Ligeti "En Suspens" Übeprozess

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23. März 2013
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Gestern habe ich erstmals geschafft, von meinem Klavier aufzunehmen.
Eigentlich wollte ich meinen Ligeti erst vorstellen, wenn er noch etwas sauberer kommt.
Aber warum nicht eine Momentaufnahme?



Ich weiß, das Klavier müsste ich mal wieder stimmen.
Ein paar Töne fehlen, weil ich sie gar nicht habe (mein Flügelchen hat nur 73 Töne).
3 tiefe Töne habe ich oktaviert.
Den Übergang in die Quartolenstelle und diese bis zum Schluss habe ich schon besser hingekriegt. Das alles also hoffentlich demnächst!

Grüße
Manfred
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Da sich in diesem Forum niemand zu meiner Übungseinspielung äußert (außer "like" von Anatol Analogon, immerhin), möchte ich meine Gedanken und Pläne dazu darlegen. Unschön finde ich das Schneller-Werden an zwei Stellen, ich führe das auf den Aufnahmestress zurück, wenn ich entspannt bin, passiert mir das nicht.
Mein konsequentes Swinging in den ersten 2 Dritteln unterscheidet sich von allen Einspielungen die ich sonst kenne, aber ich finde das hier genau richtig.
An den Glissandostellen kämpfe ich noch mit dem richtigen Timing des Zieltones, ich komme noch meist zu früh an. Der Mittelteil mit den sinkenden Skalen kommt glaube ich schon ganz gut (Instrument-bedingt fehlen die höchsten Glitzertöne im letzten Abgang). Im letzten Drittel bin ich noch froh, wenn meine Finger das mitmachen. Ich möchte die Melodie noch viel mehr herausarbeiten. Den Einsatz der Quartolenstelle möchte ich nicht so beiläufig unauffällig, wie Aimard das macht.
Und das Crescendo zum Höhepunkt möchte ich auch noch ernst nehmen, sobald die Finger das mitmachen.
Auf Anregungen und weitere Gedanken dazu wäre ich dankbar.

Grüße
Manfred
 
Wo hattest du das Mikrofon bei der Aufnahme positioniert?
 
Das ist ein Yamaha CP 70.
Das hat eine Flügelmechanik und Saiten.
Unter den Stegen sind keramische Pickups wie in einer Ovation-Gitarre verbaut.
Die Klinkenausgänge habe ich über einen Adapter mit dem Eingang der Soundkarte verbunden.
Wenn ich zu Hause spiele, spiele ich das Teil nur akustisch, das ist mangels Resonanzkörper viel leiser als ein übliches Klavier.
Zu Rockbandzeiten habe ich die Klinkenausgänge in 2 x 100 W Aktivboxen als Monitoranlage geführt, die XLR-Ausgänge direkt in die PA eingespeist.

Grüße
Manfred
 
Nein, ein anderes Klavier nehmen.

Klingt scheiße, das Instrument, unabhängig vom Stimmungszustand. Bevor die verstimmten Töne kamen, dachte ich: Der veräppelt uns, das ist doch ein Digi! Ist das ein Wurlitzer?

LG,
Hasenbein

Hallo Hasenbein,

ganz ehrlich, am liebsten spiele ich auf einem Steinwayflügel in einem großen Raum in einem Haus, wo ich auf Nachbarn keine Rücksicht nehmen muss.
Ich wohne in einer winzigen Dachwohnung. Das Haus ist hellhörig. Meine Nachbarn sind nicht erbaut, können aber nichts gegen mich machen, weil sie selber Krach machen. Ich spiele öfters auf dem Klavier meiner Eltern, das hat zwar die üblichen 88 Töne, ist aber klanglich und spieltechnisch, besonders dynamisch, viel schlechter als mein Flügelchen. Ich bin froh, dass ich das Teil noch habe, finanziell leisten könnte ich mir aktuell nichts dergleichen.
Also bescheide ich mich. Und gut is'.

Grüße
Manfred
 
niemand zu meiner Übungseinspielung äußert
Ich glaub´, das liegt daran, dass kaum einer von Ligeti eine Ahnung hat, ich übrigens auch nicht. Ist mir zu kompliziert, diese Musik.

Den Sound von der Kiste finde ich prima, erinnert mich schwer an selige Rockbandzeiten. So etwas stand vor dreißig Jahren in jedem besseren Proberaum, falls Papa die notwendige Kohle hat springen lassen.

CW
 
Ich glaub´, das liegt daran, dass kaum einer von Ligeti eine Ahnung hat, ich übrigens auch nicht.

