Herausragende solistische Leistungen auf Klavier und Orgel

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schmickus

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8. Dez. 2018
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Gleichermaßen Klavier und Orgel auf höchstem Niveau ist sehr sehr selten. Ich kenne niemanden.
 
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Stimmt. Der hat beispielsweise das Gesamtwerk für Klavier und Orgel des Liszt-Schülers und Orgelbauer-Sohns Julius Reubke eingespielt. Der nur 24 Jahre alt gewordene Komponist, Pianist und Organist war eine dieser seltenen Doppelbegabungen und schrieb für jedes dieser beiden Instrumente eine sehr ambitionierte Sonate, die bei Konzertsolisten inzwischen zum Standardrepertoire gehört. Ein großartiges Projekt - bereits nach kurzer Zeit empfand ich beide Interpretationen als fesselnder und berührender als Schlüters beste Klangbeispiele. Profilneurotische Anflüge hat Schöch nicht nötig, unterlässt sie folgerichtig auch und kommt in der künstlerischen Sache damit wesentlich ansprechender und sympathischer rüber.

Eine absolut gleichrangige Spitzenqualifikation auf beiden Instrumenten scheint in der Vergangenheit kaum jemandem gelungen zu sein, selbst der schon erwähnte Franz Liszt wird vorrangig als Pianist und Komponist und nachrangig als Dirigent und Organist gesehen, wobei seinerzeit naturgemäß fehlende Einspielungen eine entsprechende Klassifizierung nicht ermöglichen. Eine knappe Generation später wirkte Camille Saint-Saëns ebenfalls in mehrfacher Eigenschaft, neben etlichen späten Aufnahmen als Pianist existiert meines Wissens nach keine einzige Einspielung als Organist. Von Max Reger existieren wenige Aufnahmen (mechanisch, nicht akustisch) auf Orgel und Klavier, die eindeutig im Schatten des kompositorischen Schaffens stehen. Klanglich einigermaßen ansprechende Orgelaufnahmen aus der akustischen Ära (vor 1925/26) sind praktisch keine überliefert. Selbst in späteren Zeiten, als die klangtechnischen Unzulänglichkeiten bei Studioproduktionen und Livemitschnitten abnahmen, muss man bei dem Pianisten und Organisten Wilhelm Kempff lange suchen, bis man Orgeleinspielungen findet wie diese:



Möglicherweise verschwindet dieses Phänomen zunehmend, zu einer Spezialisierung entweder auf eine Organisten- oder eine Pianistenlaufbahn gedrängt zu werden, bei der das jeweils andere Instrument als eine Art Zweitinstrument eher im Schatten steht, obwohl in der kirchenmusikalischen Praxis des Gemeindelebens das Spiel beider Instrumente bei den Hauptamtlichen und Nebenamtlichen obligatorisch ist. Eine solche neue Betrachtungsweise musikalischer Interpretationen ermöglicht es ambitionierten Kandidat(inn)en eher als früher, eine echte Doppelkarriere zu machen. Schöch und einige andere haben diese Herausforderungen angenommen und kommen zu sehr individuellen künstlerischen Resultaten. Das macht weitere Recherchen und Beobachtungen spannend.

LG von Rheinkultur
 
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Ich erinnere mich, wie Bernd Glemser im Rahmen seiner C-Ausbildung (ca 1978) das BACH von Liszt auf der Orgel in einem Schülervorspiel präsentierte.
 
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Wayne Marshall, Organist und Pianist, auch als Dirigent aktiv.
 
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Im schweizerischen Chur und im Bodenseeraum ist Domkapellmeister und Münsterkantor Andreas Jetter aktiv, der auch als Solist mehrere romantische Klavierkonzerte auf CD eingespielt hat und intensiv als Pianist konzertiert.

LG von Rheinkultur
 
Gerd Jordan aus Hamburg.
In der Christuskirche steht ein Bösendorfer-Imperial.
 
Mich erstaunt, dass in diesem Zusammenhang hier noch nicht der Name von @kitium genannt wurde:musik064::001:.
 
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Daniel Chorzempa.
 
