Berezovsky über Jazz

Gomez, Spezialist in Sachen Improvisation/Komposition, sollte sich nun doch wirklich mal in dieser Sache äußern. ;)
 
Hi chiarina,

Wenn ich übrigens Jazzimprovisationen von Solisten höre (Jarrett), kommt mir Jazzmusik manchmal durchaus polyphon vor.

bitte Mehrstimmigkeit nicht mit Polyphonie gleichsetzen. Die Kriterien für Polyphonie muss ich ja nicht wiederholen.
Ich kenne Keith Jarrett relativ gut (die Musik). Seine Musik ist in der Hauptsache nicht polyphon im Sinne eines mehrstimmigen polyphonen Satzes.
Natürlich können auch mal polyphone Abschnitte (zB Fugenartiges) auftreten. Aber das genauer zu untersuchen wäre jetzt eine Doktorarbeit in Musiktheorie.

Dass zB der Bass im Trio eine eigene Linie (Melodie) spielt ist für mich auch keine Polyphonie, da er keine stimmtechnische Verschränkung mit dem am Klavier Gespielten anstrebt, sondern nur eine rhythmische und harmonische Basis für den Solisten liefert. (Na ja, kann man vielleicht schon drüber streiten ;-) )

Gruß
 
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Hi rolf,

*grins ich kenne Frederic Chopin relativ gut (die Musik). Seine Musik ist in der Hauptsache nicht polyphon im Sinne eines mehrstimmigen kontrapunktisch-polyphonen Satzes

ja hast recht, wo ist das Problem oder was soll mir dein Beitrag sagen?

Ich hab' die komplette Musik von Keith Jarrett nicht nach polyphonen Kriterien untersucht, also muss ich es entsprechend vorsichtig formulieren.

Gruß
 
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Hi rolf,

hast du auch den Rest meines Beitrages gelesen (hab' leider noch etwas editiert)?

Und deine Aussage zu Chopin entspricht doch dem was ich sagen wollte, ohne jetzt eine wissenschaftliche Statistik der Polyphonie anzufertigen, dass eben die Hauptsache seiner Musik nicht polyphon im strengeren Sinne ist. Die Kriterien für Polyphonie sind mM auslegbar, man kann jede mehrstimmige Musik auch im weiteren Sinne polyphon nennen.

Hoffentlich kommt es jetzt nicht zu einem weiteren hin und her. Ich weiss, dass ich in deinen Augen keine Ahnung habe.

Gruß
 
Allerdings wird auch im Jazz, Überraschung, Überraschung nur mit Wasser gekocht. Welch eine Erkenntnis.

Und noch eine Überraschung: es gibt sehr gute, gute, schlechte und sehr schlechte Jazz-Improvisatoren und es korreliert oft nicht mit ihrer Selbsteinschätzung.

Und man kann es lernen und es beruht auf Regeln und Mustern und man kann es so und so machen bla bla bla .... Kurz, es ist wie mit jeder menschlichen Fertigkeit. Kein Voodoo, keine Magie, auch wenn allerdings gerade die Jazzer es gerne so hinstellen.
...ja aber... na sowas... warum werde ich hier ganz allein beharkt???? Bachopin tutet doch in ein recht ähnliches Horn :-D ja sogar noch heftiger als ich...
also bitte: ich will, dass der Bachopin hier genauso auf die Mütze kriegt wie ich :mrgreen::mrgreen:

Hi Ich weiss, dass ich in deinen Augen keine Ahnung habe.
nix dergleichen weißt Du, also musst du sowas auch raustrompeten ;)
 
Hi,

'mal was anderes.
Ich erzähle 'mal und hoffe, dass es jemanden interessiert, wie ich zum Jazz gekommen bin, sozusagen mein Berez.. Interview: ;-)

Ich bin am Klavier, wie viele hier, mit reiner klassischer Ausbildung aufgewachsen. Bach war mein Hero (ist es immer noch ;-) ).

