Intonieren durch Tränken der Filze

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Marlene

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Da es im anderen Thema um Steingräber geht frage ich hier.

Um den Klang härter zu machen, reicht evtl. auch schon bügeln. Tränken ist da schon massiver.

Wenn der Kunde also sagt, er möchte einen weicheren Klang, wäre es kontraproduktiv eine Flüssigkeit auf die Hämmer aufzutragen, richtig?

Wenn der Filz nicht "verfilzt" genug ist, ist Bindemittel eine naheliegende Wahl.

Meiner Ansicht nach widerspricht sich das. Denn wenn etwas verfilzt ist, dann ist es stark ineinander verschlungen und lässt sich kaum oder nicht mehr lockern. Auf Hammerfilze bezogen bedeutet das meiner Ansicht nach: harte Hammerfilze! Und die soll man noch härter machen durch Bindemittel? Das erschließt sich mir nicht.



Womit wird denn getränkt?

Und was hat es zu bedeuten, wenn nach dem Auftragen einer Flüssigkeit auf die Filze ein Bügeleisen zum Einsatz kommt?
 
Wenn der Kunde also sagt, er möchte einen weicheren Klang, wäre es kontraproduktiv eine Flüssigkeit auf die Hämmer aufzutragen, richtig?

Richtig.


Unterschiedlich. Früher nahm man gerne mal Kollodium in Äther gelöst. Aber das hatte die blöde Eigenschaft, dass es auch noch nach Jahren härter wurde. Einige lösen Tastenbeläge in NC-Verdünnung, wieder andere nehmen.........(geheime Zutat).....

Und was hat es zu bedeuten, wenn nach dem Auftragen einer Flüssigkeit auf die Filze ein Bügeleisen zum Einsatz kommt?

Unmittelbar nach dem Auftragen sollten einige Anschläge erfolgen, damit sich die Flüssigkeit im Filz verteilt. Bügeln kann man, wenn es immer noch zu weich klingt. Oder schöner aussehen soll. Oder beides.
 
Meiner Ansicht nach widerspricht sich das. Denn wenn etwas verfilzt ist, dann ist es stark ineinander verschlungen und lässt sich kaum oder nicht mehr lockern. Auf Hammerfilze bezogen bedeutet das meiner Ansicht nach: harte Hammerfilze! Und die soll man noch härter machen durch Bindemittel? Das erschließt sich mir nicht.
Ähh, ich habe geschrieben "nicht verfilzt genug".
 
Ich habe den eingangs erwähnten Steingräber-Faden nicht gelesen und hoffe daher, dass ich nicht am Thema vorbei schreibe:
Mein Klavierstimmer intoniert sowohl härter als auch weicher mit einer Art "Bügeln". Er benutzt dazu etwas, das wie ein Lötkolben mit flacher, gebogener Spitze aussieht. Er feuchtet den Hammerfilz mit dem mit Wasser angefeuchteten Finger an und drückt dann den heißen Stab mit festem Druck auf den Filz, um hart zu intonieren und mit schwachen Druck, um weich zu intonieren. Klappt von hart zu weich und wieder zurück, das hat er mir demonstriert. Er sagte, das klappe nicht bei jedem Filz, aber bei den meisten. Er erklärte, die Intonation erfolge durch den entstehenden Dampf, durch festeren Druck werde der Filz dann härter. So habe ich es jedenfalls verstanden. Das Intonieren ist so bei ihm keine große oder aufwendige Sache
Kennt jemand diese Methode und ist das üblich?
Ich bin immer etwas entsetzt, wenn ich vom Stechen der Hammerköpfe lese, weil das doch auf Dauer schädlich für den Filz sein müsste, oder?
Leider ist der Stimmer schon etwas älter, und ich frage mich schon, was ich mal machen soll, wenn er mal in den Ruhestand geht. Wer soll dann mein Klavier intonieren? Ich möchte es ehrlich gesagt nicht mit Nadeln pieksen lassen .
 
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Die Erklärungen zum Bügeln sind für mich überhaupt nicht schlüssig.

