Ausdauer bei schnellen Stücken

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niklas93

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6. Jan. 2015
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Hallo zusammen,
Erst mal zu mir: Ich bin 21 Jahre alt und spiele jetzt seit ca 5 Jahren klavier. Die ersten zwei Jahre hatte ich klassischen Unterricht, musste danach aber wegen der Bundeswehr erstmal aufhören welchen zu nehmen. Jetzt spiele ich wieder seit anderthalb Jahren jeden tag mindestens 3 stunden.

Ich habe mir jetzt das Perpetuum Mobile von Weber vorgenommen, merke aber dass meine rechte Hand sich zum Ende hin extrem verkrampft und ich dadurch ziemlich viel an Gefühl und Gleichmäßigkeit einbüßen muss. Meine Frage ist jetzt, ob es vielleicht bestimmte Übungen gibt um das Problem zu bekämpfen und ob es vielleicht daran liegt, dass ich mich zu früh an das Stück rangewagt habe. Ich achte auf meine Haltung beim spielen und darauf, möglichst entspannt zu bleiben. Aber wenn ich nicht zwischendurch eine kleine Pause einlege kann ich die Passagen zum Ende hin einfach nicht mehr vernünftig spielen. Wenn ich die einfach so spiele ohne das ganze Stück zu spielen klappt es wunderbar. Ich hoffe auf ein paar hilfreiche Antworten von euch :)
 
Übst du oft leise und langsamer?
Wenn nicht, empfehle ich dir, das ein paar Wochen lang mit den kritischen Passagen, die dich anstrengen, durchzuführen, um den Druck rauszubekommen. Übe es eher passiv und ohne Ausdruck, nur mit der Kraft, die notwendig ist.
Konzentriere dich dabei auf deine Atmung, den schönen feinen Klang und absolute innere Ruhe (Meditation). Achte zusätzlich darauf, wo dein Körper evtl. noch zu Verspannungen neigen könnte. Wenn es langsam und leise komplett ohne Mühe klappt, bring mal einzelne Passagen auf Tempo, aber immer noch locker und leise bleiben.

Im Gegenzug dazu hilft auch folgendes, um das Handgelenk zu lockern:
Spiele die Passagen ganz langsam, und dann jede Note mit einzelnem starkem Fingerimpuls. Der Arm hängt dabei schwer runter und hilft mit seinem Gewicht, den lauten Ton zu erzeugen, d.h. dein ganzer Arm, vom Handgelenk bis zu den Schultern darf / muss frei sein und kann mitschwingen oder den Fingerimpuls unterstützen. Nach jeder Note konzentriere dich auf das Loslassen aller Muskeln, bevor du die nächste Note genauso spielst.

Somit hast du einmal die Variante, leise und entspannt zu spielen, sowie die Variante, laut und entspannt zu spielen. Die Gefühle, die du hier trainierst, fließen automatisch später beim schnellen Spiel mit ein.

LG, Joh
 
Das Stück ist einfach anstrengend, ob es deinem Leistungsstand entspricht weiß ich nicht. Wenn du trotz Anleitung durch den Lehrer schmerzen hast dann leg es weg. Vielleicht bist du noch nicht soweitsoweit
 
Hallo Joh,
Übst du oft leise und langsamer?
Wenn nicht, empfehle ich dir, das ein paar Wochen lang mit den kritischen Passagen, die dich anstrengen, durchzuführen, um den Druck rauszubekommen. Übe es eher passiv und ohne Ausdruck, nur mit der Kraft, die notwendig ist.
Konzentriere dich dabei auf deine Atmung, den schönen feinen Klang und absolute innere Ruhe (Meditation). Achte zusätzlich darauf, wo dein Körper evtl. noch zu Verspannungen neigen könnte. Wenn es langsam und leise komplett ohne Mühe klappt, bring mal einzelne Passagen auf Tempo, aber immer noch locker und leise bleiben.

