Fingersätze in Klaviernoten - für Amateure und Profis

Ich kann nicht beurteilen, wie die Quellenlage einzuschätzen und wie am wahrscheinlichsten zu deuten ist.
Ich nehme einfach an, dass das Vorwort von G. Doderer und M. G. Ripoli in der Bärenreiter-Ausgabe (Cabezón Werke für Tasteninstrumente) von 2010 verlässlich den Stand der Forschung widergibt.
Außerdem wollte ich mit diesem Beispiel nur zeigen, dass bereits im 16. Jahrhundert der Daumen benutzt wurde, als Antwort auf die Behauptung, dies sei erst ab dem 18. Jahrhundert üblich gewesen.
Ja, benutzt auf jeden Fall. Das Gerücht, man habe ohne Daumen gespielt, ist natürlich Quatsch. Ich glaube allerdings, dass das technisch nochmal anders gelaufen ist. Selbst wenn man eine 4er-Gruppe von Tönen mit 4 3 2 1 4 3 2 1 (rechts abwärts) spielt, ist hier keine glatter Überschlag über den Daumen intendiert, wie es die moderne Klaviertechnik vorsieht, sondern eher ein Versetzen der Hand zur nächsten Notengruppe.
 
Nicht immer sinnvoll heißt: es gibt solchen Stellen.
wenige - und die haben eigentlich nichts (!!) mit deinem Notenbeispiel aus dem 15. Jh. zu tun und sie haben nichts (!!) mit eventuellen Amatuerproblemen mit den Außenfingern zu tun. Dasselbe gilt für Arraus Fingersätze in den Beethovensonaten.

z.B. im Kopfsatz op.111 (Takt 25-27 in der Schenkerausgabe) hat Beethoven sowas mit Fingersatz notiert, wobei anzumerken ist, dass das dort nicht wegen irgendwelcher Probleme mit nebeneinanderliegenden Fingern geschieht (und obendrein ist Beethovens Fingersatz dort nicht der geschickteste (links absteigend as-g-f mit 2-1-5 zu spielen ist schon --- eigenwillig) - - - daran sowie an einer der 32stel Girlanden in op.110 kann man zweierlei sehen: a) das also Beethoven für heikel, anderes offenbar nicht so sehr (weil er da keine Fingersätze mitteilt, schade, es gibt von ihm eine fiese non ligato Stelle, da wäre interessant, wie er sich die motorisch vorgestellt hat) b) es kann vorkommen, dass sogar ein Beethoven nicht den besten Fingersatz für seine eigenen Sachen fand (an der Stelle in op.111 ist Bülows Fingersatz geschickter; freilich kann man da auch alles 3-2-1 [schön nebeneinander] beim Aufgang spielen)
 
wenige - und die haben eigentlich nichts (!!) mit deinem Notenbeispiel aus dem 15. Jh. zu tun und sie haben nichts (!!) mit eventuellen Amatuerproblemen mit den Außenfingern zu tun. Dasselbe gilt für Arraus Fingersätze in den Beethovensonaten

Im Buch über Pedaltechnik von Prof. K. Betz (in Wirklichkeit geht es darin um weit mehr als nur Pedaltechnik) finden sich überall Beispiele für Fingersätze, die Finger auslassen, Buch (karlbetz.de).
Das ist nicht so selten wie Du das hier darstellst. Und natürlich kann man es bei vielen Stellen auch anders machen, aber es gibt gute Gründe für solche Fingersätze und zwar egal, ob man Chopin-Etüden spielen kann oder nicht.
 
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Buch über Pedaltechnik von Prof. K. Betz
dieses - leider! - noch nicht publizierte Buch ist mir bekannt.
Das ist nicht so seltenes wie Du das hier darstellst.
jetzt muss ich doch nachfragen: meinst du wirklich (in einer Hand, einstimmige) nebeneinander liegende Töne, diatonische Tonfolgen bei denen es sinnvoll ist "Finger auszulassen" (also statt z.B. 123 eben 135 oder so)?