Der Bestandteil im Filz, der für Stabilität hauptsächlich verantwortlich ist, heißt Keratin, sprich, das was Haare, Fingernägel ausmacht. Wie man das mit Bügeln im Verbund mikroskopischer Fasern gezielt beeinflussen kann, ist mir schleierhaft. Ich kann mir maximal einen sehr öberflächlichen und überhaupt nicht nachhaltigen Effekt vorstellung, weil man mit Hitze, die über Wasser transportiert wird (soll ja nicht anbrennen) die Kohlenstoffverbindung des Filzes nicht verändert. Fasern bleiben so wie sie sind.

Vor allem kommt man da überhaupt nicht mit an den Kern des Hammerkopfes und kann entsprechend dessen Zusammensetzung und Dichte überhaupt nicht beeinflussen. Genau das sind aber die Elemente, mit denen man den Klang dauerhaft und konsistent verändern kann.

Nadeln dienen eben dazu, alle relevanten Stellen des Hammerkopfes zu erreichen und Fasern aufzutrennen, die zu dicht sind. Ein Naturstoff wie Filz ist nun einmal nicht zu 100% gleichmäßig dicht und muß daher angepasst werden.

Mit Nadeln macht man nichts kaputt, wenn man es gezielt einsetzt. Klar, gib einem Laien eine Intoniernadel in die Hand und er hat einen kompletten Satz Hämmer eines Konzertflügels innerhalb von 5 Stunden ruiniert. Teilnehmer eines Intonierseminars bei einem großen Hersteller brauchen dazu deutlich länger, weil sie es unter Aufsicht tun und am Ende ein Urkunde dafür bekommen.

Der bügelnde Klavierstimmer hört sich für mich sehr nach Schlangenöl und Voodoo an.
 
Ich kann mir maximal einen sehr öberflächlichen und überhaupt nicht nachhaltigen Effekt vorstellung, weil man mit Hitze, die über Wasser transportiert wird (soll ja nicht anbrennen) die Kohlenstoffverbindung des Filzes nicht verändert. Fasern bleiben so wie sie sind.
Das bezweifel ich, denn Nassfilz wird ja mit Wasser oder Wasserdampf hergestellt (dabei stellen sich die Schuppen der Fasern auf und verkeilen sich). Das ist sogar die traditionelle Methode (walken).
Aber auch heutiger Trocken- (Nadel-)filz (egal ob aus Kunst- oder Naturfasern) wird oft mit Wasserdampf oder chemisch für zusätzliches Verhaken nachbehandelt. Also alles kein Voodoo sondern ganz normales Handwerk.
 
Das bezweifel ich, denn Nassfilz wird ja mit Wasser oder Wasserdampf hergestellt (dabei stellen sich die Schuppen der Fasern auf und verkeilen sich). Das ist sogar die traditionelle Methode (walken).
Aber auch heutiger Trocken- (Nadel-)filz (egal ob aus Kunst- oder Naturfasern) wird oft mit Wasserdampf oder chemisch für zusätzliches Verhaken nachbehandelt. Also alles kein Voodoo sondern ganz normales Handwerk.

Und ich kann mir wiederum nicht vorstellen, dass mit dieser Methode die Stellen erreicht werden können, wo eine Intoniernadel hinkommt und tatsächlich einen Faserstrang auftrennt.
 

Und ich kann mir wiederum nicht vorstellen, dass mit dieser Methode die Stellen erreicht werden können, wo eine Intoniernadel hinkommt und tatsächlich einen Faserstrang auftrennt.

Habe ich da was falsch verstanden? Ich dachte immer, Nadeln sei (vornehmlich) zum weicher Intonieren, Bügeln/Pressen/Tränken für harte Intonation?
 
Ich dachte immer, Nadeln sei (vornehmlich) zum weicher Intonieren, Bügeln/Pressen/Tränken für harte Intonation?

Davon bin ich bisher auch ausgegangen.


Keine Rückmeldung zur Zellulose, weil es vielleicht eine


ist, die


???

Weil ich mich nur noch dunkel an die Worte meiner Bekannten in Sachen Zellulose erinnern konnte, habe ich sie vorhin danach gefragt, sie ist aus dem Osterurlaub zurück. Sie hat mir damals berichtet, was an ihrem Klavier gemacht wurde - ich fand es ziemlich befremdlich. Sie hat bestätigt, was ich in Erinnerung hatte:

Zitat von einer Bekannten:
Er hat ein feuchtes Tuch in einem trockenen Tuch trockener gemacht. Das trockenere Tuch hat er auf die Hammerfilze gelegt und dann mit dem Bügeleisen drüber. Damit hat er acht oder neun Hämmer gleichzeitig bearbeitet. Das soll den Filz auflockern.
Und dann hat er an einigen Hammerfilzen flüssige Zellulose aufgebracht die den Hammer hart machen sollen. Und dann wird er - nach seiner Aussage - doch weich. Verstehen kann ich es nicht wirklich aber er hat gesagt, das würde den Klang weicher machen.

