Erkennen von KKL

Dabei seit
28. Juli 2016
Beiträge
1.448
Reaktionen
2.279
Ich weiß nicht, ob ich mich gestern zu weit aus dem Fenster gelehnt habe...

Der beste Freund von meinem Sohn nimmt seit 4 Jahren Klavierunterricht. Zuhause hat er nur ein Keyboard stehen und mit Üben hat er es auch nicht so sehr. Da Musikgymnasium ist jedoch Instrumentalunterricht Pflicht.
Mit den Eltern bin ich sehr gut befreundet.

Seit ein paar Wochen hat seine KL aus persönlichen Gründen keine Zeit und möchte auch eine Pause. Wie lange die dauern soll, wissen seine Eltern nicht. Das Klavierspielen hat in der Familie nicht allererste Priorität. Jedenfalls habe ich zugesagt, ein paar Wochen mit ihm zu arbeiten. Machte aber ganz deutlich, dass ich nicht im entferntesten dazu qualifiziert bin und auch nur übergangsweise damit einverstanden. Falls seine KL über Monate hin eine Pause wolle, habe ich KL empfohlen.

Gestern habe ich bei mir zum ersten Mal mit ihm gearbeitet und war geschockt. Er spielt momentan eine Bearbeitung von der Elise. Abgesehen davon, dass ich bei dem Stück von Bearbeitungen gar nichts halte, ist das die schrecklichste, die ich überhaupt je gesehen habe. Sowas darf meiner Meinung ein KL nicht vorsetzen, sondern nur verbrennen!

Noten lesen geht nicht. Überhaupt kein Gefühl für Rythmus und Metrum. Ständiger Tempowechsel. Und die Stücke waren wohl abgehakt! Mutter und Sohn haben mich ganz froh angesehen und gemeint, das würde ja gut klappen. Ich war tatsächlich sprachlos. Der Fingersatz (von KL hingeschrieben) in der Elise war übrigens auch Murks, als hätte den jemand hingeschrieben, der erst seit 3 Jahren Unterricht hat...

Nach meinem Wissen ist seine KL Musiklehrerin an irgendeiner Schule. Ob sie Klavier studiert hat, wissen seine Eltern nicht.

Ich habe seiner Mutter gestern unter vier Augen dazu geraten, die KL zu wechseln. Ich glaube nicht, dass er so spielen lernt. Seine Mutter meinte, sie wisse dass er kein Virtuose werde, menschlich würde es halt passen. Sie denkt mal drüber nach. Sie findet es auch angenehm, dass die KL ins Haus kommt, das verstehe ich schon. Aber den Kompromiss würde ich nicht machen.

Findet ihr, ich war mit meiner Einschätzung zu vorschnell? Immerhin kenne ich sie ja nicht. Hab durchaus ein bisschen schlechtes Gewissen. Woran erkennt man (aus der Ferne) einen KKL?


Nach meiner ersten Stunde hat sich meine Meinung, Unterricht sollten nur fähige Fachleute erteilen bekräftigt. War viel schwieriger als gedacht! Fehler erkennen, kein Problem. Hilfe zur Umsetzung:ahhhhh!
 
Zuletzt bearbeitet:
Dh 14 und noch fünf/sechs Jahre Unterricht. Das ist länger als die bisherigen vier Jahre da lohnt sich die Anschaffung eines Klaviers, meinetwegen digital und auch eine andere Lehrerin.
Sonst ist die gesamte Zeit und das Geld für den Unterricht jedenfalls verschwendet.
Das würde ich der Mutter schon deutlich sagen.

In der 7. Klasse ist man normalerweise 12/13.
 
Sagen wir höchstens 14. Wenn er schon 18 wäre und nicht übt, hätte es eh keinen Sinn, aber vielleicht interessiert es ihn unter besseren Rahmenbedingungen ja doch.
Ich kenne Beispiele von Kindern (Jugendlichen), bei denen es NUR an Lehrer gelegen ist, dass nicht geübt wurde.
 
