Am meisten ist mir aufgefallen, dass du beim parallelen Spielen von Links und Rechts (z.B. bei Tonleitern) noch nicht ganz exakt zusammen bist. Eine meiner Klavierlehrerinnen nannte das "es klappert". Das war bei mir früher auch so, und ein ganz genaues Zusammenspiel ist auch sehr schwierig. Ich denke das liegt unter anderem daran, dass die linke Hand noch nicht ganz so fix ist wie die rechte.
Nein, das ist nicht so schwierig. Und auch die Diagnose, woran es wohl liegt, ist nicht richtig.
Daß die von unterschiedlichen Stimmen erzeugten Töne nicht gleichzeitig kommen, liegt daran, daß die
Wahrnehmung beim Spielen nicht zweckmäßig ist.
Man kann sehr leicht ganz exakt gleichzeitig spielen, wenn man zwei gleichzeitig gespielte Töne auch wirklich als "vertikalen" Klang, also sozusagen als "Akkord" wahrnimmt. Das heißt: Nicht zwei unabhängige Aktionen von linker und rechter Hand, von denen man hofft, daß sie einigermaßen gleichzeitig stattfinden, sondern
eine einzige Aktion von links und rechts zusammen, die zu
einer Schallwelle führt.
Problem ist - gerade wenn der Spieler schon ganz gut ist und die Finger schon ganz gut "laufen" -, daß jede Hand frischfröhlich losspielt und dabei natürlich ab und zu zu unterschiedlichen Zeiten an bestimmten Punkten ankommt. Das heißt, vonnöten ist eine Synchronisation über vertikales Hören und "Vereinheitlichung" der Aktion wie im vorherigen Absatz angedeutet. Auch muß man gucken, ob der Schüler "irgendwie so Töne nacheinander" spielt (schlecht) oder wirklich rhythmisch (gut); in letzterem Falle müssen die Schwerpunkte (also z.B. die "Einsen") als vertikale Synchronisations- und Schwungpunkte wahrgenommen werden. Beachtet man dies alles, gibt es das Ungleichzeitigkeits-Problem nicht mehr.
Hinzu kommt allerdings, daß durchaus nicht immer völlige Gleichzeitigkeit erwünscht ist. In nicht wenigen Stücken ist durchaus ein Rubato angebracht, in dem sich, bei gleichmäßig durchlaufender Begleitung, die Töne der Melodie demgegenüber leicht verschieben, um eine bestimmte Ausdrucksintensität hervorzurufen. Besteht der Lehrer immer nur auf 100%iger Gleichzeitigkeit, lernt der Schüler diese wichtigen Möglichkeiten nicht kennen.
LG,
Hasenbein