Intonieren

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Was macht ihr, um den Hammer härter zu bekommen? Welche Tinktur nehmt ihr da? Und wie sind eure Erfahrungen mit Bügeln?

Ich hab zwar nicht dieses schicke Werkzeug zum Bügeln, das so ähnlich wie ein Lötkolben arbeitet, hab aber neulich mal bei einem einzelnen zu weich gestochenen Hammer die Hartz IV Variante probiert :D : einfach einen Schraubenzieher mit Feuerzeug erhitzt und dann auf den Scheitel gepresst. Hat zwar wunderbar funktioniert, aber auch gedauert wegen immer wieder neu erhitzen. Wie macht ihr das so: habt ihr alle dieses elektrische Werkzeug oder geht ihr da einfach mit Bügeleisen oder Herdplatte dran?

Alternativ: was nimmt man heutzutage als Tinktur? Und zwar eine, die sich nach Anwendung auch halbwegs wieder weich stechen lässt und nicht den Hammer für alle Ewigkeit ruiniert.
 
Hallo Tastenscherge,

als Tinktur nehme ich einfachen Zaponlack. Meyne bietet zwar einen speziellen Hammerkopffestiger an, finde den jedoch nicht besonders gut, da er viel zu dickflüsig ist und den Hammer mehr verklebt, als ihn härtet.

Ich habe auch mal mein Klavier mit dem Brenneisen bearbeitet. Wenn man die Hämmer wieder weicher bekommen möchte, kann man ein leicht feuchtes Tuch auf die Hammerköpfe legen und dann mit dem Brenneisen drüber gehen. Zum härten Funktioniert es aber auch ganz wunderbar. Ich glätte damit immer die Köpfe, wenn ich sie abgezogen habe.

Ich habe derzeit neue Abel Hammerköpfe in ein Kawai eingebaut, hast du vielleicht einen Tipp, wie ich diese im mittleren Diskantbereicht etwas härter bekomme? Ich habe schon etwas Filz abgefeilt und mit dem Brenneisen versucht was zu ändern, hat aber auch nicht großartig was gebracht. Ich glaube doch, dass ich noch mit Zaponlack drann muss...Oder?

Gruß
 
also wenn´s mit Bügeln nicht reicht, dann muss halt eine Tinktur drauf. Aber welche, das war ja gerade auch meine Frage. Da gibt es ja etliches auf dem Markt bzw. als "Hausmittelchen". Aber da habe ich leider keine Erfahrung, deswegen auch mein Posting. Früher hat man mal Kollodium mit Äther genommen. Aber das schein mega out zu sein. Wahrscheinlich schon deswegen, weil die Kollegen irgendwann keine Lust mehr hatten, dem Apotheker glaubhaft zu erklären, wofür sie den Äther wirklich brauchen :D

Und ich frage mich auch, ob man ohne dieses Brenneisen irgendwie halbwegs bequem bügeln könnte. Wenn man die Hämmer ausbaut, könnte man ja eine Herdplatte nehmen. Und wenn man sie in der Mechanik lässt, könnte ich mir gut ein kleines Reisebügeleisen vorstellen. Ob das aber wirklich praktikabel ist, weiß ich natürlich nicht. Ich sträube mich halt nur, Geld für dieses Brenneisen auszugeben.
 
Stimmt, bei Meyne gibts das recht günstig :p
 
Das elektrische Brenneisen ist sein Geld schon wert, so teuer ist es ja auch nicht.
Vor allem kann man damit (zumindest beim Klavier) auch bei eingebauter Mechanik brennen und das Ergebniss sofort vergleichen.
Ich habe aber auch jahrelang mit einem Reisebügeleisen gearbeitet, einst für 3,- DM auf dem Flohmarkt erstanden. Hab ich immer noch und nutze ich auch für alles mögliche (aus zum Bügeln auf Reisen).

Tränken:
Schnellschliffgrund, ggfl. weiter verdünnen.
Aceton

Ich beobachte aber, dass in meine Augen (oder Ohren???) viel zu schnell getränkt wird.
Es hält sich die landläufige Meinung, dass man den Klang durch Stechen weicher/leiser und durch Tränken kräftiger/lauter machen kann.

Ich bin kein Fan vom Tränken.
Im obersten Diskant natürlich, aber nicht selten sehe/höre ich Instrumente, bei denen komplett vom Bass bis in den Diskant getränkt wurde.

Wenn - gerade nach den Einbau neuer Köpfe - der Klang zu leise, dumpf und matt ist, geht´s erst einmal (idealerweise schon vor dem Einbau der Köpfe) an´s Stechen, NICHT ans Tränken!
Ziel ist es, dem Hammer Elastizität zu verleihen und damit die Contact Ratio, also die Zeit, die der Hammer an der Saite bleibt, zu verringern.
Auch wenn es der landläufigen Laienmeinung widerspricht, wird der Klang durch das Stechen (an der richtigen Stelle) so erst einmal lauter, kräftiger und dynamischer.

Wenn der Hammer die nötige Elastizität hat und sonst alles passt (Scheitelform, Anschlaglinie, etc.) kann man über Tränken/Brennen/etc. nachdenken.

Ich schreibe dies hier nicht für die Experten, sondern als Warnung an die Laien:
Ein Profi kann oft relativ schnell und kostengünstig Abhilfe schaffen, wenn die Intonation nicht passt.
Er kann i.d.R. auch vorher schon beurteilen, welche Maßnahmen Erfolg versprechen und welche nicht.
Wenn die Filze erst einmal (er)tränkt wurden, kommt oft jede Hilfe zu spät.

Das Intonieren sieht einfach aus.
Es ist auch handwerklich kein Problem, die Nadeln in die Filze zu stechen, zumindest wenn diese nicht durch und durch getränkt sind. ;-)
Schwieriger ist es, zu entscheiden, an welcher Stelle wieviel gestochen werden muss.
Und das kann man sich weder über youtube-Filmchen noch über schriftliche Anleitungen aneignen.

Auch wenn diese Diskussionen hier zum ausprobieren verlocken:
Beim Intonieren sind extrem viele Arbeiten nicht oder nur bedingt reversibel.

Quidquid agis, prudenter agas et respice finem
oder besser:
Quidquid agis, prudenter agas et audi en sonum



Liebe Grüße,

Thilo

Der Klavierladen
 
Rein intuitiv habe ich auch eine Abneigung gegen Tränken, muss aber der Ehrlichkeit halber gestehen, dass ich es noch nie wirklich ausprobiert habe. Was ist denn letzlich die Idee beim Tränken: die Oberfläche härter zu bekommen? Elastizität herauszunehmen? Und davon abhängig: wo genau tränkt man? Den ganzen Hammer, nur den Scheitel oder aber Wangen und Scheitel?

Ich stell mir das so vor: beim Tränken verkleben die Filzhaare und dadurch wird der Filz härter. Dies aber nicht durchgängig sondern natürlich nur dort, wohin die Flüssigkeit gelangt. Wenn man anschließend wieder sticht, sticht man vermutlich nicht nur in die getränkten Schichten, sondern auch tiefer oder drumherum. Meine Bedenken sind, dass man einen getränkten Hammer nicht wieder so ohne Probleme weich stechen kann, zumindest nicht so gezielt.

Kennt eigentlich jemand das Buch bzw. die DVD von Andre Oorebeek? Leider auf Englisch, soll aber ziemlich gut sein.
 

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