Ich habe seiner Mutter gestern unter vier Augen dazu geraten, die KL zu wechseln.
Und damit belasse es (außer wenn seine jetzige KL längerfristig ausfällt, und dadurch ein Wechsel notwendig wird).
Da gibt es irgendwelche eigenartigen Konstellationen zwischen Schüler-Eltern-Lehrer, die die Wahrnehmung verhindern.
In meinem Bekanntenkreise lernte ein Bub Gitarre. Ich hörte ihn in früher Anfangszeit, und stellte fest: er fängt mit den richtigen Sachen an, hält die linke Hand entsprechend locker, wie sich's gehört, hat wohl einen besseren Lehrer erwischt als ich einen vor Jahrzehnten hatte.
Im Jahr drauf hörte ich ihn wieder. Nun spielte er auch ein paar Akkorde - und das war fürchterlich. Miserabel gegriffen, dabei die Saiten verzogen, Daumen links falsch und linke Hand verkrampft. Sein KGL hatte also nur mal wie ein blindes Huhn ein Korn eine Anfänger-geeignete Gitarrenschule gefunden, war aber nicht in der Lage, richtig danach zu unterrichten.
"Aber der Bub spielt doch so schön! Und das sagt sein Lehrer auch!". Da kann man nix machen.
 
Man kann nur bedingt auf den Lehrer schließen. Die Vermutung liegt nahe, dass der Unterricht höchstens mittelmäßig ist. Aber: Offensichtlich ist vor allem, dass die häuslichen Voraussetzungen äußerst mittelmäßig sind! Wenn in mehrfacher Hinsicht kein Wert (im wahrsten Sinne) auf die Klavierausbildung des Sohnes gelegt wird, kann das kaum was werden.
Habe einmal als Pianist mit einer Sängerin einige Lieder eines Komponisten auf einem Neue-Musik-Festival aufgeführt, der als Dozent an einer NRW-Musikhochschule tätig ist. Einst hat er selbst ein solches Musikgymnasium absolviert, allerdings sich auf sein späteres Musikstudium bei einer sehr guten Klavierprofessorin der nächsterreichbaren Hochschule privat vorbereitet. Als ich mich mit ihm über Wert oder Unwert einer solchen gymnasialen Ausbildung unterhielt, sagte er unmissverständlich, dass künstlerisch ambitionierte Naturen dort keine Wunder erwarten sollten. Es sei zwar für musikalisch Begabte angenehmer, die Schulzeit an einer solchen Schule zu absolvieren, wo das Fach Musik einen höheren Stellenwert habe - gut möglich, dass der Notendurchschnitt im Abiturzeugnis deutlich besser ausfallen könne. Statt einer Zwei eine Eins vor dem Komma - dagegen hat wohl keiner was einzuwenden. Da man sich aber weniger einem Numerus Clausus als vielmehr einer nicht leichten Aufnahmeprüfung unterziehen muss, wenn man zum Musikstudium zugelassen werden möchte, werden die Karten beim Betreten einer Musikhochschule ohnehin wieder völlig neu gemischt. An welchem Gymnasium das Abitur abgelegt wurde, spielt bereits zu diesem Zeitpunkt keine Rolle mehr.

LG von Rheinkultur
 
Der Unterschied könnte, je nach Schule, eine Auswirkung auf die Theorie-Aufnahmeprüfung haben. Wenn man (wie ich) nie Theorieunterricht hatte und mit 16, 17 Jahren bemerkt, dass man den Quintenzirkel evtl. doch brauchen könnte, ist das auch nicht so ideal. Aber natürlich auch nichts, was man bei etwas Begabung und etwas Fleiß nicht in wenigen Wochen aufholen könnte...
 
Ist der Junge eigentlich schon gefragt worden, ob er Klavier spielen will?

Widerwillig spielt er jetzt nicht.
Ich sehe nur immer mehr, dass viele Kinder /Jugendliche das alles Klavier /Schule etc nicht besonders ernst nehmen. Mehr so nebenbei, bisschen zum Spaß.... Dazu können die KLs hier im Forum bestimmt mehr sagen. Aber zur Einstellung der heutigen Jugend wurde ja in anderen Fäden schon berichtet.
 
