Berezovsky über Jazz

Dabei seit
11. Apr. 2007
Beiträge
3.808
Reaktionen
1.422
Ich habe gerade ein Interview mit Boris Berezovsky gesehen, das ordentlich Zündstoff für eine Diskussion geben sollte :)

YouTube - Boris Berezovsky about Jazz

Sehr provokativ: "There is no improvisation in Jazz, it's all learned." und Jazz sei hauptsächlich rhythmische Improvisation, viel mehr Möglichkeiten zur Improvisation habe man in der klassischen Musik.

Wenn das keinen Widerspruch hervorruft... :p

lg marcus
 
Zuletzt bearbeitet:
Hi,

oh mann, was ist das für ein arroganter Sack:

"I learned jazz for 3 years"
Ok, klar nach 3 Jahren hat man dann alles durchschaut.

"There is no improvisation in Jazz, it's all learned."
Ach so, die wahre echte Improvisation, die lernt man nicht so profan wie die Jazzer, sondern die wird einem durch ein höheres Wesen gegeben.

... "Jazz improvisation is only rhythmic improvisation"
Klar deswegen gibt es ja auch nur 14 verschiedene Skalen (s. unten).

... "and that is also always the same"
Klar, wenn er immer die gleichen auswendig gelernten Patterns, wie ein Jazz Anfänger spielt, is it always the same.

"There are only 14 (oder 40?) scales in jazz. I learned possibly 10."
In der Klassik gibt es nur 2 Skalen (Dur und Moll). Ah, ja.
Ausserdem soll man nicht einfach die Tonleitern rauf und runter spielen, wie er als Anfänger, sondern das ist ja nur das Tonmaterial für eigene motivische Entwicklung (wie in der Klassik).

"I have to drink, then I can play jazz"
Das glaub ich auch. ;-)

Wo er allerdings recht hat, aber das weiss jeder, Jazz ist homophone und nicht polyphone Musik. Aber das definiert ja Jazz.

Gruß
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hi,

übrigens, ich hab' extra den Mehldau als Beispiel für Jazz gewählt, weil der nämlich nicht seine überragende Technik, bei Berezovsky ist es sogar mehr Artistik, in den Vordergrund stellt, er hat nämlich gar keine.

Aber dafür hat er eine wahnsinnige Erfindungs- und Einfühlungsgabe.

Die Artisten gibt's im Jazz natürlich auch, zB Oscar Peterson (ist das wirklich Jazz? bin mir nicht sicher).

Gruß
 
Ich habe gerade ein Interview mit Boris Berezovsky gesehen, das ordentlich Zündstoff für eine Diskussion geben sollte :)

YouTube - Boris Berezovsky about Jazz

Sehr provokativ: "There is no improvisation in Jazz, it's all learned." (...) Wenn das keinen Widerspruch hervorruft... :p

Ich sehe keinen Grund, da zu widersprechen.
Freilich sollte man diese etwas saloppe Interview-Sentenz nicht gleich als ein mosaisches Gesetz behandeln ;), denn wenn, wie im Jazz nicht selten, mehrere Musiker miteinander "improvisieren", dann funktioniert das natürlich nur infolge von Absprachen und infolge vom sofortigen Wiedererkennen des Gelernten (harmonische, rhythmische, musikalisch-gestische Patterns/Muster) - - wäre das in so einem Fall nicht so, dann würden die nämlich recht wüst aneinander vorbeispielen, indem jeder sein eigenes kreatives Süpplein kochen würde ;)
Das Improvisieren in dieser Musikgattung spielt sich in recht engen Grenzen und Regeln ab, das allerdings bietet den Vorteil, dass gemeinsam ohne Noten übehaupt gespielt werden kann!

So gesehen hat Berezovsky nichts böses gesagt und verdient keine Schimpfkanonaden wie
Zitat von Bachopin:
oh mann, was ist das für ein arroganter Sack
 
Ich habe schon an anderer Stelle mal irgendwann angemerkt, daß das Video, wo Berezovsky bei dieser Session Jazz spielt, beweist, daß er von Jazz KEINE Ahnung hat!

