"Ein Profi muss ohne Noten spielen können" - Warum?

Angeregt durch eine kleine Bemerkung in einem anderen Faden - den ich nicht mit OT stören möchte - stellt sich mir die Frage, warum "heutzutage" von großen Teilen des Publikums erwartet wird, dass professionelle Klavierspieler bei öffentlichen Auftritten ohne Noten spielen. Mir persönlich ist das völlig wurscht, aber vielleicht übersehe ich ja was.

Also: Wer ist der Meinung, dass ein Profi ohne Noten spielen können muss und vor allem, wie begründet ihr diese "Forderung"? Spannend wäre für mich auch, wie die hier anwesenden Profis das selbst sehen.

Hi,
beziehst du dich auf die Aufführung von Klavierwerken im Bereich Klassik oder auch bei anderen Stilen wie etwa Jazz? Warum hast du die Frage dahingehend nicht konkretisiert?

Ist dir bewusst, dass Pianisten bei Aufführung von Kammermusik idR Noten verwenden? Oder beziehst du dich nur auf Soloaufführungen? Warum hast du deine Frage diesbezüglich nicht konkretisiert?

Hast du Belege dafür, dass es vom Publikum gefordert wird, dass ohne Noten gespielt wird? Ich bitte um Quellenangaben oder Darstellung der eigenen Erfahrungen. Mir z. B. ist das völlig egal, solange der hörbare Vortrag darunter nicht leidet.

LG
BP
 
Mir schwebt ein Klavierwettbewerb vor, der mit den ganzen alten Konventionen aufräumt. Auswendigspiel und Spiel mit Noten werden absolut gleichberechtigt behandelt. Es gibt eine "unvirtuose" Runde. Es gibt eine Runde hinter dem Vorhang. Es gibt eine Jury aus Profis und eine aus Fachfremden, und so weiter. Vielleicht kann ich das irgendwann realisieren.
@Stilblütewas ist eine unvirtuose Runde?
Die Grobidee des Wettbewerbs:

1. Runde: Hinter dem Vorhang. Jury hat null Kenntnis von Alter, Geschlecht, Nationalität der Pianisten (vorderer Teil wird abgedeckt, so dass der Klang abstrahlen kann, man den Pianisten aber nicht sieht; Hinweg auf Teppich, so dass man die Schuhe nicht hört)
Dies ist die Unvirtuose Runde. Es wird eine größere Anzahl an vorgegebenen, "unvirtuosen" Stücken geben, aus denen man sich ein Programm zusammenstellen kann.
Unvirtuos heißt nicht technisch leicht, sondern dass das technische Können nicht im Vordergrund steht. Ich würde Stücke hineinnehmen wie "Klänge der Nacht" von Bartók (sehr schwer!), "Oiseaux tristes" und "La vallée de Cloches", sowie den 2. Satz der Sonatine und aus "Gaspard de la nuit" von Ravel, Mazurken von Chopin, manche Präludien + Fugen von Bach, manche Préludes von Debussy, Scrjabin, Rachmaninov, Debussy, evtl. einzelne Mittelsätze aus Sonaten und so weiter.

2. Runde: Ohne Vorhang, dafür mit Moderation. Freie Programmwahl (ca. 40 Minuten), darunter mindestens drei Stücke, drei Epochen und drei Moderationen auf Deutsch oder Englisch

3. Runde: Klavierkonzert. Hier bin ich noch unschlüssig, ob die gängigen Kracher auch erlaubt sein sollen oder man sich z.B. auf Bach und Mozart beschränkt. Vielleicht würde ich auch einfach besonders "sensitive" Werke auswählen, z.B. das 4. von Beethoven, c-moll von Mozart und dergleichen.

