Komme nicht weiter

Ich habe an keine Stelle behauptet, dass es sich anders verhält. Natürlich hat auch ein Relativhörer irgendeine Klangvorstellung. Aber sie soll eben nicht so genau wie beim Absoluthörer sein.

Ich kenne Relativhörer mit beinahe unfehlbarer Klangvorstellung. Sie brauchen einmal einen Referenzton, damit ihre Klangvorstellung die absolut richtige Tonhöhe hat. Ein Absoluthörer braucht diesen Referenzton halt nicht. Alles andere muss er genau so lernen wie ein Relativhörer. Ein Absoluthörer ohne gut ausgebildetes relatives Gehör ist niemals ein guter Musiker.
 
Absoluthörer haben gegenüber (guten) Relativhörern manchmal sogar in gewisser Weise Nachteile.

Der Relativhörer ist nämlich gezwungen, einen Ton immer relativ zu einem anderen Ton zu hören, also immer eine Intervallbeziehung und dadurch auch den "Spannungsgrad" dieses Intervalls wahrzunehmen. Musiziert er nicht-mechanistisch, sondern gut hörend, wird er die unterschiedlichen Intervall- / Spannungs-Verhältnisse im Stück daher wahrnehmen, und das wird ihm beim angemessenen Gestalten helfen.

Ein Absoluthörer braucht das erstmal nicht; er kann den zweiten Ton "einfach so" hören. Daher gibt es bei einigen (nicht so gut ausgebildeten) Absoluthörern die Neigung, Dinge eher etwas "runterzuspielen", weil sie die Spannungsverläufe im Intervallisch-Harmonischen nicht so deutlich wahrnehmen.
 
Mein lustigstes Erlebnis mit einem schlecht ausgebildeten Absoluthörer war mal eine Chorfahrt mit meiner früheren Schule. Wir haben in einer Kirche gesungen, in der eine barocke Orgel stand, die im Chorton gestimmt war (also einen Ganzton tiefer klang, quasi wie ein B-Instrument). Der Schüler, der bei einem Stück den Chor begleiten sollte, konnte nicht transponieren, also wurde entschieden, dass der Chor sich an die Orgel anpasst und der Organist "normal" spielt. Zu unserem großen Vergnügen konnte er auch das nicht und flog dauernd raus. :lol:
 
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Mein lustigstes Erlebnis mit einem schlecht ausgebildeten Absoluthörer war mal eine Chorfahrt mit meiner früheren Schule. Wir haben in einer Kirche gesungen, in der eine barocke Orgel stand, die im Chorton gestimmt war (also einen Ganzton tiefer klang, quasi wie ein B-Instrument). Der Schüler, der bei einem Stück den Chor begleiten sollte, konnte nicht transponieren, also wurde entschieden, dass der Chor sich an die Orgel anpasst und der Organist "normal" spielt. Zu unserem großen Vergnügen konnte er auch das nicht und flog dauernd raus. :lol:
Als Absoluthörer habe ich von dieser Fertigkeit auch keineswegs Vorteile. Vor wenigen Jahren bin ich zur Begleitung eines Kirchenkonzerts mit einem fremden Kirchenchor engagiert worden. Unter den an einem Digitalpiano in der Kirche zu begleitenden Stücken war eine Männerchorbearbeitung des bekannten Hallelujas aus Händels Messias, die statt in G-Dur in F-Dur gesungen werden sollte. Kein Problem, mit der entsprechenden Vorrichtung alles einen Ganzton nach unten zu transponieren, sollte man meinen. Ich habe das Stück bei der Aufführung nach dem Notenbild transponiert, ohne am Instrument den ominösen Schalter zu verschieben. Das empfand ich als weniger belastend als beispielsweise einen B-Dur-Akkord zu greifen und As-Dur zu hören. Nach vielen Jahren Kammermusik und Ensemblespiel mit Instrumenten in B-Stimmung kam ich damit gut zurecht. Dass man damit einen Absoluthörer fast zum Wahnsinn bringen kann, ist für mich durchaus nachvollziehbar - auch wenn sich so mancher darüber wundert. Nicht selten sind in kleineren Kirchen, Kapellen oder Trauerhallen statt Pfeifenorgeln elektronische Kirchenorgeln mit Transponiermöglichkeit anzutreffen - trotzdem entscheide ich mich in der Regel dagegen, elektronisch die Grundtonart abzuändern. "Falsch hören müssen" bereitet mir fast körperliche Schmerzen - so wie einem mir persönlich bekannten Komponisten, Kirchenmusiker und Hochschuldirektor, der mittlerweile verstorben ist. Er berichtete davon, in hohem Alter durch degenerative Veränderungen seines Gehörs nach jahrzehntelangem Absoluthören alles in höheren Tonarten wahrzunehmen und dies als so peinigend zu empfinden, dass er aus freien Stücken keine Konzerte mehr besuche. Beethovens Fünfte in d-moll - unerträglich, sagte er. Konnte ich nachvollziehen.

