Beschäftigung mit (viel) zu schweren Stücken

Ein (zu) schweres Stück angehen:

  • Habe ich auch schon mal gemacht - war ernüchternd

    Stimmen: 10 23,8%
  • Habe ich auch schon mal gemacht - war schön

    Stimmen: 26 61,9%
  • Will ich jetzt auch mal machen

    Stimmen: 0 0,0%
  • Mach ich nicht, weil ich eine andere Strategie verfolge

    Stimmen: 5 11,9%
  • Sonstiges

    Stimmen: 1 2,4%

  • Umfrageteilnehmer
    42
Dreiklang

Dreiklang

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14. Nov. 2010
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9.986
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1.275
Hallo,

ich wollte einmal meine Erfahrungen bezüglich diesem Thema kundtun ;)

Ich habe mich ja nun einige Zeit mit sehr schweren, aber für mich sehr sehr schönen Stücken (La Campanella (Liszt), Fantasie Impromtpu (Chopin)) beschäftigt, und meine gemachten Erfahrungen könnten für den einen oder anderen auch interessant sein.

Vorneweg: es sind rundweg positive Erfahrungen.

Wenn jeder Takt, ja bald jede einzelne Note, beim Lesen, Lernen und schließlich auf Tempo bringen besondere Anforderungen stellt, dann fördert das Konzentration und Bewußtsein beim Klavierspielen ganz generell.

Und es ist ein wunderschönes Erlebnis ganz eigener Art, wenn irgendwann einmal aus mühsam hingestammelten Noten der Klang dieser (wunder)schönen Stücke erkennbar wird. Und wenn man im kleinen das tut, was diese Konzertpianisten dort in Deinen Lieblingsaufnahmen tun.

Die Campanella bringt das Notenlesen auf Trab (Violinschlüssel in beiden Händen, viele Oktavierungen), die Fantasie das Rhythmusempfinden (oben 8, unten 6 Noten zu spielen).

Was den "Erfolg" der ganzen Sache angeht: latürnich spiele ich nicht gerade wie Yundi Li oder Valentina Igoshina, das wäre wohl auch etwas "strange" - aber weite Strecken laufen schon auswendig, und das Spielen macht riesigen Spaß.

Einfach "nur schwere" Stücke wie z.B. die Pathétique sieht man in einem völlig anderen Licht - "nur" 3 Stellen auf zwei Seiten, an denen man richtig üben müßte, dann würde der ganze Satz mehr oder weniger laufen...
So kann man Motivation gewinnen, und ich bin die Pathétique letztens wieder mal angegangen, und erfolgreicher als zuvor.

Natürlich kommt es immer darauf an, was man persönlich erreichen will. Für mich ist Klavierspiel Hobby und Entspannung - und so betreibe ich es auch. Was mir das Spielen und Üben bringen wird, weiß ich nicht und gebe ich mir auch in keiner Weise vor. Man sollte sich als Hobbyspieler wohl nicht mit der Hoffnung tragen, diese Stücke auf Konzertniveau "vernünftig" in den Griff bekommen zu können - riesigen Spaß machen mir Teile davon allemal, und ich bin schon weiter gekommen als ich selbst eingeschätzt habe, was sicherlich schön ist.

Also kann ich ein positives Resümee ziehen ;)

Hätte ja auch anders ausgehen können :D

Viele Grüße,
Dreiklang
 
Ich würde sagen, wenn man selbst nicht den Anspruch hat, solche Stücke völlig zu beherrschen, also sowohl technisch als auch musikalisch ganz zu durchdringen, dann ist es ok. Schließlich ist man niemandem Rechenschaft schuldig. Für mich wäre es aber nichts. Ich fühle mich erst dann wirklich wohl, wenn ich an die Technik keinen Gedanken mehr verschwenden muss. Und deshalb spare ich mir die h-moll Sonate auch noch eine ganze Weile auf ;-)
Ich denke, wenn man einmal an einem Stück herumgepfuscht hat, wird es sehr schwer, es irgendwann noch auf einen vernünftigen Level zu bringen.
LG,
NaMu
 