Jury:
Es gibt eine Fachjury, die über das weiterkommen in die nächste Runde entscheidet und am Ende ganz normal Preise vergibt.
Zusätzlich gibt es eine Jury aus Amateuren, Hörern, Journalisten, fachfremden Musikern etc., die in jeder Runde Sonderpreise vergeben können und am Ende ebenfalls drei Sieger benennen.
Zwischen den Jurys darf es keinen Austausch geben.

Bei Stücken für "zwei Klaviere" wird wohl auch üblicherweise mit Noten gespielt, oder?
Normalerweise ja, wobei manchmal auch auswendig gespielt wird - z.B. die Mozart-Sonate für zwei Klaviere.
 
Die Grobidee des Wettbewerbs:

1. Runde: Hinter dem Vorhang. Jury hat null Kenntnis von Alter, Geschlecht, Nationalität der Pianisten (vorderer Teil wird abgedeckt, so dass der Klang abstrahlen kann, man den Pianisten aber nicht sieht; Hinweg auf Teppich, so dass man die Schuhe nicht hört)
Dies ist die Unvirtuose Runde. Es wird eine größere Anzahl an vorgegebenen, "unvirtuosen" Stücken geben, aus denen man sich ein Programm zusammenstellen kann.
Unvirtuos heißt nicht technisch leicht, sondern dass das technische Können nicht im Vordergrund steht. Ich würde Stücke hineinnehmen wie "Klänge der Nacht" von Bartók (sehr schwer!), "Oiseaux tristes" und "La vallée de Cloches", sowie den 2. Satz der Sonatine und aus "Gaspard de la nuit" von Ravel, Mazurken von Chopin, manche Präludien + Fugen von Bach, manche Préludes von Debussy, Scrjabin, Rachmaninov, Debussy, evtl. einzelne Mittelsätze aus Sonaten und so weiter.

2. Runde: Ohne Vorhang, dafür mit Moderation. Freie Programmwahl (ca. 40 Minuten), darunter mindestens drei Stücke, drei Epochen und drei Moderationen auf Deutsch oder Englisch

3. Runde: Klavierkonzert. Hier bin ich noch unschlüssig, ob die gängigen Kracher auch erlaubt sein sollen oder man sich z.B. auf Bach und Mozart beschränkt. Vielleicht würde ich auch einfach besonders "sensitive" Werke auswählen, z.B. das 4. von Beethoven, c-moll von Mozart und dergleichen.

Jury:
Es gibt eine Fachjury, die über das weiterkommen in die nächste Runde entscheidet und am Ende ganz normal Preise vergibt.
Zusätzlich gibt es eine Jury aus Amateuren, Hörern, Journalisten, fachfremden Musikern etc., die in jeder Runde Sonderpreise vergeben können und am Ende ebenfalls drei Sieger benennen.
Zwischen den Jurys darf es keinen Austausch geben.


Normalerweise ja, wobei manchmal auch auswendig gespielt wird - z.B. die Mozart-Sonate für zwei Klaviere.
bitte auch keinen Kontakt, soweit möglich, keine Kenntnis der Jury vorher, wer teilnimmt, damit keine geheimen Zeichen - 1 mal Husten vorher ;) verabredet werden können.

Deswegen auch kein Jurymitglied mit Kontakt zu Teilnehmern, Namen der Jury erst sehr kurzfristig, znd Verpflichtung dies nicht vorher zu veröffentlichen.
 
hmm. Wettbewerbe, Jurys,...also meines Erachtens ist alles, was mit "Jurys" zu tun hat, von Schmu und Cliquenwirtschaft beeinflusst. Zieht sich von Sportwettbewerben, in denen "Jurys" agieren, bis über Musikwettbewerbe internationaler "Bekanntheit".

Mit den großen Pianisten-Wettstreiten, in denen es nur wenige, meist ZWEI, Protagonisten gab, aus dem 19. Jhdt ( Gottschalk / Thalberg oder Liszt / Thalberg ) , oder gar noch früher ( Scarlatti / Händel ) hat das doch alles nix mehr zu tun. Wenn damals die Leute - das Publikum - sofort und durch Beifall reagiert haben, und die Sache dann unentschieden ausging, das ist was anderes, als heutzutage dieses ehrgeizige Streben und wettbewerbieren.