LG von Rheinkultur
 
Ich kenne Relativhörer mit beinahe unfehlbarer Klangvorstellung.

Und das weißt du woher? Nur weil er richtige Tonhöhen benennen kann, steckst du nach wie vor nicht in seinem Hirn und kannst seine Wahrnehmung nachempfinden.
Wenn du das Thema weiterhin diskutieren möchtest, schreibe mir bitte eine PN. Ich habe keine Lust, mich hier weiterhin diesem "Schwarz ist weiß- Spielchen" auszusetzten. Danke!

Es steht nirgends, dass wieder vom Anfang an begonnen wird. Er setzt beim Beginn der Phrase an.
Und ja ... uns reicht der Unterricht so. :coolguy:

Doch tut es. Das folgende Zitat bezog sich unverkennbar auf das zuvor Geschriebenes von Rheinkultur, der genau diese Übungsweise- immer wieder von Anfang an- belächelte:

Kann ich nur bestätigen (als Ahnungslose, versteht sich) Meine Kinder üben am liebsten so ... und wundern sich immer, dass sie nicht weiterkommen. Setze ich sie aber auf den Hosenboden und lasse sie die einzelnen Phrasen (oder schlimmer noch, einzelne Takte) üben ... man glaubt nicht, was denen alles an Gegenargumenten einfällt um nicht denken zu müssen!

Lies doch Mal den Verlauf. Da fällt es dir wie Schuppen von den Augen ;-)

LG,

Fortepiano
 
Absoluthörer haben gegenüber (guten) Relativhörern manchmal sogar in gewisser Weise Nachteile.
Prinzipiell ist es allerdings sowohl Absolut- als auch Relativhörern möglich, ihre Hörfähigkeiten zu verfeinern und melodische Spannungen differenziert wahrzunehmen. Es entscheiden genügend weitere Faktoren über musikalische Qualitäten, je nach Hörertypus ist nur die Art und Weise des Vorgehens (zunächst) unterschiedlich.

LG von Rheinkultur
 

Zu unserem großen Vergnügen konnte er auch das nicht und flog dauernd raus. :lol:

Überrascht mich überhaupt gar nicht, ich singe selbst seit über 30 Jahren im Chor und auch wir haben hin und wieder einen "Absoluthörer" im Chor. Noch nie hat sich einer als besonders sicherer Sänger erwiesen, im Gegenteil, die singen genauso Müll wie alle anderen auch, wenn sie das Stück nur schlecht kennen.

Ich glaube, da gibt es einfach eine zu hohe Achtung und vor allem falsche Vorstellung darüber, was sog. "Absoluthörer" alles können. Ich jedenfalls singe deutlich seltener so einen Müll wie unsere aktuelle Altistin (Musiklehrerin und "Absoluthörerin") und meine Frau (die ihrerseits oft im Alt daneben steht) bestätigt diesen Eindruck. Im übrigen kenne ich so gut wie keinen guten Klavierspieler, der auch wirklich gut singen kann. Auch das sind verschiedene Welten und Fertigkeiten.
 
Interessant, dass du dich als Maßstab aller Klavierspieler definierst.

