Laut oder leise?

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bechode

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14. Okt. 2006
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Hallo!
Seit kurzem beschfätigt mich nach einer Diskussion mit anderen Klavierspielern (hier ausm Forum) die Frage wie man insbesondere schwierige Stellen eines Stückes üben soll/muss
Die Grundprinzipien meiner Klavierlehrerin sind, dass man immer gebunden und laut üben soll, also richtig fest auf die Taste drücken soll, möglichst auch bei höherem Tempo. Meine Lehrerin ist überzeugt davon, dass durch das feste Draufdrücken auf die Taste man sicherer im Greifen wird und man dann nicht mehr so oft suchen muss und sich das auch besonders schnell einprägen soll. Dem widerspreche ich bis jetzt auch nicht.
In der Diskussion mit anderen Klavierspielern wurde mir aber geraten, dass man sowas leise und mit übertriebenem staccato üben soll. Denn leise spielen ist schwerer als laut zu spielen und durch das staccato soll man auch griffsicherer werden. Außerdem verkrampft man bei leisem Spielen nicht so schnell und die Bewegung wird lockerer.

Da beide "Parteien" deutlich besser und länger Spielen als ich will ich da jetzt keinem misstrauen, da ich die Begründungen beider Ansichten für einleuchtend halte, aber sie sich eigentlich beide widersprechen. Da meine Klavierlehrerin früher bis zu 6 Stunden am Tag geübt hat, mit 16 sogar schon Klavier studiert hat und auch an unzähligen Wettbewerben teilgenommen hat, will ich jetzt nicht unbedingt glauben, dass ihre Meinung unsinnig ist. Die Diskussionspartner im Forum spielen aber auch deutlich länger, besser und auf einem höheren Niveau als ich und waren unabhängig von einander der selben Meinung.

Das verwirrt mich dann doch schon etwas, da ich nicht wirklich weiß was jetzt richtig ist oder ob man gar beide Meinungen vertreten kann und beide vllt auch sinnvoll sind.
Da frag ich mich jetzt natürlich ob ich die ganzen Jahre "falsch" geübt hab, da ich bis jetzt nur so wie meine Lehrerin geübt habe. Die andere Variante hab ich auch schon ein bisschen probiert, aber nach so kurzer Zeit kann ich nicht eindeutig sagen was jetzt besser und sinnvoller ist.


Die Frage ist jetzt vor allem an diejenigen gerichtet, die schon sehr lange Klavier spielen (wie zum Beispiel unseren Klavierlehrern und Pianisten hier im Forum) und in diesem Gebiet auch Erfahrung haben. Wenn aber andere das genauso lernen oder gelehrt bekommen, würde mich das auch interessieren.

lg bechode
 
Mein Klavierlehrer rät stets dazu, Stücke erst legato zu spielen, selbst wenn in den Noten ein Staccato notiert ist. Selbst bei Akkorden, die sowieso nicht völlig gebunden gespielt werden können - aber es scheint sich positiv darauf auszuwirken, wie schnell man einen neuen Akkord greifen kann.

Der Online-Chang empfiehlt ja leises Spielen, weil man nur dann völlig entspannt spielen kann. Als Übemethode besonders leise gespielt habe ich bisher noch nicht, besonders laut ebenfalls nicht (letzteres wäre mir übrigens weniger in den Sinn gekommen, weil es, wie erwähnt, anstrengender ist).
 
Ich denke, beide Wege führen zum Ziel. Mein Klavierlehrer empfiehlt auch immer, laut und mit übertriebener Artikulation zu üben, vor allem die Taktschwerpunkte beim Üben immer extrem laut zu betonen.
Vielleicht ist es einfach gut, wenn man auf beide Weisen übt?
 
Ich hoffe, ich bin dir nicht zu unqualifiziert, aber ich möchte doch mal meine Erfahrungen berichten:

Bei meiner früheren Klavierlehrerin, am Konservatorium, habe ich genauso gelernt wie du: Laut und gebunden.
Also scheint das eine gängige Methode zu sein.
Allerdings habe ich bei dieser Lehrerin keine bemerkenswerten Fortschritte gemacht (mit dieser Übungsmethode).

Meine jetztige Klavierlehrerin (die icch als sehr qualifiziert einschätze) sieht das etwas differenzierter. Hauptsächlich soll ich leise und im Staccato üben, dafür aber äußerst genau und diszipliniert. Gerade in schnellem Tempo ist es wesentlicher schwieriger, leise statt laut zu spielen.
Es erfordert doch viel mehr Kontrolle bzw. Fingerfertigkeit, schnell, leise und staccato zu spielen, als einfach nur auf die Tasten zu "hauen".

Manche Stellen werden aber auch in einer Mischung aus beidem (laut und gebunden/ staccato bzw. leise und gebunden/ staccato) geübt. Dabei ist es aber so, dass ich, je "besser" ich werde, immer leiser übe und das, was vorher laut gespielt werden musste (weil es nicht leise ging), wird auch langsam immer leiser geübt.