Zum Thema "auswendig" habe ich noch keine eigentliche Meinung, habe während ca. 33 Jahren nur vergleichsweise wenig auswendig gelernt ( vielleicht aber immer noch mehr als man denken könnte ), und erst nach dieser Zeit ( also vor ca. 2 Jahren ) angefangen, auch lange Werke auswendig zu lernen, speziell längere Sonaten, nach dem relativ langjährigen Überblick über diverse Noten, Bände und Komponisten hat das bisher, ich sag mal so "für meinen 2. Lebensabschnitt", ganz gut geklappt, ich blättere im Kopf um, habe mir die Erwähnung dieser Art aus Anmerkungen über Petri gemerkt gehabt, der dies perfekt beherrschte, insofern kann der Ansatz nicht schlecht sein. Bin gespannt, wie viel man so auswendig lernen kann, bis man...hehe...den Löffel abgibt. :-D:-D:-D

Jedenfalls nochmal zu "Jurys": Außer es ist unumgänglich und man würde mich zwingen, würde ich niemals mich einer Jury unterwerfen. Nie.
Ich verlasse mich nur und ausschließlich auf mich selbst.

LG, -Revenge.-
 
beziehst du dich auf die Aufführung von Klavierwerken im Bereich Klassik oder auch bei anderen Stilen wie etwa Jazz?
Ich beziehe mich im wesentlichen auf den Bereich Klassik. Und da eher auf Solo-Aufführungen.

Warum hast du deine Frage diesbezüglich nicht konkretisiert?
Warum hast du die Frage dahingehend nicht konkretisiert?
Weil ich hier lediglich eine Diskussion anregen wollte und mich andere Meinungen interessieren. Zwecks Horizonterweiterung und so. Eine wissenschaftlich belastbare Analyse war und ist von mir nicht beabsichtigt.

Hast du Belege dafür, dass es vom Publikum gefordert wird, dass ohne Noten gespielt wird?
Nö. Außer "schon relativ oft gehört und gelesen". Warum ich das hier einfach mal so ohne belastbare Quellen konstatiere? Siehe oben. Im übrigen scheine ich mit Blick auf den ein oder anderen Diskussionbeitrag mit dieser Einschätzung nicht alleine zu sein.
 
Das Thema hatten wir hier schön öfter und tatsächlich wird dieses Thema bereits seit Ewigkeiten diskutiert. Busoni hat z.B. folgende Meinung dazu gehabt...