Beethoven op.111 Kopfsatz T25-27 wäre eine solche (eher seltene) Stelle (natürlich gibt es da mehrere Möglichkeiten) - und ansonsten?
(dass wir uns nicht missverstehen: ich sehe das immer noch im Vergleich zum deiner Ansicht nach diskutierenswerten Notenbeispiel auf der ersten Seite des Fadens)
 
dieses - leider! - noch nicht publizierte Buch ist mir bekannt.

jetzt muss ich doch nachfragen: meinst du wirklich (in einer Hand, einstimmige) nebeneinander liegende Töne, diatonische Tonfolgen bei denen es sinnvoll ist "Finger auszulassen" (also statt z.B. 123 eben 135 oder so)?
ja
nur ein Beispiel, zufällig beim schnellen Durchsehen gefunden:
Kapitel 4, Seite 76, Beispiel 79e, Schubert Ges-Dur Impromptu , Sextolenbegleitfigur ces des' f' usw. mit 1 3 5 (eben nicht 1 2 4 oder so) keine Tonleiter ja, aber nebeneinanderliegende Töne ces des.
Irgendwo - ich finde die Stelle nicht - schreibt er, dass er D-Dur rechts abwärts mit 4321 oder auch 5321 beginnt, jedenfalls nicht 5432, da er 4 auf cis vor 3 auf h vermeiden möchte
 
Es gibt Stellen, da lasse ich gerne mal einen Finger aus. Z.B. trillere ich es-f lieber mit 24 (rechts) als mit 23. Das liegt daran, dass (zumindest bei meiner Hand) die Unterarmrotation dann etwas besser funktioniert. Auch eine sehr schnelle Folge c-d-es-f-es-d-c würde ich eher mit 1235321 spielen als mit 1234321.

Aber wenn man sich über eine so simple Figur wie die aus dem Beispiel - noch dazu in einem nur mittleren Tempo - den Kopf zerbrechen muss, dann hat man vielleicht ein grundsätzliches spieltechnisches Problem. Man sollte es besser lösen, anstatt zu versuchen, es mit einem speziellen Fingersatz irgendwie zu kaschieren.
 
Aber wenn man sich über eine so simple Figur wie die aus dem Beispiel - noch dazu in einem nur mittleren Tempo - den Kopf zerbrechen muss, dann hat man wohl ein grundsätzliches spieltechnisches Problem. Man sollte es lösen, anstatt zu versuchen, es mit einem speziellen Fingersatz irgendwie zu kaschieren.
Keine Angst, ich habe mir darüber nicht den Kopf zerbrochen, ich habe eher beobachtet, dass ich die Stelle so spiele:
Wobei ich mir den Fingersatz nicht wirklich "ausgedacht" habe, meine Hand hat ihn nach ein paarmal Durchspielen selbst gefunden, ich habe das eher beobachtet.
Wahrscheinlich weil die Handhaltung etwas runder ist, wenn die Figur auf 5 endet, 1235 erschien mir unbequemer.
 
du meinst das hier:
zz1.png
und das ist doch was ganz anderes, denn wir haben da keine einstimmige Tonfolge! Betz geht es darum, dass man die Melodienote nicht zwanghaft festhält (weil Pedal) - - das ist nun wirklich was ganz anderes, als g-a-h-c nicht mit 1234 oder 2345
Irgendwo - ich finde die Stelle nicht - schreibt er, dass er D-Dur rechts abwärts mit 4321 oder auch 5321 beginnt, jedenfalls nicht 5432, da er 4 auf cis vor 3 auf h vermeiden möchte
das geht in Richtung "natürliche Fingersätze" (Georgii), speziell hier soll vermieden werden, den Ringfinger innerhalb einer Gruppe auf der Obertaste und die anderen auf der Untertaste zu haben (weil das unbequem ist, analog F-Dur aufwärts mit 1234) -- freilich liegen bei einer abwärts D-Dur Skala mit 43214321 die Finger halt doch so´n bissel anatomisch nebeneinander ;-)
 
du meinst das hier:
Den Anhang 36250 betrachten
-- freilich liegen bei einer abwärts D-Dur Skala mit 43214321 die Finger halt doch so´n bissel anatomisch nebeneinander ;-)
richtig - doch würden die meisten auf Anhieb die Belgleitfigur mit 124 nehmen, auch wenn sie den Melodieton loslassen.