Hi abschweb / toons ;)

ganz genau daran schließe ich mich auch an: Habe mir zwar die gemeine Griff-Stelle angesehen, in dem Thread damals, und auch einige andere Griffe, aber: Außer, dass ich begeistert bin, dass Du solche Klamotten so easy auf die Tasten bringst, kann ich da absolut nichts zu sagen, Hasenbein hatte mal ein anderes Beispiel von Ligeti irgendwo verlinkt ( ricercar ? ), was mir auch gut gefiel, aber..ich würd en suspens mit absoluter Sicherheit nicht packen. Du hast ja mal geschrieben, Du hast die entsprechenden "Pranken" dafür ;) .. das merkt man auf JEDEN Fall.

Ich hab die leider nicht, zumindest konnte ich zwar damals im Thread sagen " greifbar sind ja die meisten Griffe", aber.. egal. Hut ab, und: freu mich auf andere Ligeti-Dinger von Dir..vielleicht dieses Teufelstreppe ?

Viele Grüße vom: Olli !
 
Lieber Manfred,

Da sich in diesem Forum niemand zu meiner Übungseinspielung äußert

Ich hatte deine Einspielung leider noch nicht gesehen, sorry, hab's eben erst gelesen und gehört. Erst einmal finde ich es ganz wunderbar, dass es hier noch jemanden gibt, der vom Ligeti-Fieber gepackt ist!

Herzlichen Glückwunsch erstmal, dass du erfolgreich durch bist mit dem Text lernen, das ist ja immer schon die erste Hürde bei solchen Sachen... Zu deiner momentanen Übeversion möchte ich dir eigentlich erstmal nur zwei oder drei Kleinigkeiten sagen, die wie ich glaube, wesentlich sind und dein Spiel noch mehr in Richtung dessen zu bringen, was Ligeti damit wollte:

Zum Einen - das weißt du sicher auch - aber zur Sicherheit nochmal (und es weiß auch sicher nicht jeder hier): Ligeti war neben viiiiielem anderen auch vom Jazz beeinflusst, was man an einigen Stellen in seiner Musik wiederfindet. Ob es die auskomponierten "Saxophon-Solo-Improvisationen" in den Fanfaren sind oder wie hier gleich eine ganze Jazz-Etüde - das muss noch viel mehr raus (bei mir in den Fanfaren übrigens auch!). Er schreibt schon drüber "avec l'élégance du swing". Du schreibst zwar von "konsistentem Swinging" in den ersten 2 Dritteln, aber ich sehe es als noch viel zu wenig umgesetzt in deiner Interpretation. Auf mich macht es noch den Eindruck von "gerade" und "sauber ausgezählt", aber das darf es auf keinen Fall sein. Es muss sehr frei sein, fast schon improvisiert wirken, wie eines dieser melancholischen Jazz-Lieder.

Es gibt eine sehr schöne Stelle in einem Film über Ligetis Klavierkonzert, wo er mit Aimard an einer Stelle im 5. Satz des Klavierkonzerts arbeitet und da geht es auch um sowas Ähnliches: Ligeti sagt Aimard, dass er das gerade sehr langweilig gespielt habe, da er es ganz genau im Rhythmus gespielt habe ("wie Soldaten", sagt er). Dann sagt er zu Aimard (!!): "Und daraus wollte ich jetzt Musik machen. Für richtige Kunst braucht man etwas Freiheit und Unregelmäßigkeit". :p
Dann schlägt er ihm vor: "Versuch das mal ein bisschen betrunken zu spielen - mit einer halben Flasche Wein!"

Diese Freiheit und Unregelmäßigkeit fehlt deiner Interpretation noch. Jetzt, wo du alle Noten und Griffe schon gut in den Fingern hast, trau dich, dich komplett von diesem fein säuberlich ausnotierten Rhythmus zu lösen und lass es vollständig los. Ich weiß, dass das leichter gesagt ist als getan, ich erinnere mich noch an meine Fanfaren... Stell dir aber vielleicht wirklich mal vor, die Melodie wäre von einer halb angetrunkenen Jazz-Sängerin mit rauchiger Stimme mehr dahingehaucht als gesungen und dann spiel mal so (gerne kannst du auch eine Übeversion davon posten, wie du dazu nach einer halben Flasche Wein singst, Ligeti fänd das glaub lustig :D)

Außerdem heißt die Etüde ja "In der Schwebe" - und das ist es bei dir momentan noch nicht genug. Es ist noch zu klar, noch zu bodenständig, um zu schweben. Auch solche Einwürfe wie in T12-14 (die ganz oben im Diskant) können noch viel mystischer sein, von irgendwoher, "da lontano" (von ganz weit weg), so als ob da auf einmal zwischen all dem, was wir nun seit 11 Takten kennen, irgendwoher aus dem Nichts, aber ganz weit weg eine Flöte dazu spielt oder ein Vogel singt - und das auf eine Weise, die wiederum völlig frei von all dem anderen ist, was da sonst noch gespielt wird.

