Klavierspielen und Meditation

bechode

bechode

Dabei seit
14. Okt. 2006
Beiträge
992
Reaktionen
112
Hallo!

Da ich mich in letzter Zeit viel mit Meditation und Achtsamkeit beschäftige, ist mir aufgefallen, dass Mediation sehr viel mit Klavierspielen zu tun hat bzw. auch dem Klavierspielen nützt. Viele werden es wahrscheinlich kennen, dass man während und nach dem Klavierspielen freier und entspannter im Kopf ist.

Dies ist vor allem beim Klavierspielen und nicht beim Üben bzw. Erlernen neuer Stücke der Fall.

Wenn ich Klavierspiele, merke ich, dass selbst wenn ich mit den Augen die Noten verfolge, ich doch mit dem Geist leicht abschweife. Ich lese zwar mit und spiele auch (meistens) das was da steht, aber trotzdem bin ich mit dem Kopf woanders. Die Aufmerksamkeit springt hin und her.

Im Normalfall stört mich das auch nicht besonders, es sei denn ich spiele jemandem etwas vor oder ich will eine Aufnahme machen.

Gibt es unter euch auch jemand der meditiert?
Ich bin auf einen Erfahrungsaustausch gespannt. Ich jedenfalls merke bei mir, dass es mir leichter fällt mit der Aufmerksamkeit beim Stück zu bleiben seit ich mich mehr mit Meditation und Achtsamkeit beschäftige.

Lg
bechode
 
Ich habe viel Erfahrung mit Alexandertechnik und Feldenkrais. Das ist keine Meditation, geht aber in eine ähnliche Richtung. Meine Gedanken schweifen beim Üben "trotzdem" häufig ab (das ist auch nicht das Ziel bei dieser Sache). Trotzdem hat es mein Leben nachhaltig positiv beeinflusst und mich als Mensch auch charakterlich verändert. Mein Klavierspiel auch :-)
 
Es gibt beim kreativen Schreiben eine Methode, die sich „Automatisches Schreiben“ nennt. Ohne nachzudenken schreibt man einfach drauf los, was die Gedanken gerade denken oder nicht denken. Aus diesen freien Assoziationen entstehen dann verschiedene Arten von Texten.

Genau das mache ich am Klavier auch. Ich lege die Hände auf die Tasten und spiele irgendetwas, improvisiere also. Bin dann nur beim gerade im Moment entstehenden Klang. Daraus ergeben dich assoziativ neue Ideen usw. Nichts muss „richtig“ sein, ich spiele nur im und für den Moment. Sehr befreiend. Ob das Meditation ist, weiß ich nicht.
 
Man kann eine tolle Klavier-Meditation erleben als "Empfänger", wenn man sich unter den Flügel legt und jemand (leise) darauf improvisiert. Das ist wirklich ein ganz ungewöhnlich neues Klangerlebnis.
 
Ich merke, dass ich abschweife mit den Gedanken, wenn mich irgendetwas arg beschäftigt. Da helfen dann zwei Sachen. Die erste: Sich auf die Couch setzen und diese Gedanken in Ruhe zu Ende führen. Dinge, die einen bewegen, ärgern oder stören in den Gedanken suchen, erspüren und auflösen. Das geht in Richtung Meditation. Bewusst meditieren tue ich nicht. Und dann am Klavier: Sich bewusst frei machen von anderen Gedanken, störendes weg schieben und sich ganz auf das Spiel konzentrieren. Mit abschweifenden Gedanken bringe ich nicht viel zu Stande am Instrument.
 
Danke für die bisherigen Antworten.

Mein persönliches Ziel beim Klavierspielen ist es meine Aufmerksamkeitsspanne durch Meditation zu vergrößern.
Ich glaube vielen ist gar nicht bewusst wie schnell man mit den Gedanken abschweift. (nicht nur beim Klavierspielen)

Ein gutes und kurzes Experiment ist zum Beispiel seine Atemzüge zu zählen. Man setzt sich entspannt hin und beginnt jeden Atemzug zu zählen bis man Bei 10 angelangt ist. Dann beginnt man wieder mit 1 und so weiter... Ohne Übung wird man schnell feststellen, dass man mit den Gedanken schnell woanders ist oder schon bei 12, 13 etc. angelangt ist.