Hallo NaMu, hallo Dreiklang,

herumzupfuschen wäre natürlich äußerts kontraproduktiv – nicht nur für das betreffende Stück, sondern für das Spiel ganz allgemein. Ich denke aber, es kann nicht schaden, sich gelegentlich ein sehr schweres Stück vorzunehmen, um es zunächst kennen zu lernen und vielleicht auch, um ein späteres gründliches einstudieren vorzubereiten. Man kann es ja nach einiger Zeit, wenn man nicht weiterkommt, weglegen und nach einigen Monaten erneut vornehmen – z.B.wenn man in der Zwischenzeit die speziellen technischen Probleme in anderen Zusammenhängen bearbeitet hat. Man fängt dann nicht mehr neu an, sondern hat es sozusagen mit einem alten Bekannten zu tun. Nur – was man eben auf keinen Fall tun sollte: Über die halbwegs machbaren Stellen hinwegspielen und sich der Illusion hingeben, man könne das Stück.

Vielleicht zwei Meinungen dazu:

Charles Cooke, Die Freuden des Klavierspiels:
Cooke empfiehlt, sich eine Repertoireliste zu machen, ca. 5 Stücke, und die systematisch zu erarbeiten; sitzt dieser Block, kommen die nächsten 5 dazu usw. Dabei soll die Schwierigkeit dem Können angemessen sein, also so, daß man wirklich anstreben kann, die Stück auch sicher und musikalisch ansprechend spielen zu können. Alles – und darauf kommt es mir hier an – was technisch über diesem Niveau liegt, kommt garnicht erst auf das Notenpult. Als Amateur (dem Cooke realistisch 1 Stunde Übezeit empfiehlt) tue man gut daran, eine Grenze zu akzeptieren, die Klavierliteratur ist unübersehbar reich an schönen und auf mittlerem Niveau gut spielbaren Stücken, Hammerklaviersonate oder Islamey (so Cooke) sind eben den Profis vorbehalten.

Joachim Kaiser (ich gebe das aus dem Gedächtnis wieder):
Hat (nach eigener Aussage) einen großen Teil der Klavierliteratur mit nur mäßigem technischen Können durchgearbeitet, aber eben nicht mit dem Ziel, perfekt spielen zu können, sondern um die Werke kennen zu lernen.

LG

Pennacken
 
Hallo NaMu,

Ich fühle mich erst dann wirklich wohl, wenn ich an die Technik keinen Gedanken mehr verschwenden muss.

Mir persönlich genügt es, einfach klavierzuspielen, wenn mir danach ist, und dann entweder an den Stücken zu arbeiten, oder einfach nur das zu spielen, was (und wie) ich es kann

Ich denke, wenn man einmal an einem Stück herumgepfuscht hat, wird es sehr schwer, es irgendwann noch auf einen vernünftigen Level zu bringen.

das mag individuell verschieden sein, ich weiß es nicht, aber ich empfinde es immer als einen "Vorsprung", wenn ich ein Stück schon etwas kann - und dann daran arbeiten will. Die Pathétique kann ich wenigstens auswendig - dann kann ich mich darauf konzentrieren, dem "Allegro molto e con brio" das Feuer unter dem Hintern zu machen, das es meiner Meinung nach erfordert :D

Wenn man sich schlechte Dinge bei einem Stück angewöhnt, und keine Mittel und Wege findet, von diesen wieder wegzukommen, kann es natürlich schwierig werden.

Schöne Grüße,
Dreiklang

(ebenfalls ein begeisterter "Nachtmusiker" :))
 
Hallo Pennacken,

Dabei soll die Schwierigkeit dem Können angemessen sein, also so, daß man wirklich anstreben kann, die Stück auch sicher und musikalisch ansprechend spielen zu können

letzteres kann natürlich sehr dehnbar sein. Der Schwierigkeitsgrad von Stücken ist etwas, das mir lange Zeit Kopfzerbrechen bereitet hat. Ein relativ einfaches Stück wirklich atemberaubend zu spielen, wird nur einem guten Pianisten gelingen. Wann spielt man ein Stück dann "musikalisch ansprechend" genug...?
Nun, irgendwo stand zu lesen, daß der Schwierigkeitsgrad (1-10) ein Maß dafür ist, wie schwierig es ist, die Noten und das Stück selbst schon mal überhaupt korrekt (also so wie vorgegeben) spielen zu können.

