Gibt es gute Musik gegen das Klavier?

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Gomez de Riquet

Guest
Ein paar Fragen an die Virtuosen (oder solche, die es werden wollen):

Wie geht Ihr mit Musik um, die auf dem Klavier holperig daherkommt -
oder "undankbar" zu spielen ist, weil mit ihrer Hilfe nicht die
exhibitionistischen Bedürfnisse ausgelebt werden können?
Musterbeispiele: Reger, Hindemith, Fauré, Miaskowsky.

Oder mit Musik, die sich absichtsvoll jeglicher Virtuosität verweigert?
Musterbeispiele: Satie, Hauer, Cage, Feldman, Pärt.

Gibt es das für Euch überhaupt - gute Musik, zwar auf dem Klavier zu spielen,
aber nicht klavierspezifisch gedacht?
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Inwiefern erscheint Dir Faurés Klaviermusik holperig?

Hallo, Rosenspieß!

Um des Himmels willen - das bezog sich nicht auf Fauré!

Fauré habe ich angeführt, weil seine Musik in der Mentalität der Virtuosen
offenbar undankbar ist - er wird nicht gerade häufig aufgeführt.

Für mich ist dieses "pianistisch undankbare" gerade ein
Qualitätsmerkmal seiner Musik: Sie ist in hohem Maße vergeistigt,
vorallem die späten Nocturnes, Barcarolles, das letzte Impromptu,
die Préludes. Der Satz wird immer sparsamer, keine Note darin ist zuviel.

Viele Grüße!

Christoph
 
das ist ja eigentlich hoch interessante frage!

warum haben gestandene pianisten so viel verachtung für zum beispiel yann tiersen? weil er gute klaveirmusik leicht zugänglich macht? oder stiehlt er tatsächlich motive? ist er ihnen nicht anspruchsvoll genug ist virtuosität ein zeichen für gute klaviermusik? oder ist er einfach zu "mainstream"?

wert darüber nachzudenken...ich weiß es nicht, für mich haben immer ganz unterschiedliche lieder ein besoneere wirkung, ob einfach gestrickt oder nicht.


lg
 
@yannick: Ich spüre das, ganz tief. Vielleicht ist das eine Frage des Alters (nicht wertend!)? Yiruma, Einaudi und Co: Da sind unnötige Repetitionen drinnen, um auf (unnötige) Länge zu kommen. Wenn man so hart und lange an neuen Stücken kämpft wie ich, erschliesst sich das wunderbarerweise ganz leicht: Satie oder die tolle "Paolistana" von Claudio Santorro kann ich ewig üben, während Y&E und andere sehr schnell "lästig, billig" werden - ich verlier dann einfach die Motivation...
 
Gibt es das für Euch überhaupt - gute Musik, zwar auf dem Klavier zu spielen, aber nicht klavierspezifisch gedacht?

Klar, denn ob etwas klavierspezifisch gedacht ist, sollte ja nicht der Gradmesser sein, anhand dessen zwischen gut und schlecht unterschieden wird! Würde mich wundern, wenn das jemand anders sieht. Mir fällt gerade ein Extrembeispiel ein (Horowitz über Beethoven-Liszt-Sinfonien, die ja eigentlich völlig unpianistischer Klavierauszug sind):

These are the greatest works for the piano, tremendous works. But they are 'sound' works,'' he explains, meaning works that draw on the piano's vast coloristic possibilities. ''For me, the piano is the orchestra. I don't like the sound of piano as a piano. I like to imitate the orchestra - the oboe, the clarinet, the violin, and, of course, the singing voice. Every note of those symphonies is in these Liszt works.

Wie geht Ihr mit Musik um, die auf dem Klavier holperig daherkommt -
oder "undankbar" zu spielen ist, weil mit ihrer Hilfe nicht die
exhibitionistischen Bedürfnisse ausgelebt werden können?
Musterbeispiele: Reger, Hindemith, Fauré, Miaskowsky.

Was meinst Du mit "umgehen"? Ob man sie spielt oder nicht? Das hängt sicher vom Anlass ab - manche Stücke werden ohne Frage seltener gespielt, weil sie als "heikel" darzustellen gelten. Oder manuell? Oft wird etwas, was vom einen als "undankbar" empfunden wird von anderen als sehr pianistisch empfunden, und es ist einfach eine Frage, ob die Schwierigkeiten richtig verstanden sind.
Beispiel: Stück für zweimanualiges Cembalo
http://www.youtube.com/watch?v=STm83fDhyxg#t=0m35s
Auf dem Klavier bedeutet das, dass die Hände ständig ineinander greifen, Stimmen kreuzen sich auf demselben Ton, usw. alles an sich sehr unpianistisch, aber wenn es so durchdrungen ist wie bei Sokolov, was will man dann noch so urteilen?
http://www.youtube.com/watch?v=-k7omyaduKg

Oder extreme Polyphonie, wie z.B. das 8-stimmige Fugato in Quasi Faust aus Alkans Sonate? An sich ist das Klavier, und vor allem ein einzelner Pianist, ja nicht das geeignete Medium, um so etwas klar darzustellen. Aber die Transzendenz dieses Momentes, das an-die-Grenzen-Stossen, kann durch ein Ensemble nicht so vermittelt werden, selbst wenn es die Polyphonie vielleicht klarer darstellen kann.