Zum letzten Drittel:
Ich möchte die Melodie noch viel mehr herausarbeiten.
Ja, unbedingt!!! Übertreib das beim Üben ruhig mal, spiel mal z.B. nur die rechte Hand und spiel alle Noten, die keine Akzente haben, extreeeeeemst leise, und nur die Akzentnoten verfolgst du mit deinem Ohr. Die "Wuselnoten" dürfen die Melodie so gar nicht stören. Hör dir mal Désordre an, da wuseln die Noten zwischen den Akzentnoten auch nur so mit (ok, Désordre ist nochmal eine andere Sache als hier, aber im Grunde die gleiche Idee mit Akzentnoten und "Wuselnoten"). Das ist eine ganz andere Klangschicht als die der Melodie. Auch hier würde ich die Melodie (sowohl rechts als auch links) einfach mal mitsingen, damit dir ins Ohr geht, wie es klingen soll. Wenn du die Klangvorstellung davon richtig im Ohr hast, dann machen es die Finger auch viel eher. Und mal mit dem Ohr nur noch das verfolgen, was du auch hören möchtest - die Melodie.

Du könntest sogar mal beim Üben reduzieren und z.B. nur die Akzentnoten r + l wirklich anschlagen und den Rest nur stumm spielen. Das ist übel am Anfang, aber eine feine Sache :cool:

Das klingt jetzt nach sehr viel, waren aber eigentlich nur 2 Punkte, die es sehr wesentlich verbessern werden. Es lohnt sich!

Ein Hoch auf Ligeti und den Spaß den man beim Erarbeiten und Spielen dieser wunderbaren Stücke hat! Ich bin gespannt, lieber Manfred, auf deine nachfolgenden Übeversionen und die Endversion!

Herzliche Grüße,
Partita
 
PS: Das Klavier ist ja mehr als krass......... :shock:
Ich fand's schon wieder so krass, dass ich es schon wieder interessant fand. Klingt stellenweise fast wie eine elektronisch bearbeitete Celesta... ;)
 

PS: Das Klavier ist ja mehr als krass......... :shock:
Ich fand's schon wieder so krass, dass ich es schon wieder interessant fand. Klingt stellenweise fast wie eine elektronisch bearbeitete Celesta... ;)

Akustisch klingt es nicht so spitz, deutlich klavieriger.
Ich denke, was elektroakustisch rauskommt, ist vom Produktprofil her nicht auf Solospiel, sondern auf die Verwendung im Kontext eines Rockinstrumentariums optimiert. Typische Klavierparts sollen sich gegen Rhythmusgitarre und E-Bass durchsetzen.

Grüße
Manfred
 
Zwei Sachen:

1) Man muß doch nicht auf seinem Heim-Instrument aufnehmen; es sollte doch normalerweise nicht so ein Problem sein, zu gucken, wo ein einigermaßenes Klavier steht, und da dann aufzunehmen. Wenn ICH was ins Netz stellen würde, würde ich das so machen...

2) Jedes einigermaßene heutige Digi eignet sich besser zu Klaviersimulation und Einspielung eines "klassischen" Stücks als das CP70. Das CP70 ist, obwohl es wirkliche Saiten hat, einfach ein ganz eigenes, spezielles Instrument, auf dem sich die Dinge, die z.B. für das Ligeti-Stück wichtig sind, nicht umsetzen lassen. Da haben Digis zwar auch ihre Grenzen, aber nicht so starke wie das CP70.

Ich würde ja die Nostalgie mal Nostalgie sein lassen und, wenn akustisches Klavier nicht geht, mir statt des CP70 mal ein gutes Digi kaufen, ganz ehrlich.

LG,
Hasenbein
 

Ich kenne kein Digi, was mich spieltechnisch oder klanglich begeistern würde.
Ja klar, bevor ich gar nichts anderes hab, spiele ich auch Digi.
Mein CP 70 spielt sich besser als alle Klaviere, die ich im Dorf oder der Umgebung kenne.
Nur ein guter Flügel kann mich entzücken. Der nächste gute steht im Schloss Hopferau.
Hab ich schon drauf gespielt. Geil!

Grüße
Manfred
 
Danke Partita,

du hast mir den Mut gegeben, mich noch weiter von den mir bekannten Einspielungen zu entfernen.
Das wird super mit den Melodiebögen im Schlussdrittel!
Ich bin hin und weg!

Herzliche Grüße
Manfred
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Danke Partita,

du hast mir den Mut gegeben, mich noch weiter von den mir bekannten Einspielungen zu entfernen.
Das wird super mit den Melodiebögen im Schlussdrittel!
Ich bin hin und weg!

Herzliche Grüße
Manfred

:)
Schön, lieber Manfred, das freut mich!
Eigentlich hat dir Ligeti selbst den Mut dazu gegeben, wenn du an das Zitat mit der Freiheit und der Unregelmäßigkeit denkst. Ich habe dich nur daran erinnert bzw. das erzählt, von dem ich weiß, dass er es dir ganz sicher sagen würde.

herzliche Grüße,
Partita
 

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