unterdrücken kannst, bei allem Verständnis, das ich für Dich habe. Ich glaube, Du musst da auch etwas lockerer werden. Und wenn einer denn keine Noten lernen will und seine Schildchen braucht..... Irgendwann braucht er sie nicht mehr.

PS: Ich bin kein Lehrer, sondern auch nur ein böser Ewachsener, sorry.
 
Hallo, Redi,

Dampf ablassen tut einfach mal gut. :blues:
Es handelt sich bei Dir ja nur um eine kleine Auswahl von Schülern. Wenn diese Dir das Leben so schwer machen, dann trenne Dich von ihnen. Berechtigte Gründe hast Du genug.
Was für einen Grund hast Du, daß Du an diesen Schülern festhälst? Brauchst Du diese kleine Auswahl aus finanziellen Gründen? Hm ... Sprich einfach Klartext mit ihnen.

Es gibt auch solche Erfahrungen: https://www.clavio.de/forum/klavierlehrer-forum/7351-ich-unterrichte-lieber-erwachsene.html

Frohe Grüße
 
Hallo Redi,

ob das ein Zufall ist, dass sich bislang nur Klavierschülerinnen angesprochen fühlen? Aber ich kann mich an einen Faden erinnern, wo wir Schüler uns mal über die Lehrer austauschen wollten und der Faden dann mehr oder weniger von Klavierlehrern dominiert wurde. :D

Als ich Deinen Text las, dachte ich nur, meine Güte, ich wusste bislang gar nicht, dass ich offensichtlich eine Musterschülerin bin. Deshalb hängt meine Klavierlehrerin wahrscheinlich auch so an mir. :cool:

Vielleicht meldet sich ja noch Rosenspieß. Er wollte sich eigentlich mal als Klavier-Domina versuchen (angeregt durch Kulimanaukes Vorstellung). Vielleicht kann er Dir von seinen Erfahrungen in dieser Hinsicht berichten. Spiel! ein! Fis!

Ich denke, die Tipps, zu denen ich Dir auch geraten hätte, hat Debbie Degitalis schon optimal aufbereitet für Dich zusammengefasst.

lg Nora
 
Hi, Redi,

musste echt schmunzeln, was es so alles gibt. Das mit den Fingernägeln weiß z.B. jeder, der Gitarre lernt und muss sich danach richten. Du als Klavierlehrer musst auch darauf hinweisen und immer wieder die Fingerhaltung korrigieren, solange, bis die Fingernagelträgerin schnallt, dass es so nicht geht.

Dass Schüler wenig oder gar nicht üben, kommt ja bei den Kindern noch öfter vor als bei den Erwachsenen, die doch eigentlich spielen wollen. Weshalb dann mancher nicht übt, bleibt ein Rätsel.

Du kannst Dich vielleicht nicht richtig bei Deinen Schülerinnen- hast Du nur weibliche, tsss- durchsetzen, überall gibt es Regeln! Debbie hat ja schon alles aufgelistet.

Dass mal ein Telefon klingelt, kommt in meiner Klavierstunde ja auch vor, nur ist es nicht meins.

Für den "Kleinkinderstress" würde ich die Kleinen mit unterrichten und Aufschlag berechnen. :roll: Dasselbe würde ich für die Aufnahmen machen, nur gegen Cash:rolleyes:.

Womöglich kriegst Du den ganzen Stress auch noch bezahlt???

Klavirus
 
Na, wenn man so einen geschlechtsneutralen Namen wählt, darf man sich eigentlich nicht beschweren, mal gerade so zur anderen Seite okkupiert zu werden. :cool:
 
Ich wußte, wir würden uns verstehen, Gubu! :rolleyes:
 
Wer will findet Zeit, wer nicht will findet Gründe!
Liebe Debbie, das ist einer der besten Sprüche, die ich in letzter Zeit gehört habe. Und so realitätsnah :cool::cool:

@ Redi:

Ich sehe eine recht einfache Lösung für ungefähr die Hälfte der Probleme: Unterrichte die Leute einfach nicht bei ihnen zu Hause.
Ich würde das ehrlich gesagt grundsätzlich nicht tun, schon allein wegen dem mehr-Aufwand für mich. Wenn du Klavierlehrer bist, nehme ich stark an, dass du ein geeignetes Instrument zu Hause hast, auf dem du unterrichten kannst.