die Klavierliteratur ist unübersehbar reich an schönen und auf mittlerem Niveau gut spielbaren Stücken

aber wohl nicht an - subjektiv empfunden - "wunderschönen, phantastischen" Stücken ;). So ging es mir bei den beiden genannten Werken. Die Schwierigkeit und der Anreiz des schönen Klangs hielten sich die Waage, sodaß ich immerhin lange bei den Stücken blieb und auch jetzt noch bleibe. Um sie aufzupolieren, fehlt mir persönlich wohl schon eine erste grundlegende Voraussetzung: einzelne Stellen sehr intensiv üben und wiederholen, also systematisch und zielgerichtet daran hart zu arbeiten (da ist schon das böse Wort! :D).

Viele Grüße
Dreiklang
 

Joachim Kaiser (ich gebe das aus dem Gedächtnis wieder):
Hat (nach eigener Aussage) einen großen Teil der Klavierliteratur mit nur mäßigem technischen Können durchgearbeitet, aber eben nicht mit dem Ziel, perfekt spielen zu können, sondern um die Werke kennen zu lernen.

Knapp vorbei ist halt eben auch daneben: er hat Letzteres ebenfalls nicht geschafft -
 
-Wann ist ein Stück zu schwer?
-Was möchte ich auf dem Klavier erreichen?

Beim Klavierspielen verfolge ich zur Zeit die Taktik nicht über meinem technischen Limit zu spielen und dafür lieber alles gut musikalisch auszuarbeiten und bspw. die Pathetique dann wirklich im Tempo zu spielen und nicht wegen technischer Schwierigkeiten knapp darunter. Für mich gibt das Werk den Rahmen vor und nicht meine begrenzten technischen Fähigkeiten.
Früher, als Teenager und Anfänger musste ich erst einmal schauen, dass ich möglichst schnell möglichst viele schwere Werke spielen kann. Ich habe diese damals sicher noch zu schweren Stücke dann ruhen lassen und später nach einem und danach nach drei Jahren zu meiner Abschlussprüfung im Nebenfach gespielt. Zur Prüfung waren die Stücke dann sehr leicht ich konnte sie dann auch sehr gut spielen.
Jetzt ist keine Prüfung o.ä. in Sicht und deshalb kann ich erst einmal schauen, dass ich meine Technik ausbaue bevor ich mich an schwerere Stücke wage.

Ergänzung:
Die Campanella bringt das Notenlesen auf Trab (Violinschlüssel in beiden Händen, viele Oktavierungen), die Fantasie das Rhythmusempfinden (oben 8, unten 6 Noten zu spielen).
Gibt es dafür keine Etüden? Oder ganz fies gefragt: Sollte man wenn man die La Campanella lernt nicht schon schnell Notenlesen können?
Aber vielleicht ist das nur bei den Geigern so. Acht gegen sechs sollte man doch auf schon vorher zu spielen gelernt haben. Oder liege ich da jetzt total falsch?

In der Zeit in der ich mich mit zu schweren Stücken abmühe und wohl nie ein gutes Ergebnis erreichen werde, kann ich doch auch technische Übungen und Etüden spielen. Diese müssen passend ausgewählt sein, so dass ich dann vielleicht insgesamt schneller ans Ziel komme. Und wenn das Ziel "nur" ist mehr technische Sicherheit für leichtere Stücke zu erreichen.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Über dieses Thema habe ich mir auch schon einige Gedanken gemacht. Wenn auch meine zu schwere Stücke, die meisten hier amüsieren werden. Ich glaube aber nicht, dass das Level den Inhalt beeinflusst.

Für mich macht es die Mischung. Ich habe immer eine echte Herausforderung in Arbeit. Und nebenher laufen die "angemessenen" Stücke. Wobei ich langsam zu der Einsicht komme, dass ich selbst bei den einfachsten Stücke, meinen musikalischen Anspruch kaum erfüllen kann. Da mein Anspruch meinen Fähigkeiten vorauseilt. Es wäre aber doch schade, deswegen technisch auf der Stelle zu treten.