Im Gegenzug dazu hilft auch folgendes, um das Handgelenk zu lockern:
Spiele die Passagen ganz langsam, und dann jede Note mit einzelnem starkem Fingerimpuls. Der Arm hängt dabei schwer runter und hilft mit seinem Gewicht, den lauten Ton zu erzeugen, d.h. dein ganzer Arm, vom Handgelenk bis zu den Schultern darf / muss frei sein und kann mitschwingen oder den Fingerimpuls unterstützen. Nach jeder Note konzentriere dich auf das Loslassen aller Muskeln, bevor du die nächste Note genauso spielst.

Somit hast du einmal die Variante, leise und entspannt zu spielen, sowie die Variante, laut und entspannt zu spielen. Die Gefühle, die du hier trainierst, fließen automatisch später beim schnellen Spiel mit ein.

LG, Joh

ich sehe hier nirgendwo, daß Ausdauer trainiert wird. Du trainierst hier am ehesten optimale Bewegungsfolgen (das geht aber auch einfacher und direkter) - welche zwar eine wichtige Voraussetzung für Ausdauer sind, aber die Ausdauer selbst erreicht man so nicht.
 
Wie erreicht man denn Ausdauer? Würde mich echt Wunder nehmen.
LG
Sonatina
Interdisziplinäres Denken und Fachwissen aus verschiedenen Bereichen kann bei solchen Dingen immer hilfreich sein...

In diesem Fall: die Sportwissenschaft. Die Erkenntnisse hinsichtlich Ausdauertraining lassen sich auf das Klavierspiel übertragen. Kein Trainer würde einem Sportler mit Ausdauerproblemen beim 400m-Lauf empfehlen, ein paar Wochen lang entspannt in zügigem Tempo spazierenzugehen - das bringt nichts.

Dieses hier:
merke aber dass meine rechte Hand sich zum Ende hin extrem verkrampft
ist allerdings kontraproduktiv für gutes Ausdauertraining - da macht man mehr kaputt, als daß es nützt.
 
@Dreiklang : Wie man Ausdauer im Sport trainiert ist mir klar. Aber da geht es um die Erhöhung der aeroben Kapazität. Dies ist aber beim Klavierspielen nicht wirklich ausschlaggebend.
Johs Erklärungen gehen da meiner Meinung nach schon in die richtige Richtung - nämlich entkrampft und locker spielen.
Wobei ich jetzt nicht behaupten will, dass die körperliche Fitness beim Klavierspielen gar keine Rolle spielt. Aber in diesem Fall - Verkrampfung der Hand/Arm - bringt es nicht viel wenn der TE seine Herz- und Lungentätigkeit optimiert.
LG
Sonatina
 
Aber in diesem Fall - Verkrampfung der Hand/Arm - bringt es nicht viel wenn der TE seine Herz- und Lungentätigkeit optimiert.
Natürlich nicht - aber beim Klavierspiel sind besonders die Armmuskeln gefordert. Diese müssen dann beim Üben auf Ausdauer trainiert werden, das heißt: die Blutgefässe müssen vermehrt/erweitert werden, die Energiedepots in den Muskeln vergrößert und mehr gefüllt werden usw.

Dafür muß man dem Körper aber entsprechende, spezielle Stimuli geben - welche durch langsam-entspanntes Üben oder auch schnelles und entspanntes Üben nicht gegeben werden.

Aus der Ferne läßt sich aber nicht sagen, ob beim Themenersteller wirklich die Ausdauer, oder suboptimale Bewegungsfolgen das Problem sind. Im letzteren Falle könnten Joh's Tipps möglicherweise schon helfen. Im ersteren Fall werden sie nichts helfen.
 