Schließlich willst du nichts von deinen Schülern, sondern die wollen etwas von dir - nämlich Klavierspielen lernen!! Ich glaube, die meisten vergessen das irgendwann... Sie meinen, es wäre Aufgabe des Lehrers, ihnen irgendwelche Fähigkeiten anzuzaubern, dabei müssen sie selbst arbeiten. Der Lehrer gibt nur Hinweise.
Ich mache dir also Mut, einfach strenger zu sein - Fingernägel oder Klavier, so einfach ist das. Wenn meiner Schülerin ihre Fingernägel wichtiger sind als das Klavierspielen, hat es nämlich m.E. sowieso keinen Sinn.
Und was das Kind angeht: Man sollte Verständnis haben, wenn es keine andere Möglichkeit gibt. Allerdings habe ich den Verdacht, dass manche erwachsene Schüler eine grundsätzlich andere Haltung gegenüber Klavierunterricht, Klavierstunden und Klavierlehrer haben - eher so eine Art Kaffeklatsch-Vergnügen, hauptsache man HAT Unterricht, wie genau der aussieht ist egal... frag doch mal, ob die Dame überhaupt schonmal über einen Babysitter nachgedacht hat.

Und was die Lernmethoden angeht: Ich würde betreffenden Schülern mehrfach deutlich und mit dem nötigen Ernst klarmachen, dass sie ohne gewisse "Opfer" (wollten die nicht eigentlich Klavierspielen lernen...?) niemals weiterkommen, und falls sie das wollten, sollten sie minimalen Aufwand betreiben. Falls du das mit dir vereinbaren kannst, ist das mit denen ansonsten eben einmal die Woche bezahltes Klavierüben ohne großen Sinn...

Gruß, Stilblüte
 

Immer wieder begegnen mir erwachsene Schülerinnen, die offenbar das Gefühl haben, man könne mit künstlichen Fingernägeln (um nicht zu sagen: Mörder-Klauen) ernsthaft Klavier spielen. Man braucht wohl nicht extra zu erwähnen, was die für eine Knick-Fingerhaltung haben. Wenn man weiss, was solche Gelnägel kosten ist es aber gar nicht so leicht einfach zu fordern, dass die weg müssen. Schliesslich hat man es ja mit erwachsenen Menschen zu tun...
- Ähnliches zum lernen von Noten(namen). Immer wieder bin ich erwachsenen Schülern begegnet, die seitenweise die Notennamen über die Noten geschrieben haben. Es gab gar Schüler, die während der Klavierstunde eine Tabelle bereit hielten, auf der die Noten mit Namen eingezeichnet waren. Ein Schüler hatte auf den Tasten gar Aufkleber mit den Notennamen. Mein Hinweis, dass man die Notennamen vorallem dann lerne, wenn man sie gerade nicht jedesmal hinschreibe, stiess auf taube Ohren.
Ich bin zwar kein KL, dafür Geigenlehrer :)
Das Problem mit den langen Fingernägeln kenne ich von Teenagern - nur noch Kinder unterrichten wird also nicht die Lösung sein.
Ich ignoriere die langen Fingernägel und die damit verbundenen Probleme komplett, bestehe aber mit großer Hartnäckigkeit auf einer korrekten Fingerhaltung. Mit zu langen Nägeln wird das sehr unangenehm. Wenn dann eine Schülerin jammert, der Nagel wäre im Weg, dann bitte ich sie diesen doch bis zur nächsten Stunde zu kürzen. Beim nächsten Mal biete ich an meine Nagelschere auszuleihen.
Meine Schüler die das Notennamenlernen verweigern müssen als Hausaufgabe immer das alte Stück, das nicht mehr geübt wird, mit Notennamen bezeichnen. Spätestens nach 20 Seiten kennt jeder Schüler die Notennamen. :)
 
Ich unterrichte Klavier und die Hälfte meiner Schüler sind Erwachsene Einsteiger, fast alles was du beschreibst kenne ich, aber der Verlauf ist ein anderer.

Schüler mit sehr langen Fingernägeln haben zunächst erst mal mein Verständnis, Geld, aussehen etc. Ich spiele Übungen mit Ihnen, bei denen solche Fingernägel keinen Kontakt zur Taste zulassen und bespreche die Auswirkungen mit Ihnen.
Ich bitte sie in den nächsten Wochen drauf zu achten, wie die Fingernägel sich auf das Klavierspiel auswirken. Aber immer freundlich ohne Vorwurf, ohne Eile.
Ich bin davon überzeugt, dass fordern häufig nur Widerstand hervorruft, und dass sie den Sinn selber einsehen und dann auch freiwillig umsetzen werden und bis jetzt, hat sich das Thema immer innerhalb der ersten drei Monate erledigt.

