"Klangfarben" am Flügel

Ein guter Pianist kann beinahe jedes Orchesterinstrument auf dem Klavier imitieren. Natürlich bleibt ein Klavier immer ein Klavier, aber es ist doch Erstaunliches möglich.
Wer Interesse an Notentexten hat, in denen "orchestrale" Spielweisen oft verbalisiert werden, dürfte bei Sigfrid Karg-Elert (1877-1933) allerhand finden. Als Pionier des "Kunstharmoniums" ist er manchen vielleicht noch ein Begriff. Auf Orgelinstrumenten findet die Differenzierung der Klangfarben mittels Registrierung und diverser Spielhilfen (Koppeln, Schweller) statt, während der Pianist in der Pflicht steht, seine Anschlagskunst so differenziert wie möglich (Lautstärkegrade, Phrasierung, Pedalgebrauch etc.) zu gestalten. Im Gegensatz zu den Melodieinstrumenten kann er das Verklingen des Tones nur begrenzt beeinflussen und die "Hüllkurve" nicht umkehren, also den Ton nach erfolgtem Anschlag nicht mehr anschwellen lassen. Auch wenn demnach nicht alles machbar ist - eine Fülle an Gestaltungsmöglichkeiten und Nuancen besteht allemal...!

LG von Rheinkultur
 
Danke, Curby, für die Erheiterung. :D:D

Hier eine interessante Stelle aus meinem Lieblings-Klavierkonzert.
Hör Dir mal bitte an was bei 11:35 zu hören ist - und ein Stückchen weiter:

Saint-Saëns: Piano concerto No.5 - Thibaudet / Concertgebouw Orchestra - Live Concert HD - YouTube

Wenn das nicht anders als ein Klavier klingt...

Ha, sowas ähnliches hab ich auch mal gespielt. Leider gibt's davon keine Aufnahme, aber hier sind die Noten:

Nun komm, der Heiden Heiland von Johann Sebastian Bach - Download im Stretta Noten Shop

Das klingt wie eine Orgel mit Aliquotregister. Zauberhaft!
 
Danke, Curby, für die Erheiterung. :D:D

Hier eine interessante Stelle aus meinem Lieblings-Klavierkonzert.
Hör Dir mal bitte an was bei 11:35 zu hören ist - und ein Stückchen weiter:

Saint-Saëns: Piano concerto No.5 - Thibaudet / Concertgebouw Orchestra - Live Concert HD - YouTube

Wenn das nicht anders als ein Klavier klingt...

Ha, Marlene, die Stelle klingt wirklich ganz erstaunlich. Es ist, bei genauem Hinhören, aber nicht der Flügel allein. Da streicht noch was mit. Aber ein wunderschöner Effekt!
 
Ha, Marlene, die Stelle klingt wirklich ganz erstaunlich. Es ist, bei genauem Hinhören, aber nicht der Flügel allein. Da streicht noch was mit. Aber ein wunderschöner Effekt!

Klar sind auch die Streicher mit dabei, aber dieser Klang wird vom Flügel und dem Pianisten erzeugt.

Hier die pianistische Erklärung von Rolf nachdem ich nach diesem Klang gefragt habe:

er macht das, was an dieser kadenzartigen Stelle der Komponist vorschreibt, schau mal in die Noten:
http://erato.uvt.nl/files/imglnks/usimg/f/f4/IMSLP21533-PMLP08467-Piano_Concerto_No_5_Op_103.pdf
S. 88 der Partitur bzw. S. 90 der imslp-Datei

die linke Hand spielt mf in Mittellage die Melodie - ganz oben im diskant pp spielt die rechte Hand dazu parallel Quinte und Dezime so ergibt sich der quasi flageolett-Klang des Klaviers, dazu grummeln der Pauke
 
