Improvisieren lernen

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6. Apr. 2021
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Ich würde gerne Improvisieren lernen, hauptsächlich klassisch. Ein grundlegendes Verständnis von Tonleitern und Akkorden habe ich, habe auch die Russische Klavierschule Bd. 1 gespielt. Leider stelle ich nun immer wieder fest, daß ohne Noten gar nichts geht. Habe leider auch keine Idee wo man jetzt anfangen soll: ein Akkord hier, ein Akkord da spielen - klingt irgendwie nach gar nichts. Wer hat eine Idee?
 
Wie wäre es, mit Variationen anzufangen? Da hat man unzählige Möglichkeiten. Für das Improvisieren braucht man ein Repertoire (Begleitmuster, Melodiephrasen, Kadenzen, Modulationen..), das man sich erst mal draufschaffen muss.
Ich glaube gelesen zu haben dass Chorale üben auch gut dabei hilft.

Disclaimer: Meinung eines Laien.
 
Lang Lang ist der Meinung man solle ca ein Drittel der Übezeit mit Improvisation verbringen. Ich denke das kann man auch individuell verschieden machen, aber ich drücke manchmal einfach irgendwie auf den Tasten rum und wenn ich etwas finde, das sich gut anhört wiederhole ich die Stelle und variiere sie (meist nur ein Ton gleichzeitig, bin ja totale Anfängerin).
Ich glaube, dass sich die (anfangs sehr dürftige) Improvisation mit der Zeit und dem Übefortschritt insgesamt verbessern wird und irgendwann auch komplexer wird. Ich hatte vor vielen Jahren mal ein paar Klavierstunden und da sollte ich auch mal genau das tun, einfach irgendwas spielen. Kann ja nicht schief gehen :)
 
Da gibts den Daniel Hunziker, der sich mit Onlinekursen aufs Improvisieren spezialisiert hat. Www.freiklavierspielen.com. ob die was taugen weiß ich nicht, aber vielleicht hat ja jemand hier im Forum Erfahrung mit ihm?
 
Hier kann man einen echten Impro-Master kennenlernen, Prof. Noam Sivan aus Stuttgart:


Er gibt auch Meisterkurse (in Trossingen) und hat einen "Lehrgang" bei Tonebase!
 
Improvisation ist zunächst einfach drauflosquatschen, ohne sich zu fragen, ob Satzstellung, Vokabular und Inhalt mit den Genies mithalten kann.
Wenn wir jedesmal Goethe im Kopf hätten, wenn wir den Mund aufmachen und ihn als regulativ für unsere Sprachwahl nähmen, wäre es sehr still in der Welt...
Und doch beeinflussen die großen Meister unser Tun, aber diese Wirkung tritt erst allmählich ein, wie auch in der Sprache.
 
Improvisation ist zunächst einfach drauflosquatschen, ohne sich zu fragen, ob Satzstellung, Vokabular und Inhalt mit den Genies mithalten kann.
Wenn wir jedesmal Goethe im Kopf hätten, wenn wir den Mund aufmachen und ihn als regulativ für unsere Sprachwahl nähmen, wäre es sehr still in der Welt...
Und doch beeinflussen die großen Meister unser Tun, aber diese Wirkung tritt erst allmählich ein, wie auch in der Sprache.
Oder auch nie? Deswegen heißen sie ja die großen Meister. :denken:
 
Oder auch nie? Deswegen heißen sie ja die großen Meister. :denken:

Spielt das eine Rolle?

Ich meine, Du tippst ja hier auch Texte frei und rezitierst nicht aus bekannter "großer Literatur", benutzt die Stilmittel, die Du hast, gehst kreativ damit um und machst Deine Aussage.

Sprache ist eine Spielwiese, Musik ist eine Spielwiese. Dann spiel mal nicht Musik, sondern mit Musik!

Grüße
Häretiker
 
@Hamster, und da greift der Instrumentalunterricht, der uns genau diese Bildung verschafft. Durch das Studieren der Meisterwerke lernen wir en passant, wie gute Musik sich anfühlt. Menschen, die viel gute Literatur lesen, können sich auch besser ausdrücken, als die, die nur Comics lesen...
Selbst wenn es nur bei Dudelei bleibt, hat auch diese ihre Berechtigung. Improvisation ist ja der eigene Ausdruck.
Ich habe immer die Erfahrung gemacht, dass Schüler über Improvisation viel schneller und tiefer Zugang zu Ausdruck und Differenzierung in Musik gelangen als jene, die stur nach Piano- und Fortezeichen ihre Stücke aufsagen und ihre eigene Gefühlswelt weiter tief in ihnen schlummert...
 