Ich denke, wenn man einmal an einem Stück herumgepfuscht hat, wird es sehr schwer, es irgendwann noch auf einen vernünftigen Level zu bringen.

Das sehe ich als ein Argument für die Beschäftigung mit schweren Stücken. Wie traurig wenn diese Fähigkeit vernachlässigt wird. Solange es Freude macht, war der Schritt nicht zu groß.
 
Viel zu schwere Stücke angehen? Das war lange Zeit eine meiner absoluten Lieblingsbeschäftigungen! :-) Wenn ich hier schreiben würde, nach welcher Zeit ich schon welches Stück probiert habe, würde das ziemliches Kopfschütteln verursachen. Ich muss selber schmunzeln wenn ich an die Liste der Stücke denke, an denen ich bereits gescheitert bin. Ich habe das Problem, dass der Großteil meiner Lieblingsstücke schwere bis sehr schwere Stücke sind. Nun möchte man aber die Sachen lernen, die einem auch am besten gefallen. Dazu kommt, dass ich grundsätzlich ein sehr ungeduldiger Mensch bin. Warum Beethovens Sonaten 19 und 20 spielen, wenn doch alle anderen viel cooler sind? Mein nächstes Problem war, dass ich die Stücke alle genauso schön spielen wollte, wie die großen Pianisten. Es war dann immer sehr frustrierend für mich, wenn die Stücke eben nicht so klangen wie bei Kissin und Co., egal wie sehr ich mich auch bemühte. So kam es dann, dass ich einen Haufen Stücke wieder weggelegt habe, weil ich entweder manuell oder musikalisch gescheitert bin, was dann zunehmend frustrierend wurde. So habe ich dann angefangen, mich von einigen Denkansätzen zu verabschieden und habe versucht, mich mit Klavierliteratur anzufreunden, die eher für mich machbar ist. Mittlerweile habe ich richtig Freude daran, auch einfache Sachen, z.B. aus Prokofievs op.65 zu spielen.

Allerdings hab ich auch schon Sachen geschafft, die eigentlich noch zu schwer für mich waren und mit denen ich mittlerweile ganz zufrieden bin, was dann allerdings immer mit ziemlichem Aufwand verbunden war, daher versuche ich nun trotzdem solche Sachen eher zu vermeiden.

Erst kürzlich bin ich aber leider rückfällig geworden. Da sind mir irgendwie die Funérailles in die Hände gefallen und ich komme nicht mehr davon weg. Es geht momentan gut voran und macht mir Spaß, deshalb werde ich auch weiter daran arbeiten, selbst wenn ich das Stück nie auf höchstes Niveau bringen kann.

Daher kann ich natürlich auch sehr gut nachvollziehen, was dich an der Campanella reizt. Dass das Stück sau schwer ist (ich halte es für sehr viel schwerer, als das Fantasie Impromptu) ist dir sicher klar. Letztendlich musst du selber wissen, ob das Aufwand/Nutzen-Verhältnis für dich passt. Solange die Freude nicht dem Frust weicht und es keine Verletzten gibt, ist doch alles in Ordnung! :-)

Viele Grüße!
 
Viel zu schwere Stücke angehen? Das war lange Zeit eine meiner absoluten Lieblingsbeschäftigungen!

Genau! Man gönnt sich ja sonst nix.

Im Klavierunterricht war ich in der Mitte des 1.Bandes der Emonts-Klavierschule
(der alten 'deutschen', nicht der europäischen) angekommen,
wollte aber unbedingt Schönbergs Klavierkonzert spielen.

Meine Klavierlehrerin hielt das mit den (auch aus anderen Gründen)
sehr fragwürdigen Methoden ihres Klavierunterrichts für unvereinbar.
Also habe ich mich zuhause hingesetzt, den Emonts liegengelassen
und mir den Klavierpart von Schönbergs Klavierkonzert vorgenommen.

Was ich da tat, hatte vielleicht mit Klavierspiel nichts zu tun.
Aber ich habe mir auf den Tasten mit den eigenen Händen
die innig geliebte Musik so intensiv vergegenwärtigt, wie das
überhaupt nur denkbar war, und mich dabei wie Bolle amüsiert.

