Fragen zur Dominante in Dur und Moll

du könntest das doch zunächst mal ohne umfangreiche Theoriebücher angehen:
es gibt eine sehr einfache Invention von Bach in a-Moll, nimm einfachen derern erste beiden Takte; das Thema wird aus Akkordbrechungen zusammengesetzt, und Bach verwendet da die Akkorde a-Moll (t) und E-Dur 7 (D7) --- und dort ersetzt mal jedes gis (Leitton, in Moll nicht vorgezeichnet, sondern jeweils eigens mit # (oder Auflösungszeichen) notiert) durch ein g, oder sogar jede E-Dur Akkordbrechung durch eine in G-Dur ;):):)
du wirst die erstaunliche Erfahrung machen, dass dort alles andere als das gis ziemlich ...hm.... unerbaulich klingt :D
Nächste Woche habe ich keinen Klavierunterricht, also dann die Zeit, das mal zu probieren. In meinen Noten (Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach) scheint diese Invention nicht zu sein, ich denke mal dass ich die Noten bis dahin aus dem Internet kriege; vor allem wenn es sich nur um die ersten beiden Takte handelt.
 
(Ich konnte nicht ins obige Posting reinschreiben da die Zahl der Smileys überschritten wurde.)

Also ich nehme die Strebewirkung z. B. beim Spielen der C-Dur-Tonleiter nur beim Ton 7. Ton wahr. Ich nehme aber an, dass Du - wie Hasenbein erläutert - Dir den ganzen Dreiklang auf der 5. Stufe inkl. der (großen) Terz als Leitton vorstellst und daher die Strebewirkung kommt.

Oder Du hast zu oft einen Tusch bei Karnevalssitzungen gehört ;-)

Gruß
Bassplayer
Bevor ich was von Funktionsharmonik wusste, fiel mir auf, dass in C-Dur C-G-C (G dabei tiefer als C) sehr gut und vor allem wie ein Abschluss klingt. (Das war noch auf dem Akkordeon, ich hatte nur eine handvoll Stunden an der Musikschule. Ich spielte das rechts im Piano-Teil, also ohne Bässe.) Wenn ich durch eine Melodie bereits C als tonales Zentrum akzeptiert hatte (das Wort kannte ich noch nicht, aber das Konzept war mir grob klar) dann empfand ich stark, dass G zu C will. H *muss* zu C, und zwar sofort.

Karneval gibt es so im Norden nicht ;( Es kann natürlich trotzdem sein, dass ich durch eine Hörgewohnheit vorgeprägt bin.
 
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(Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach)
(für dieselbe Hörerfahrung wie in der a-Moll Invention kannst du aus dem Notenbüchlein auch das hübsche Menuet d-Moll wählen und dort die ersten vier Takte nehmen:
d-Moll wird wie F-Dur notiert f-g-a-b-c-d-e (F-Dur) --- d-e-f-g-a-b-#c (d-Moll)
wenn du dort in den ersten vier Takten jedes notierte cis durch c ersetzt, wirst du merken, welche Relevanz der Leitton und damit der Dominantakkord mit großer Terz hat)
 
(für dieselbe Hörerfahrung wie in der a-Moll Invention kannst du aus dem Notenbüchlein auch das hübsche Menuet d-Moll wählen und dort die ersten vier Takte nehmen:
d-Moll wird wie F-Dur notiert f-g-a-b-c-d-e (F-Dur) --- d-e-f-g-a-b-#c (d-Moll)
wenn du dort in den ersten vier Takten jedes notierte cis durch c ersetzt, wirst du merken, welche Relevanz der Leitton und damit der Dominantakkord mit großer Terz hat)
Ich finde da jetzt kein Menuett in D-Moll, nur welche in F-Dur. Hast du die BWV-Nummer, oder Seite? (Ich habe eine Wiener-Urtext-Ausgabe mit rotem Umschlag.)

Gerade habe ich mal die Molltonleiter mit erhöhter Septime gespielt. Das klingt an der Stelle sehr orientalisch (der Klang erinnerte mich voll an die Hintergrund-Musik vom Computerspiel "Prince of Persia.") Bislang habe ich mich fast nur mit modalen Skalen beschäftigt.
 