Irgendwann hab' ich aber festgestellt, da gibt es ja noch etwas anderes und das übt irgendwie eine wahnsinnige Attraktivität auf mich aus und das war Jazz (nicht Mädels oder besser auch ;-) ). Meine neuen Heroes waren zB Keith Jarrett, Chick Corea, Miles Davis, Herbie Hancock, Rainer Brüninghaus (wer kennt den noch), Wolfgang Dauner, Eberhard Weber, ...

Ich wollte auch solche Musik spielen können. Also auf wie lernt man das? Da ich schon mittleren Grad am Klavier hatte versuchte ich es mir selbst beizubringen.
Ich musste schmerzlich feststellen, durch die "normale" klassische Ausbildung fehlt einem da ganz viel und ich bin froh, dass ich einiges inzwischen dazu gelernt habe. Übrigens wird dadurch mM auch das klassische Spiele deutlich lebendiger und besser.

ZB ein paar Dinge:

  1. rhythmischen Drive, Swing
  2. Improvisation, freie Rede am Klavier
  3. erweiterte Harmonik (hat allerdings Bach auch schon)
  4. erweiterte Skalen/Tonleitern

zu 1.):
Welcher "Klassiker" kann sofort eine Melodie synkopisch nur auf den Off-Beats spielen.
Oder eine Melodie mit rhythmisch komplizierteren Akkorden begleiten.
Ich konnte es nicht.

zu 2.):
Wer von den "Klassikern" kann sich einfach ans Klavier setzen und ohne Noten einfach aus dem Stehgreif etwas spielen. Ich konnte es nicht und das ist eigentlich der Oberhammer. Man kann nicht mal an seinem Lieblingsinstrument einfach irgendetwas spielen. Das ist so, wie wenn man zwar ein Goethe Gedicht aufsagen kann, aber versagt, wenn man einfach mal so etwas mitteilen will.

Improvisation darf man natürlich auch nicht zur heiligen Kuh machen. Da ist ganz viel einfaches Handwerk drin. Hiermit bestätige ich rolf (was er ja unbedingt hören will ;-) ), Jazz-Improvisation ist in keinster Weise grössere Kunst, wie ein klassisches Stück zu spielen. Man muss es nur lernen.
Aber wie Berezo... ach egal, sich hinzustellen und zu sagen, das hab' ich mal 3 Jahre gemacht und dann hab' ich festgestellt, das ist ja sowieso ganz simpel, das ist einfach arrogant.

zu 3.):
Warum beschränkt sich die Klassik auf die Grundakkorde und benutzt fast keine Optionstöne. Das ist mir heute völlig unverständlich und ich weiss inzwischen, dass Bach meistens dann besonders gut klingt, wenn er das gemacht hat.

zu 4.):
wie zu 3.) und warum eigentlich nur 2 Skalen (Dur und Moll. Ionischer Mode). Da war die Musik im Mittelalter schon variantenreicher.


Gruß
 
Hi,
  1. rhythmischen Drive, Swing
  2. Improvisation, freie Rede am Klavier
  3. erweiterte Harmonik (hat allerdings Bach auch schon)
  4. erweiterte Skalen/Tonleitern

zu 1.):
Welcher "Klassiker" kann sofort eine Melodie synkopisch nur auf den Off-Beats spielen.
Oder eine Melodie mit rhythmisch komplizierteren Akkorden begleiten.
Ich konnte es nicht.

zu 2.):
Wer von den "Klassikern" kann sich einfach ans Klavier setzen und ohne Noten einfach aus dem Stehgreif etwas spielen. Ich konnte es nicht und das ist eigentlich der Oberhammer. Man kann nicht mal an seinem Lieblingsinstrument einfach irgendetwas spielen. Das ist so, wie wenn man zwar ein Goethe Gedicht aufsagen kann, aber versagt, wenn man einfach mal so etwas mitteilen will.
(...)
zu 3.):
Warum beschränkt sich die Klassik auf die Grundakkorde und benutzt fast keine Optionstöne. Das ist mir heute völlig unverständlich und ich weiss inzwischen, dass Bach meistens dann besonders gut klingt, wenn er das gemacht hat.