Ich habe den Faden jetzt nicht ganz verfolgt.Aber eine Frage:Habt ihr oder kennt jemand die Transkription von Goulda der gesamten 5. Sinfonie von Beethoven für Piano
Ich hab das am Samstag im Radio gehört und war begeistert
L.G. Monique
 
Wer schon mal versucht hat, ein Klavierwerk zu orchestrieren oder ein Stück klanglich sinnvoll für anders zu instrumentieren oder sich wenigstens ein bisschen mit dieser Thematik auseinandergesetzt hat, wird erkennen, dass er mick in diesem Punkt hunderprozentig recht geben muss! Ich will mich ja nicht bei Dir einschleimen, lieber mick, - aber die Wahrheit kann auch ich nicht verändern! :D

Man kann auf jedem Instrument verschiedene Klangfarben erzeugen und andere Instrumente imitieren. Die Klangfarbe nach Verständnis der Akustik hängt anders als der Ton an sich extrem von den Obertönen (1) ab, weshalb z. B. ein reiner Sinuston eigentlich gar "keine" Klangfarbe hat, sondern nur ein "reiner Ton" ist. Geht man jetzt davon aus, dass sich die Klangfarbe eines Instrumentes aus der hörphysiologisch-psychoakustischen Abstraktion seiner Obertöne generiert, so kommt man unter der Prämisse, dass ein schwingendes Objekt bei unterschiedlicher Anregung unterschiedlich schwingt und dass es bei einem Klavier technisch möglich ist, die Saiten unterschiedlich anzuregen (z. B. p und f) unweigerlich zu der Conclusio, dass auf einem Klavier unterschiedliche Klangfarben möglich sind. Da aber Klangfarben genau genommen nur die hörphysiologisch-psychoakustische Abstraktion der Obertonstruktur eines Tones sind, führen ähnliche Obertonspektren - zumindest bei musikalischen und fantasievollen Menschen :D - zu Assoziationen wie: Das klingt ja wie eine Flöte, ein Cello, eine Trompete, eine Orgel, ein Cembalo, eine Celesta oder was sonst auch immer...:D

Q. E. D.

Herzliche Grüße

Euer Lisztomanie

(1) Ein weiterer Faktor, der neben der Lautstärke und den Obertönen die Klangfarbe essentiell beeinflusst, ist der Rauschanteil im Klangspektrum. Das man jedoch ein "Rauschen" auf dem Klavier hervorrufen kann, sollte evident sein und wird daher hier nicht weiter erläutert....

P.S.: Das tiefe Register einer Querflöte soll zum Beispiel laut mehreren Instrumentationslehren - wenn man es richtig verwendet! - wie eine Trompete klingen... - nur um mal vom Klavier weg zu kommen! *gg*
 
Ich habe den Faden jetzt nicht ganz verfolgt.Aber eine Frage:Habt ihr oder kennt jemand die Transkription von Goulda der gesamten 5. Sinfonie von Beethoven für Piano
Ich hab das am Samstag im Radio gehört und war begeistert
L.G. Monique

Bist Du sicher, dass es eine Transkription von Gulda war? Oder hat er vielleicht einfach die Transkription von Liszt gespielt?

Gruß, Mick
 
Ich weiß da steht nur ein Klavier, das nie wie eine Flöte klingt.
und darum kann ein Klavier auch nie wie prasselndes Feuer oder gar wie ein Feuerwerk klingen (es sei denn, man zündet es an oder sprengt es) ... Skrjabin und Debussy müssen sehr fantasievolle Esoteriker gewesen sein: Vers la Flamme, Feu d´artifice...
...oder das begeisterte Pianistenblabla in den vielen Klangfarben von Ravels Le Gibet...
 

Also .das ist mir aber jetzt ganz doll peinlich !! Natürlich es war Glenn Gould .Mannomann , wie konnte mir das bloss passieren . Bitte alle um Entschuldigung . Ich werde niiiieee wieder was schreiben !:(:(:(
Ich glaub ich werde langsam senil :evil:
LG Monique
 
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Oder hat er vielleicht einfach die Transkription von Liszt gespielt?

