Aber ja klar, wenn man keinerlei musikalische âVorbildungâ hat, macht es keinen Sinn sich NUR technische âBrecherâ anzutrainieren. Aber es so zu verstehen dass man niemals StĂŒcke ĂŒber seinem Niveau anpackt, die einem wirklich alles abverlangen, auch wenn man die nicht bewĂ€ltigt, finde ich wĂ€re aber dann auch nicht optimal. Weil man weis vorher nicht wo man âreinwachsenâ kann.
Du tust das vermutlich immer parallel zu StĂŒcken (im Unterricht), die technisch gesehen, Deinem aktuellen Stand entsprechen (und halt ein Schritt dazu, nicht aus Ungeduld mehrere auf einmal)?
Interessant. Ein 20jÀhriger.
Wenn ich mich mit dem vergleichen wollte ... Und dazu scheint er noch in allem sehr begabt zu sein, sowohl in der Schule/im Studium als auch musikalisch. Angesichts seiner Begabung hat er zwar sehr spÀt angefangen, dann aber richtig reingehauen. Wie Teenager halt so sind. Mit aller Kraft. 
Aber er ist eindeutig begabt und hat sich innerhalb des Jahres mit Unterricht dann auch hörbar verbessert.
Eh, ist ein eher sportlicher denn musikalischer Zugang, trotzdem sehr beachtlich.
Da kĂ€me es dann wohl auf die Balance an, damit man nicht zu viele solcher StĂŒcke in Angriff nimmt, um Frust zu vermeiden. Aber es gar nicht erst zu versuchen, das wĂ€re sicher falsch. Es gibt SpĂ€tanfĂ€nger, von denen ich gehört habe, dass sie sich beklagen, dass sie nach Jahren immer noch an AnfĂ€ngerstĂŒcken aus dem Klavierrepertoire fĂŒr das erste Jahr ĂŒben und dadurch frustriert werden. Weil der Klavierlehrer meint, sie können das noch nicht und können nicht weitergehen. Vielleicht wĂŒrde es sie aber motivieren weiterzugehen. Auch wenn es noch nicht einfach fĂŒr sie ist, ein schwierigeres StĂŒck zu ĂŒben. Lernen kann man immer etwas.
Was sehr viel SpaĂ machen kann, ist sich mit dem âDrumherumâ zu befassen. Ich lesen fĂŒr mein Leben gern Biografien und Briefe von Komponisten und alles ĂŒber die Zeit zu der sie gelebt haben. Wenn du also eingeschrĂ€nkt bist mit ĂŒben, wĂ€re es vielleicht auch eine schöne BeschĂ€ftigung fĂŒr dich? Es gibt auch schöne HörbĂŒcher. Man kann da regelrecht abtauchen.
Oh da hÀtte ich gerne eine Liste an Lesens- und Hörenswertem. Oder givt es die schon irgendwo?
Liste kenn ich keine hier. Ich hör und les halt alles Querbeet und das ziemlich wenig wĂ€hlerisch. Hab von âBiographische Nachrichten von Joseph Haydnâ, âMozartâ von Gesine Bauer, jede Menge Krimskrams bis zu den SchottbĂŒchern zu Schumann alles gehört/ gelesen. Auf Audible gibts einiges, was man sich so nebenbei mal reinziehen kann. Kommt drauf an was man sucht âFakten oder Zerstreuungâ. Schnapp dir halt mal das erste was du findest zu einem Komponisten und fang einfach an irgendwas zu lesen/hören. Briefwechsel gibts meist als extra Ausgaben zu bestimmten Themen. Was einen interessiert kommt dann eh von allein.
Oder man kann auch abtauchen, indem man FingersÀtze eintrÀgt.
Ich wollte gestern ĂŒben, aber ich hatte erst die FingersĂ€tze fĂŒr den Anfang der Invention eingetragen, die ersten 6 Takte. Insgesamt sind es 22 Takte, und da meine Klavierlehrerin Fotos von der Ausgabe geschickt hatte, in der die FingersĂ€tze stehen, die sie mich gern spielen lassen möchte und die dem Original angeblich am nĂ€chsten kommen, dachte ich, ich trage âschnell nochâ den Rest ein.
âDer Kopf ist rund, damit das Denken seine Richtung Ă€ndern kann.â (Picabia)
Ja, ich werde da immer ganz sauer, weil ich Stellen dann ganz neu ĂŒben muss. Wir haben bei meinen aktuellen StĂŒcken meist nicht nur ein, zwei Fingerchen geĂ€ndert, sondern gleich die ganze Verteilung auf die HĂ€nde...
Das schadet nicht. Ganz im Gegenteil.
Klavierspielen soll SpaĂ machen (âAbenteuerurlaubâ). Grummeln ist vergeudete Lebenszeit.
Manches geht halt nur ĂŒber den Weg âtrial and errorâ (Versuch macht kluch).
Ich hĂ€tte aber trotzdem lieber geĂŒbt statt FingersĂ€tze eingetragen.
Fast anderthalb Stunden vor dem Klavier zu sitzen, aber nicht zu ĂŒben - also einen ganzen Tag der Woche fĂŒrs Ăben zu verlieren, denn nach so langer Zeit kann ich mich dann auch kein zweites Mal mehr an dem Tag hinsetzen mit meinen Beschwerden - ist finde ich nicht besonders sinnvoll. FĂŒr mich jetzt. In ein paar Jahren sieht das sicher anders aus. Aber jetzt bin ich noch so im Anfangsstadium, dass ich froh bin, wenn ich ĂŒberhaupt flĂŒssig die Tasten nacheinander anschlagen kann. Und da fehlen mir jetzt fast anderthalb Stunden in dieser Woche. ein ganzer Ăbetag, an dem ich das hĂ€tte ĂŒben können.
Ich glaube, das liegt zum Teil daran, dass es so groĂe Unterschiede in den HĂ€nden (und natĂŒrlich auch in den FĂ€higkeiten) gibt. Meine Klavierlehrerin hat verglichen mit mir riesige HĂ€nde und lange Finger. Und natĂŒrlich auch die Ăbung seit ihrer Kindheit. Sie findet es ganz bequem, eine Oktave mit 1 und 3 zu greifen. FĂŒr mich ist das viel zu weit entfernt. Ich komme da gerade mal mit 1 und 5 hin. Mit MĂŒhe.
Und so funktionieren viele FingersĂ€tze fĂŒr mich eben nicht. Sie ist aber erst einmal der Meinung, das mĂŒsste funktionieren bei einem Erwachsenen. Das stellt sich dann erst beim Spielen heraus, dass ich das anders machen muss. Das muss ich einfach ausprobieren. Aber deshalb ist der erste Fingersatz eben meistens falsch und muss immer noch mal wieder geĂ€ndert werden.
Schön wĂ€r's, wenn das immer so wĂ€re und es nicht so grausam wehtun wĂŒrde in den HĂ€nden. Da vergeht einem der SpaĂ, den man eigentlich hat, dann schon manchmal. Oder wenn man nicht so lange ĂŒben kann, wie man gern möchte, weil man nicht so lange sitzen oder die Arme und Finger nicht so lange in dieser Position halten kann. Aber grundsĂ€tzlich hast Du recht.