Das Problem mit kleinen Kindern beim Hausunterricht, kenne ich auch. Klar kann ich das Kind auch auf den Schoß nehmen, aber dann kann ich mich nicht auf den Schüler konzentrieren, und wenn die Mutter das Kind auf den Schoß nimmt geht es auch nicht. Aber ich lasse die Schüler auch das versuchen, weise aber auch hier auf Fehler durch Konzentrationsschwierigkeiten hin. Zumeist merken die Schüler selber, wie viel Stress und Unruhe dadurch entsteht und das wir so nicht sinnvoll arbeiten können.
Darüber hinaus arbeite ich mit einem Babysitter zusammen und biete an, die Termine so zu legen, dass der Babysitter, dass Kind im Haus betreut, während ich die Mutter unterrichte.

Schüler, die keine Zeit haben zum üben? Klar, die habe ich auch. Gerade am Anfang ist Klavierspielen sehr mühselig und noch nicht in eine Routine eingebunden. Ich mache Ihnen kein schlechtes Gewissen, ich suche nach Möglichkeiten das Üben zu intrigieren.
1)Der Schüler kommt zweimal die Woche zu mir und er übt bei mir konzentriert und effizient, wobei ich gleich sinnvolle Lernstrukturen vermitteln kann.
2) Der Schüler vereinbart einen weiteren Termin in der Woche und kommt während meiner Bürozeiten zum eigenständigen üben (das ist preiswerter) und häufig höre ich, dass es schön ist, dass sich jemand, wenn auch nur aus dem Raum nebenan mitfreut, wenn das Stück klappt oder bei Schwierigkeiten noch mal einen Tipp hat und dass es sich so motivierter übt. Quasi mit Erfolgsgarantie ;)
3) Ich erinnere zu abgesprochen Zeiten per SMS, dass der Schüler jetzt eigentlich üben wollte. Funktioniert auch gut.
Häufig ist es nach wenigen Wochen vorbei und der Schüler übt eigenständig.

Ich habe mit Sicherheit kein Patentrezept, aber ich nehme den Schüler mit seinen Ansichten ernst und versuche ihn auf seinem eigenen musikalischen Weg zu begleiten und nicht meinen vorzuschreiben. Ein wenig Zeit und Geduld reichen oft, damit die Schüler aus eigenem Antrieb sinnvolle Entscheidungen treffen.
Hauptsache ist für mich, es nicht persönlich nehmen und Geduld zu haben.
Für mich steht die Freude am Musizieren an erster Stelle, denn was wir gerne tun, tun wir häufiger und in allem was wir oft und gerne tun, werden wir auch besser und letztlich ist es schwer an etwas keinen Spaß zu haben, was man gut kann…

:klavier:


Tastenläufer
 
Also respekt Tastenläufer! So einen Lehrer gibt es sicher selten!
 
Witzig, neulich schrieb jemand, er würde nur noch Erwachsene unterrichten, weil ihm die lieben Kleinen zu unmotiviert und zu renitent sind....
 
Witzig, neulich schrieb jemand, er würde nur noch Erwachsene unterrichten, weil ihm die lieben Kleinen zu unmotiviert und zu renitent sind....
Tja, und was hab ich damals auf die ganzen Schimpfreaktionen geantwortet, um den armen Herrn zu verteidigen? Dass es vielleicht doch auch das Gegenteil gibt;)
Damals wollte das keiner hören, hier habt ihr Schwarz auf Weiß:rolleyes:
 
Hallo, redi,
tatsächlich braucht man ja keine erwachsenen Anfänger zu unterrichten, wenn man das nicht möchte. Der eine kanns gut mit Kindern, andere kommen mit erwachsenen Anfängern besser klar.

Jedioch solltest Du nicht alle erwachsenen Anfänger über einen Kamm schweren.
Es gibt immer solche und solche.
Wenn ambitionierte Anfänger dann nicht mehr unterkommen, weil sich so viel Frust aufbaut bei Klavierlehrern, fänge ich es doch sehr schade.
 
... es gibt für jeden Topf einen Deckel ...
 
vllt ist dir ein Insekt in den Rüssel gekrochen? Hmh?;):D

Dass Erwachsene eine andere Form von Unterricht haben müssen, liegt doch auf der Hand.
Meine weggezogene KL hat immmer gesagt, man kann mit ERwachsenen auch anders arbeiten, weil die das anders umsetzen und begreifen können als Kinder. Zum Beispiel musikalsiche Gestaltung.

LG
VP
 

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