Genau die war es.

Also .das ist mir aber jetzt ganz doll peinlich !! Natürlich es war Glenn Gould .Mannomann , wie konnte mir das bloss passieren . Bitte alle um Entschuldigung. Ich werde niiiieee wieder was schreiben !
Ich glaub ich werde langsam senil :evil:
LG Monique

Solche Verwechslungen passieren mir auch immer mal wieder – auch bei den beiden genannten Herren. Dann müsste ich ja auch allmählich senil werden...

Ich werde niiiieee wieder was schreiben !:(:(

Das kommt überhaupt nicht infrage!!! ;)
 
Hi all ;)

natürlich kann man auf einem Flügel oder normalen Klavier andere Instrumente höchstens dem eigenen Wunsch gemäß zu IMITIEREN versuchen. Vollständig exakt kann man sie natürlich nicht wiedergeben, denn Ihr wisst ja: Klangbeeinflussung geht NUR durch power und speed der betätigten Tasten. ( LAUT und LEISE kann man. Sonst nix, außer Pedaleinsatz ).

ABER auch die IMITATIONSVERSUCHE sind natürlich nicht von schlechten Eltern. Gottschalk-Freunden ein alter Hut, seinen Feinden ein Tort *ggg*, gibt es ja zum Glück das BANJO, hier in der op. 15 Version, gespielt von Plowright. Es imitiert z.B. Picking-Techniken.

Jonathan Plowright plays Gottschalk 'The Banjo' - YouTube

Hier zum Vergleich: Das Banjo, gespielt auf einem Banjo *ggg* :

L. M. Gottschalk's "The Banjo" on a banjo - YouTube

***

Wenn es um die Imitation von Instrumenten geht, haben z.Teil auch Herausgeber manchmal Anmerkungen an Notentexte gedruckt, wie etwa bei der Military- Polonaise A-Dur von Chopin, im 2. Teil: "Quasi Trombe", oder wie in einer der Ausgaben, die ich hier herumfliegen habe, beim a-Moll-Walzer ( und NEIN, nicht bei dem POSTHUM-Ding, sondern beim GRANDE VALSE a- Moll, am ANFANG, die knuffigen Töne ) sogar "quasi Cello".

Auch bei Scarlatti wird man fündig ( Gitarren-Imitationen ), oder auch Trompeten, wie in der schönen E-Dur-Sonate ( ich nenn die immer "Die Post kommt", wegen den POSTHÖRNERN *gg) , die Horowitz gern spielte.

Desgleichen ( Gitarren ) natürlich bei Albeniz, z.B. in der Suite Espanol. Nachtrag: Und nat. ebenfalls bei Gottschalk, z.B. im Stück "Minuit a Seville" ( explizit: im Tempo nachlassende, "lässige", "müde" Repetitionen auf einer "SAITE" ).

Aber VOLLSTÄNDIG erreichen kann man den Klang der besagten Instrumente nat. NICHT.

LG, Olli !
 
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Ich habe den Faden jetzt nicht ganz verfolgt.Aber eine Frage:Habt ihr oder kennt jemand die Transkription von Goulda der gesamten 5. Sinfonie von Beethoven für Piano
Ich hab das am Samstag im Radio gehört und war begeistert
L.G. Monique

Hallo Monique,

Gould hat neben der 5. auch die 6 Sinfonie von Beethoven, die sogenannte Pastorale, in der Transkription von Liszt aufgenommen. Er hat auch einige eigene Transkriptionen von z.B. Wagner (u.a. Vorspiel zu den Meistersingern) geschrieben die auch als Noten erhältlich sind (unsereins wird aber nie in der Lage sein das zu spielen:-):-(). Hier mal ein Ausschnitt der Aufnahmesitzung für die Pastorale:

Glenn Gould-Beethoven-Liszt-Symphony No.6 (excerpts) (HD) - YouTube

Zur Unterscheidung von Gould und Gulda: Gould war der, der auf dem niedrigsten Klavierstuhl aller Zeiten saß den ihm sein Vater gebaut hat und beim Klavierspiel mit summte, Gulda der mit den Käppis(OK, er trat auch einmal nackert auf):D. Ohne Zweifel gehören Beide zu den ganz großen Pianisten des 20. Jahrhunderts.