Ich habe viel Erfahrung mit Alexandertechnik und Feldenkrais. Das ist keine Meditation, geht aber in eine ähnliche Richtung. Meine Gedanken schweifen beim Üben "trotzdem" häufig ab (das ist auch nicht das Ziel bei dieser Sache). Trotzdem hat es mein Leben nachhaltig positiv beeinflusst und mich als Mensch auch charakterlich verändert. Mein Klavierspiel auch :-)
Ja, das geht in eine ähnliche Richtung und ich kann auch bestätigen, dass es mich positiv in verschieden Bereichen beeinflusst hat.


Mir geht es auch darum bewusster zu spielen. Ich habe bei mir beobachtet, wenn ich eine Stelle/Takt spielen kann, dass sie dann innerlich abgehakt wird und weiter geht es ohne sich bewusst zu machen wie man diesen Takt jetzt genau spielt. Was tut welcher Finger etc.
Ich denke man bezeichnet das gerne als Fingergedächtnis. Die Finger wissen was sie spielen, aber wenn man gefragt wird, mit welchem Finger man welche Note spielt, muss man erst einmal darüber nachdenken oder den Takt spielen, bis einem bewusst geworden ist was und wie man den Takt eigentlich spielt.
Wenn ich ein Stück aufnehmen will, werden mir solche Stellen oft erst bewusst. Plötzlich ist man angespannter und man überlegt während des Spielens wo man welchen Finger eigentlich hinsetzen muss. Da ich es dann nicht genau weiß, werde ich oft unsicher und ich verspiele mich. Ich denke, dass viele dies kennen werden.

LG
bechode
 
Wer Meditation benötigt, um sich konzentrieren zu können, soll das probieren - ich halte das aber für unnötig, denn normalerweise sollte man sich doch auf das, woran man arbeitet oder was man gerne macht, konzentrieren können ohne abzuschweifen.
 
Wer Meditation benötigt, um sich konzentrieren zu können, soll das probieren - ich halte das aber für unnötig, denn normalerweise sollte man sich doch auf das, woran man arbeitet oder was man gerne macht, konzentrieren können ohne abzuschweifen.
Ich denke das Gehirn funktioniert bei jedem wahrscheinlich etwas anders. Manche tun sich leichter dabei sich auf etwas zu konzentrieren als andere. Trotzdem glaube ich, dass es bei den meisten normal ist, dass man hin und wieder von der Sache abschweift.
Hast du das mal ausprobiert? Schaffst du es länger als eine Minute? (Ungeübte normalerweise nicht.)
Ein gutes und kurzes Experiment ist zum Beispiel seine Atemzüge zu zählen. Man setzt sich entspannt hin und beginnt jeden Atemzug zu zählen bis man Bei 10 angelangt ist. Dann beginnt man wieder mit 1 und so weiter... Ohne Übung wird man schnell feststellen, dass man mit den Gedanken schnell woanders ist oder schon bei 12, 13 etc. angelangt ist.

lg
bechode
 
Ich habe leider noch keine Erfahrungen mit Meditation und Klavier machen können, das würde mich aber sehr interessieren. Das was du sagst, dass die Gedanken schnell abschweifen und das Klavierspiel darunter leidet hab ich bei mir in letzter Zeit auch festgestellt. Wie gehst du denn an die Meditation heran?
 
Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Spielen (oder Üben) eines Musikstücks und dem Zählen der Atemzüge. Beim letzteren wird man schneller abschweifen, weil es eine uninteressante, sinnfreie Tätigkeit ist – das Zählen für sich ist nicht spannend. (Anders wäre es, wenn man mit dem Zählen noch irgendwas verbinden würde, z.B. jedes Mal in einer anderen Sprache bis 10 zählen.)
Beim Musikmachen ist dagegen immer etwas los, und die Aufmerksamkeit kann auf verschiedene Aspekte gelegt werden.
 
Beim Musizieren, (Singen oder auch jetzt beim Klavier) habe ich die Probleme mit dem Abschweifen eigentlich selten. Höchstens bei automatisierten Fingerübungen, ein Zeichen für mich, dass ich dann irgendwas Ändern muss.

Ich habe mal eine zeitlang Yoga gemacht und beim abschließenden zur Ruhe kommen, ging das Gedankenkarussel dann los. Um so mehr ich zu meiner Mitte finden sollten, umso mehr begannen meine Gedanken abzuschweifen. Ich fand das ganze schrecklich und bin zu dem Entschluss gekommen, dass das absolut nichts für mich ist. Mir erschließt sich auch der Sinn nicht, vor mich hinzuzählen um bei mir zu bleiben. Genausowenig wie dieses...dein Körper wird jetzt ganz schwer und sinkt in den Boden.

