Die vertrackte linke Hand

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exwhysee

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Hi Leute,

ich stelle in letzter Zeit immer häufiger fest, dass meine linke Hand um ein vielfaches "schlechter" ist als die rechte.
Darunter fällt vor allem, dass meine linke Hand viel weniger Kraft hat. Viel weniger Ausdauer, und ich kann sie auch viel schlechter Kontrollieren, als meine rechte.
Teil des Problems ist sicherlich, dass ich um bach'sche Klaviermusik bislang einen Bogen gemacht hab, um Etuden auch. Generell gesagt habe ich um alle Stücke einen Bogen gemacht, die meine linke Hand zu sehr gefordert haben...

Die Frage ist nun, wie ich dieses Problem am besten in den Griff bekomme. Etuden? Fingerübungen? Wäre schön wenn hier ein paar Tips zusammenkommen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass ich nicht der einzige bin, der dieses Problem hat.

Danke und viele Grüße
xyz
 
hi xyz,

manchmal, wenn ich meine Texte lese, fällt mir auf, dass ich mir die Antwort oft schon selbst gegeben habe.:D

Aus meiner Sicht: Bach und nochmals Bach, notfalls auch nur links alleine.

Was auch geht, die linke Hand spielt die Melodiestimme der rechten Hand, während du mit der rechten Hand die Melodie z. B. mit Akkorden (taktig/halbtaktig/ad. lib) eine Oktave höher harmonisierst.

Man lernt dabei viel über Fingersätze und wird sich zwangsläufig über die Harmonien der Melodie klar. Das Ohr lernt dabei auch was.
Außerdem klingt es oft wirklich sehr schön und neu.:p

Lieber Gruß, NewOldie
 
lass die Fragezeichen weg und füge noch den Bach (oder andere polyphone Literatur) hinzu und schon läufts mit der linken Hand.
man kann noch was machen:
allmählich lernen, mit der linken wie mit der rechrten Hand zu fühlen.
Hierfür hilft es, den Part der rechten Hand bei einem ruhigen Stück das man gut kann (z.B. die langsamen Sätze Beethovens op.13 und op.27,2 etc) mit der linken zu spielen, aber sie soll genauso wie die rechte klingen und es soll sich auch quasi genauso anfühlen.
Außerdem ist es nützlich, allerlei (zuerst noch einfaches) Laufwerk links zu üben.
 
und bzgl Bach (wg. Polyphonie) ist obendrein hilfreich und sehr schön, das Praeludium der ersten Cellosuite mit der linken Hand allein zu spielen!!!
 
Achte beim spielen mit der linken auf das schönste, dichteste und bequemste Legato, das du erzeugen kanns!
 
und bzgl Bach (wg. Polyphonie) ist obendrein hilfreich und sehr schön, das Praeludium der ersten Cellosuite mit der linken Hand allein zu spielen!!!

danke für den Tip, rolf.
Das habe ich bisher noch nicht auf dem Klavier gespielt.
Mit den (besonders auf den Tasten gefühlten) weiten Sprüngen kann man gut die Zielsicherheit trainieren ....
... und durch die Wiederholungen bekommt man immer noch eine zweite Chance:D

Lieber Gruß, NewOldie
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Mit den (besonders auf den Tasten gefühlten) weiten Sprüngen kann man gut die Zielsicherheit trainieren ....

Lieber NewOldie,

bitte nicht "Sprünge" denken! :p Benutze lieber deinen linken Arm als Cellobogen und gleite über die Tastatur! Genau wie ein Cellist! Hier gibt's keine Sprünge!

http://erato.uvt.nl/files/imglnks/usimg/f/f3/IMSLP01298-BWV1007.pdf

Wenn du beim Skifahren von einem Punkt zum anderen gleitest, denkst du doch auch nicht, du springst!

Liebe Grüße

chiarina
 
Ich finde das G-Dur-Prelude von Chopin eine sehr gute Übung für die linke Hand, und ein wunderschönes Stück obendrein!