Eigentlich finde ich manchmal schade, dass man heute, wenn man sich in die Öffentlichkeit traut meist derart spezialisiert ist, obwohl es ja durchaus Tradition hat, breiter aufgestellt zu sein.
So kunstvoll beispielsweise eine Chaconne für Violine von Bach gesetzt ist, muss Bach die Violine ähnlich meisterhaft beherrscht haben wie das Cembalo oder die Orgel. Bach am Silbermannschen Fortepiano und Potsdam ist sicher einer der Momente in der Musikgeschichte, dem besonders viele Musiker gerne beiwohnen würden, wenn Sie eine kurze Zeitreise unternehmen könnten.
Mozart hat ja zumindest auch öfter die Orgel gespielt und dürfte darin ebenfalls sehr gut gewesen sein.
Gibt es eigentlich Berichte, wie gut Mendelssohn, Schumann oder Liszt Orgel gespielt haben? Schumann nach seiner Fingeraktion logischerweise nicht mehr so gut. Wenn man sich die beiden großartigsten Orgelwerke von Liszt (B-A-C-H und Ad nos ad salutarem undam) ansieht, wirkt zumindest B-A-C-H doch sehr pianistenhaft und lässt für möglich erscheinen, dass Liszt nicht all zu oft Orgel gespielt hat.
Max Reger soll ja auf beiden Instrumenten auch ein hervorragender Instrumentalist gewesen sein.
 
Eine hohe künstlerische Qualität von Kompositionen sagt nichts über die instrumentalen Fertigkeiten der Komponisten aus.

Mendelssohn war sicher einer der besten Organisten seiner Zeit, hier ein paar Zitate:
https://de.wikipedia.org/wiki/Felix_Mendelssohn_Bartholdy#Organist

Franz Liszt überließ die Uraufführungen von "B-A-C-H" und "Ad nos" wohlweislich Alexander Winterberger.

Max Reger hat sich in erster Linie als Pianist hervorgetan.
 

Hat Reger seine Orgelwerke nicht gerne von Straube interpretieren lasssen?
 
Mich erstaunt, dass in diesem Zusammenhang hier noch nicht der Name von @kitium genannt wurde:musik064::001:.
Wo Du recht hast, hast Du recht: https://www.neumarkter-konzertfreunde.de/kuenstler/kit-armstrong

Allerdings ist hier ähnlich wie bei dem bereits genannten Bernd Glemser die pianistische Karriere so glanzvoll verlaufen, dass die Leistungen als Organist eher als zusätzliche Qualifikation den Lebenslauf aufwerten. Da aber Kit Armstrong gerade mal die halbe Lebenszeit von Bernd Glemser hinter sich gebracht hat, besitzt er glänzende Chancen, seine Prioritäten langfristig anders setzen zu können, während Glemser nach seiner frühen Organistenausbildung seine Prioritäten auf pianistischem Gebiet bereits sehr nachhaltig gesetzt hat - und das ganz sicher nicht zu seinem Nachteil!

Ursprünglich ging es freilich um echte Doppelbegabungen, die praktisch kontinuierlich als Pianist und Organist eine Solistenkarriere absolvieren konnten. Kein Pianist, der auch als Organist auftritt - und kein Organist, der auch als Pianist auftritt.