Und bei der D-Dur Tonleiter schreibt er 5321 oder 4321
 
doch würden die meisten auf Anhieb die Belgleitfigur mit 124 nehmen, auch wenn sie den Melodieton loslassen.
a) 124 nebst losgelassener Melodienote ist völlig ok, nur zwanghaft die Melodienote halten ist unsinnig
b) 135 hat hier einen speziellen "Sonder"grund, den Betz extra vorab erklärt:
zz3.png
(es könnte auch problemlos schon ab dem zweite ces 235 gespielt werden)
Hierbei geht es Betz keinesfalls um spezielle Fingersätze mit ausgelassenen Fingern, sondern um etwas ganz anderes:
zz4.png
und genau in diesem Kontext sind die Notenbeispiele mit dem Ges-Dur Impromptu zu verstehen!
Das sieht man in diesem Kapitel sehr schön am vorangehenden Beispiel:
zz2.png
Kurzum: in diesem Kapitel von Betz (und besonders in den Beispielen mit dem Ges Impromptu) geht um:
zz5.png
Das hat mit kuriosen Fingersätzen (auslassen von Fingern a la 1-3-5 für cde überspitzt gesagt) nichts zu tun, aber das muss ich sicher nicht mehr auseinanderdröseln, denn die Betz-Zitate sind selbsterklärend (und leicht verständlich)
 
Das hat mit kuriosen Fingersätzen (auslassen von Fingern a la 1-3-5 für cde überspitzt gesagt) nichts zu tun, aber das muss ich sicher nicht mehr auseinanderdröseln, denn die Betz-Zitate sind selbsterklärend (und leicht verständlich)
Auch hier verzerrst Du - mit Absicht? - wieder, was ich geschrieben habe, sind Deine Argumente so schwach?
Es ging um Viertongruppen benachbarter Töne mit 1345 statt 1234 oder 2345, nicht um cde o. ä. mit 135.

Warum wehrst Du Dich so vehement gegen das Auslassen des 2. oder 4. Fingers bei Viertongruppen bzw Skalen?
Ich behaupte doch nur, dass dies je nach Zusammenhang und sicher auch persönlicher Disposition von Vorteil sein und zu einer entspannteren Spielweise beitragen kann.
Ich habe die Stelle bei Betz mit der D-Dur Tonleiter rechts abwärts 5321 (4321 schreibt er gar nicht, das hatte ich falsch im Gedächtnis) gefunden: Kapitel 13, Seite 318 unten.
 