zu 4.):
wie zu 3.) und warum eigentlich nur 2 Skalen (Dur und Moll. Ionischer Mode). Da war die Musik im Mittelalter schon variantenreicher.

da sind ein paar nicht so ganz richtige Behauptungen enthalten:
zu 1.):
was ist an der "off-beat Etüde" ;) op.25 Nr.4 a-Moll problematisch? off-beat ist in Klassik/Romantik Gang und Gebe
rhythmisch komplizierte Begleitakkorde: schau mal in Tristan und Siegfried ;)
zu 2.):
dass es Dir so ging bedeutet nicht, dass es allen so ergangen ist ;)
zu 3.):
das ist schlichtweg falsch (falls Du das nicht glaubst, dann versuch Skrjabins 5. Sonate zu analysieren, sollte das zu schwierig sein, tut´s auch Chopins Finale der Sonate op.35)
zu 4.):
Liszt, Satie, Ravel, Debussy, Skrjabin, Schönberg, Messiaen, Ligeti

rhythmisch ist Jazz nicht komplizierter oder reicher als spätromantische oder frühmoderne Musik, harmonisch auch nicht - - wie Du zuvor schon richtig angemerkt hattest, wird da mit Wasser gekocht und Magie nebst Voodoo sind eher selten :-D
 
Das ist ein sehr bedenkenswerter Gesichtspunkt!!! Auf den bin ich zunächst nicht gekommen - Danke!!
Hierzu noch eine Frage: kann ich daraus entnehmen, dass Du mit mir darin übereinstimmst, dass oft bzgl. der Improvisation eine naiv verkürzte und übertriebene Betrachtung von Außen und vordergründige Bewunderung für Unwesentliches vorzufinden ist, und dass diese tatsächlich für keinen ernsthaften Jazzmusiker relevant ist? (so ähnlich ist es auch um solche Sachen wie "boah, so schnell ey" und "boah ey, alles auswendig" und "boah, er zuckt, jetzt ist er ergriffen" etc. bestellt)

Vielen Dank, Rolf! Das ist ein Posting, mit dessen Stil ich ganz ausgezeichnet klarkomme. Geht doch :cool:

Und ja, ich stimme darin mit Dir vollkommen überein.

und eine Bitte noch: von weiterer Beharkung direkt gegen mich als Person, nur weil ich hier nicht auf Berezowsky herumhacke, bitte ich abzusehen - ich war bis jetzt wirklich sehr geduldig ;) - - ich finde die Fragestellungen, die sich hier aus der Mittteilung bzgl. Berezowsky´s Interview ergeben haben, wirklich interessant. Vor allem was ich oben zitiert habe!! (((dass jenes Bibelwort von den Perlen in mehreren Musikbereichen nicht ganz ungültig ist, den Verdacht hab ich schon lange...)))

Auch wenn Du's nicht gerne hörst, ich wiederhole es nochmal mit anderen Worten: Solltest Du der Ansicht sein: "Also, ich kann da jetzt in dem Video, wo Berezovsky Jazz spielt, nichts außergewöhnlich Schlechtes entdecken", dann bist Du nun mal im Prinzip wie einer, der von Klassik nichts versteht und die Videos von Dalheimer "ganz ok" findet, statt sie, wie angemessen, allenfalls zu verlachen. Das Niveau der Groteskheit der Interpretationen ist absolut vergleichbar. Bei Berezovsky ist es allerdings noch eine ganze Ecke erschreckender, weil er ja an sich in anderen musikalischen Bereichen großen Geschmack und große Fähigkeiten zeigt - das ist geradezu so, als würde er beim Jazzspielen die Ohren zumachen und den Geschmacksbereich seines Gehirns in den Energiesparmodus versetzen... völlig unverständlich...

Und wer SO "Jazz" spielt (als professioneller Musiker!!), hat definitiv NICHT verstanden, worum es bei Jazz geht. Dies ist sonnenklar.