Hochverehrter Herr Professor!
Von einer langen Abwesenheit zurückgekehrt, fällt mir Ihre interessante Frage: „Sollen die Künstler auswendig spielen?“ erst spät in die Hände; auf Ihre ausdrückliche Aufforderung hin („für etwaige…Zuschriften von Künstlern wäre ich sehr verbunden“) erlaube ich mir Ihnen zu schreiben. Ich bin – ein alter Podiumtreter – zu der Überzeugung gelangt, daß das Auswendigspielen eine unverhältnismäßig größere Freiheit des Vortrages gestattet.
Außerdem muß man das Stück in jedem Fall auswendig können, soll man ihm beim Vortrag die richtige Linienführung verleihen. Ferner – und das wird ihnen jeder fortgeschrittene Klavierspieler bestätigen - ist eine Komposition von einiger Bedeutung schneller ins Gedächtnis gedrungen, als in die Finger oder in den Geist. Die Ausnahmen davon sind sehr selten; ich wüßte im Augenblick nur die Fuge aus Beethovens Sonate op.106 zu nennen.
Allerdings wirkt das „Lampenfieber“, dem jeder mehr oder weniger, seltener oder häufiger ausgesetzt ist, auf die Sicherheit des Gedächtnisses. Aber nicht – wie sie annehmen – das Gedächtnis auf das Lampenfieber. Stellt das Lampenfieber sich ein, so wird der Kopf getrübt, das Gedächtnis schwankt; würde man aber Noten zu Hilfe nehmen, so würde sich das Lampenfieber sofort in einer anderen Form äußern: Treffunsicherheit, Unrhythmik, Tempobeschleunigung.
Sie beklagen sich, daß es Künstler gibt, die „mit einem halben Dutzend von Konzerten ihr Leben lang hausieren gehen“ und führen diese Erscheinung indirekt auf das Auswendigspielen zurück. Andererseits verfügt Herr R. Pugno, den sie als gutes Beispiel des Blattspieles anführen, über eine nicht größere Anzahl von Klavierkonzerten in seinem Repertoire.
Wenn ich mir erlauben darf Ihnen eine Erklärung zu geben, so lautet sie folgenderweise: Es gibt Künstler, die das Instrument und den musikalischen Apparat als ein Ganzes erlernen – und Künstler, die einzelne Passagen und einzelne Stücke einzeln sich zu eigen machen. Diesen letzteren ist jedes Stück ein neues Problem, das mühsam von Anfang an wieder gelöst werden soll; sie müssen zu jedem Schloß einen neuen Schlüssel konstruieren.
Die Erstgenannten sind Schlosser, die mit einem Bündel von wenigen Dietrichen und Nachschlüsseln das Geheimnis irgendeines Schlosses bald übersehen und besiegen. Das bezieht sich sowohl auf die Technik, als auf den musikalischen Gehalt, als auch auf das Gedächtnis. Hat man z.B. den Schlüssel zu der Lisztschen Passagentechnik, zu dessen Modulations- und Harmoniesystem, zu dessen formellem Aufbau (wo liegt die Steigerung? wo der Höhepunkt?) und zu dessen Empfindungsstil, so ist es gleich, ob man drei oder dreißig seiner Stücke spielt. Daß das keine Phrase ist, glaube ich bewiesen zu haben.
Die neue Aufgabe für das Gedächtnis tritt – verhältnismäßig – ein, wenn man sich mit einem Komponisten befaßt, einer Nation, Epoche, Richtung, zu der man den allgemeinen Schlüssel noch nicht verfertigt hat. So ging es mir die ersten Male, als ich César Frank versuchte.
So komme ich zu dem Schluß: wer zum öffentlichen Spiel berufen ist, dem ist das Gedächtnis ebenso wenig hinderlich als z.B. das große Publikum selbst. Wem aber das Auswendigspielen eine Barrière bildet, der wird auch in allem übrigen ein Zögernder sein. Der erste spielt die Literatur vor, der zweite wählt einige Stücke, um sich selbst hören zu lassen. Damit ist der Frage eine ganz andere Drehung gegeben, nämlich diese: „wo liegt der Punkt, an dem die Berechtigung des Öffentlich-Spielens beginnt?“
 

Ich beziehe mich im wesentlichen auf den Bereich Klassik. Und da eher auf Solo-Aufführungen.

Weil ich hier lediglich eine Diskussion anregen wollte und mich andere Meinungen interessieren. Zwecks Horizonterweiterung und so. Eine wissenschaftlich belastbare Analyse war und ist von mir nicht beabsichtigt.

Nö. Außer "schon relativ oft gehört und gelesen". Warum ich das hier einfach mal so ohne belastbare Quellen konstatiere? Siehe oben. Im übrigen scheine ich mit Blick auf den ein oder anderen Diskussionbeitrag mit dieser Einschätzung nicht alleine zu sein.

Danke für die Erläuterungen. Zu meiner Antwort: ich habe bisher die anderen Beiträge noch nicht gelesen, werde dies aber nun unmittelbar nachholen.

Tja, warum "erwartet" oder "fordert" - wie du im Eröffnungsbeitrag klarstellst - das Publikum dies bei professionellen, klassischen Klavier-Solo-Performces?