Mit dieser Methode habe ich gute Erfolge gehabt, im Gegensatz zu der, nach der ich erst geübt habe.

Ich bin mal gespannt, was die "Experten" dazu sagen.

lg
 
Ich denke, es hängt sehr vom Stück ab. Im allgemeinen übe ich die Stücke genau so, wie sie dann auch im Endeffekt klingen sollen, nur halt langsamer. Daß man durch laut spielen sicherer werden soll halte ich für eine Milchmädchenrechnung. Sicherheit darf nicht von der Lautstärke abhängen. Und von den "Muskeln", die man beim Klavierspielen eh kaum braucht, hängt sie schon garnicht ab. Eher von der Konzentration und dem bewußten Spielen.

Das sind so meine persönlichen Erfahrungen und Überzeugungen das Üben betreffend. Ist aber immer wieder interessant, wie andere Leute an die Sache herangehen.
 
Laut oder Leise

Ich habe schon wirklich viel Klavierlehrer gehabt - 1. Meine Mutter - ja die wird immer wieder vorkommen - 2. Meinen Klavierprofessor an der Hochschule 3. den didaktikprofessor an der Hochschule 4. eine befreundete Professorin an der Hochschule -/(alle in frankfurt) und 5. einen aus russland geflüchteten Superpianisten aus Odessa, der bereits sein Konzertexamen hatte und mit dem ich länger pianistische befreundet war.
Rückwirkend kann ich sagen,dass ich von allen wasw gelernt habe, aber erst nachdem ich mich innerlich von allen auch befreit habe.

Das starke Drücken auf die Tasten halte ich für eine Unsitte, genauso wie die, die Behaupten, man könne alles mit Gewichtsverlagerungen spielen. Musikalisch kommt es doch in den meisten fällen darauf an, eine Linie oder eine Figur zu spielen Also wie komme ich von A nach B oder besser von C nach A? Schon zwei nebeneinanderliegende Tasten wie C und D erfordern, wenn entspannung bleiben soll eine minimale Gewichtsverteilung der Hand und des ganzen Arms, was sich im Prinzip bis zum Gesäß (kein Witz - Sänger kennen das) fortsetzt. Die Feinmotorik in den fingern dient dazu, das genau zu übertragen, wobei alle Finger, die gerade nicht spielen, reflektorisch entspannen müssen und zwar im Zeghntelsekundenbereich. Ich über nichts mehr, was ich nicht brauche. Eine Passage, die Staccato verlangt, spiele ich nicht Legato oder umgekehrt. Das schafft nur falsche Gehirnprogrammierungen. Auf jeden Fall von Anfang an übe ich auch im langsamen tempo die richtige Dynamik.
Z.B. eien figur aus der F-dur Invention von Bach Nr. 8 mit ihren figuren links und rechts: faga faga faga faga und links dazu acbc acbc acbc acbc - hoffentlich wisst ihr, was gemeint ist, hat in sich eine raffinierte Dynamik:
das erste f ist das lauteste, das a das zweitlauteste das g das drittlauteste und das letzt e a ust das leiseste. Jeder Geiger wird ähnlichen Figuren genauso spielen und ohne diese innere Dynamik klingt die Figur nur technisch und nach Gerassel, aber so wird Musik daraus und das gilt natürlich auch für das Zusammenspiel beider Hände.
 
Z.B. eien figur aus der F-dur Invention von Bach Nr. 8 mit ihren figuren links und rechts: faga faga faga faga und links dazu acbc acbc acbc acbc - hoffentlich wisst ihr, was gemeint ist, hat in sich eine raffinierte Dynamik:
das erste f ist das lauteste, das a das zweitlauteste das g das drittlauteste und das letzt e a ust das leiseste. Jeder Geiger wird ähnlichen Figuren genauso spielen und ohne diese innere Dynamik klingt die Figur nur technisch und nach Gerassel, aber so wird Musik daraus und das gilt natürlich auch für das Zusammenspiel beider Hände.

Diese und ähnliche Figuren tauchen nur 3x mal auf: faga faga faga.
Da diese Invention üblicherweise recht flott gespielt wird, halte ich eine Dynamik innerhalb einer "faga" für ziemlich kleingliedrig. Viel wichtiger halte ich eine Dynamik, bei der der Taktanfang betont wird, und die folgenden 16-tel Gruppen leiser werden, bis zum Taktende, um mit gut artikuliertem neuen Taktanfang (nicht in neuen Takt reinbinden) wieder von vorn anzufangen, nicht nur für schöner (was natürlich Geschmacksache ist), sondern es ist auch mehr "HIP"-like (siehe entsprechender Thread). Zwischen den faga faga -Gruppen wie überhaupt zwischen allen 4x16-tel Notengruppen würde ich auch versuchen, nicht reinzubinden, aber dabei sollte immer der Beginn eines neuen Taktes spürbar bleiben, also Betonung auf der schweren 1. Taktzeit. Diese Gruppierung in Takte und Kleingruppierung in Viertel macht dann das ganze etwas tänzerischer und schwungvoller, was m.E. gut zum Charakter des Stückes passt.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Um nochmal auf das ursprüngliche Thema zurückzukommen:

Ich finde es schonmal gut, daß Lehrer überhaupt etwas dazu sagen, WIE man etwas üben soll und nicht nur WAS. Meine Hauptunterrichtszeit fand aber im vorigen Jahrtausend statt und vielleicht hat sich da inzwischen etwas geändert. Meine Leidensgenossen von damals haben aber die gleichen Erfahrungen gemacht.