LG,
Hasenbein
 

Ach rolf,

da sind ein paar nicht so ganz richtige Behauptungen enthalten:
zu 1.):
was ist an der "off-beat Etüde" ;) op.25 Nr.4 a-Moll problematisch? off-beat ist in Klassik/Romantik Gang und Gebe
rhythmisch komplizierte Begleitakkorde: schau mal in Tristan und Siegfried ;)
zu 2.):
dass es Dir so ging bedeutet nicht, dass es allen so ergangen ist ;)
zu 3.):
das ist schlichtweg falsch (falls Du das nicht glaubst, dann versuch Skrjabins 5. Sonate zu analysieren, sollte das zu schwierig sein, tut´s auch Chopins Finale der Sonate op.35)
zu 4.):
Liszt, Satie, Ravel, Debussy, Skrjabin, Schönberg, Messiaen, Ligeti

du musst immer alles so zerpflücken. :-(

Ist doch klar, dass in der gesamten Klassik-Literatur irgendwo alles vorkommt.
Aber wenn du als mittlerer Hobby-Pianist die klassischen Standard-Stücke lernst, dann ist es schon ein bischen so wie ich es erlebt habe. Ich bin ja keine aussergewöhnliche Ausnahme und in den vielen Beiträgen von anderen zu den Schwierigkeiten mit Jazz tauchen ja viele der Dinge auf, die ich aufgelistet habe.

Ich habe in den letzten Jahrzehnten wahrscheinlich ca. 50 klassische Standard-Stücke (allerdings nicht von den moderneren Komponisten, wie Satie, Ravel, Debussy, Skrjabin, Schönberg, Messiaen, Ligeti) gelernt, da kamen diese Dinge die ich oben aufgezählt habe praktisch nicht vor. Ok, Beethoven Synkopen gibt es zB, aber in einem anderen Zusammenhang wie im Jazz.

Warum haben wohl viele Schwierigkeiten wenn sie eine einfache Akkord-Begleitung spielen müssen, bei der zB ein Akkord synkopisch vorgezogen ist (hab' ich selbst in einer Jazz Summer School erlebt)?

rhythmisch ist Jazz nicht komplizierter oder reicher als spätromantische oder frühmoderne Musik, harmonisch auch nicht - - wie Du zuvor schon richtig angemerkt, wird da mit Wasser gekocht und Magie nebst Voodoo sind eher selten :-D

Ja klar, deswegen kann ja auch jeder klassische Schüler automatisch auch Jazz spielen und die vielen Posts über Probleme mit Jazz oder die vielen peinlichen Versuche von Klassikern Jazz zu spielen oder die vielen Bücher "wie lerne ich Jazz" sind alle eingebildet.
Ja klar, die Leute wissen es halt nicht, dass sie es eigentlich könnten, oh Mann.

Und meine Probleme waren auch nur eingebildet oder ich bin halt der einzigste Idiot der aus einer klassischen Ausbildung Probleme mit Jazz hatte.

Und nocheinmal, dass was Berezovsky (war das jetzt richtig?) da spielt, ist für mich kein Jazz. Das ist technisch artistisches Klavierspiel ohne wirklich den Ausdruck von Jazz zu erreichen. Siehe als Gegenbeispiel Mehldau, der fast keine virtuose Technik hat.

Gruß
 
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Vielen Dank, Rolf! Das ist ein Posting, mit dessen Stil ich ganz ausgezeichnet klarkomme. Geht doch :cool:
könntest Du auch so machen (quasi als Etüde :mrgreen:) - ich hab mir ja einiges in meine Richtung hier geduldig und kommentarlos angehört ;)

Und ja, ich stimme darin mit Dir vollkommen überein.
Das freut mich sehr!