Gruß, Gomez

.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

...also... wenn ein Terrarienfreund mit Eidechslein und Salamanderchen in Wallung gerät und beschließt, mit einem riesigen hungrigen Leistenkrokodil zu schmusen, das finde ich immer prima - für das Krokodil :D:D:D:D
 
...also... wenn ein Terrarienfreund mit Eidechslein und Salamanderchen in Wallung gerät und beschließt, mit einem riesigen hungrigen Leistenkrokodil zu schmusen, das finde ich immer prima - für das Krokodil

:D:D:D

rolf, Du kennst mich doch. Ich bin noch am überlegen, ob ich mich wehrlos auffressen lassen soll, oder gar dem Wahnwitz verfallen sollte, das Reptil "Crocodile-Dundee"-mäßig bezwingen zu wollen ;)

Viele Grüße, Dreiklang
 
@Troubadix:

ich sehe schon, hier versteht mich jemand ;)
Schlimm ist es natürlich, zu schwere Stücke anzugehen und dann darunter zu leiden, wenn sie nicht klappen. Wie gesagt, mir macht die Sache Spaß, und bereuen tue ich sie bisher nicht.

@Chrissi

Wenn ich das richtig verstehe, kommst Du aus der "musikberuflichen" Ecke. Ich bin bloß Hobbyspieler, und setze mich bei diesem Hobby keinem echten Druck aus.
Ich finde, es spricht unter diesen Bedingungen nichts dagegen, notwendige Fähigkeiten erst am Stück selbst zu erlernen (versuchen). Eine fundierte musikalische Ausbildung mag natürlich anders aussehen (?)

bspw. die Pathetique dann wirklich im Tempo zu spielen und nicht wegen technischer Schwierigkeiten knapp darunter
habe letzter Zeit festgestellt, bei Halbe = 155 wird der "Allegro molto e con brio" ja richtig reizvoll. Wenn jetzt noch sämtliche Noten präzise und luftig kommen würden, tja dann... ;):D

---

Habe auch festgestellt, daß ich letzter Zeit das Metronom wieder stärker einsetze. Ich bin etwas zu lange auf der Stelle getreten, nur dahinklimpern bringt mich auf Dauer nicht weiter.
Sich zu zwingen, nach klarer Tempovorgabe sauber und fehlerfrei zu spielen, ist für mich einer der Königswege des Klavierspiels... und wenn man etwas mal auswendig kann, gehts darum, das Tempo reinzubekommen. Das Metronom bringt's alles heraus: Stellen, an denen man stockt (Alarmzeichen! Man hat sie noch nicht wirklich gelernt), oder sich verspielt, Unsicherheiten, Schwächen in der "Memorierung" des Stückes etc.

Beim Allegro probiere ich derzeit "reverse engineering": es mit 155 durchprügeln, und die Unsauberkeiten bei genau diesem Tempo allmählich sauber zu bekommen versuchen (nicht nötig zu erwähnen, daß mir das Tempo 155 einen Heidenspaß macht). Das widerspricht dem, was ich bisher glaubte, nämlich daß man immer vom langsamen zum schnellen gehen soll oder muß.
Nur: bei den Kreuzgriffen hat das einfach nicht geklappt. Langsam gespielt funzten sie einfach nicht, und das beschleunigen hat nicht befriedigend hingehauen. Inzwischen spiele ich sie gleich musikalisch modelliert bei 155 (ich nutze Untergriffe).

Bei der Campanella ist mir bewußt geworden, wie sehr die "Beherrschung eines Stückes" offenbar an die Geschwindigkeit gekoppelt ist, mit der man konkret spielt. Meine Hoffnung ist, daß man, wenn man eine konstante Geschwindigkeit per Metronom vorgibt, auch das "reverse engineering" bei der Pathétique dann hinbekommen könnte.