Es sei mir erlaubt, diese Diskussion als eine der skurrilsten zu bezeichnen: Nur weil jemand absolut hoert, kann er auch bei laengerem Anstarren der Noten und entsprechender Klangvorstellung keine Chopin-Etude spielen. Auch ein Absoluthoerer musz die entsprechenden Bewegungen muehevoll einstudieren. Absoluthoerer muessen auszerdem genau wie jeder andere auch die harmonische Entwicklung etc. lernen. Auszerdem gibt es viele Parameter in der Musik, die mit der Tonhoehe nichts zu tun haben.
All das wurde auch schon in dem thread erwaehnt. Was hat das bitte damit zu tun, dasz ich mich angeblich als "Maszstab aller Klavierspieler definiere"? Das ist der groeszte Unsinn, der mir je unterkam. Ich habe aber jedenfalls noch keinen Absoluthoerer getroffen, der nicht ueben mueszte, sondern nur die Partitur anschaut und dann alles wunderbar spielen konnte. Ich kenne zufaellig ein paar studierte Pianisten und Absoluthoerer, aber alle haben "ganz normal am Klavier geuebt". Einer spielt sogar eher muehevoll vom Blatt... Lesen und dann spielen funktioniert bei einfachen Stuecken, aber nicht bei technisch sehr anspruchsvollen Stuecken. Aber jeder Relativhoerer kann das bei entsprechender Erfahrung bei einfachen Stuecken auch.
Bei komplexerenn Stuecken analysiere ich sie auch vor dem Einueben. Das erspart dann, beim Einueben Noten zu "buchstabieren". Bei ganz, ganz einfachen kann ich das sozusagen beim "Ueberfliegen" automatisch, aber das musz dann fuer mich schon ganz einfach sein.
Eigentlich kapiere ich nicht, was der grosze Unterschied zwischen Absolut- und Relativhoerern sein soll, auszer dasz der Absoluthoerer eben die genaue Tonhoehe immer sicher weisz.
Jannis
 
Es sei mir erlaubt, diese Diskussion als eine der skurrilsten zu bezeichnen: Nur weil jemand absolut hoert, kann er auch bei laengerem Anstarren der Noten und entsprechender Klangvorstellung keine Chopin-Etude spielen.
Skurril? Quatsch. Nur ein typischer (?) Clavio-Faden. Jemand gibt ein Thema vor (in diesem Falle heißt es "Papaya oder Neues vom Saftladen") und ward nicht mehr gesehen. Ob sich am Nicht-Weiter-Kommen etwas geändert hat, weiß niemand. Wozu auch. Denn die Diskussion hat sich schon längst verselbständigt. Inzwischen ist man ja beim Unterschied zwischen Absolut- und Relativhörern angelangt. Wenn man jetzt noch fragt, welcher Typus für die konservative und welcher für die fortschrittliche Richtung steht, sind wir schon ein großes Stück weiter bei der Beantwortung der Frage, wann wir diesen Faden mit dem AfD-Faden zusammenlegen können. Wahlweise könnten wir auch eine Richtungsänderung zu Kirche und/oder Sexualität vornehmen.

Klavierspielen kann man danach zwar immer noch nicht, aber es ist wenigstens unterhaltsam zu lesen. Sollte keine Wertung sein - habe ja selber zu dieser Entwicklung beigetragen. Darauf ein Papayasaft.

Nur ein Denkanstoß, aber ein gottverdammt wichtiger !

Der Julia mit dem Deppenleerzeichen

P.S.: Isst Mayer 'ne Papaya,
Dann schwellen ihm die...Adern!!!
 
Die Liste der Fäden, die von den 3-Beitrags-Robots auf Clavio gestartet wurden, dürfte inzwischen schon ziemlich lang sein. Nichts desto trotz entwickeln sich immer wieder interessante Diskussionen daraus.

Das lässt in mir einen Verdacht aufkeimen: vielleicht sind es ja die Forenbetreiber selber, die auf diese Weise die Diskussion auffrischen? :-D
 

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