Auch wenn Du's nicht gerne hörst, ich wiederhole es nochmal mit anderen Worten: Solltest Du der Ansicht sein: "Also, ich kann da jetzt in dem Video, wo Berezovsky Jazz spielt, nichts außergewöhnlich Schlechtes entdecken", dann bist Du nun mal im Prinzip wie einer, der von Klassik nichts versteht und die Videos von Dalheimer "ganz ok" findet, statt sie, wie angemessen, allenfalls zu verlachen. (...)
ich bezog mich nur auf die in #1 zitierte Aussage und deren Inhalt!!
 
du musst immer alles so zerpflücken. :-(
Ist doch klar, dass in der gesamten Klassik-Literatur irgendwo alles vorkommt.
wenn das Dir so klar ist, dann bestand doch keine Notwendigkeit, das zu schreiben, was ich "zerpflückt" oder besser gesagt: widerlegt habe ;) -- oder anders gefragt: wem nützt die falsche Behauptung, es gäbe ausserhalb des Jazz kaum mehr als zwei Skalen? Eben: sowas nützt niemandem!

Ich habe in den letzten Jahrzehnten wahrscheinlich ca. 50 klassische Standard-Stücke (allerdings nicht von den moderneren Komponisten, wie Satie, Ravel, Debussy, Skrjabin, Schönberg, Messiaen, Ligeti) gelernt, da kamen diese Dinge die ich oben aufgezählt habe praktisch nicht vor. Ok, Beethoven Synkopen gibt es zB, aber in einem anderen Zusammenhang wie im Jazz.
unter den 50 Standardstücken waren vermutlich keine rhythmisch vertrackten - aber die gibt es zuhauf: sowohl polyrhythmische, als auch vehement synkopierte und solche mit asymetrischer Rhythmik. Z.B. unter den leicht spielbaren: "fast zu ernst" von Schumann (Kinderszenen) ist in der Melodie nahezu komplett "off-beat", "kleine Etüde" von Chatschaturjan (Bilder der Kindheit) setzt asymetrische Rhythmik ein.

Warum haben wohl viele Schwierigkeiten wenn sie eine einfache Akkord-Begleitung spielen müssen, bei der zB ein Akkord synkopisch vorgezogen ist (hab' ich selbst in einer Jazz Summer School erlebt)?
der häufigste und auch wahrscheinlichste Grund ist mangelnde Spieltechnik in Kombination mit ebenfalls mangelndem musikal. Verständnis - zumindest bezogen auf das von Dir genannte Beispiel (harmlose Synkope). Das betrifft allerdings ebenso die Probleme, die viele haben, die zwar einen aktuellen Hit singen oder pfeifen können, aber am Instrument heillos verloren sind wegen der um ein 16tel vorgezogen oder nachklappenden Melodietöne. Und das betrifft auch alle diejenigen, die sich mit "fast zu ernst" mühen.

Ja klar, deswegen kann ja auch jeder klassische Schüler automatisch auch Jazz spielen und die vielen Posts über Probleme mit Jazz oder die vielen peinlichen Versuche von Klassikern Jazz zu spielen oder die vielen Bücher "wie lerne ich Jazz" sind alle eingebildet.
Ja klar, die Leute wissen es halt nicht, dass sie es eigentlich könnten, oh Mann.

Und meine Probleme waren auch nur eingebildet oder ich bin halt der einzigste Idiot der aus einer klassischen Ausbildung Probleme mit Jazz hatte.

Und nocheinmal, dass was Berezovsky (war das jetzt richtig?) da spielt, ist für mich kein Jazz. Das ist technisch artistisches Klavierspiel ohne wirklich den Ausdruck von Jazz zu erreichen. Siehe als Gegenbeispiel Mehldau, der fast keine virtuose Technik hat.
...diese beleidigte Suada halte ich für entbehrlich! Niemand hat hier derartiges behauptet oder provoziert, oh Mann ;)
 