Wenn man (wie ich) nie Theorieunterricht hatte und mit 16, 17 Jahren bemerkt, dass man den Quintenzirkel evtl. doch brauchen könnte, ist das auch nicht so ideal. Aber natürlich auch nichts, was man bei etwas Begabung und etwas Fleiß nicht in wenigen Wochen aufholen könnte...
In diesem Falle hätten Dir entweder Deine Eltern (beide als Kirchenmusiker tätig) sofort helfen oder eine fähige Lehrkraft im Kollegenkreis ausfindig machen können. Aber das Selberlernen wäre Dir trotzdem nicht erspart geblieben.

Widerwillig spielt er jetzt nicht.
Ich sehe nur immer mehr, dass viele Kinder /Jugendliche das alles Klavier /Schule etc nicht besonders ernst nehmen. Mehr so nebenbei, bisschen zum Spaß....
Offensichtlich nicht widerwillig, aber auch nicht ambitioniert - was aber aufgrund der mütterlichen Äußerungen nicht ganz verwunderlich ist. Des weiteren wäre nicht auszuschließen, dass bei dem Jungen möglicherweise generell wenig Interesse am Lernen und an theoretischen Zusammenhängen besteht (hat er schon mal eine Klasse wiederholt?). Dazu ist er mit vierzehn Jahren in der Pubertät angekommen, in der man allerhand in Frage stellt und in der auch sonst die Motivation nicht die allergrößte unter der Sonne ist. Ausnahmen bestätigen freilich auch hier die Regel.

LG von Rheinkultur
 
In diesem Falle hätten Dir entweder Deine Eltern (beide als Kirchenmusiker tätig) sofort helfen oder eine fähige Lehrkraft im Kollegenkreis ausfindig machen können. Aber das Selberlernen wäre Dir trotzdem nicht erspart geblieben.
Richtig. Mein Vater hat auch ab und zu ein bisschen Gehörbildung mit mir gemacht. Aber es gibt doch so ein Sprichwort, dass die Schusterkinder immer die kaputtesten Schuhe getragen haben :007:
"Fähige Leute aus dem Kollegenkreis" findet man wohl nur in Großstädten :022: Mir haben dann ein paar Kurse an Berufsfachschule und BTKV gereicht. So kompliziert ist die Aufnahmeprüfung ja nicht. Meine Eltern haben mich nie zum Klavier geschoben, nur immer ein bisschen motiviert (wenn es nötig war) und günstige Konditionen zum Üben geschaffen. Theorieunterricht wurde von der Musikschule nicht angeboten. Mei, ich hab trotzdem überlebt, und das auch ganz gut.
 

Ich habe seiner Mutter gestern unter vier Augen dazu geraten, die KL zu wechseln. Ich glaube nicht, dass er so spielen lernt. Seine Mutter meinte, sie wisse dass er kein Virtuose werde, menschlich würde es halt passen. Sie denkt mal drüber nach. Sie findet es auch angenehm, dass die KL ins Haus kommt, das verstehe ich schon. Aber den Kompromiss würde ich nicht machen.

Findet ihr, ich war mit meiner Einschätzung zu vorschnell? Immerhin kenne ich sie ja nicht. Hab durchaus ein bisschen schlechtes Gewissen.

Du solltest es auf jeden Fall dabei belassen. Du machst das ja nur übergangsweise. Du hast keine klavierpädagogische Ausbildung und keine Erfahrung in Methodologie und Didaktik, aber dafür eine abgesicherte Eigenkompetenz.

Lass den Jungen die Vorteile selbst entdecken (es klingt "schöner", es spielt sich leichter / souveräner). Mein spontaner Rat wäre: Gar nicht viele Worte verlieren (schon gar nicht gegen die Lehrkraft!!!), sondern viel vormachen und nachmachen lassen. Imitation funktioniert bei Kindern noch besser als bei Erwachsenen. Wenn er sich etwas "Komisches" angewöhnt hat, forder ihn freundlich und wie nebenbei auf, es einfach wegzulassen.

