Hab' vor ein paar Tagen einen Beitrag im Radio gehört, wo eine junge Violinistin vorgestellt wurde. Debei dann auch die kleine Anekdote, daß sie kürzlich zur Bespaßung der Königs bei irgendeiner familiären Feierligkeit engagiert worden war und weil ihr Vortrag den Herrschaften wohl genehm war, gleich auch zur gemeinsamen Mahlzeit eingeladen worden war. Dabei muß wohl einer der Prinzen die Bemerkung fallen lassen haben, die Geige sei doch ein ziemlich unpraktisches Instrument im Winter. So ein Klavier habe doch den Vorteil, deutlich länger zu brennen.
Fassen wir also zusammen: Eine Stradivari brennt besser als eine Blockflöte, eine Alt-Berliner Schepperkiste (ein Penner-Bechstein?) brennt besser als eine Stradivari und am besten brennen historische Blüthner-Flügel? Na toll, wieder was gelernt...!
Diese Überlegungen haben nur einen kleinen Schönheitsfehler: Der Faden-Ersteller, der eigentlich etwas hilfreiche Resonanz auf seine erste Eigenkomposition erwartet hätte, lernt daraus nichts hinsichtlich des Umgangs mit seinen schöpferischen Eingebungen, was ihm beim Schreiben seines Opus Nummer Zwei weiterhelfen könnte. Ein paar Denkanstöße liefere ich gerne nach.
Erfolgreich beim Schreiben eigener Stücke zu sein, bedeutet das musikalische Material zu beherrschen und nicht von dem Material beherrscht zu werden. Woraus besteht das vorliegende Material? Es sind meist ein- oder zweitaktige Fundstücke spätklassischer Prägung, die nicht so recht in Beziehung zueinander stehen wollen, auch wenn sie z.B. auf einer anderen Tonstufe weitergeführt werden. Es empfiehlt sich also eine Doppelstrategie: Zum einen nehme man sich einmal eine geeignete Vorlage, z.B. eine Beethoven-Bagatelle oder eine Mozart-Fantasie. Dort suche man nach ebensolchen ein- oder zweitaktigen Gebilden und erforscht das, was mit diesen Gebilden geschieht. Kehrt ein solches in identischer oder veränderter Gestalt wieder? Was hat sich geändert? Findet eine Entwicklung statt oder folgt ein neuer musikalischer Gedanke? Welche Gründe könnte es haben, dass das Stück so ist wie es ist? Zum anderen greife man aus dem eigenen G-Moll-Stück einen solchen Baustein heraus und erforsche, ob dieser weiter entwicklungsfähig ist.
Der Experte erhebt die Forderung nach motivisch-thematischer Arbeit, die gerade bei strengen Formen (Rondo, Sonatenhauptsatzform) gefragt ist. Allerdings gab es im 20. Jahrhundert auch athematisches Komponieren und statische Werkkonzeptionen, bei denen solche Entwicklungsvorgänge nicht stattfinden. Vorstadien dieser Konstellation sind bei Erik Satie und verschiedenen älteren Komponisten bereits anzutreffen. Da gibt es eine ganze Menge zu entdecken, was bei einem Opus Nummer Zwei schon viel besser und stimmiger funktionieren kann. In diesem Sinne viel Erfolg und frohes Experimentieren/Schaffen auch im Neuen Jahr 2014 wünscht
mit LG Rheinkultur