Das soll jetzt aber nicht heißen, dass ich Meditation albern finde. Ich hatte mein eigenes Aha Erlebnis, als ich mit dem Spinnen am Spinnrad angefangen bin. Bei diesem gleichmäßigen Treten und dem gleichzeitigen Ausziehen der Fasern kam ich das erste mal komplett zur Ruhe. Wenn ich heute völlig abschalten will, dann setz ich mich ans Spinnrad, das einzige, was ich dann noch wahrnehme ist das angenehme warme Gefühl der Wollfasern.

Allerdings brauche ich diese Meditation nicht, um mich zu konzentrieren, das wahr noch nie ein Problem von mir, ich benötige es eher zum Abschalten, um Einschlafen zu können.
 

Wenn ich Klavier spiele, kann ich alles um mich herum vergessen (auch die Zeit).
Gedanken, die abschweifen, habe ich dann nicht, glaube ich. Ich kann mich zumindest nicht daran erinnern. Höre ich auf Klavier zu spielen, dann ist das fasst ein wenig so wie ‚aufwachen‘.
 
Spannendes Thema. Dass Achtsamkeitstraining richtig viel bewirken kann, habe ich auch schon gehört. Im Prinzip soll es dabei helfen, stärker im Hier und Jetzt zu leben, sich ganz auf den Moment konzentrieren zu können. Es soll auch dabei helfen, Grübeleien zu minimieren und wird bei vielen Krankheiten zur Unterstützung der mentalen Gesundheit eingesetzt. Der menschliche Geist scheint wenig dafür geeignet, im aktuellen Augenblick zu leben, sehr oft denkt man über Vergangenes nach oder ist in Gedanken schon mit der Zukunft beschäftigt, bewertet blitzschnell Eindrücke, die sich gerade darstellen.

Es gibt sogar schon eine Klavierlehrerin, die auch MBSR-Traininerin ist und beides verbunden hat:

https://musik-mbsr.de/musik-und-achtsamkeit/

Vielleicht könnte man sie ins Forum einladen. :001:
 
Mein persönliches Ziel beim Klavierspielen ist es meine Aufmerksamkeitsspanne durch Meditation zu vergrößern.
Da helfen natürlich auch Mikro- und normale Pausen.
Ebenso eine körperliche Fitness ist hilfreich für eine längere Konzentration.
Wenn das Gehirn richtig gefordert wird, wird man schwer abgelenkt. Es kann also auch an der (vlt langweiligen) Art des Übens liegen ...

VLV
 
Da würde ich mich der Meinung @VLV anschließen. Die Art des Übens zu variieren ist es.
Abgesehen davon ist es der Konzentration dienlich, ein Stück auswendig zu lernen. Damit ist nicht gemeint, es so lang herunterzunudeln, bis man es auswendig kann. Sondern Portion für Portion in die Birne schaffen. Wenn man es dann "kann" ist es z. B. eine gute Möglichkeit, es im Minimaltempo zu spielen. Da KÖNNEN die Gedanken gar nicht abschweifen, du MUSST dich konzentrieren - oder du fliegst raus aus dem Stück.

Nur so als Beispiel. Übestrategien sollten vielfältig sein.
 
Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Spielen (oder Üben) eines Musikstücks und dem Zählen der Atemzüge. Beim letzteren wird man schneller abschweifen, weil es eine uninteressante, sinnfreie Tätigkeit ist – das Zählen für sich ist nicht spannend. (Anders wäre es, wenn man mit dem Zählen noch irgendwas verbinden würde, z.B. jedes Mal in einer anderen Sprache bis 10 zählen.)
Beim Musikmachen ist dagegen immer etwas los, und die Aufmerksamkeit kann auf verschiedene Aspekte gelegt werden.
Ja, natürlich gibt es einen Unterschied. Den Atem beobachten ist nur eine Übung wie man seine Achtsamkeit stärken kann und diese Übung ist auch schwerer, weil es sich immer wieder wiederholt und von außen betrachtet auch sehr eintönig ist. Wenn man es aber schafft, hier seine Aufmerksamkeit zu steigern, wie einfach muss es dann bei etwas spannendem fallen?
Beim Meditieren geht es auch viel darum die Vorgänge und Gedanken im Kopf bewusst wahrzunehmen. Manche Gedankengänge laufen wie eine Hintergrundmusik im Kopf ab, ohne dass sie einem bewusst sind. Diese können aber trotzdem unbewusst die Gedanken nachhaltig verändern.