Gerade habe ich mal die Molltonleiter mit erhöhter Septime gespielt. Das klingt an der Stelle sehr orientalisch (der Klang erinnerte mich voll an die Hintergrund-Musik vom Computerspiel "Prince of Persia.")
Der "orientalische Klang" kommt von der übermäßigen Sekunde (in deinem Fall: f-gis), die in arabischen Skalen oft vorkommt. Übrigens auch zweimal im sogenannten "Zigeunermoll": Moll (c-dis und f-gis).
 
... ich wollte hier mal ein Lob loswerden. :D

Dieser Fred hier (und andere) zeigen für mich eindeutig, wenn man hier vernünftig fragt bekommt man auch hilfreiche Hinweise.

und dabei spiele ich nicht mal Klavier ... ich konnte aber schon vieles von dem hier vermittelten Wissen auf meiner Gitarre nachvollziehen.

Viele Hinweise, Links, Beiträge habe ich mir durchgelesen/ mich durchgearbeitet. Ich verstehe mittlerweile einiges mehr von den theoretischen Hintergünden (ich arbeite immer noch daran :) ), habe meine Übungsstrategien geändert, versuche Hinweise zum Klavierspiel / Üben auf meine Gitarre umzusetzen (vieles funktioniert dort auch) ... und einiges mehr.

Ich hätte zu Anfang nicht gedacht, das ich mich über eine so lange Zeit in einem Klavierforum aufhalten könnte, wobei ich zugeben muss, die meiste Musik die hier favorisiert / gespielt / gehört wird, ist immer noch nicht meine Musik :-) . (ich habe mir schon viele Stücke die hier als Links angegeben werden angehört)

Ich wollte hiermit den beteiligten (unvollständige Liste: rolf, hasenbein, newoldie , .... uva. auch in anderen Freds) einmal mitteilen, ihre Appelle verhallen nicht wirkungslos, bei mir nicht und ich denke bei einigen die hier (im Forum) still mitlesen auch nicht.
 
schau in Nicas Beitrag, da ist das d-Moll Menuet - und keine Bange, es klingt nicht orientalisch ;):):)
An der Stelle wo die Kreuze vorkommen, klingt es nach Dur. Ohne Kreuze hat das Stück einen anderen Sound. Mit Kreuzen klingt es eingängiger, fast poppiger.

Ich bin mir nicht sicher, wie es ich es hören würde, wenn ich nicht wüsste dass da Kreuze sind. Man könnte es imo ohne Kreuze spielen, mit anderem Klang. Die Leitton-Problematik wird beim Cis klar, die Frage der Dominante noch nicht so ganz.
 
Inzwischen würde ich meine eingangs gestellte Frage so beantworten: Die Funktionsakkorde funktionieren mit ausschließlich leitereigenem Material nur aus dem ionischen Modus heraus. Im äolische Modus, der ionischen Paralleltonart, ergibt es Sinn, im Dominantakkord für dessen Terz auf die chromatische Tonleiter auszuweichen um die dominantische Wirkung zu verdeutlichen. In den anderen fünf Modi funktionieren die Funktionsakkorde (im Riemannschen Sinne) noch schlechter oder ergeben sogar gar keinen Sinn mehr.
 
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Inzwischen würde ich meine eingangs gestellte Frage so beantworten: Die Funktionsakkorde funktionieren mit ausschließlich leitereigenem Material nur aus dem ionischen Modus heraus. Im äolische Modus, der ionischen Varianttonart, ergibt es Sinn, im Dominantakkord für dessen Terz auf die chromatische Tonleiter auszuweichen um die dominantische Wirkung zu verdeutlichen. In den anderen fünf Modi funktionieren die Funktionsakkorde (im Riemannschen Sinne) noch schlechter oder ergeben sogar gar keinen Sinn mehr.

Hi aths
... passt irgendwie ganz gut, nur mal so eingeworfen.
Ich spiele momentan ein Stück, tonal in A-Moll gehalten, bei dem die Dominante E7#9 ist, also sowohl die Dur- als auch die Mollterz im Akkord vorkommt. (Somit gleich zwei "leiterfremde:D" Töne)
Gitarristen kennen das als Jimi-Hendrix-Akkord.:p

Es gibt viel zu entdecken.