Im Buch "Die Kunst des Klavierspiels" von Heinrich Neuhaus werden anhand dieses Preludes detailliert gute Tips gegeben, wie man durch das Zusammenkippen von zwei getrennten Herangehensweisen die Partie der linken Hand geschmeidig und musikalisch hinbekommen kann.
 
Eine Überlegung wert wäre, die Aufmerksamkeit auf die linke Hand zu fokussieren:
Liste von Klavierwerken für die linke Hand

Jahrhundertelang war es in unseren Breiten üblich, die melodieführende Stimme im Satzbild an oberster Position anzusiedeln. Gerade die linke Hand käme aus anatomischen Gründen dieser Konstellation besonders entgegen: Die "starken" Finger der linken Hand befinden sich da, wo die höheren Töne gespielt werden - das Hervorheben einer Melodie könnte so auf natürlichstem Wege gelingen. So trivial es sich anhört: Am besten gelingt dies mit langjähriger Spielpraxis - und mit dem berühmten Blick über den Tellerrand. Der Boogie-Pianist braucht für die virtuos ablaufenden Patterns eine ebenso schnelle Linke wie ein versierter Boxer:
Vince Weber 1978 - I`m the Boogie Man - Boogie Woogie Piano - Onkel Pö Hamburg - YouTube

Freilich führen viele Wege nach Rom - und es gibt eine Menge an Möglichkeiten, als Rechtshänder der linken Hand gewissermaßen Beine zu machen. Die Spielpraxis mit polyphoner Literatur gehört ohne Frage dazu: In einer Bach-Fuge wandert die führende Stimme durch den gesamten Spielapparat - bei den Orgelwerken ersetzen die unteren Extremitäten die dritte und vierte Hand. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts hat die Wiederentdeckung des Bach'schen Lebenswerks bei Komponisten wie Schumann und Brahms prägende Spuren im Satzbild hinterlassen - Reger und Busoni haben dieses Denken stilistisch ins 20. Jahrhundert hinein weiterentwickelt, wo das strukturorientierte Musizieren im seriellen und postseriellen Zeitalter eine absolute Gleichwertigkeit der beiden Hände zur Selbstverständlichkeit schlechthin gemacht hat. Wer in diesen Bereichen praktische Erfahrungen sammelt und verinnerlicht, hat irgendwann fast zwangsläufig einen in sich absolut stimmigen und sehr leistungsfähigen Spielapparat zur Verfügung. Unlängst wurde in einem anderen Faden die Frage aufgeworfen, ob ein Linkshänder am Klavier eine Wiederbegegnung mit massiven Alltagsproblemen erleben würde, da ja die meisten Haushaltsgeräte, Werkzeuge, elektrischen Apparate auf die mehrheitlich rechtshändig gepolte Bevölkerung hin ausgelegt seien. Mehrere linkshändige Pianistenkollegen aus meinem Bekanntenkreis sind am Instrument höchst erfolgreich, wo offensichtlich die Gleichwertigkeit der beiden Hände zur gelebten und erlebten Realität wird. Nicht zuletzt aus meiner langjährigen Spielpraxis hat sich die bei mir als Rechtshänder zunächst leistungsschwächere linke Hand soweit verbessert, dass nahezu alle Alltagsaufgaben problemlos beidhändig erledigt werden können. Vielfach wird deshalb auch bei ausgeprägten Linkshändern über die Verbreitung eigener Linkshänderklaviere und -flügel (wo Tastatur und Besaitung spiegelverkehrt angeordnet ist und die darauf wiederzugebende Literatur transkribiert wird) nur müde gelächelt. Es gibt diese Instrumente in der Tat - aber die der Natur entsprechend konstruierten Instrumente machen aus einem nur durchschnittlich begabten Interpreten keinen Weltklassesolisten, wie die im Netz kursierenden Dokumente erwarten lassen. Vielleicht fühlt sich der Linkshänder an einem solchen Instrument subjektiv zunächst wohler. Dafür bezahlt er diesen (vermeintlichen?) Gewinn an Lebensqualität mit massiven logistischen Problemen, sofern er auf seinen Konzertreisen den entsprechend eingerichteten eigenen Flügel nicht rund um die Welt karren kann oder will...!
 
