Mazeppa nach 3 Jahren - Wo stehe ich?

Was mich besonders fasziniert, sind die "offensichtlichen" Hürden, wie Sprünge, schnelle Läufe etc.
Warum? Echtes Interesse.
Ich habe bei virtuosen Stücken ohne viel Inhalt immer ein dressiertes Zirkuspferdchen (schön, weiß, springt immer höher und weiter, aber wenig Geist) vor meinem geistigen Auge.... Ok, mit einer Liszt-Etüde wirst du (gerade von Nicht-Pianisten) mehr Bewunderung bekommen als mit der Kunst der Fuge. Aber du spielst doch für dich, oder worum geht es dir?

Ich hatte mal angefangen den Groschen zu üben. Ganz lustiges Stück. Aber ich war schon nach kürzester Zeit (1 Tag) ziemlich gelangweilt, so dass ich abgebrochen habe. Momentan arbeite ich mich am 3. Satz der Schumann-Fantasie ab. Virtuos sicher nicht. Technisch schwierig, auch nicht. Aber den Klang, die feine Differenziertheit jedes einzelnen Tons so hinzubekommen, wie ich es in meinem Kopf habe: nicht einfach.

Oder der Traum meiner schlaflosen Nächte: die Fuge op. 106. Überfordert mich sowohl technisch wie geistig. Aber nach deinen Gesichtspunkten wenig reizvoll?

Genauso wie eins der zauberhaftesten, hervorragendsten Werke der Klavierliteraur, die Kinderszenen. Es ist so wundervoll die zu spielen. Darum bringst du dich ja dann. Das ist doch sehr schade!

Übrigens werden mir da die meisten zustimmen: eine Mozart-Sonate richtig schön zu spielen ist sauschwer...
 
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Warum? Echtes Interesse.
Ich habe bei virtuosen Stücken ohne viel Inhalt immer ein dressiertes Zirkuspferdchen (schön, weiß, springt immer höher und weiter, aber wenig Geist) vor meinem geistigen Auge.... Ok, mit einer Liszt-Etüde wirst du (gerade von Nicht-Pianisten) mehr Bewunderung bekommen als mit der Kunst der Fuge.

Ich musste gerade schmunzeln. Ich kann mir gut vorstellen, dass das "Pferdchen" in der Mazeppa-Etüde -- eigentlich ein ausgewachsener Gaul -- sich eher gewünscht hätte, im Zirkus zu sein als in der Steppe zu verenden.
 
Inhaltlich habe ich bei dem Stück Mitleid mit dem Pferd.
 
:lol: :lol:
Du weißt aber was ich meine. Das Zirkuspferdchen war nicht explizit auf Mazeppa gemünzt ;-)

Liebe Muck,
natürlich weiß ich, was Du meinst und stimme mit Dir auch überein. Die Steilvorlage war jedoch zu verlockend. ;-)
Ich verstehe aber auch die TE, da ich ebenso von dem Stück fasziniert war.
Als ich 14 war, hatte ich mir eine CD mit den Études d’exécution transcendante aus der Bücherei ausgeliehen -- gespielt von Claudio Arrau, der auch heute noch einer meiner Lieblingspianisten ist. Die Etüden habe ich rauf und runter angehört und Mazeppa war meine Lieblingsetüde. Mit etwa 16 habe ich sie dann im Geheimen geübt und sie etwas besser hinbekommen als @gameuno, aber ich hatte zu dem Zeitpunkt auch schon etliche Jahre Klavierunterricht. Vorspielreif war das Stück natürlich nicht. Dennoch habe ich einiges daran gelernt, was mir auch bei anderen Stücken geholfen hat. Als ich es dann meiner recht strengen Klavierlehrerin gebeichtet habe, habe ich ihr dann auch die ersten drei Seiten vorspielen dürfen, bis sie das Stück auf Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben hat.
 