Zunächst frage ich mich, was Anlass für eine solche Überlegung derjenigen, die das fordern ist. Denn bei allen solchen Aufführungen, die ich bisher besucht habe, wurde ohne Noten gespielt. Das heißt, die Forderung wird ja üblicherweise erfüllt und Noten, deren Fehlen gefordert wird, sind gar nicht vorhanden. Das könnte auch bereits der Hauptgrund sein für die Forderung. Und damit war deine erste Formulierung, dass es "erwartet" wird, gar nicht so verkehrt. Weil es üblich ist, wird es erwartet und gleichzeitig gefordert, weil man es so gewohnt ist und ja oft verlangt, dass übliche Konventionen eingehalten werden. Das Thema könnte also eher aufkommen, wenn abweichend davon bei professionellen, klassischen Klavier-Solo-Performces verwendet werden.

Wenn ich mir das Bild des Pianisten auf der Bühne vorstelle, könnten Noten auf dem Notenpult auch optisch stören, wenn sie nicht flach im Flügel liegen. Die weißen, hellen Blätter sind auf den Notenpulten von schwarzen Konzertflügeln ziemlich auffallend und jemand könnte das als optischen Störfaktor empfinden. Da liegt auch ein kleiner Unterschied zur Kammermusik: denn wenn alle Noten vor sich haben oder bereits mehr Musiker auf der Bühne sind, fallen die Notenblätter beim Pianisten weniger auf.

Man könnte auch das Umblättern des Pianisten oder einer Hilfsperson als störend empfinden. Vielleicht passiert dabei eine ungewöhnliche Bewegung oder etwas anderes Auffälliges, dass die Aufmerksamkeit des Zuhörers für einen Moment ablenkt.

Ein weiterer Grund könnte das meiner Meinung nach falsche Vorurteil sein, dass ein Pianist ohne Noten besser spielen würde. Ob dies zutrifft oder nicht, ist ein ganz anderes Thema, aber nur viel dazu: es wäre widerlegt, wenn ein Pianist, der es sowohl mit als auch ohne Noten spielen kann, einmal so und einmal anders spielt und das Ergebnis tendenziell nach einer hinreichenden Anzahl von Versuchen, gleichwertig wäre; so einen Versuch würde ein vernünftiger Pianist aber wahrscheinlich als Zeitverschwendung betrachten. Wenn man komplett ohne Noten besser spielen würde, hätte sich das nach meiner Erwartung auch bei Kammermusik durchgesetzt, was aber nicht der Fall ist. Auch haben Pianisten bei CD-Einspielungen die Noten gelegentlich oder gar meistens auf dem Pult, obwohl sie die Stücke sicher auch auswendig spielen können. Dies widerlegt ebenfalls, dass das Spiel mit Noten nicht schlechter sein muss, vorausgesetzt natürlich, der Pianist (wenn ich hier Pianist schreibe, meine ich natürlich auch die Pianistin und das gilt der Vollständigkeit halber auch für alle anderen in diesem Beitrag oder in anderen Beiträgen genannten Wörter, wo gefordert werden könnte, dass ich weibliche Personen auch berücksichtige, was ich gedanklich selbstverständlich tue, aber der Lesefluss würde unverhältnismäßig gestört, wenn ich das jedesmal ausdrücklich schreiben würde, wie auch jetzt bei diesem Klammerzusatz) sich bestmöglich mit der Komposition auseinandergesetzt und diese entsprechend vorbereitet hat. Natürlich wäre er dann höchstwahrscheinlich nicht darauf angewiesen, dass die Noten vor ihm liegen, aber sie beeinflussen die Aufführung halt auch nicht negativ, was das hörbare musikalische Ergebnis angeht.

