Ideen zum Musikunterricht

Reena

Reena

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28. Sep. 2011
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An alle hier im Forum erst einmal herzliche Grüße und ‚Hallo‘.

Seit einiger Zeit lese ich interessiert in diesem Forum.
Hier ist das Netz ‚at it’s best‘ , Gleichgesinnte, die sich austauschen, gemeinsam um Verstehen und Fortschreiten ringen und sich dabei gegenseitig unterstützen.
Deshalb möchte ich gerne meinen Pfennig dazugeben und freue mich auf Eure Kommentare.

Da es mich selber betrifft, habe ich vor allem im Klavierlehrerforum mitgelesen.
Ich möchte gerne zum Unterricht etwas sagen, das mir sehr wichtig ist. Da ich etwas aushole, wird der Post - fürchte ich - etwas länger werden.
Ich sehe im Groben zwei Positionen.

Die erste zielt auf Exzellenz und Auslese, die andere auf Breitenförderung. Beides hat – an seiner Stelle – seine Berechtigung. Nun geht es jedoch für die meisten Klavierlehrer hauptsächlich um die Breitenförderung.
Grundsätzlich nützt eine Erziehung, die nicht in intrinsische Motivation mündet, nichts. Erziehung oder Pädagogik (wörtlich: das Begleiten eines Kindes beim Gehen) ist, wie die Politik, eine Kunst des Möglichen. Wider die Interessen des anderen kann ich nicht zur Mündigkeit erziehen, Begeisterung wecke ich nicht, indem ich die Position des anderen verachte, der Wunsch nach Bildung wird nicht dadurch hervorgerufen, dass ich dem Anderen seine Dummheit nachweise.

In der Breitenförderung geht es darum, Begeisterung und Interesse zu wecken, nicht, sich auf bereits vorhandenes Wollen zu stützen und dieses Wollen gezielt in die Disziplin einer Kunstausübung zu führen.
Provokant formuliert: wenn wir nur die Rubinsteins und Mehtas fördern, wird es bald keine Rubinsteins und Mehtas mehr geben. Fördern wir nur in die Breite, werden uns die Rubinsteins und Mehtas verhungern.

Machen wir uns selbstkritisch klar, wo unsere Eitelkeiten liegen, denn ein Musiker, der unterrichtet, steht vor der Herausforderung, gleich zwei Künste meistern zu wollen. Unsere Eitelkeit gehört auf die Bühne, nicht in den Unterrichtsraum. Das gilt sowohl für den ehrgeizigen als auch für den fürsorglichen Lehrer. Wo dem einen ‚Erfolge in Stellvertretung‘ wichtig werden können, kann dem anderen eine ‚Rettung in Stellvertretung‘ den Blick auf den Schüler versperren.
Es ist der Weg, der das Ziel adelt. Noch einmal, weil es mir so wichtig ist: ein ehrgeiziger Lehrer ist ein guter Lehrer, wenn er zu Höchstleistung anspornt, weil es ihm um den Schüler geht und nicht um den eigenen Erfolg.
Ein fürsorglicher Lehrer ist ein guter Lehrer, wenn es ihm um die Entwicklung des Schülers geht und nicht um die Bestätigung der eigenen Unverzichtbarkeit.

Vielleicht sollte ein Musikunterrichtender das Gleiche tun, was er auch beim Üben tut. Erkennen, wo man Fehler macht und wie man diese vermeidet. Erkennen, warum man einen Fehler macht. Wir alle haben am Instrument auch gelernt, selbstkritisch zu sein. Was für die eine Kunst nützlich ist, sollte es auch für die andere sein.

Denn schließlich kann ich nur die Begeisterung wecken, die ich selber empfinde.

Lieben Dank fürs Lesen
 
Hallo,

das, was Du hier ansprichst, sind weniger (neue!) Ideen als vielmehr Ideale...

Ich geb an die (berufeneren) Lehrer weiter.

Klavirus
 
Ich für meinen Teil habe nicht deswegen keinen Bock, dauernd nur Anfänger-4er-Gruppen oder Bläserklassen zu unterrichten, weil ich "eitel" bin oder mich für was Besseres halte.

Es ist schlicht und einfach deswegen, weil mich an Musik ganz bestimmte Dinge interessieren, andere interessieren mich jedoch nicht. Und ich möchte mein Geld damit verdienen, die mich interessierenden Dinge zu machen - sei es beim Spielen, sei es beim Unterrichten.