Hier kann man einen echten Impro-Master kennenlernen, Prof. Noam Sivan aus Stuttgart
Eine sehr gute Empfehlung, die einem eine klassische Transferleistung erspart. Grundsätzlich kann man neben gründlichem Klavierliteraturstudium und der intensiven Beschäftigung mit Tonsatzfächern, Analyse und Komposition nahelegen, dort zu recherchieren, wo traditionell viel improvisiert wird: in der Kirchenmusikerausbildung, die entsprechende Angebote enthält, weil deren erfolgreiche Anwendung täglich benötigt wird. Trotz aller Individualität beim Erwerb entsprechender Fertigkeiten spielen auch das schriftliche Fixieren wichtiger Muster und/oder formaler Strukturen vorab eine wichtige Rolle, dazu kommen das schrittweise Memorieren von Mustern, Schulung der stilistischen Gestaltungssicherheit - ein mehr oder weniger weiter Weg, bis man komplett ohne Notationshilfen überzeugend frei gestalten kann, ohne sich an wackligen Klischees entlang zu hangeln. Eine wichtige Grundlage ist das sichere Harmonisieren von Chorälen und Volksliedern in unterschiedlichen Techniken und Satzweisen (Melodie im Diskant, in den Mittelstimmen, im Bass), idealerweise auf allen zwölf möglichen Tonstufen. Der nächste Schritt wäre das Gestalten eigener Vor-, Zwischen- und Nachspiele auf der Basis der vorgegebenen Melodie. Der Weg führt weiter über Werkformen wie Choralvorspiel oder Choralfantasie, in denen die eigenschöpferische Substanz und die kreativen Bestandteile einen immer größeren Raum einnehmen. Maßgeblich ist die Beherrschung des musikalischen Materials durch den Improvisator und nicht umgekehrt!

Heute vormittag ergab sich eine ungewöhnliche Situation beim Gottesdienst mit mir in einer Krankenhauskapelle: vorgestern fand am gleichen Ort ein Ostergottesdienst statt und man rechnete hausintern (wegen Corona keine externen Besucher zugelassen) wohl nicht mit der Abhaltung des regulären Gottesdienstes zwei Tage später. Die hausinterne Sprechanlage war defekt und es bestand keine Möglichkeit, spontan zum Besuch einzuladen. Es kam folgerichtig niemand, aber Pfarrer und Organist sahen sich an und entschieden sich dafür, eben den Gottesdienst miteinander und füreinander zu feiern. Da Gemeindegesang wegen der Coronabestimmungen derzeit unzulässig ist, singe und spiele ich allein spontan ausgesuchte Lieder, was mit den leichteren OP-Masken ganz gut funktioniert. Ein abwechslungsreicher und schöner Gottesdienst, der uns beiden guttat - und komplett improvisiert. Warum auch nicht?

Selbst wenn es nur bei Dudelei bleibt, hat auch diese ihre Berechtigung. Improvisation ist ja der eigene Ausdruck.
Unbefriedigend, wenn das freie Spiel auf diesem Niveau stehen bliebe. Dann beherrschte das musikalische Material den oft nur orientierungslos schwimmenden Improvisator. Damit der umgekehrte Fall einträte, müsste man die improvisatorischen Aufgaben so reduzieren, dass der Spieler den musikalischen Überblick behält.

LG von Rheinkultur
 
Für wen ist es unbefriedigend? Wenn es für den Improvisator unbefriedigend ist, dann wird er sich kümmern, seinen Horizont zu erweitern. Wenn es für die Höhrer unbefriedigend ist, dann sollte man den Spielern nicht zuhören.
Ich finde, musizieren ohne Improvisation nicht zulässig. ;-)
Und es ist klar, dass es begabtere und unbegabtere Menschen gibt, wie bei allem im Leben.
Es darf aber nicht sein, dass man wegen Minderbegabung - die man sich auch oft nur einbildet - den Weg nicht wagt.
Ich unterrichte das Fach schon lange und habe schon viel gehört....jeder kann es.
@Hamster , die klassischen Pianisten, die Du ansprichst, haben sich ihr Leben lang nicht mit dem freien Spiel beschäftigt.
Und Erwachsene zieren sich gerne, wenn es darum geht, etwas zu tun, was sie noch nie gemacht haben, wenn man ihnen den sicheren Rahmen des Notentextes wegnimmt. Wenn man von Anbeginn der musikalischen Ausbildung klimpert, und dann auch noch fantastische Musik studiert, lernt man eine Menge und das fliesst ein in das Tun, da können wir uns gar nicht von frei machen.
 