Das ist einfach scheußliches, gefühlloses, überhaupt nicht swingendes Geklimper!

Rolf, Du bist ja kein Jazzmusiker, daher hilft vielleicht folgender Vergleich: Für einen Jazzmusiker ist es genauso belustigend / erschreckend, Berezovsky "Jazz" spielen zu hören, wie es als klassischer Musiker belustigend / erschreckend ist, Martin Dalheimer Chopin spielen zu hören! (Und wir sehen, beide reden auch noch schlau rum und halten sich für kompetent, zu dem betreffenden Gebiet was sagen zu können!)

Peng, aus.

Ich habe auch schon anderswo "Klassiker" erlebt, die sich anmaßten, ohne das sorgfältige praktische und theoretische Studium der Materie, das auch für Jazz (!) erforderlich ist, den Jazzexperten raushängen lassen zu können... :roll:

LG,
Hasenbein
 
Hi hasenbein,

I like this. ;-)

Peng aus.

Was hälst du von Mehldau?

Gruß
 
Who the f... is Berezovsky ?
Weitere Kommentare gebe ich erst im Jahr 2051. Erst mal sehen ob er mehr Einfluss auf Jazz haben wird als John Coltrane......
 
Ich sehe keinen Grund, da zu widersprechen.
Ich habe das Interview auch deshalb eingestellt, weil ich nicht von vorneherein sagen würde, dass das komplett falsch ist, was er da sagt. (Ich habe aber von Jazz keine Ahnung)

Mich würden ja praktische Erfahrungen interessieren, wie viel Freiheit hat man in einer Improvisation mit mehreren Spielern? Wie weit ist man eingeschränkt?

Ich finde es übertrieben, dann gleich die ganz großen des Jazz herbeizuzitieren (genannt wurden Coltrane, Mehldau, Peterson). Sind die "der Jazz"? Mich interessieren im Kontext dieser Aussagen eher die Normalsterblichen, die sich zusammengetan haben, um ein paar Mal im Monat hier und dort zu spielen.

lg marcus
 
Hi rolf,

wir sind uns einig, das ist die ironische Kurzform:
"There is no improvisation in Jazz, it's all learned."
Ach so, die wahre echte Improvisation, die lernt man nicht so profan wie die Jazzer, sondern die wird einem durch ein höheres Wesen gegeben.

Das ist die Langform:
..., denn wenn, wie im Jazz nicht selten, mehrere Musiker miteinander "improvisieren", dann funktioniert das natürlich nur infolge von Absprachen und infolge vom sofortigen Wiedererkennen des Gelernten (harmonische, rhythmische, musikalisch-gestische Patterns/Muster) - - wäre das in so einem Fall nicht so, dann würden die nämlich recht wüst aneinander vorbeispielen, indem jeder sein eigenes kreatives Süpplein kochen würde ;)
Das Improvisieren in dieser Musikgattung spielt sich in recht engen Grenzen und Regeln ab, das allerdings bietet den Vorteil, dass gemeinsam ohne Noten übehaupt gespielt werden kann!

Genau, deswegen ist Jazz wohl auch hauptsächlich homophon (vorgegebene Akkord-Progressionen), weil's sonst ein bischen zu schwierig wäre, gemeinsam zu improvisieren.

Wobei es gibt auch den kommerziell total erfolgreichen Free-Jazz. ;-)

Und manche Bands haben auch schon polyphon imrpovisiert (oder Dixieland, für mich allerdings kein Jazz, sondern "amerikanische Volksmusik").

So gesehen hat Berezovsky nichts böses gesagt und verdient keine Schimpfkanonaden wie

Was böses hat er nicht gesagt, aber wie würdest du reagieren, wenn ich nach 3 Jahren Spielen von Bach'scher Musik, sagen würde:

"Ich hab' seine Musik total verstanden. Du musst nur irgendwelche Motive spielen und das sind eh immer die gleichen. Ist total simpel, da hab' ich mich wieder anderen Dingen zugewandt" ;-)

So wie ich dich hier schon erlebt habe, gäbe das einen geharnischten Kommentar von dir. ;-)

Gruß
 

Genau, deswegen ist Jazz wohl auch hauptsächlich homophon (vorgegebene Akkord-Progressionen), weil's sonst ein bischen zu schwierig wäre, gemeinsam zu improvisieren.