Ich finde das tatsächlich interessant wie unterschiedlich die Interessen sind. Liszt übt bis heute keine Faszination auf mich aus. Bis auf die h-moll Sonate (die ich großartig finde!) und den Mephistowalzer würde ich nichts von ihm spielen wollen. Und die beiden Werke sind zu schwierig.
Ich bin seit dem ich 15 bin von Bach fasziniert. Für mich der Größte. Ich könnte (und habe) ihn rauf und runter spielen...
Claudio Arrau, der auch heute noch einer meiner Lieblingspianisten ist.
Dito
 
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Liszt übt bis heute keine Faszination auf mich aus. Bis auf die h-moll Sonate (die ich großartig finde!) und den Mephistowalzer würde ich nichts von ihm spielen wollen.
Schade, ging mir früher aus so. Dann gibt es die g-Moll(?) Ballade, die Harmonies poétiques et religieuses und plötzlich öffnet sich eine ganze Welt, weil man sieht, dass Liszt eben in jedem Stück solch eine Welt erschafft.
 
Ich habe bei virtuosen Stücken ohne viel Inhalt
Wie viele solche inhaltsleere Virtuosenstücke kennst du - und sind sie wirklich inhaltslos?
Spielfreude, Freude am Gelingen, das Auftürmen von Effekten: das gehört zur Musik dazu! Verräterisch hierbei ist, dass extreme Virtuosität in anderen musikalischen Gattungen nicht hochnäsig/kenntnislos bekrittelt wird: niemand mault an der Zauberflöte wegen der Königin der Nacht, an der Lakme wegen der GlöckchenArie, an Mendelsohns Violinkonzert, an Strauß Donnerblitzpolka und Czardas usw usw und was das maulen an Klaviersachen betrifft: die "antivirtuosen" Tiefsinnsargumentatoren meckern bei Liszts Rhapsodien, verblüffenderweise bei den teils absurd virtuosen ungarischen Tänzen von Brahms nicht...
Ergo: keine weiteren Fragen an den Zeugen, wie im Ami-Gerichtsfilm ;-)
 
Ich finde das tatsächlich interessant wie unterschiedlich die Interessen sind. Liszt übt bis heute keine Faszination auf mich aus. Bis auf die h-moll Sonate (die ich großartig finde!) und den Mephistowalzer würde ich nichts von ihm spielen wollen.
Es gibt schon noch mehr, was reich an musikalischem Gehalt ist. Après une lecture de Dante ist sicher auch ein Meisterwerk in vielen Belangen, Les jeux d'eaux a la Villa d'Este eine toll komponiertes Stück, das schon eine kleine Portion Impressionismus enthält, Funérailles und Benediction dans la solitude sind ganz sicher auch keine oberflächlichen Bravourstücke, dazu das, nach dem ich mich benannt habe...
Übrigens werden mir da die meisten zustimmen: eine Mozart-Sonate richtig schön zu spielen ist sauschwer...
Unglaublich schwer! Die ganzen Henle-Einschätzungen sind meiner Meinung nach alle zu niedrig! Da muss jeder Ton sehr kontrolliert kommen und die Läufe und Triler müssen sehr glatt laufen, sonst klingt es wie bei mir! Ein paar Triller nicht in der Zeit, ein paar Läufe fehlerfrei aber unrund und schon ist die Sonate schlimmer versaut als ein Virtuosenstück mit 20 falschen Tönen.
Vorsicht @gameuno Mozart kann sehr frustrierend sein! Gleiches gilt für Bach (wobei ich Bach besser spiele als Mozart).
Ich bin seit dem ich 15 bin von Bach fasziniert. Für mich der Größte. Ich könnte (und habe) ihn rauf und runter spielen...
Ja ist er. Schubert oder Chopin haben das, was sie gemacht haben in Perfektion gemacht, aber Bach steht über den Epochen wie sonst niemand (außer vielleicht vielleicht Beethovens Spätwerk), Bach ist allgemeingültig, egal, welcher Zeitgeist gilt. Ich habe aber auch etwas gebraucht, um diese Genialität in vollem Umfang (d.h. ausreichenden Umfang, in vollem Umfang verstehe ich Bach wahrscheinlich noch immer nicht) zu versprüren.
Beste Voraussetzung, um ein Freund von Bach zu werden. Du solltest aber dir nicht vorschreiben lassen "Das musst du gut finden" etc. Du bist offen und intelligent genug und wirst wahrscheinich das Repertoire von dem, was da magst und spielen willst, so oder so erweitern und nicht dauerhaft auf die virtuosen Exzesse von Alkan, Liszt, Rachmaninoe und co. beschränken.
Ich habe auch nicht alles auf einmal entdeckt.
 