@Dreiklang : Aber da geht es um die Erhöhung der aeroben Kapazität. Dies ist aber beim Klavierspielen nicht wirklich ausschlaggebend.
LG
Sonatina

Die aerobe Kapazität, wie wir sie hauptsächlich aus der Sportwissenschaft kennen ist tatsächlich nicht im Klavierspiel ausschlaggebend. Es gibt, auch im Sport, andere Ebenen der Förderung der Ausdauer - z.B. Laktattoleranztraining. Diese anderen Ebenen sind allerding wichtig für das Klavierspiel (nicht Laktattoleranztraining) und können nur durch Training/Üben verbessert werden. Speziell beim Klavierspiel ist die Motorik, gesteuert durch neuromuskuläre Koordination (Schnelligkeit, Bewegungskontrolle, Entspannung, Schnellentspannung) ausschlaggebend. Diese wiederum ist abhängig von Stoffwechselvorgängen und chemische Reaktionen der biologischen Systeme. Genauso wie das aerobe System bestimmter Ausdauersportarten werden diese nur durch Training/Üben verbessert. Das ist alles trainierbare Biochemie.

Niklas schreibt von einer Verkrampfung am Ende seiner Übephase. Ich deute das als Ermüdung dieser Systeme als Folge des Übens. Johs Ausführung, langsam und leise zu üben würde einer anderen Verkrampfung entgegenwirken. Ich bezeichne sie mal als psychologische Verspannung durch Unsicherheit, durch Hypersensibilität oder des nichterfassens von Notentext. Diese würde explizit nicht nur am Ende auftreten, sondern generell. Ich kenne beide Verkrampfungsformen an mir.

Es gibt im Sport übrigens wissenschaftliche Erkenntnisse von effektiven Training. Unter anderem gibt es eine optimale Trainingsintensität hinsichtlich der Ermüdungsgrenze. Ich würde sagen, wenn Niklas am Ende ermüdet (verkrampft) und danach aufhört, dann macht er alles richtig. Weiter zu üben wäre aus sportwissenschaftlicher Sicht Kontraproduktiv (Vorsicht bei der Interpretation - Kontraproduktiv im Gegensatz zur optimalen Übeintensität, aber immer noch besser als gar nicht üben).

Die geistige Koordination des Klavierspiels selber ist wiederum eine andere Ebene die auch die Ausdauer beeinflußt. Diese kann man auch trainieren - und eine gute Veranlagung ist hier auch von Vorteil.
 
Zuletzt bearbeitet:

Niklas schreibt von einer Verkrampfung am Ende seiner Übephase. Ich deute das als Ermüdung dieser Systeme als Folge des Übens.
Die Muskeln werden irgendwann lahm, sie wollen nicht mehr richtig reagieren: das passiert in der Regel beim Klavierspiel, wenn die Ausdauer erschöpft ist.
Ich würde sagen, wenn Niklas am Ende ermüdet (verkrampft) und danach aufhört, dann macht er alles richtig.
nicht viel weiter über diesen Punkt hinaus üben, keinesfalls "mit Gewalt" oder "mit dem Kopf durch die Wand" bis zur extremen Verkrampfung, oder sogar Schmerzen im Muskel, versuchen.

Nach der Erschöpfung der Muskeln eine kurze Pause machen, dabei den Arm entspannen, durchbluten lassen, sich erholen lassen, massieren. Dann wieder auf ein Neues, das ganze wiederholt. So bekommt der Körper den Impuls gesetzt: Hoppla, das, was ich jetzt kann in Sachen Ausdauer, reicht nicht aus. Da muß was passieren (biochemische bzw. physische Anpassungen).
da wäre dann ein gezieltes Krafttraining angebracht. Hat übrigens ein mir bekanntes Mädchen mit 12 Jahren von ihrem KL verordnet bekommen. Ihr Berufswunsch ist Konzertpianistin.
Nein, das würde ich nicht tun. Erstens, trainiert Krafttraining die Kraft (eine solche brauchen vielleicht Gewichtheber, aber keine Pianisten), und nicht die Ausdauer. Zweitens, würde ich Klavierspiel immer auch direkt durch die Anforderung "Klavierspiel" trainieren.

Generell obacht: wir reden hier bei allem immer noch über Ausdauer beim Klavierspiel.

Der Aufbau von Technik (also technische Anforderungen bewältigen, schwere Passagen klangschön auf Geschwindigkeit bringen etc.), das geht anders (!). Nicht verwechseln.
 