Lieber Gruß, NewOldie
 

Inzwischen würde ich meine eingangs gestellte Frage so beantworten: Die Funktionsakkorde funktionieren mit ausschließlich leitereigenem Material nur aus dem ionischen Modus heraus. Im äolische Modus, der ionischen Paralleltonart, ergibt es Sinn, im Dominantakkord für dessen Terz auf die chromatische Tonleiter auszuweichen um die dominantische Wirkung zu verdeutlichen.
Also mir ist das zu kompliziert. Offenbar quält dich nach wie vor die Frage, wo denn der Leitton in Moll herkommt, obwohl er in der natürlichen Molltonleiter nicht vorhanden ist. Dass jetzt aber zu beantworten, indem du auf "die chromatische Tonleiter" rekurrierst, ist doch keine Erklärung? Für mich wäre das ein weiteres Rätsel. Denn wo kommt die jetzt her? Zudem kann man sie keiner Tonart zuordnen, sie hat ja keinen Anfang und kein Ende.

Es ist eine Erklärung, die auf alle Fälle von leiterfremden Tönen (in Dur und Moll) angewandt werden kann, aber nichts erklärt. Ich schlage dir vor dich mit der Erklärung von de la Motte auseinanderzusetzen, die hier bereits genannt wurde.

lg marcus
 
Das Buch "Harmonielehre" von de la Motte habe ich vorhin gerade bestellt.

In den Etüden die ich übe, kommen gelegentlich Kreuze oder Bes vor, auch in Dur-Stücken. Die Begrenzung auf leitereigene Töne scheint zu eng zu sein. Insofern könnte ich mir vorstellen, 'harmonisch Moll' als Chromatik zu deuten. Bei der Diskussion hier wird mir aber langsam klar, dass ich mich von den strengen Konzepten modaler Tonleitern lösen sollte.

In der Harmonielehre von de la Motte soll auch Stimmführungslehre vorkommen, ich hoffe, dadurch ein tieferes Verständnis auch für Akkorde zu entwickeln.
 
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In der Harmonielehre von de la Motte soll auch Stimmführungslehre vorkommen, ich hoffe, dadurch ein tieferes Verständnis auch für Akkorde zu entwickeln.

hallo aths,

das wirklich nützliche an der Satzlehre ist, dass man Stimmführungen in der Praxis des Arrangements und der Improvisation sofort umsetzen kann. ( anstatt zu grübeln...:D)

So gesehen bekommen Akkorde, aufgelöst als Einzelstimmen im Satz tatsächlich ein ganz anderes, horizontales Eigenleben.
Ich betrachte jetzt immer die Cantabilität in der Fortschreibung der Stimmen; und das obwohl ich mich praktisch nur mit Jazz-Harmonik beschäftige.

Also, bleib dran, es lohnt sich.:p

Lieber Gruß, NewOldie
 
Also die Harmonielehre von Diether de la Motte scheint wirklich gut zu sein. Obwohl ich noch am Anfang des Buches bin, habe ich – unter anderem – endlich folgende Dinge verstanden, die mich schon länger beschäftigten und für die ich auch schon jeweils einen Thread aufmachen wollte:

• Warum galt der Sextakkord historisch nicht von Anfang an als Umkehrung eines Dreiklangs? (Der Sextakkord wurde ursprünglich wegen seines Klanges gewählt, erst später setzte sich die funtkionsharmonische Deutung mit den drei Hauptfunktionen durch und dann begann man, mehr in Funktionen zu denken. Der Autor erklärt auch andere Phänomene mit Musikgeschichte, was oft sinnvoller erscheint, als klangliche Begründungen zu finden.)

• Warum ergänzt die Subdominante den authentischen Schluss so gut? (Bislang überlegte ich, dass das Quartintervall aufgrund seiner mathmatischen Verwandschaft wahrscheinlich eine dominantische Wirkung des Quintintervalles erbt, außerdem ist die Subdominante ja "nach unten" wieder ein Quinte von der Tonika entfernt, was nochmal den dominantischen Charakter verdeutlichen müsste und dass S-D eine Pendelbewegung im Quintintervall um T ergibt. Doch de la Motte erklärt es viel besser: D und T liefern nur fünf von sieben Tönen, die Subdominante, also ii oder IV, bringt die beiden anderen Töne noch dazu so dass S-D-T das gesamte Tonleitermaterial vorstellt.)


Vorhin hatte ich am Keyboard eine Eingebung, warum die Dominante für mich wesentlich dominantischer wirkt wenn man die V eine Oktave tiefer spielt im vergleich zur aufzulösenden Tonika: Weil dann die Terz der Dominante wirklich der Leitton ist, und nicht die große Septime.


Auf jeden Fall.
 
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