Meine Erfahrung ist, daß ich etwas Neues mit den inneren Einstellungen "sicher" oder "unsicher" spielen kann - vorausgesetzt ich spiele es langsam genug. Sonst bleibt nur die Einstellung "unsicher" wenn ich es nicht kann. Mit der Einstellung "sicher" mache ich definitiv weniger Fehler, das scheint so eine Art von Murphy's law zu sein. Nun heißt es ja, das das motorische Gedächnis auch Fehler speichert und aus diesem Grunde sollte man beim Einüben Fehler vermeiden.

Tatsache ist für mich, daß mit lauter Spielweise, wenn ich jeden Ton einzeln betone, die "sichere" Einstellung leichter beizubehalten ist. Aus diesem Grunde hilft es mir. Tatsache ist aber auch, daß ich die richtige Spielweise dann separat einüben muß. Je nach Schwierigkeitsgrad einer Passage macht daher die fragliche Methode für mich Sinn oder auch nicht.
 
Laut und leise

Auch BAchs Inventionen kann man auf verschiedene Weise spielen - ich hab die mit singstimen, Marimba , Bläsern u.a. gehört. die Musik ist einfach so gut, dass sie immer wirkt.
Am Klavier allerdings bevorzuge ich gut ausgearbeitete Dynamik.

Ich stelle mir dabei gerne 2 hervorragende Geiger vor, die die 2 Stimmen wirklich unabhängig voneinander gestalten.

Hört man entsprechende Figuren bei Geigern wie diese "faga" figuren, so kann man die dynamische Struktur klar heraushören. Das gleiche gilt für alle Arten von Alberti Begleitung. eine unstrukturierte Arberti Begleitung gibt es bei Profis eigentlich nicht. Man muss aber schon genau hinhören. Streng genommen beinhaltet diese kleine faga figur bereits 2 Harmonien, nämlich d-moll und A7, sodass der A7 die höhere Spannung hat und ein Decrecsendo zu d-moll führen sollte.
 
Tatsache ist für mich, daß mit lauter Spielweise, wenn ich jeden Ton einzeln betone, die "sichere" Einstellung leichter beizubehalten ist. Aus diesem Grunde hilft es mir. Tatsache ist aber auch, daß ich die richtige Spielweise dann separat einüben muß. Je nach Schwierigkeitsgrad einer Passage macht daher die fragliche Methode für mich Sinn oder auch nicht.

Guendola, ich stimme dir ja zu, dass das Muskelgedächtnis Fehler genauso speichert wie richtiges Spielen, und dass man daher Fehler schon am Anfang vermeiden sollte (nicht dass mir das jedoch gelingt...).

Nur, ich sehe es wie Haydnspaß, dann doch lieber auch gleich mit der gewünschten Dynamik möglichst von Anfang an. Weil das vom Muskelgedächtnis genauso mitgespeichert wird. Halte daher überhaupt nichts von dem Verfahren, bei schwierigen Passagen erstmal laut zu spielen wegen der Sicherheit, und danach eine separate Übeeinheit, um leise zu spielen. Eben wegen deiner Argumentation von Fehlern und Muskelgedächtnis - dies gilt ja nicht nur für falsche Töne, sondern auch falsche Dynamik. Das Muskelgedächtnis ist ein Gewohnheitstier - es spult den Kram so ab, wie man es vorher gewohnt war; und Umgewöhnung wegen anderer Dynamik ist eben auch Umgewöhnung mit entsprechend nötiger Lernkurve.

Unsicherheit bedeutet oft, dass man unnötige Spannungen aufbaut. Wenn man laut spielt, wird das gerne kaschiert. Weil man sehr leise und gleichmäßig nicht spielen kann, wenn man verspannt ist in den Fingern. Da es aber darauf ankommt, entspannt zu spielen, sollte man m.E. sogar eher leiser als lauter üben, insbesondere bei Fortissimo-Stellen (auch wenn dies dem oben gesagten bzgl. Muskelgedächtnis widerspricht).

@ klavigen: ich finde deinen Vergleich mit den 2 Geigern gut, stelle ich mir auch manchmal so vor.
Über unterschiedliche Auffassungen für Dynamik innerhalb der "Kleinzelle" "faga" und der "Großzelle" innerhalb eines Taktes wurde ja schon diskutiert.

Aber was ist denn eine Alberti-Begleitung?
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Alberti Begleitung

das sind die vielfältig auftretenden Begleitfiguren meist in deer linken Hand, die von anfängern immer zu laut gespielt werden
 

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