Ich finde das G-Dur-Prelude von Chopin eine sehr gute Übung für die linke Hand, und ein wunderschönes Stück obendrein!

Im Buch "Die Kunst des Klavierspiels" von Heinrich Neuhaus werden anhand dieses Preludes detailliert gute Tips gegeben, wie man durch das Zusammenkippen von zwei getrennten Herangehensweisen die Partie der linken Hand geschmeidig und musikalisch hinbekommen kann.

Stichwort "Chopin": Das virtuelle Cello-Solo in der linken Hand der Etüde op. 25/7 cis-moll ist eine ebenso schöne wie wirkungsvolle Aufgabe für die linke Hand. Wer mit selbiger bereits äußerst harte Nüsse zu knacken gewohnt ist, wird unter den z.T. exorbitant schwierigen Bearbeitungen von Leopold Godowsky auffallend viele Studien für linke Hand allein finden: http://javanese.imslp.info/files/imglnks/usimg/2/22/IMSLP03692-Godowsky_chopin_53_complete.pdf
Mit dem, was Godowsky aus op. 10/3 (nach Des-Dur transponiert) macht, kann man die linke Hand schon nach allen Regeln der Kunst fordern und fördern. Anderes ist aber schon so im Komplexitätsgrad überzogen, dass sich die Frage stellt, ob eine zum Selbstzweck erhobene Hypervirtuosität das Maß aller Dinge sein muss - vor allem, wenn man Godowskys eigene Interpretationen auf Tonträgern kennt...!
 

ob eine zum Selbstzweck erhobene Hypervirtuosität das Maß aller Dinge sein muss
sowas wie die linke-Hand-Bearbeitungen von Godowski ist sicher nicht das Maß aller Dinge, aber es ist gar nicht mal so unnütz, dergleichen zu üben oder gar zu können: denn dann wird anderes leichter ;):) ---- allerdings bin ich sicher, dass weder die Godowskispezialitäten noch Ravels l.H.-Konzert hier in Frage kommen.
 
Stichwort "Chopin": Das virtuelle Cello-Solo in der linken Hand der Etüde op. 25/7 cis-moll ist eine ebenso schöne wie wirkungsvolle Aufgabe für die linke Hand.

Das fett hervorgehobene finde ich sehr gut ausgedrückt!

Nur ein kleiner Einwand bzgl. Boogie im Allgemeinen und dem Vince-Weber-Video im Besonderen:
Bei so einem Boogie läuft man stark in die Gefahr, dass die linke Hand sehr hart spielt und anfängt, zu verkrampfen statt locker und leicht zu werden oder bleiben. Und in dem Video macht Vince eigentlich mit der linken Hand nix anderes als Wechselakkorde zu spielen. Aber vielleicht geht es nur mir so - da ist die Gefahr da, dass die linke Hand bei solchen Dingen eher "hart" wird, wie bei einem Boxer eben (der Vergleich ist von dir). Nur, als Übungen, damit die linke Hand melodisch spielen kann und geschmeidige Bewegungen macht, um stundenlang schnelle Dinge spielen zu können - dafür würde ich Boogie nicht gerade empfehlen, zumindest nicht mit solchen Pattern wie von Vince Weber gezeigt.
 
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Nur ein kleiner Einwand bzgl. Boogie im Allgemeinen und dem Vince-Weber-Video im Besonderen:
Bei so einem Boogie läuft man stark in die Gefahr, dass die linke Hand sehr hart spielt und anfängt, zu verkrampfen statt locker und leicht zu werden oder bleiben. Und in dem Video macht Vince eigentlich mit der linken Hand nix anderes als Wechselakkorde zu spielen. Aber vielleicht geht es nur mir so - da ist die Gefahr da, dass die linke Hand bei solchen Dingen eher "hart" wird, wie bei einem Boxer eben (der Vergleich ist von dir). Nur, als Übungen, damit die linke Hand melodisch spielen kann und geschmeidige Bewegungen macht, um stundenlang schnelle Dinge spielen zu können - dafür würde ich Boogie nicht gerade empfehlen, zumindest nicht mit solchen Pattern wie von Vince Weber gezeigt.
Im solistischen Gebrauch wird in der Tat virtuos und ziemlich kraftstrotzend agiert - insofern kann man nicht einem klassischen Pianisten einfach das Boogie-Spielen nahelegen. Die gewünschte Geschmeidigkeit der linken Hand ist vielleicht eher gefragt, wenn ein Tanz- und Unterhaltungsorchester für einen eleganten Auftritt sorgt: TOMMY DORSEY & ORCHESTRA : WOOGIE BOOGIE - YouTube