Übrigens fallen mir bei Reger als erstes Bach- und Telemannvariationen ein. Ich würde mal sagen, wenn Leute das "unpianistisch" nennen, meinen sie eigentlich einfach "sauschwer" :p Wenn man gute Interpretationen hört (z.B. Hamelin), sollte kein Zweifel kommen, dass das sehr effetkvoll dargeboten werden kann.

Oder mit Musik, die sich absichtsvoll jeglicher Virtuosität verweigert?
Musterbeispiele: Satie, Hauer, Cage, Feldman, Pärt.

Es gibt ja nicht nur um Fingerakrobatik, wenn es gilt, ein Werk darzustellen. Auch solche Musik kann schliesslich gut oder weniger überzeugend gespielt werden.

PS.
Da hat sich in eine scheinbar neutrale Frage doch ein recht (ab)wertendes Adjektiv eingeschlichen ;)

PPS.
Danke für die Erwähnung des Namens - ich kannte noch gar nichts von ihm und habe auf Youtube gleich ein sehr interessantes Stück gefunden:
http://www.youtube.com/watch?v=TFsHJze5IBw
 
hallo,

welch eine Fangfrage! :D

"unpianistisch" im höchsten Sinne, und damit allein schon den Begriff vom "Unpianistischen" ad absrurdum führend, ist der große zweite Satz der Beethovenschen Sonate c-Moll op.111 !!

...mir scheint, dass sich hier im Begriff des "Pianistischen" weniger musikalische und instrumentale Tugenden oder Qualitäten verbergen...

Horowitz übrigens teilte mit, dass er monatelang brauchte, um ein Nocturen von Faure zu lernen!

Wagner: Albumsonate As-Dur - im besten Sinne "unpianistisch", aber bis heute noch nicht wirklich angemessen aufgenommen --- dabei ist das Stück weder schwierig, noch musikalisch schlecht... Großes Tamtam und Blabla haben Kommentatoren über den unpianistischen Klaviersatz der Wesendonck-Lieder verzapft - jede Wette, dass Gerald Moore und andere das nicht unterschreiben (und unter Kennern ist "Stehe still!" manuell sogar gefürchtet)

gute Musik für Klavier ist nie "unpianistisch"!

und gute Musik für Klavier reduziert sich gottlob nicht darauf, dass man beim Zuhören und/oder Zuschauen "boah, wie fingerfertig" staunt...

kurzum: vermeintlich unpianistische Sachen wie Janaceks "auf verwachsenem Pfad" sind ganz im Gegenteil höchst "pianistisch"!!!

Gruß, Rolf
 
Sehr unpianistisch, weil orchestral komponiert, ist die Sonate für Klavier zu vier Händen von Anton Rubinstein.
Dafür ist sie aber auch sehr toll... :kuss:
 
Unpianistisch verstehe ich als "sehr ungemütlich zu spielen".
...sehr ungemütlich zu spielen sind etliche der schönsten Klavierwerke ;) :) - das ist aber nicht mit unpianistisch gemeint (spiel mal die greulichen Jugendsonaten von Wagner, dann weißt Du für immer, was ein umpianistischer [um nicht zu sagen: ungekonnter] Klaviersatz ist) :D:D
 

und bzgl. des Kennens: ich kenn viel russ. Klaviermusik, liegt unter anderem daran, dass ich lange und ausgiebig von Russen gplagt, gepeinigt und sekkiert wurde... :D:D:D:D
 
spiel mal die greulichen Jugendsonaten von Wagner, dann weißt Du für immer, was ein umpianistischer [um nicht zu sagen: ungekonnter] Klaviersatz ist

Ach Rolf, sei nicht so rigide. Für pianistische Minderbürder und -schwestern wie mich sind das ganz famose Stücke und langweiliger als die "Mühle" von Jensen sind sie wirklich nicht ;).

Schönen Gruß,

Friedrich
 
Ach Rolf, sei nicht so rigide. Für pianistische Minderbürder und -schwestern wie mich sind das ganz famose Stücke und langweiliger als die "Mühle" von Jensen sind sie wirklich nicht ;).

Schönen Gruß,

Friedrich

Wirklich hübsch, diese Mühle, und dieses Klangbild ist soooo toll... :kuss: ich höre sogar das Loge-Motiv heraus :D:D
 

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