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Gibt es schon einen allgemeinen Faden, in dem man von Klavierabenden und Konzerten berichten und zwangslos diskutieren kann? Ich finde, man muss nicht für jedes Konzert einen neuen aufmachen, dann sind auch einzelne Konzerte nicht so auf dem Präsentierteller. Namen von Pianisten sollten, v.a. bei negativer Kritik, nicht genannt oder leicht verfremdet werden, finde ich.
Soeben habe ich ein Konzert eines über 80-Jährigen Pianisten gehört (nicht mein Lehrer) - bis zur Pause. Der Saal war so voll wie zuvor noch nicht in dieser Reihe, und man hatte schon vor Konzertbeginn den Eindruck, dass gleich ein großer Meister spielen würde. Zunächst spielte er also die b-moll-Partita von Bach. Der erste Satz war noch ganz schön, aber je weiter er sich dem Ende der Suite näherte, desto mehr Pedal wurde eingesetzt - bis schließlich der letzte Satz auch als hochromantische Etüde hätte durchgehen können.
Danach kam Beethoven, op. 109 - für mich im Moment sowieso kein Stück, das ich hören will (bin übersättigt). Da setzte sich der Eindruck leider fort - eine große Soße, nebulös und ungenau, sehr viel Pedal, Klangflächen. Mir wird sowas irgendwann körperlich unangenehm. Dazu kam noch, dass mein Sitznachbar die ganze Zeit (hörbar) an seinen Fingernägeln herumgefummelt hat und auch nicht aufhörte, als ich ihn ziemlich eindringlich angestarrt habe.
In der Pause dann die große Frage: Bleiben oder gehen? Bei mir kämpft immer die Neugierde auf die Interpretation weiterer Werke mit dem Bedürfnis, nichts mehr zu hören. Nach der Pause sollten Impressionisten kommen, die viel besser zu seinem Stil gepasst hätten - davor allerdings eine ganze Weile Chopin, und Chopin in diesem Stil wollte ich heute nicht mehr ertragen müssen.
Dummerweise gibt dieser Mensch am Montag einen Meisterkurs, zu dem nur drei Schüler des ganzen Festivals zugelassen werden, welche auch noch von meinem Lehrer vorgeschlagen werden müssen - und mich schlägt er vor. Dumm gelaufen.
Kurzum: Ich bin trotzdem gegangen. Und frage mich (auch nach ein paar anderen Konzerten) verschiedene Dinge: Hört das stetig jubelnde Publikum eigentlich gar nichts? Erwartet es nichts? Oder erwarte ich zuviel?
Von Pianisten, die als "die besten der Welt" angekündigt werden wünsche ich mir durchsichtiges, verständliches Klavierspiel, das nicht gehetzt und nicht zäh ist, eine große dynamische Bandbreite hat und reich an verschiedenen Klängen, Farben und Ausdruck ist. Sowas habe ich in den letzten Jahren nur ziemlich selten gehört. Besagter Pianist, den ich kürzlich so hochgelobt habe, war dem noch am nächsten, doch auch bei ihm sind immer mal die Pferde durchgegangen und er gehört eher in die Kategorie "beeindruckender Virtuose mit Klangsinn".
So, jetzt beruhige ich mich wieder. Ich behaupte auch mit keiner Silbe, dass ich nur einen Deut besser bin. Ich wundere mich nur, wer so alles auf New Yorker Bühnen bejubelt wird.
Demnächst höre ich George Li, auf den bin ich gespannt.
EDIT: Ich suche gerade Aufnahmen aus YouTube, wo er Ravel spielt. Die klingen ganz anders. Sind vermutlich auch älter. Was die Frage bringt: Sollte man bis zum Ende auftreten, auftreten wollen, sollte einem jemand sagen, wenn es nicht mehr gut klingt, oder nicht? Ich weiß nicht mal, was ich da selber wollen würde. Eigentlich möchte ich es wissen - aber ändern könnte ich es ja doch nicht und wäre dann nur betrübt bis ans Lebensende.
Soeben habe ich ein Konzert eines über 80-Jährigen Pianisten gehört (nicht mein Lehrer) - bis zur Pause. Der Saal war so voll wie zuvor noch nicht in dieser Reihe, und man hatte schon vor Konzertbeginn den Eindruck, dass gleich ein großer Meister spielen würde. Zunächst spielte er also die b-moll-Partita von Bach. Der erste Satz war noch ganz schön, aber je weiter er sich dem Ende der Suite näherte, desto mehr Pedal wurde eingesetzt - bis schließlich der letzte Satz auch als hochromantische Etüde hätte durchgehen können.
Danach kam Beethoven, op. 109 - für mich im Moment sowieso kein Stück, das ich hören will (bin übersättigt). Da setzte sich der Eindruck leider fort - eine große Soße, nebulös und ungenau, sehr viel Pedal, Klangflächen. Mir wird sowas irgendwann körperlich unangenehm. Dazu kam noch, dass mein Sitznachbar die ganze Zeit (hörbar) an seinen Fingernägeln herumgefummelt hat und auch nicht aufhörte, als ich ihn ziemlich eindringlich angestarrt habe.
In der Pause dann die große Frage: Bleiben oder gehen? Bei mir kämpft immer die Neugierde auf die Interpretation weiterer Werke mit dem Bedürfnis, nichts mehr zu hören. Nach der Pause sollten Impressionisten kommen, die viel besser zu seinem Stil gepasst hätten - davor allerdings eine ganze Weile Chopin, und Chopin in diesem Stil wollte ich heute nicht mehr ertragen müssen.
Dummerweise gibt dieser Mensch am Montag einen Meisterkurs, zu dem nur drei Schüler des ganzen Festivals zugelassen werden, welche auch noch von meinem Lehrer vorgeschlagen werden müssen - und mich schlägt er vor. Dumm gelaufen.
Kurzum: Ich bin trotzdem gegangen. Und frage mich (auch nach ein paar anderen Konzerten) verschiedene Dinge: Hört das stetig jubelnde Publikum eigentlich gar nichts? Erwartet es nichts? Oder erwarte ich zuviel?
Von Pianisten, die als "die besten der Welt" angekündigt werden wünsche ich mir durchsichtiges, verständliches Klavierspiel, das nicht gehetzt und nicht zäh ist, eine große dynamische Bandbreite hat und reich an verschiedenen Klängen, Farben und Ausdruck ist. Sowas habe ich in den letzten Jahren nur ziemlich selten gehört. Besagter Pianist, den ich kürzlich so hochgelobt habe, war dem noch am nächsten, doch auch bei ihm sind immer mal die Pferde durchgegangen und er gehört eher in die Kategorie "beeindruckender Virtuose mit Klangsinn".
So, jetzt beruhige ich mich wieder. Ich behaupte auch mit keiner Silbe, dass ich nur einen Deut besser bin. Ich wundere mich nur, wer so alles auf New Yorker Bühnen bejubelt wird.
Demnächst höre ich George Li, auf den bin ich gespannt.
EDIT: Ich suche gerade Aufnahmen aus YouTube, wo er Ravel spielt. Die klingen ganz anders. Sind vermutlich auch älter. Was die Frage bringt: Sollte man bis zum Ende auftreten, auftreten wollen, sollte einem jemand sagen, wenn es nicht mehr gut klingt, oder nicht? Ich weiß nicht mal, was ich da selber wollen würde. Eigentlich möchte ich es wissen - aber ändern könnte ich es ja doch nicht und wäre dann nur betrübt bis ans Lebensende.
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