Liebe Grüße
Christian
 
gehen deine Vorstellungen so in die Richtung nuancierter, differenzierter Klang im Gegensatz zu plump? Im ersteren Fall wird es "farbiger" klingen. Spielt jemand das Hauptthema im Regentropfenprelude, welches oft genug wiederholt wird, jedesmal ein wenig anders ausdifferenziert oder "abschattiert", dann hat derjenige ein paar "Klangfarben" mehr demonstriert, als wenn er´s jedesmal gleich gemacht hätte.
ist also beim Klavierspielen eine Metapher für differenzierten und fein abgetönten Zusammenklang, ja Klang überhaupt.

ich weiß nicht, ob man es noch besser formulieren kann. Danke ;)

Hinzufügen könnte man noch: Klangfarben erkennen lernen kann man am besten, indem man sich viel ausgezeichnete Klaviermusik sehr genau anhört.

Wenn der Finger von vorneherein die Taste berührt hatte und sie nur noch herabdrückt, dann hat man weniger Nebengeräusche. Will man also einen weichen Klang, so sind die Finger die ganze Zeit an der Taste, will man einen scharfen Klang, so hebt man sie vorher deutlich an

ganz Gewiefte setzen auch manchmal mit dem Fingernagel auf der Taste auf. Das gibt dann ein recht deutlich hörbares "Klack!" bei jedem Ton :) (sowas stört den Klang aber wohl öfter, als daß es ihm nützt)
 
Alles Gute zum Neuen Jahr, liebe Clavioaner ! :-)

Zum Thema:

Ich halte es mit Curby, LMG und SingSangSung : ein Klavier klingt immer nach Klavier. Man kann auf dem Klavier das spielen, was auch andere Instrumente spielen – diese also „imitieren“ – aber eben mit dem Klang eines Klaviers, und nichts anderes. (Falls ich nicht genau Eure Meinung wieder gebe, Curby, LMG und SSS, entschuldigung ;-)

Ich habe vor einiger Zeit mal eine Klavierfassung von Smetanas Moldau gespielt (zumindest den Anfang): Habe mir bei den zwei Quellen fast die Finger verknotet. Als ich es dann aber hinbekommen habe, klang es wunderschön. Es war eine Klavierfassung der Orchesterpartitur, nicht mehr und nicht weniger. Nach Flöten + Klarinette hat es nicht geklungen. Vielleicht könnte ein Zuhörer meinen, es klingt genau wie das typische Flöten (Klarinetten) Gesäusel am Anfang der Moldau, aber nur, weil er eben die Moldau genau mit diesen Instrumenten kennt – aber es ist eben nicht deren Klang, sondern der Klang des Klaviers.

Aber es gibt doch auch den anderen Sinn des Begriffs „Klangfarbe“ (wie ursprünglich von Dreiklang angesprochen): den Klang eines speziellen Instruments. Hier habe ich festgestellt, dass ein Flügel (fast) grundsätzlich voluminösere Bässe hat als ein (upright) Klavier. Hingegen haben besonders kleine Klaviere, die gerne für Anfänger gekauft werden da günstiger, oft einen unschönen metallischen Klang, der meiner Meinung nach die Freude am Klavierspielen gar nicht fördert. Idealerweise sollte ein Klavierschüler gleich an einem Flügel zu spielen beginnen, damit er erfährt, wie superklasse solch ein großes Instrument klingen kann.

Gruß
Romantikfreak
 

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