Auch über die Tasteninstrumente hinaus kann es solche Konstellationen geben: die Geigerin Julia Fischer ist auch eine ausgezeichnete Pianistin, die innerhalb eines Konzertes erst das 3. Violinkonzert von Saint-Saëns und anschließend Griegs Klavierkonzert als Solistin spielte, sieht sich aber eindeutig als Geigerin. Übrigens spielt auch Anne-Sophie Mutter hervorragend Klavier. Mehr als ein Instrument absolut erstklassig zu beherrschen, das dürfte wohl nur denjenigen gelingen, die jedes dieser Instrumente frühzeitig zu erlernen begonnen haben und die dazugehörige Ausbildung durchgängig auf höchstem Niveau absolvieren konnten. Besonders ungewöhnlich ist eine Konstellation im Musiktheater: Lehárs Operette "Paganini" enthielt erstmals eine dem Tenor Richard Tauber auf den Leib geschriebene Solopartie, die musikalisch mit einem umfangreichen Part für Solovioline verknüpft ist - was angesichts der portraitierten historischen Figur plausibel sein dürfte. Im Regelfall wird die instrumentale Ausführung des Violinsolos im Orchestergraben erledigt und der Darsteller des Paganini konzentriert sich auf seinen Vokalpart, der ihn bereits recht intensiv fordert, da die großen Lehár-Rollen ausgewachsene Opernpartien auf Augenhöhe mit Puccinis Beiträgen zum Genre der Oper sind. Und doch trat der Fall bereits ein, dass Lehárs Paganini auf der Bühne nicht nur so tun sollte, als könne er Geige spielen: der Tenorsolist hatte in seinem künstlerischen Vorleben nicht nur Violine mit Auszeichnung studiert, sondern bereits als Konzertmeister eines namhaften Symphonieorchesters gearbeitet - so geschehen vor vielen Jahren in der Schweiz und mir von einem befreundeten Regisseur berichtet worden, der dieses Phänomen später noch ein zweites Mal beobachten konnte. Übrigens hat Richard Tauber zunächst Klavier und Dirigieren studiert und ist auch als Komponist hervorgetreten und dies alles auf hohem künstlerischen Niveau. Es kann interessant werden, wenn man zwischen verschiedenen Welten zu wechseln imstande ist... .

LG von Rheinkultur
 
Eine hohe künstlerische Qualität von Kompositionen sagt nichts über die instrumentalen Fertigkeiten der Komponisten aus.

Nicht zwingend, trotzdem finde ich, dass man z.B. am Klaviersatz von Schubert oder am Orgelsatz von Liszt manchmal merkt, dass da nicht die allerbesten Instrumentalisten am Werk waren - ohne dass das die Qualität der Werke auch nur im Geringsten mindert.
 
Ein Beispiel für eine junge Musikerin, die tatsächlich zwei Instrumente (und noch dazu zwei sehr übeintensive) auf extrem hohem Niveau beherrscht, ist meine Freundin und Kollegin Samira spiegel: https://www.samiraspiegel.de/

Sie spielt seit frühester Kindheit Geige und Klavier, war mit beidem Jungstudentin und studiert beide Instrumente aktuell in der Meisterklasse an zwei verschiedenen Hochschulen. Zeitlebens trotzte sie allen "Empfehlungen" und der angeblichen Notwendigkeit, sich für eines der Instrumente zu entscheiden. Preise gab es abwechselnd. Für mich ein Rätsel, wie sie das schafft und gleichzeitig bewundernswert.

Von einer "Doppelbegabung" zu sprechen, wie man so oft liest, empfinde ich persönlich (und sie glaube ich auch) fast als despektierlich, in jedem Fall als uninformiert. Sicherlich trägt eine gewisse motorische, kognitive Veranlagung und Affinität zum spezifischen Instrument dazu bei, dass man dabei bleibt, wie auch manche Charakterzüge. ((Nicht umsonst sagt man diversen Instrumentengruppen besondere Wesenszüge nach, die sich meistens im allgemeinen als recht zutreffend auf einzelne Subjekten herausstellen!)). Vor allem aber ist es: Arbeit, Arbeit, Arbeit, Disziplin, Durchhaltevermögen, Frustrationstoleranz, gutes Organisieren.
 
Sicherlich trägt eine gewisse motorische, kognitive Veranlagung und Affinität zum spezifischen Instrument dazu bei, dass man dabei bleibt, wie auch manche Charakterzüge. ((Nicht umsonst sagt man diversen Instrumentengruppen besondere Wesenszüge nach, die sich meistens im allgemeinen als recht zutreffend auf einzelne Subjekten herausstellen!)).
Ah ja? Und was sagt man da so über Pianisten?
 
Gleichermaßen Klavier und Orgel auf höchstem Niveau ist sehr sehr selten.
Oh ja!
Das ist das größte und erhabenste, es sprengt geradezu die Vorstellungskraft.

...aber es gibt ein engelhaftes Wesen, welches am Klavier wie an der Orgel restlos alle in die Schranken weist! Und literarisch tätig ist das engelhafte Wesen obendrein, wo es ebenfalls restlos alles in die Schranken weist.

nein, keine Smieleys, lols etc denn das wäre unangemessen!
 

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