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Ich habe die Stelle bei Betz mit der D-Dur Tonleiter rechts abwärts 5321 (4321 schreibt er gar nicht, das hatte ich falsch im Gedächtnis) gefunden: Kapitel 13, Seite 318 unten.
dort geht es um den Sonderfall 3 auf weiß neben 4 auf schwarz (kann man unschwer dort nachlesen, wird ausführlich dargelegt!) - ich wiederhole mich:
hier soll vermieden werden, den Ringfinger innerhalb einer Gruppe auf der Obertaste und die anderen auf der Untertaste zu haben (weil das unbequem ist, analog F-Dur aufwärts mit 1234)
und zudem ist diese D-Dur rechts abwärts Tonleiter bei Betz komplett mit 53214321, und er erklärt da auch was (bitte besonderes Augenmerk auf das fett markierte legen und mit den Unterstreichungen vergleichen) voila:
Bei einer, rechts, abwärts gespielten D-Dur-Tonleiter, bereitet mir der Fingersatz 5 - 4 - 3 - 2 - 1 bei den Anfangstönen D - Cis - H - A - G ein geradezu körperliches Unbehagen. Zwischen 4 auf Cis und 3 auf H ergibt sich eine Beengung, weil der vierte Finger erhöht auf Schwarz (Cis) und der dritte Finger darunter auf Weiß (H) zu spielen kommt. Ich nehme deshalb 5 - 3 - 2 - 1 und habe so am Start eine bessere Kontrolle über die Finger. Dadurch vorverlagert sich die Folge 4 - 3 von der ungünstigsten Variante (= 4 auf Schwarz, 3 auf Weiß, bei Cis - H) in die günstigere (= 4 auf Weiß, 3 auf Schwarz, bei G - Fis). Der Übersatz 1 - 4 ist jetzt vorverlagert von G - Fis auf A - G. Damit allerdings verletze ich die Regel Nr. 10 ("Setze ... den 4. Finger ... über den Daumen nur auf schwarze Tasten!").
Des weiteren sind die Ausführungen zu Fingersätzen im 13. Kapitel von Betz im Kontext der dort vorgestellten "Hoffmann-Regeln" (S.314) zu verstehen, denn diese werden dort betrachtet und es wird auf eventuell sich ergebende Kollisionen dieser Regeln untereinander hingewiesen (S.314-315) und zuletzt eine allgemeine Empfehlung formuliert:
Lasse die Finger 3, 4 und 5 nicht zu lange alleine (spielen)!
und das, wie im Text erklärt wird, wenn schnell und oft ist; er bringt da ein kurioses Exempel zum ausprobieren:
"Nicht zu lange" ist, natürlich, unpräzise formuliert, gemeint ist, man sollte die drei Finger immer gut mit dem zweiten und dem Daumen "durchmischen". Literaturbeispiele erübrigen sich, als Nachweis genügt eine einfache Tonfolge, z. B. die Töne C - D - E, mit der linken Hand oft und schnell auf- und abwärts gespielt. Bei allen Klavier spielenden Menschen geht dies mit 3 - 2 - 1 - 2 - 3 - usf. am besten, und bei allen ist es mit 5 - 4 - 3 - 4 - 5 - usf. am schwierigsten. Und dazwischen ist es mit allen Kombinationen, an denen 2 oder 1 beteiligt sind, leichter als mit 5 - 4 - 3, gleichmäßige und unverklebte Tonfolgen zu spielen.
(c-d-e-d-c oft wiederholen - na ja, da kann man alle drei Finger 3-4-5 nun nicht mit 2 und 1 gut durchmischen - das geht freilich mit 3-2-1, mit 4-3-2 und mit 5-3-1 am bequemsten)
ABER das schließt die Fingerfolgen 2-3-4-5 (und umgekehrt) nicht aus, wie dort das nachfolgende Beispiel einer glissando-artigen A-Dur Tonleiter aus Beethoven op.2 Nr.2 sichtbar (!) handschriftlich zeigt:
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Preisfrage: wie oft muss die rechte Hand da 3-4-5 hintereinander spielen?
(übrigens ist das nicht die beste Verteilung dieses Laufs auf beide Hände (die fände man analog der Busoni-Skalen, die in Betz´ Pedalbuch nicht vorkommen))
...gnadenhalber: kein Hoffmann und kein Betz verteufelt 123, 1234, 12345 in Tonleitern - wenn allerdings schwarze Tasten das Gelände unbequem machen würden (wo der "Schulfingersatz" zu 3 auf weiß und 4 auf schwarz führt) sollte 1234 durch 1235 (Hoffmann) ersetzt werden oder (Betz) der Daumeneinsatz geändert werden (D-Dur aufwärts 12341234/5 - 3 auf fis und cis)

Zurück zu deinem Notenbeispiel nebst deinen Erläuterungen zu deinem Fingersatz 1-3-4-5:
am Ende der Gruppe immer 345, was gerade bei Laien bei zu starrem Spiel aus den Fingern zu Anspannung oder Verkrampfung führt.
Es ging um Viertongruppen benachbarter Töne mit 1345 statt 1234 oder 2345,
aha? ...die Folge 3-4 kommt in allen dreien vor, die Folge 3-4-5 in zweien (darunter in deinem!)... was machen da die von dir herbeibeschworenen Amateure, die mit 345 Probleme haben???

Fazit: deine Erklärungen klären nichts und der Betz hat damit auch nichts zu tun.
 
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