Wobei es gibt auch den kommerziell total erfolgreichen Free-Jazz. ;-)

Und manche Bands haben auch schon polyphon imrpovisiert (oder Dixieland, für mich allerdings kein Jazz, sondern "amerikanische Volksmusik").

Leider nicht richtig.

Jazz besteht MEISTENS aus polyphoner Improvisation!

Man hat die improvisierte Baßlinie (z.B. Walking Bass) und darüber eine Sololinie. Bums, ist die Polyphonie fertig.

Dazu spielt z.B. der Pianist noch eine Begleitung, die im besten Fall ja nicht aus monotonen Patterns besteht, sondern in sich auch einen schlüssigen melodisch-rhythmischen Verlauf hat. Schon hat man 3stimmige Polyphonie!

Und dann noch ein Drummer, der ja nicht nur die Time hält, sondern im Jazz seit den 50ern auch ergänzend und kommentierend ins Geschehen eingreift (Max Roach, Tony Williams...). Schon hat man 4- oder mehr-stimmige Polyphonie!

Da bedarf es keiner durcheinanderdudelnden Dixieland-Bläser :mrgreen:

LG,
Hasenbein
 
Was böses hat er nicht gesagt, aber wie würdest du reagieren, wenn ich nach 3 Jahren Spielen von Bach'scher Musik, sagen würde:

"Ich hab' seine Musik total verstanden. Du musst nur irgendwelche Motive spielen und das sind eh immer die gleichen. Ist total simpel, da hab' ich mich wieder anderen Dingen zugewandt" ;-)

So wie ich dich hier schon erlebt habe, gäbe das einen geharnischten Kommentar von dir. ;-)
wer musikalische und technische Fähigkeiten wie Berezovsky mitbringt, lernt bestimmt manches am Klavier etwas schneller ;) und erstaunlich wäre, wenn in diesem fiktiven Beispiel von Barockmusik die Rede wäre (nicht nur von einem, freilich großen, Komponisten dieser Zeit) - - also wenn Du die Erfahrung gemacht hast, dass Du Bachs Clavierwerk komplett in drei Jahren gelernt hast und dessen bald überdrüssig gewoden bist, so wär das doch völlig ok ;)
 
Leider nicht richtig.

Jazz besteht MEISTENS aus polyphoner Improvisation!

Man hat die improvisierte Baßlinie (z.B. Walking Bass) und darüber eine Sololinie. Bums, ist die Polyphonie fertig.

Dazu spielt z.B. der Pianist noch eine Begleitung, die im besten Fall ja nicht aus monotonen Patterns besteht, sondern in sich auch einen schlüssigen melodisch-rhythmischen Verlauf hat. Schon hat man 3stimmige Polyphonie!

Dazu eine Frage: unterliegt der Bau einer solchen typischen Jazz-Basslinie nicht auch Regeln und spielt sich das nicht auch innerhalb vorgegebener (abgesprochener oder wenn man sa sagen kann typischer) harmonischer Abfolgen? Ich meine damit, dass eben doch vieles vorab einen Rahmen hat, in dem man sich bewegt, damit innerhalb dieses Rahmens gemeinsames improvisieren möglich ist.

Melodie, rhythmisch-harmonische Begleitung, Bass - ja, das sind drei Klangschichten (nicht unbedingt strenge Dreistimmigkeit), aber das ist doch bei fast aller Klaviermusik vorhanden.
 