Zwar mache ich auch Anfängerunterricht, und wenn's nicht gerade eine superfaule Schnarchnase ist, macht es mir auch Spaß, und es ist toll, dann über die Jahre die Entwicklung zu erleben und eine freundschaftliche Beziehung zum Schüler aufzubauen. Aber eigentlich ist das, was mich interessiert, Jazzunterricht zu erteilen. Und da ist es mir wurscht, was Politik oder Schlaumeier für Parolen über die notwendige Breitenförderung ausgeben. Man kann nur dann einen optimalen Beitrag zur Gesellschaft leisten, wenn man das macht, was man am besten macht.

LG,
Hasenbein
 
Noch einmal, weil es mir so wichtig ist: ein ehrgeiziger Lehrer ist ein guter Lehrer, wenn er zu Höchstleistung anspornt, weil es ihm um den Schüler geht und nicht um den eigenen Erfolg.
Ein fürsorglicher Lehrer ist ein guter Lehrer, wenn es ihm um die Entwicklung des Schülers geht und nicht um die Bestätigung der eigenen Unverzichtbarkeit.


Liebe Reena,

herzlich willkommen hier im Forum!!! :) Ich freu mich sehr, wenn du hier mitschreibst und mir gefällt dein Beitrag sehr gut! Besonders obiges Zitat!

Ich verstehe allerdings deinen Beitrag nicht (wie hasenbein?) als Plädoyer für Gruppenunterricht oder Jeki.... . Denn Breitenförderung schließt ja das Wort "Förderung" mit ein. Und 4er-Gruppenunterricht in dem Mini-Zeitrahmen, wie er meist an Musikschulen praktiziert wird, ist m.E. nicht sehr förderlich so wie JeKi ebenfalls sehr umstritten ist.

Klar ist natürlich, dass dann die Breite im Vergleich zu allen Kindern etc. nicht gerade groß ist. Ich kenne leider die Prozentzahlen nicht, wie viele Instrumentalunterricht nehmen und habe nur diesen link dazu gefunden:

http://www.miz.org/musical-life-in-.../Pressemitteilung_Anhang_Daten_und_Fakten.pdf

Aber es muss ja auch nicht jeder ein Instrument spielen. Mich bedrückt nur manchmal, wie sehr eine Instrumentalausbildung o.ä. mit dem Bildungsstandard des Elternhauses verknüpft ist.

Liebe Grüße

chiarina
 
So, zurück aus dem langen Wochenende und wieder im Lande, wollte ich doch endlich antworten.

@ Klavirus: Nein, es geht mir nicht um’s Neue (so es denn Neues gibt :confused:), durchaus aber um das Ideale. Und dabei eben um die grundsätzliche Frage, wie wir viele erreichen können und wodurch.

@ hasenbein: Es ist in meinen Augen immens wichtig, zu wissen, was man gerne und überzeugt tut. Keiner sollte gezwungen werden, Anfänger zu unterrichten.
Aber irgendwo müssen diese Fortgeschrittenen ja auch herkommen, sie machen sich ja nicht von alleine und ohne guten Unterricht von Anfang an gibt es sie nicht.
Und schließlich: Bonus vir semper tiro (der gute Mensch/Mann ist immer ein Anfänger) wie Martialis schrieb.

@ chiarina: erst einmal lieben Dank für’s nette Willkommen.
Und danke für den Link!
Und ja, es ist genau das, was ich auch bedauere. Sowohl der Gruppenunterricht als auch das manchmal beobachtete ‚Durchschleusen‘ von musikinteressierten Kindern lässt manchmal jeden Funken Interesse ersterben.

Und auch ich finde die Frage wichtig, wie man all die erreicht, deren Eltern es sich nicht leisten können oder schlicht nicht auf die Idee kommen. Darf ich die frage stellen, wie hoch der Prozentsatz an Haupt- und Realschülern bei Euch im Unterricht ist? Ich habe in dreißig Jahren noch nie einen Hauptschüler dabei gehabt. Und ich glaube irgendwie nicht, dass da nirgendwo Talent sein soll. Das macht mich schon nachdenklich.

Ich bin vielleicht ein wenig empfindlich geworden, wenn es um das Thema ‚Exzellenz‘ geht. Ich sehe viel Aktionismus (in allen Bereichen), viel Erwartungsdruck und – zumindest mir – zu wenig Blick auf die Menschen, die da zu Etwas herangebildet werden sollen.
Unsere Gesellschaft sieht zunehmend auf Effektivität und Vermarktbarkeit. Ich befürchte daher, dass Musiker zu einem Beiwerk werden, das sich Vermögende leisten und wir das bestärken, wenn wir nur den Besten der Besten eine Chance einräumen, ohne genügend Andere mit diesem Enthusiasmus zu ‚infizieren‘. Ich wünsche mir Konzertbesucher, die aus allen Schichten kommen (Utopie, hier kommt sie!) und dazu kann vor allem der Musikunterrichtende beitragen.

Das ist es vor allem, was ich unter Förderung in die Breite verstehe.
 

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