Für wen ist es unbefriedigend? Wenn es für den Improvisator unbefriedigend ist, dann wird er sich kümmern, seinen Horizont zu erweitern. Wenn es für die Höhrer unbefriedigend ist, dann sollte man den Spielern nicht zuhören.
Ich finde, musizieren ohne Improvisation nicht zulässig. ;-)
Und es ist klar, dass es begabtere und unbegabtere Menschen gibt, wie bei allem im Leben.
Es darf aber nicht sein, dass man wegen Minderbegabung - die man sich auch oft nur einbildet - den Weg nicht wagt.
Ich unterrichte das Fach schon lange und habe schon viel gehört....jeder kann es.
Der Improvisator wird idealerweise Horizonterweiterung anstreben, in der Praxis aber sehr oft die Brocken hinschmeißen. Motto: wusste doch gleich, dass das nix wird. Am ehesten gelingt die künstlerisch-kreative Entwicklung beim Umgang mit musikalischem Material, wenn von Anfang an nicht nur Originalliteratur gespielt wird, sondern auch das Harmonisieren von Chorälen und Volksliedern in Verbindung mit immer mehr eigenschöpferischen Elementen. Je später man fallweise die Noten weglegen darf und soll, desto schwieriger gelingt der Einstieg in nicht detailliert ausnotierte Musik.

Meine eigenen Anfänge bestanden darin, kein Wunderkind bei der Bewältigung klassisch-romantischer Literatur gewesen zu sein. Ich landete im Grundschulalter im Kinder- und Jugendchor, bekam vom dirigierenden Bezirkskantor erste Kenntnisse auf Klavier und Orgel vermittelt, bekam ersten geregelten, aber miesen Instrumentalunterricht - wurde dafür als Zehnjähriger selbst vor den Chor gestellt und habe den Chor bei öffentlichen Konzerten als Partner an den Tasten begleitet. Mit dreizehn Jahren bekam ich endlich eine sehr gute pianistische Ausbildung bei zunächst himmelschreiend katastrophalen Defiziten im Literaturspiel, andererseits bei kompositorischen Aktivitäten von Anfang an, bei improvisatorischer Variabilität in jeder Hinsicht und bis hin zur Fähigkeit, Kunstlieder von Schubert und anderen und mittelschwere Literatur in jeder beliebigen Tonart vom Blatt spielen und stilistisch variieren zu können. Eine problematische Verbindung aus Defiziten bei frühesten Ausbildungsanfängen einerseits und andererseits musikantischen Fertigkeiten, über die nach Lehreraussage selbst doppelt so alte Examenskandidaten an seiner Hochschule nicht verfügten. Mehrere Jahre mit knochenhartem Arbeiten waren erforderlich, um die technischen Rückstände aufzuarbeiten, denn als ewiges Talent ist das Bestehen einer Aufnahmeprüfung illusorisch - auch dann, wenn man keine Solistenkarriere als Pianist anstrebt.

LG von Rheinkultur
 
Meinen Kopf nehme ich auch immer mit aufs Klo ... und weil da nunmal viel Musik drin ist, werden die angewinckelten Beine selbstverständlich auch genutzt, um rhythmische Figuren zu üben ... momentan sind es "Swiss-Rolls".

Instrumente habe ich eigentlich nie dabei ... obwohl man das Cavaquinho bequem überall mit hinnehmen könnte (Ukulelen-Format ... in etwa).

Bei Auftritten nutze ich das stille Örtchen manchmal zum Stimmen ... aber das liegt auch nur daran, dass es dort keine Störungen gibt.
 
Ich würde ehrlicherweise nicht mit Akkorden anfangen, sondern mit Melodien. Also die erste Hälfte eines 8-Taktigen Satzes nehmen und die zweite Hälfte selbst machen. Dann einen Satz von 8 Takten komplett selbst machen. Du brauchst eine substanzielle Idee. Klar, das Aneinandereihen von Akkorden klingt nach nix. Wenn die melodische Idee steht, kann man immer noch nach einer passenden Harmonisierung schauen.
 
Aber nur die Wenigsten schaffen es bis hierher:
Das ist natürlich so. Die wenigsten Menschen, die Bücher schreiben, haben ein Genie wie Goethe oder Hemingway. Sollen wir deshalb nicht schreiben? Auch in der Sprache gibt es unterschiedliche Begabungen, manche sind schlagfertig, andere witzig, wieder andere können sich vielseitg ausdrücken. Aber reden tun wir alle.
Und so sollte es in der Musik auch sein.
@Rheinkultur , und ja, Handwerkzeug ist wichtig, wenn man eine professionelle Karriere anstrebt.
Das gilt für alle Berufe.
 

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