Viele Grüße,
Dreiklang
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
@Chrissi
Wenn ich das richtig verstehe, kommst Du aus der "musikberuflichen" Ecke. Ich bin bloß Hobbyspieler, und setze mich bei diesem Hobby keinem echten Druck aus.
Ich finde, es spricht unter diesen Bedingungen nichts dagegen, notwendige Fähigkeiten erst am Stück selbst zu erlernen (versuchen). Eine fundierte musikalische Ausbildung mag natürlich anders aussehen (?)
(...)habe letzter Zeit festgestellt, bei Halbe = 155 wird der "Allegro molto e con brio" ja richtigreizvoll. Wenn jetzt noch sämtliche Noten präzise und luftig kommen würden, tja dann... ;):D
(...)Habe auch festgestellt, daß ich letzter Zeit das Metronom wieder stärker einsetze. Ich bin etwas zu lange auf der Stelle getreten, nur dahinklimpern bringt mich auf Dauer nicht weiter.
Klavier ist mein Zweitinstrument und zur Zeit auch mehr Hobby. Im Studium war es Pflicht und ich musste mir möglichst schnell das Prüfungsprogramm reinprügeln um die Stücke dann bis zur Prüfung ruhen zu lassen.
Ich hatte bei der Pathetique im 1.Satz an zwei Stellen massive Probleme diese ins Tempo zu bringen. Ich habe stundenlang geübt mit für mich sehr unbefriedigendem Ergebnis. Jetzt habe ich einen neuen KL und die Stellen laufen nahezu perfekt. Wie kann das sein? Ich denke, dass es stark an den ríchtigen Bewegungsmustern liegt, die mir mein KL gaaaanz langsam gezeigt hat. Ich weiß jetzt wie es sich anfühlen muss und plötzlich muss ich meine Finger eher bremsen. Trotz langsamem Üben läuft es inzwischen von alleine schnell. Das Ganze ohne Metronom. Das Metronom brauche ich nur, um bei der Kreuzgriffstelle nicht noch schneller zu werden... Warum laufen plötzlich die Finger davon? Vielleicht ja, weil die Finger bei Fingerübungen gelernt haben blitzschnell von alleine zu reagieren...

Gerade als Hobbyspieler habe ich zu wenig Zeit um diese mit Umwegen zu vergeuden. Und Stücke, die nach stundenlangem Üben nicht klappen sind für mich ein Umweg. Da baue ich doch lieber solide meine Technik aus.
 
(spiel doch lieber mit Ganze = 70-80 da tickts nicht so hektisch, du hast jeden Taktanfang als Schwerpunkt und es wird sich flüssiger spielen lassen)

Danke, rolf, der Vorschlag ist eine gute Idee, habe ich probiert... Das langsamere Getickere stört akustisch weit weniger die musikalische Gestaltung, habe ich festgestellt. Allerdings brauche ich die "Hektik" des schnellen Tickens im Moment irgendwie. Ein "largo-mäßiger" Herzschlag zu dem schnellen Stück paßt für mich irgendwie nicht zusammen... allerdings lege ich den "Glockenschlag" auf jeden 2. Tick, also den Taktanfang.

Gerade als Hobbyspieler habe ich zu wenig Zeit um diese mit Umwegen zu vergeuden. Und Stücke, die nach stundenlangem Üben nicht klappen sind für mich ein Umweg.

Meinst Du "Stücke" oder "Stellen", Passagen von Stücken? Ich selbst bin jedenfalls sehr ungeduldig - Fortschritte will ich schnell sehen, und das gelingt mir generell gut (ganz im Gegenteil zum Sport. Deswegen habe ich diesen wieder aufgehört)

Das Metronom brauche ich nur, um bei der Kreuzgriffstelle nicht noch schneller zu werden... Warum laufen plötzlich die Finger davon? Vielleicht ja, weil die Finger bei Fingerübungen gelernt haben blitzschnell von alleine zu reagieren...