Ich wollte gern noch eine virtuose Interpretation von 4'33'' einbringen. Da die Dynamik des MP10 hier kritisiert wurde, habe ich das Stück auf einem Bösendorfer Imperial eingespielt.
Ich finde es trotz aller Bravourpassagen sehr tiefschürfend.
 

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  • VierDreiunddreissig.mp3
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Es gibt z.B. schon so ein paar Opern-Paraphrasen von Liszt, die musikalisch nicht so toll sind. Mir gefällt auch nicht jedes Stück von ihm :016:
Muss ja auch nicht. Trotzdem gibt es einiges, was richtig gut ist.

Leider hatte ich v.a. früher immer den Eindruck, dass Liszt mit oberflächlicher Virtuosität gleichgesetzt wird und dem gegenüber z.B.
Brahms mit intellektueller Tiefe steht. Ich war natürlich auch immer im Brahms-Lager :006: ist aber natürlich völliger Quatsch :011:
 
Ich wollte gern noch eine virtuose Interpretation von 4'33'' einbringen. Da die Dynamik des MP10 hier kritisiert wurde, habe ich das Stück auf einem Bösendorfer Imperial eingespielt.
Ich finde es trotz aller Bravourpassagen sehr tiefschürfend.
Läuft da der Fernseher im Hintergrund?
Ansonsten hat mir besonders 3:15 sehr gut gefallen.
 
@gameuno , mir gefällt Deine Offenheit sehr! Ich kann übrigens sehr gut nachvollziehen, dass die schiere Bewältigung einer hinterlistig schwierigen Passage, die einen bei gelingendem Ausführen durch brillianten Klang belohnt, sehr reizvoll ist! Als Kind wollte ich immer möglichst schnell spielen, habe mich berauscht an Läufen und glitzerndem Klang.
Und das hatte seine Zeit. Dann kamen andere Ziele, und genauso wird es Dir ergehen. Das ist wunderbar!
Mir gefällt, dass Du alle Kommentare ernst nimmst, dass Du Dich mit ihnen auseinandersetzt. Nur so kann man lernen.
Ich würde mir manchmal wünschen, dass Menschen im fortgeschrittenen Alter sich diese Frische erhalten würden, was leider oft nicht der Fall ist. Zu oft gerät der Mensch in Versuchung aufgrund seiner reichhaltigen Lebenserfahrung ein Freund seiner eigenen Meinung zu werden.
Dass das bei Dir nicht so ist, aber Du trotzdem Ziele und Meinungen hast, finde ich großartig.
So, das war jetzt mal fällig, wenn auch offtopic. ;-)
 

Oberflächlich ist sicher übertrieben. Aber die Campanella hat sicher nicht die Tiefe der Sonate in h-Moll. Die Norma- oder Don-Juan Fantasie oder die zweite Ungarische Rhapsodie ganz sicher auch nicht.
Oberflächlich ist sicher zu hart, aber solche Stücke sind zumindest oberflächlicher als Contrapunctus XIX aus der Kunst der Fuge oder Beethoven Op. 106.
Ich höre alle in diesem Beitrag genannten Stücke im Übrigen gerne.
 