Was sagen die Fachleute zu dieser Prozedur? Zuerst härter und dann weicher? Ich verstehe es auch nicht.
 
Das mit dem feuchten Tuch und dann bügeln wird auch gemacht. Das ist quasi die abgespeckte und nicht ganz so gefährliche Variante vom Steam Voicing. Beim Steam Voicing wird ein dünner Strahl Wasserdampf auf die Hämmer gebracht. Wirkt sehr schnell und effektiv. Die Gefahr: sobald man den Hammer auch nur etwas zu lange im Dampfstrahl hält, dann löst sich die Verleimung vom Hammerkern. Aber die Idee ist bei beiden Varianten die selbe: Wasserdampf lockert den Filz auf und macht den Klang weicher. Auch das ist eher eine Methode, die in den USA zuhause ist. Aber die machen dort auch noch ganz andere Sachen. Z.B. bei billigem harten Chinafilz den Hammerkopf mit einer Zange quetschen.

Die hier gängige Methode mit des trockenen Bügelns mittels Lötkolben mit gerundetem Aufsatz macht den Klang definitiv härter.

@Marlene deine Bekannte hat sich evtl. vertan bzw. das ist ein Problem der Experten-Laien-Kommunikation. Man könnte es auch stille Post nennen ;-)Ich vermute, der Kollege hat an ihrem Instrument einige Hämmer mittels feuchtem Bügeln weicher gemacht. Dann hat er im Zusammenhang verglichen und festgestellt, dass einige Hämmer zu weich klingen. Das müssen ja nicht diejenigen sein, die er zuvor gebügelt hatte. Also hat er evtl. einige Hämmer weicher gemacht mittels feuchtem Bügeln, andere Hämmer hat er mit Tränken härter gemacht.

Grundsätzlich muss man unterscheiden: will man den gesamten Klang des Instrumentes verändern oder will man nur hier und da Unterschiede ausgleichen. Unterschiede ausgleichen geht normalerweise einfacher, sofern das Instrument schon mal sehr gut intoniert wurde (z.B. im Werk). Wenn man den gesamten Klang ändern will, dann muss halt mehr getan werden. Für einen weicheren Klang muss man mit Nadeln stechen (das dürfte haltbarer sein als Steam Voicing). Für einen härteren Klang muss man tränken.

Manchmal kann man tatsächlich einzelne Unterschiede ausgleichen, indem man den Hammer härter sticht. Ja, das geht. Aber das ist nicht einfach und klappt auch nicht immer.
 
Danke, @Tastenscherge, für die Erläuterungen.

Alleine die Vorstellung, jemand würde mit einem solchen Fläschchen auf die Hämmer meiner Instrumente losgehen... *grusel*.
:dizzy:

Allerdings sieht das Stechen eher gefährlich für die Finger des Stechenden aus (ich habe schon Blut gesehen). Vielleicht wäre da ein Kettenhandschuh aus dem Metzgereibedarf eine Hilfe für die den Hammer haltende Hand.
;-)

Der Bösendorfer klingt inzwischen mehr nach Yamaha, daher wird Georg sicherlich nicht mit einem Fläschchen hantieren, wenn er den Wiener im Mai intonieren wird.
:-)
 

In der Tat sehe ich der Intonierung mit gemischten Gefühlen entgegen. Aber Georg kennt zum Glück meine Vorlieben nach lyrischem und Tinnitus-freundlichen Klang. Und daher wird auch die erste umfassende Intonierung bei mir hoffentlich feuchte Augen auslösen. Denn seit Wochen zieht es mich viel öfter an den Bechstein, weil das Gezirpe des Bösendorfer nicht schön ist.

... dann wird der Bechstein doch wieder mein Liebling ;D

Das kannst Du am 26. Mai gerne unter Beweis stellen.
:-) :super:
 

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