Für Meditation muss man auch zugänglich sein. Wenn man es grundsätzlich ablehnt, passiert natürlich gar nichts. Manche spüren die ersten Effekte nach Wochen, andere erst nach Monaten.
Eine Art der Meditation ist auch an nichts zu denken. (Zwischen einzelnen Gedankengängen gibt es kurze Pausen. Diese kann man verlängern bis man schließlich an nichts mehr denkt.)
Beim Klavierspielen von Stücken, die ich auswendig kann und voll im Stück bin, geht es mir so ähnlich. Die Gedanken stellen sich ab und man ist nur noch in dem Stück. Für mich ist es auch eine Art Meditation.

Da helfen natürlich auch Mikro- und normale Pausen.
Ebenso eine körperliche Fitness ist hilfreich für eine längere Konzentration.
Wenn das Gehirn richtig gefordert wird, wird man schwer abgelenkt. Es kann also auch an der (vlt langweiligen) Art des Übens liegen ...
Mir geht es vor allem ums Spielen von Stücken, die schon (halbwegs) gut sitzen, nicht um das Üben/Erlernen neuer Stücke. Beim Üben muss man sich viel stärker konzentrieren was man spielt. Wenn man etwas neues spielt und abschweifen würde, würde man ja praktisch aufhören zu spielen, weil man weiß ja nicht wie das Stück weitergeht bzw. was die Finger tun müssen...

Ich habe leider noch keine Erfahrungen mit Meditation und Klavier machen können, das würde mich aber sehr interessieren. Das was du sagst, dass die Gedanken schnell abschweifen und das Klavierspiel darunter leidet hab ich bei mir in letzter Zeit auch festgestellt. Wie gehst du denn an die Meditation heran?
Ich mache jetzt keine spezielle Klaviermeditation. Mir ist nur aufgefallen, dass sich Meditieren auch auf mein Klavierspiel ausgewirkt hat. Ich weiß nicht, ob man hier Werbung machen darf, aber es gibt sehr viel Literatur für Einsteiger. Ein kontinuierliche Praxis ist dabei wichtig.

LG
bechode
 
Beim Meditieren geht es auch viel darum die Vorgänge und Gedanken im Kopf bewusst wahrzunehmen. Manche Gedankengänge laufen wie eine Hintergrundmusik im Kopf ab, ohne dass sie einem bewusst sind. Diese können aber trotzdem unbewusst die Gedanken nachhaltig

Eher nicht. Beim Meditieren geht es darum, Gedanken, vor allem schlechte, zu begrüßen, so nach dem Motto: "Aha, da biste ja (wieder) und dann seine Wahrnehmung auf bewusstes Einatmen und bewusstes Ausatmen zu richten.
Dabei ist es wichtig, sich zu fühlen, wo spüre ich diesen Atem, im Hals, im Brustkorb, im Bauch? Dabei kann man sich die Hand z.B. den Bauch legen und mit der Hand zusätzlich fühlen.
Gedanken kommen wieder und das Procedere beginnt wie das oben Beschriebene.
Das ist das, was ich über Meditation erlernt habe.
Ich mache häufig Kurzmeditationen, wenige Minuten.
Am Klavier habe ich es noch nicht ausgeübt, werde es aber ausprobieren.
 
Wer meditiert, will mehr oder weniger bewußt weg vom Für-Sich-Wollen und wird geführt zu einem Von- Sich- Ab-Sehen hin auf das einende Allumfassende. Wir gelangen dabei auch zu den Bereichen der mystischen Vereinigung mit dem, was sich sprachlichen Ausdrucksweisen entzieht, weil es ihnen immerschon voraus ist. Das natürliche Verlangen der Seelen nach Heil und Heilung drängt uns zu vielfältigen Formen des der größeren Fülle zu öffnenden Stillewerdens, welches uns glücklichenfalls mit lichten Momenten kosmischer Ursphärenklänge durchflutet. Indem wir diese im Alltag erinnern, können wir v.a. im künstlerischen Tätigsein schöpferischer und lebendiger gestalten.

Musik führt uns zur Meditation und diese wieder zurück zur Musik, obschon wir nicht nur in dieser einen Ebene eingeschlossen bleiben, sondern im Durchschreiten dieses Zirkels gleichsam herausgehoben werden in neue Bereiche des Seins.

Musik und Meditation, ja Kunst und Meditation gehören untrennbar zusammen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Zurück
Top Bottom