Das ist generell eine interessante Frage, und chiarina hat dazu mal einen Faden gestartet. Eine Antwort darauf habe ich, für mich, gefunden: weil ich oft unbewußt meine, daß es eben schneller schöner klingt. Natürlich nicht jedes Stück (Mondschein erster Satz spiele ich schon sehr langsam, ich werde nie verstehen wie man den "zügig" runterspielen kann)

Klavierspielen lernen geht natürlich auch ganz ohne Metronom. Ich habe mich gefragt, warum ich den Kasten so mag. Vielleicht hängt es mit meiner Affinität zur Technik generell zusammen...? Seine Spielgeschwindigkeit fein einstellen und zu halten, kann man sicherlich auch ohne technische Hilfsmittel. Ich selbst habe aber ziemliche Probleme damit. Vielleicht bin ich auch einfach faul. Meine Autoscheiben kurbele ich ja auch schon lange nicht mehr per Hand herunter...
Es ist etwas wert, wenn ich weiß: diese oder jene Passage funzt momentan halt einfach nur bei Tempo soundsoviel ticks. Auch am nächsten Tag. Diese Tatsache mal in den Wind zu schlagen, wird konsequent abgestraft. Demnächst werde ich mir die Zahlen per Bleistift über die Notenstellen schreiben.
Ich weiß dann: bei der Geschwindigkeit, oder einer leicht erhöhten (oft im 10er Raster) macht das Üben einen konkreten Sinn. Meist suche ich mir gerade Zahlen aus (also keine 50 oder 70, 60 oder 80 sind mir sympathischer).
Es ist so erstaunlich, was im Kopf abläuft, wenn man auf Geschwindigkeit bringt. Man muß lernen, wann exakt man welche Töne, Intervalle, im voraus wissen muß, wo man hinschauen muß, während man noch bei den Vorgänger-Tönen ist. Manche Töne müssen ins "Unbewußte" verdammt werden. Es handelt sich also um ein komplett neu einlernen. Wer Probleme mit Geschwindigkeit hat, sollte sich diese Tatsache vor Augen führen... Geschwindigkeit ist nichts einfaches, und auch nichts triviales...

Jetzt habe ich einen neuen KL und die Stellen laufen nahezu perfekt. Wie kann das sein? Ich denke, dass es stark an den richtigen Bewegungsmustern liegt, die mir mein KL ganz langsam gezeigt hat.

ich habe bei einem anderen Hobby einmal viel Lehrgeld bezahlt: Modellflug. Wollte das in der Jugend partout selbst lernen. Flugzeug lange bauen, ein paar Sekunden "Flug", Crash und auf ein neues. Ich suchte den Fehler eher im Modell denn in meiner Steuerungstechnik. Natürlich lag er in letzterem. Irgendwann hat mir jemand aus einem Modellbauclub in ein paar Minuten das Fliegen gezeigt. Ich war einem fatalen Irrtum aufgesessen: ich hatte immer gedacht, über dem Boden bleiben bedeutet Sicherheit, und Höhe Risiko. Genau anders herum ist es: in der Höhe kann man eventuelle Steuerfehler korrigieren und das Modell noch abfangen, bevor sich eine wenig flugzeuggerechte "Landung" ereignet.

Nun - solange ich beim Klavierspiel schnelle und viele Fortschritte autodidaktisch erziele, denke ich, kann ich mir einen Lehrer ersparen. Das geht sicher nicht jedem so, deswegen rate ich keineswegs generell von Lehrern ab.

Ich hatte bei der Pathétique im 1.Satz an zwei Stellen massive Probleme diese ins Tempo zu bringen.

ich hab bei diesem Höllentempo an vielen Stellen Probleme. Wenn letztlich nicht an allen. Ich versuche sie zu eleminieren... was ich seltsam finde: ich spiele oft und gern einfach so wie ich es momentan kann, ohne konkret und bewußt an bestimmten Problemen zu arbeiten. Vielleicht wird dadurch das Stück auf breiter Front verbessert?
Vielleicht will ich mich der Freude des Spiels ungezwungen hingeben? Vielleicht auch beides? Ich weiß es nicht.