Also, spieltechnisch bin ich gerade mit einer Bachsinfonie beschäftigt. Parrallel dazu versuche ich mich gerade an "Birdland". Joa, dachte, die paar Noten bei "Birdland" kann ich ja fast Prima Vista spielen. Denkste! Ich hab gefühlte 10 Stunden gebraucht, um den Rhytmus irgendwie hinzukriegen. Allerdings wars in der Bigbandprobe wesentlich einfacher als zuhaus im stillen Kämmerlein. Der Reiz ist für mich das Spielen und Erleben in einer Bigband und das stolze Gefühl, Teil davon zu sein. Es hat einfach nochmal eine andere Qualität. Aber an irgendwas muß es doch liegen, daß ich mich als Klassikspieler dermaßen schwertue mit sochen Jazzstandards. Wie gesagt, ich bin ja keine Pianistin, sondern nur ne kleine Klavierspielerin und hab aber schon ein bißchen Ahnung von Harmonielehre.
Noch was anderes ist für mich, Akkorde nach Leedsheets spielen zu können. Aber bis dahin ists noch ein weiter Weg.
Ich denke, es ist entscheidend, auf welcher Stufe des Könnens man sich bewegt, egal ob Jazz oder Klassik.
 
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Mir kommt da noch ein wichtiger Gedanke:

Jazz wurde ja quasi "erfunden" von Leuten, die nicht unbedingt Noten lesen konnten/wollten. Dementsprechend selten ist es, dass ein Klavierstück im "Jazzstil" auskomponiert ist. Solche auskomponierten Stücke gibt es, und ich denke, dass ein klassischer Pianist damit keine Schwierigkeiten hätte - ich hab noch kein wirklich schwieriges Stück gesehen.
Jedoch ist das nicht unbedingt erwünscht - Jazz kommt eben aus einer anderen Tradition: Man spielt höchstens nach Leadsheet, am besten ganz ohne Noten, und spielt deshalb frei (Stichwort: Variation - kam noch gar nicht in unserer Diskussion auf).

Euer Morn
 
Jazz wurde ja quasi "erfunden" von Leuten, die nicht unbedingt Noten lesen konnten/wollten.
Das mag anfangs teilweise so gewesen sein - aber alterierte Akkorde zu verketten, hierbei durchaus einen eigenen harmonischen Stil zu etablieren, sich rhythmisch vom Unterhaltungsmainstream wie auch von der Romantik zu lösen: das ist ohne Notenlesen und ohne ziemliche Harmonikkenntnisse nicht möglich gewesen.
Und das wurde durchaus wahrgenommen: Strawinski, Milhaud, Hindemith, Korngold, Krenek u.a. griffen Anregungen aus dem Jazz der roaring twenties genau in dieser Zeit auf.

Dementsprechend selten ist es, dass ein Klavierstück im "Jazzstil" auskomponiert ist. Solche auskomponierten Stücke gibt es, und ich denke, dass ein klassischer Pianist damit keine Schwierigkeiten hätte - ich hab noch kein wirklich schwieriges Stück gesehen.
Damit keine Mißverständnisse aufkommen: der spieltechnische Schwierigkeitsgrad ist kein Qualitätsmerkmal - was gut ist, muss nicht notwendig schwierig zu spielen sein (allerdings muss auch nicht alles, was leicht zu spielen ist, notwendig gut sein).
Problematisch an dieser Aussage ist dann in der Folge freilich, dass so viele beim Spielen Schwierigkeiten damit haben (wie in diesem Faden schon erwähnt wurde) - das müsste ja prinzipiell nicht so sein?!
Von Friedrich Gulda gibt es ausnotierte Klavierstücke, die zumindest er für Jazz gehalten hat: z.B. "für Paul" ist schwierig zu spielen, auch ein "prelude & fugue" (endet mit einem derben Cluster)

Jedoch ist das nicht unbedingt erwünscht - Jazz kommt eben aus einer anderen Tradition: Man spielt höchstens nach Leadsheet, am besten ganz ohne Noten, und spielt deshalb frei (Stichwort: Variation - kam noch gar nicht in unserer Diskussion auf).
Diese Gebrauchstradition ist natürlich darauf angewiesen, dass die instrumentalen Schwierigkeiten nicht überhand nehmen!
Was die Variation betrifft: es gibt verschiedene Arten (figurale Variation, Charaktervariation usw.) - wiederum aus praktischen Gründen wird hier eher das figurale Variieren bzw. Varianten improvisieren (auch bzgl. der Besetzung und Instrumentalcharakteristik) praktiziert.
 

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