Aber die Campanella hat sicher nicht die Tiefe der Sonate in h-Moll.
Von einer Etüde (was das für eine Gattung ist, welche Dimensionen sie hat und was ihre Intention ist, setze ich als bekannt voraus) wird man wohl kaum die Wirkung einer großen Sonate erwarten dürfen; insofern ist dieser Vergleich schlicht unpassend.
(was speziell La Campanella betrifft: diese ist absolut nicht ohne "Tiefgang", das erschließt sich aber denen, die darin nur Geglitzer hören wollen (oder mehr darin nicht hören können), zumeist nicht - das kann man diesem Glöckchenstück aber nicht anlasten)
Zwei Opernfantasien sind noch weniger tertium comparationis zu einer großen Sonate (muss das erklärt werden?) und auch nicht zu einem artifiziellen kontrapunktischen Werk. (nebenbei: perfektes beherrschen kontrapunktischer Spitzfindigkeiten ist keine Qualitätsgarantie - ein berühmter Opernkomponist hatte in seinen "Lehrjahren" Doppelfugen etc. konstruiert, die formal gelungen waren, aber mangels mus. /künstl. Qualität zurecht nie aufgeführt wurden) Nun ist der strenge Kontrapunkt nicht die einzige Form der Polyphonie: ein Wunderwerk freier Polyphonie auf dem Klavier ist ausgerechnet eine der Opernbearbeitungen von Liszt - diese entnimmt allerdings ihre perfekt gekonnte Polyphonie aus der Vorlage; Opernbearbeitungen sind da bzgl. "Tiefsinn" sehr abhängig von den jeweiligen Opern... ;-)

Diese in der Sache untauglichen Vergleiche völlig unterschiedlicher Gattungen erklären nicht, was "oberflächlich" sein soll, sie zeigen nur, dass da bei der Suche nach Beispielen völlig unterschiedslos divergierende Gattungen in einen Topf geworfen werden - - sowas wird sonst immer gerne als Äpfel mit Birnen vergleichen gebrandmarkt.

Bis jetzt habe ich hier kein ernstzunehmendes Argument gegen bewußt und absichtlich virtuose Musik erblicken können. Und damit auch nichts gegen das Ansinnen, sich mit solchen Sachen zu befassen. Was letzteres betrifft: das Gelingen ist nicht jedermann gegeben - das gilt aber auch für die überzeugende musikalische Darstellung von Musik mit anderen Intentionen.
 
was speziell La Campanella betrifft: diese ist absolut nicht ohne "Tiefgang", das erschließt sich aber denen, die darin nur Geglitzer hören wollen (oder mehr darin nicht hören können), zumeist nicht
Da muss ich mich dann einfach outen. Ich kann darin nur ein Bravourstückchen hören. Liszt im großen und ganzen (mit ein paar Ausnahmen) sagt mir einfach nichts. Die Musik wirkt auf mich wie eine hübsche Verpackung ohne viel Inhalt. Nett anzuschauen aber nicht besonders spannend.

Ich nehm das aber gerne auf meine Kappe, mir fehlt vielleicht das "Liszt-Verständnis"
 
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@Muck wenn du "vielleicht" und ;-) aus deinem Beitrag entfernst, bekommst du für dein mutiges Outing ein like
 
Bis jetzt habe ich hier kein ernstzunehmendes Argument gegen bewußt und absichtlich virtuose Musik erblicken können.
Nehmen wir z.B. mal Liszts Bearbeitung von Schuberts „Ständchen“. Liszt macht aus einem gerade durch seine Schlichtheit ehrlichen Lied ein aufgemotztes Virtuosenstück, das den musikalischen Gehalt des Originals nicht hervorhebt, sondern eher hinter vielen überflüssigen Tönen verbirgt. Dass die überflüssigen Töne kein Mehrwert sind, sondern virtuoser Selbstzweck, lässt sich daran erkennen, dass wohl niemand an Schuberts Original kritisieren würde, dass hier etwas fehlt, sondern dass gerade die Einfachheit die Intimität und die Authentizität der musikalischen Aussage unterstützt.

Nun könnte man einwenden, dass Liszt aus dem Lied eine andere Gattung, nämlich eine Paraphrase gemacht hat. Dann stellt sich aber die Frage, welchen Nutzen das hat außer der Darbietung eigenen Könnens ohne eigene musikalische Aussage. Dass es einfach nur eine Hommage an Schubert sein soll, wäre zwar denkbar, nehme ich dem Showman Liszt aber nicht ab.
 

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