Viele Grüße,
Dreiklang
 
ich sehe schon, hier versteht mich jemand

Ich möchte mal das so ziemlich Schlimmste erzählen, was ich jemals (klaviertechnisch) gemacht habe. Nachdem ich ein paar wenige Jahre autodidaktisch dahingeklimpert hab dachte ich mir dass es jetzt mal an der Zeit wäre, eine Chopin-Etüde zu lernen. Ich hielt das für einen guten Einstieg in die virtuose Literatur. Also legte ich die CD ein, nahm mir die Noten zur Hand und hörte alle intensiv durch. Op.10 Nr.3 vielleicht? Nee, ist viel zu langweilig und der Mittelteil schaut schwierig aus. Op.10 Nr.12? Dafür ist meine linke viel zu langsam gewesen. Op.25 Nr.2? Das muss die schwerste überhaupt sein! Der Rest schaut auch schwierig aus. Als ich die Hoffnung dann schon fast aufgegeben habe, kommt auf einmal die Etüde, die ich unbedingt lernen muss, op.25 Nr.10! Mittelteil ist voll langsam und daher bestimmt kein Problem. Der A-Teil besteht nur aus Oktaven, viele davon parallel, chromatischer Verlauf (also alles voll easy zum Auswendiglernen), die paar Zwischennoten sind bestimmt nicht weiter tragisch. Also ran ans Klavier und schon wurden die ersten Takte immer und immer wieder in die Tasten geballert (von Oktaventechnik natürlich keinen Plan). Tempo ist noch nicht das Zieltempo, aber das wird schon. Zwei Minuten später dann die Ernüchterung. Schneller geht’s einfach nicht, wie soll das eigentlich gehen mit dem Halten der Zwischennoten und wieso ist da so ein komischer Schmerz im Handgelenk? Egal, hab ja gerade erst angefangen und irgendwann wird's schon werden. So ungefähr nach einer halben Stunde ist dann endgültig Schluss. Zieltempo ist nicht ansatzweise in Sicht, alles klingt einfach nur laut und irgendwie ganz anders, als auf der CD, der Schweiß steht mir auf der Stirn und meine Handgelenke brennen wie Feuer. Danach waren meine Handgelenke so demoliert, dass die nächsten drei Tage an Klavierspielen nicht zu denken war.

Das alles hatte aber auch sein Gutes. Ich habe so (wenn auch auf schmerzhafte Weise) gelernt, Stücke langsam anzugehen und das schnelle parallele Oktaven zwar einfach zum Merken sind, die praktische Umsetzung dagegen schwierig ist. Ich habe mich dann zwar von dem Gedanken verabschiedet, diese Etüde bewältigen zu können, ganz weggelegt habe ich sie aber nie. Bis heute habe ich immer mal wieder den ersten Teil der Etüde geübt und zwar nur die reinen Oktaven. Das ganze langsam und mit besserer Technik. Ich habe mir quasi eine leichtere Oktaven-Etüde daraus gemacht und übe sie gemeinsam mit den Liszt-Übungen. Dank dieses Übens musste ich nun feststellen, dass mir die Oktavenpassage der Funérailles weniger Mühe macht, als ich ursprünglich befürchtete. Obwohl das bei mir so funktioniert hat würde ich nicht unbedingt jemandem Empfehlen, so zu arbeiten und die Profis unter euch, werden jetzt wahrscheinlich die Hände überm Kopf zusammenschlagen. :)

Viele Grüße!
 
... und die Profis unter euch, werden jetzt wahrscheinlich die Hände überm Kopf zusammenschlagen.

Ach was...! Spekulieren und Diskutieren muß in einem Forum erlaubt sein :D

Die Oktavenetüde - das ist aber auch ein Hammerteil. Daß einem immer das schwierig-schöne so reizvoll erscheint...
Ansonsten, eine lehrreiche Geschichte. Ich hätte vielleicht die Lehre daraus gezogen, daß man in einer halben Stunde doch nicht das hinbekommt, wofür andere ein Leben lang arbeiten... ;)

Ich habe mir quasi eine leichtere Oktaven-Etüde daraus gemacht

warum nicht...?

Eigentlich spekuliere ich nicht so gerne, aber vorhin habe ich mir gedacht, daß das Pathétique Allegro bei Halbe=155 sauber gespielt vielleicht eine gute Vorstufe für eine ansprechend gespielte Campanella sein könnte. Presto/Prestissimo-Spiel scheint eine ganz eigene, seltsame Spiel- bzw. Anschlagstechnik zu erfordern...

Letztlich unwissend,
Dreiklang
 

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