Der klassische Pianist möge sich auf die Suche nach ein paar gepflegten Zwölfton-Boogies machen und mit diesem hier anfangen;);););):
SJYS - Liebermann Concerto for Jazz Band - Boogie-Woogie (ft. Homestead HS Jazz Band) - YouTube
 
gerechtigkeitshalber sei darauf verwiesen, dass schon Prof. Goldenweiser diese Übungsweise wärmstens empfohlen und auch erklärt hatte, sie beruht also nicht auf Hamelin; schaut man in alle Liszt-Übungen, wird man dort sowohl symmetrische (bzgl. der Tastenlage) als auch asymmetrische Gegenläufigkeit finden (klar ist die asymmetrische schwieriger, man denke an den auseinander rasenden Oktavlauf in La Campanella)

dennoch: all das erwähnte virtuose Zeugs wird hier noch nicht helfen - es ist doch eher nach weniger aufwändigen Übungen gefragt. ;)
 
gerechtigkeitshalber sei darauf verwiesen, dass schon Prof. Goldenweiser diese Übungsweise wärmstens empfohlen und auch erklärt hatte, sie beruht also nicht auf Hamelin; schaut man in alle Liszt-Übungen, wird man dort sowohl symmetrische (bzgl. der Tastenlage) als auch asymmetrische Gegenläufigkeit finden (klar ist die asymmetrische schwieriger, man denke an den auseinander rasenden Oktavlauf in La Campanella)

dennoch: all das erwähnte virtuose Zeugs wird hier noch nicht helfen - es ist doch eher nach weniger aufwändigen Übungen gefragt. ;)

Ach Rolf, man braucht doch bei Läufen (nun nicht gleich die kompliziertesten) einfach nur die Geschwindigkeit zu reduzieren, schon funktioniert das auch für weniger Fortgeschrittene.

Aber danke für den Hinweis auf Prof. Goldenweiser.

Viele Grüße

Terri
 
Ach Rolf, man braucht doch bei Läufen (nun nicht gleich die kompliziertesten) einfach nur die Geschwindigkeit zu reduzieren, schon funktioniert das auch für weniger Fortgeschrittene.
ist dir aufgefallen, dass ich mehrmals versucht habe, Godowski & Co. erstmal beiseite zu lassen? ;)
...ob es hilft, eine (noch) untrainierte linke Hand allein durch "mach halt mal langsam" zu verbessern, scheint mir zweifelhaft - man sollte, wie hier schon empfohlen, mehrere Übungsweisen berücksichtigen.
 
ist dir aufgefallen, dass ich mehrmals versucht habe, Godowski & Co. erstmal beiseite zu lassen? ;)
...ob es hilft, eine (noch) untrainierte linke Hand allein durch "mach halt mal langsam" zu verbessern, scheint mir zweifelhaft - man sollte, wie hier schon empfohlen, mehrere Übungsweisen berücksichtigen.

An Godowski traue ich mich auch nicht ran. :twisted:
Und natürlich sollte man immer mehrere Übeweisen berücksichtigen, ich würde das niemals bestreiten. Ich würde für die linke Hand auch Bach und Laufwerk empfehlen. Ich meinte ja nur, dass es möglich ist, z.B. Tonleitern auch mal auf diese Weise zu üben, eben zusätzlich, als Variante. Und natürlich nicht langsam, sondern in einem dem eigenen Können angemessenen Tempo.

Viele Grüße,

Terri
 
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