  • Lass ihn mal nur die eine Hand spielen und spiel Du die andere,
  • mach Rhythmusübungen,
  • sing/summ (richtig!!!) mit,
  • lass ihn selbst erst (richtig) summen, dann (dazu) spielen,
  • lass ihn Quintfallsequenzen bauen (klingt toll und fördert Zugang zum freien Spiel und zum Harmonieverständnis)



Woran erkennt man (aus der Ferne) einen KKL?

An den Ergebnissen?

Trotzdem bin ich als klavierpädagogischer Laie äußerst vorsichtig mit Bewertungen. Es ist möglich, dass Missverständnisse entstanden sind und aus irgendeinem Grund nicht behoben werden können, weil man "keine gemeinsame Sprache" findet oder weil man sich festgefahren hat. Oder aber dass der Schüler zu blöd, zu faul, zu uninteressiert ist und der Unterricht einfach an ihm abprallt. ;-)

Wenn bei mir Leute auf Lehrgängen mitritten, die ganz sonderbares Zeug auf dem Pferd veranstalteten (mit hochrotem Kopf und festgetackerter Kiefermuskulatur ackern, bollern, drücken, ziehen, schieben etc. was angeblich der übliche Trainer geraten habe), korrigiere ich keine der Einzelaktionen (forderte ich sie nicht auf, etwas davon anders zu machen), sondern bitte darum, alles einfach wegzulassen und nichts zu tun, sich einfach nur mitnehmen zu lassen und die Bewegung zu erspüren. Üblicherweise läuft das Pferd nämlich auch ohne "Treiben" einfach weiter, da es die ganzen überflüssigen Aktionen sowieso nicht als konkrete Handlungsaufforderungen ("Hilfen") interpretiert, sondern als normal-dazugehörige Störeffekte, die man als Pferd ignorieren muss/kann, als reiterliches Hintergrundrauschen gewissermaßen. :004:

  1. Erkenntnisziel: "Weniger ist mehr". Geschmeidig, durchlässig in Balance sitzen. Die Bewegung zulassen, nicht blockieren. Beide haben mehr Freude an der Arbeit. Das Pferd ist die störende Überaktivität los, die es in ihrer Sinn- und Zwecklosigkeit zu ignorieren gelernt hat. Das Reiterlein darf sich entspannen und "muss" nicht mehr ackern. Plötzlich fühlt er den Puls der Bewegungen und nimmt den Rhythmus wahr. Takt und Losgelassenheit [sic!], die beiden unabdingbaren ersten Punkte der Ausbildungsskala, ohne die nichts Vernünftiges ausgebaut werden kann.
  2. Erkenntnisziel: Jede Aktion muss zweckmäßig sein. Es ist wichtig, dass die Zweckmäßigkeit der korrekt ausgeführten Aktion verstanden wird, dass man sie eben nicht "auch irgendwie anders machen kann" sondern richtig, weil sie sonst nicht den intendierten Zweck erreicht.

Wenn man das als Übergangstrainer vermittelt bekommt, hat man schon ein wichtiges Ziel erreicht. Um darauf (neu) aufzubauen, müsste man längerfristig mit dem Teilnehmer arbeiten.

Witzig: Das ist oft nicht nötig. Manch ein Trainer meiner Lehrgangsteilnehmer sagte mir später so lustige Dinge wie: "Hab ich schon hundertmal gesagt, offenbar muss es mal jemand Anderes sagen, damit es noch ankommt." – Oder: "Mit meinen Anweisungen kam ich irgendwie nicht durch, es war gut, dass es mal jemand mit anderen Worten gesagt hat." Die üblichen Trainer waren also keineswegs KRL, sondern das Trainingsgeschehen war aus irgendwelchen Gründen erstarrt.
 
Zuletzt bearbeitet:

Das ist beeindruckend anlässlich des Keyboards. Damit habe ich damals selber angefangen und weiß nur zu gut, dass man darauf nicht Klavier spielen kann.

Dass @Muck sich Gedanken macht und sich nicht raushält finde ich richtig. Menschen, die miteinander reden, kann geholfen werden, Denkanstöße sind hilfreich und unter Freunden sollte es normal sein, dass man offen und respektvoll seine Meinung sagt.
 

Zurück
Top Bottom