Hi,

für mich ist die Bass-Linie, Akkorde vom Klavier und Melodie des Solo-Instruments im Jazz keine polyphone Musik. Es ist selbstverständliche mehrstimmige Musik, sonst würden ja alle das gleiche spielen. ;-)

Polyphone Musik zeichnet sich mM daddurch aus, dass 1.) jede Stimme als Melodie völlig selbsständig ist. 2.) kein strenges takt-basiertes Akkord/Harmonie-Schema wie im Jazz zu Grunde liegt, sondern die Harmonien durch die mehrstimmige Stimmführung jederzeit wechseln (auch mehrmals im Takt).

Man beachte, ist nur meine Meinung.

Gruß
 
Improvisation allgemein hat viel mit dem Abrufen von bereits Gelerntem zu tun. Ich speichere etwas, was gut klingt ab und rufe es dann zum passenden Zeitpunkt ab. Deshalb sind ja auch gute Improvisatoren Leute, die viel und gerne üben.

Euer Morn
 
Dazu eine Frage: unterliegt der Bau einer solchen typischen Jazz-Basslinie nicht auch Regeln und spielt sich das nicht auch innerhalb vorgegebener (abgesprochener oder wenn man sa sagen kann typischer) harmonischer Abfolgen? Ich meine damit, dass eben doch vieles vorab einen Rahmen hat, in dem man sich bewegt, damit innerhalb dieses Rahmens gemeinsames improvisieren möglich ist.

Hab' jahrelang in einer Amateur Jazz Combo gespielt. Genau so sind wir vorgegangen.
Deswegen gibt es ja auch zB Bücher wie spiele ich einen Walking-Bass oder wie mache ich gutes Jazz-Comping.
Man kann einiges davon durch Regeln festlegen, aber nicht alles. Ist wie beim Komponieren, welcher gute Komponist hält sich nur an die Regeln und verletzt sie nie.

Was ich Bersow... oder wie der heisst vorwerfe ist, dass er nicht erkannt hat, dass gute (sehr gute) Jazz Musiker beim Spielen immer aufeinander hören und immer improvisatorisch auf die anderen eingehen. Das ist einer der Hauptunterschiede zu ausnotierter Musik, da ist ja fast alles festgelegt, bei Jazz nicht. Alles Nicht-Festgelegte wird improvisatorisch im Sinne des Stils Jazz (Swing, Skalen, Embellishment, etc.) ausgefüllt.

Melodie, rhythmisch-harmonische Begleitung, Bass - ja, das sind drei Klangschichten (nicht unbedingt strenge Dreistimmigkeit), aber das ist doch bei fast aller Klaviermusik vorhanden.

Siehe mein Kommentar oben.

Gruß
 
Dazu eine insgesamt prekäre Frage:
wird mittels des Begriffs Improvisation in diesem Bereich nicht eine Erwartung geweckt, die nicht so ganz erfüllt wird? Wie schon mehrfach (und nicht nur von mir) bemerkt, spielt sich diese Art der Improvisation innerhalb von recht reglementierten Regeln bzw. Vorgaben ab - der Begriff selber aber wird doch allgemein mit deutlich mehr kreativer Freiheit konnotiert. Ist da evtl. ein Hauch von Etikettenschwindel im Spiel? ;)
 
Nun, ich denke jede Improvisation in einem bestimmten Stil ist nicht pure Neuschaffung.

Egal ob nun im Barock polyphon improvisiert wird (z.B. ein Trio auf der Orgel, da gibt's wirkliche Könner, gib ihnen ein Thema und sie führen das korrekt aus, aus dem Stegreif) oder halt im Jazz (wobei dieser Stil nun ziemlich weit ist: ob Bebop oder Swing ist schon ein riesen Unterschied).

Wirklich freie Improvisation gibt's meines Wissens nicht. Auch nicht im für viele chaotischen weil polyphonen und polyrhythmischen Freejazz.

Und warum? Weil wir ja auch für jede neue Musik möglichst bald eine Einordnung vornehmen.

Natürlich ist die Jazzimprovisation trotzdem eine hohe Kunst, denn sie bedient sich aus dem reichen Fundus der gesamten Musikgeschichte - bis heute spielen die Jazzer ja nicht mehr nur die alten Broadwaytitel. Ok, manche schon ;)

Euer Morn
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Zurück
Top Bottom