Erstens, trainiert Krafttraining die Kraft (eine solche brauchen vielleicht Gewichtheber, aber keine Pianisten), und nicht die Ausdauer.

Das stimmt nicht unbedingt. Mit Krafttraining kann man sehr wohl die (Kraft-) Ausdauer trainieren. Es kommt immer auf die Gewichte und die Zahl der Wiederholungen an. Der von Dir genannte Gewichtheber wird wenige Wiederholungen mit maximalen Gewichten machen. So trainiert z.B. Tzimon Barto.
 
Das stimmt nicht unbedingt. Mit Krafttraining kann man sehr wohl die (Kraft-) Ausdauer trainieren. Es kommt immer auf die Gewichte und die Zahl der Wiederholungen an. Der von Dir genannte Gewichtheber wird wenige Wiederholungen mit maximalen Gewichten machen. So trainiert z.B. Tzimon Barto.
Genau. Kleine Gewichte und viele Wiederholungen trainieren die Ausdauer des Muskels.
LG
Sonatina
 
Danke für die ganzen Antworten :) der Tipp von Joh scheint auf auf jeden Fall schon mal zu helfen. Ich denke Muskelkraft hat eher geringere Auswirkungen auf die Ausdauer als die Technik. Ich merke auch, dass ich relativ schnell verkrampfe, wenn ich einen Lauf spiele mit größeren Abständen zwischen den Tönen. Also bei dem man die Finger spreizen muss und dabei eine schnelle Bewegung mit dem Arm machen muss. Da gibt es wirklich einige furchtbare Stellen in dem Stück :konfus:
 
Das stimmt nicht unbedingt. Mit Krafttraining kann man sehr wohl die (Kraft-) Ausdauer trainieren.
Heißt aber dann nicht mehr Krafttraining, sondern Kraftausdauer-Training ;-)
Aber selbst dann würde ich persönlich es nicht für's Klavierspiel anwenden. Das Lösen solcher Probleme geht wunderbar auch so, durch zielgerichtetes Klavierüben. Das ist jedenfalls meine Meinung und Erfahrung... sollte es aber mal entsprechende Studien geben, ich bin ganz Ohr.
 
Hi Leute,

ich bin ja schon lange hier dabei, aber das ist ja mal ein toller informativer Faden.
Danke.

Noch was von mir, da es vielleicht noch nicht so stark angesprochen wurde.
Klavierspielen ist auch sehr stark eine mentale, geistige Tätigkeit (vielleicht sogar nur, gibt es da eigentlich Untersuchungen?) und es muß sich auch mentale Ausdauer entwicklen.

Und hierbei gilt auch wieder der Grundsatz man übt das indem man das übt. ;-)

Aber es ist umso besser je weniger das ganze System durch unnötige Aktivitäten (mental und motorisch) belastet wird. Das wichtigste Thema ist also meistens die richtige Entspannung.

Gruß
 
OT
Und hierbei gilt auch wieder der Grundsatz man übt das indem man das übt. ;-)
Auch hierbei der Grundsatz: es nicht übertreiben, sich nicht prügeln... wenn die Konzentrationsfähigkeit oder die Lust am Üben erschöpft ist, der Akku alle ist, Pause machen, oder halt am nächsten Tag weitermachen.

Für Amateure dürfte das ein guter, gangbarer Weg sein.

Wie man es halten muß, wenn man ein Weltklassepianist werden will: keine Ahnung... wahrscheinlich auf Deibel komm' raus üben, üben, und nochmals üben.
 
Hallo Joh,

ich sehe hier nirgendwo, daß Ausdauer trainiert wird. Du trainierst hier am ehesten optimale Bewegungsfolgen (das geht aber auch einfacher und direkter) - welche zwar eine wichtige Voraussetzung für Ausdauer sind, aber die Ausdauer selbst erreicht man so nicht.

Meinst du nicht, dass mit dem Erreichen der optimalen Bewegungsfolgen die Frage nach "Kraft" oder "Ausdauer" hinfällig ist?

LG, Joh
 

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