LG
Bassplayer

Edit: ich habe die anderen Beiträge nun gelesen. Der mögliche Grund, dass angenommen wird, dass ohne Noten besser gespielt würde, wurde in den Beiträgen diskutiert und hierzu gab es ja auch schon andere Fäden. Ich sehe hier noch einen weiteren Aspekt:

Wenn ich selbst solo vorgespielt habe, tat ich dies stets ohne Noten. Zum einen nahm ich an, dass das erwartet wird. Zum anderen war es für mich fast nie zusätzlicher Aufwand, Stücke auswendig zu lernen, weil das bei der Erarbeitung des Stücks idR automatisch erfolgte. Man liest aber oft hier, dass Anfänger und Amateure häufig Probleme mit dem Auswendiglernen haben und es als zusätzliche Leistung betrachten. Da vermute ich, dass diese von Profis verlangen, dass sie über dieses "Befähigung" verfügen, alles auswendig spielen zu können, was sie normalerweise ja auch tun, und fordern diese Leistung bei Konzerten dann auch ein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Fragt sich, warum Konzertorganisten in der Regel wie selbstverständlich mit Noten spielen, und stets einen Schüler, der nicht brav geübt hat, zum Umblättern (und ggf. Register wechseln), verdonnern...;-)
 
In der Pflicht, dieses merkwürdige Gehabe zu ändern, sind die Hochschulen. Wenn bei den Aufnahmeprüfungen Noten erlaubt würden, könnte sich die Szene eventuell ändern. Wettbewerbe würden nämlich vielleicht nach und nach oder zum Teil folgen, mehr Pianist würden sich mit Noten ins Konzert trauen - man hätte wieder freie Wahl.
 
Ich sag mal so, wer auf das "Blatt" angewiesen ist, kann des Stück einfach nicht richtig - ist wie n Klavierstimmer der ned ohne Stimmgerät auskommt ;-)

LG
Henry

Völliger Quatsch, Pogorelich spielt seit Jahren nur nach Noten, genauso Olli Mustonen und zuletzt auch Zimerman. Ich wage zu behaupten, dass die ihre Stücke absolut perfekt können...
 
Vielleicht wird der Umblätterer als störend empfunden?

Es kommt darauf an wer es macht. Mir hat Violina dieses Jahr 3x die 959 von Schubert geblättert. Sie sitzt weit weg, ist völlig entspannt, es wirkt sogar beruhigend. Letzten Sonntag in München hat uns eine Dame das Rondo geblättert, das war unmöglich... rückte mir auf die Pelle, wippte im Rhythmus mit, stand mehr als sie saß und dann befeuchtete sie jedes Mal ihre Finger mit Spucke... das stört dann wirklich alles zusammen genommen...
 
Vielleicht ist es bei den Konzertorganisten auch ein Grund, dass sie meistens auf der Orgelbühne nicht gesehen werden, und daher auch keine Show zu machen brauchen...
 
Der von @Destenay betreute pianist Michael van Krücker hat mich sogar ermutigt mit Noten zu spielen. Er sagte das
sei eine Unart, dass man unbedingt auswendig spielen müsse, vor allem als Profi...
 
die Frage, warum "heutzutage" von großen Teilen des Publikums erwartet wird
Wird es denn wirklich erwartet? Gibt es Konzertkritiken mit dem Tenor "konnte das Konzert nicht genießen, weil X nach Noten gespielt hat" oder "Y erschien schlecht vorbereitet, was man daran sehen konnte, dass er (sie) nach Noten gespielt hat" oder "Der Umblätterer war schlecht angezogen und hat Grimassen geschnitten"?

Vielleicht rennen manche ja auch gegen etwas an, was es gar nicht gibt?
 
Und betrachtet man den Punkt, ob ein Pianist mit oder ohne Noten besser spielt, isoliert, so muss man doch auch zugestehen, dass dies der entsprechende Pianist am besten selbst beurteilen kann, wie er seine Vorstellung zur Darbietung eines Stücks am besten erreicht und Spekulationen eventueller Teilnehmer im Publikum hier nicht zutreffender sein können.
 

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