Ausdauer bei schnellen Stücken

  • Ersteller des Themas niklas93
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Ich glaube auch nicht, dass man für simples Passagenspiel wie in dem Weber-Rondo oder in Schuberts Impromptu in irgendeiner Form Ausdauer braucht. Wenn die Bewegungen stimmen und kleinere Gruppen im schnellen Tempo richtig und automatisiert gespielt werden können, braucht man für diese Stücke weder Kraft noch Ausdauer. Solche Sachen können nämlich auch viele 10jährige Kinder spielen, die logischerweise noch nicht jahrzehntelang ein tägliches, mehrstündiges Übepensum hinter sich haben.

Wenn man bei sowas ermüdet oder gar verkrampft, dann hat man einfach die Musik und/oder die richtigen Bewegungsbläufe noch nicht kapiert.

Nö. Auch Amateure, die eben nicht jeden Tag (womöglich stundenlang) klavierüben, können Ausdauerprobleme beim Impromptu 90/2 bekommen. Kenne ich von mir selber früher - und das hatte nichts mit schlechten Bewegungsabläufen zu tun.

In Sachen Ausdauer kann man da wenig pauschalisieren.

Manchmal kam die Ausdauer bei mir auch automatisch, zusammen mit dem auf-Geschwindigkeit-Bringen; dann mußte ich mir darüber auch keine großen Gedanken mehr machen.
 
Ich habe nicht alle Beiträge gelesen, vielleicht steht mein Inhalt schon woanders - wenn Du regelmäßig gegen Ende schlapp machst, trainierst Du das Schlappmachen mit ein (auf Deutsch: Du konditionierst Dich bei den entsprechenden Stellen auf das Schlappmachen).
Das kann vermieden werden, wenn Du beim Üben mit den entsprechenden Stellen anfängst und Dich auf lockeres Spiel konditionierst. So weiß Dein Spielapparat, dass er dort nicht aufgeben oder verkrampfen muss, sonderen dass er auch dort locker spielen kann.
Ich fange beim Üben oft hinten mit den Codas oder den Strettas an, sogar schon beim Erlernen eines neuen Stücks.

Viel Erfolg!

Walter
 
Natürlich benötigt man Ausdauer, um aufwändige Programme ohne Einbußen durchzuhalten. Wer solche Programme spielt, der hat erstens diese Ausdauer (und denkt nicht mehr darüber nach) und haushaltet zweitens trotzdem vernünftig mit seiner Energie[...]

Ein wichtiger Punkt, das Haushalten. Dazu gehört meines Erachtens zunächst einmal das Aussieben von energieverschwendenden und, wie bereits schon mehrfach besprochen, unnötigen und störenden Aktivitäten, wie etwa:

Theatralische Bewegungen, aber auch Hämmern aus der Luft auf Tasten ( da dies mehrere, bereits besprochene, Nachteile mit sich führt, UND ZUSÄTZLICH noch unweigerlich einen Mehrverbrauch an Energie mit sich bringt. Die Lösung für solche Fälle lautet: Non-percussive. Hände und Finger bleiben in Berührung mit Tasten, auf keinen Fall bewegen sie sich bei langen, sehr schnellen oder sehr schweren Klamotten zu weit von ihnen fort. Wir arbeiten aus lockerer Position, mit Impulskraft.

lieber @Joh
überwiegend stimme ich dir zu :-)

dennoch gibt es spezielle Literatur, die für jeden, der sie öffentlich spielt, über diese (salopp gesagt) pianistische Komfortzone*) hinausgeht und eigenes Ausdauertraining (sic! das geht dann über das gewohnte richtige/optimale üben hinaus) erfordert -- es gibt Solostücke, die schwieriger und körperlich belastender sind als das dritte Rachmaninov-Konzert, [...]

es geht mir übrigens nicht um manuelle Superlative, sondern um die von vielen großen Panisten glaubhaft dargestellte Tatsache, dass es eben auch Literatur gibt, die selbst solche Virtuosen in Sachen planer dummer körperlicher Ausdauer maximal fordert und damit spezielles Üben immer wieder erfordert. Was das jeweils ist, das kann unterschiedlich sein: z.B. für Artur Rubinstein (der an einem Abend Tschaikowski b-Moll und Brahms B-Dur hintereinander spielen konnte (!!)) waren das Rachmaninovs Paganinivariationen (die er deswegen nur selten spielte) und Strawinskis Trois Mouvements, die immerhim ihm zugeeignet waren, von denen er aber sagte, dass er sie nie mit wirklich allen Noten gespielt hatte.

[...]

Auch für die von Dir genannte Literatur kann mit Sicherheit auch gegen VIELE "große Virtuosen" ins Feld geführt werden, dass sie a ) HÄMMERN, ( warum ? Non percussive ist eigtl. immer besser. Selbst wenn mal "Martellato" da steht. Und b ) Theatralische zusätzliche Bewegungen ausführen.

Das gilt sogar für Arthur Rubinstein, den ich sehr sehr verehre, aber im Video "Great Pianists", zu Beginn, hämmert er am Ende vom Satz 1 der Appassionata ( die ( einfache, aber effektiv klingenden ) letzten 2 Seiten von Satz 1 mit den schnellen Wechsel-Akkorden ) aus nahezu Überkopfhöhe auf die Tasten:

Übertrügen wir eine solche Aktion auf WIRKLICH schwierige Werke, ( der genannte Abschnitt der Appassionata ist nicht sehr schwierig ), meinetwegen auf diese Skriabin-Sonaten, vielleicht Nr. 5 oder 9 ), könnte ich mir vorstellen, dass Pianisten, die nicht gnadenlos Ineffizientes UND SOMIT energieverbrauchendes Agieren aussieben, wohl tatsächlich in die Muskelbude gehen müssten.

Libermann gab das Beispiel in seinen Kursen mit Liszts h-Moll-Sonate: Wenn man sie im durchschnittlichen Tempo spielen möchte, wendet man ca. 25000 pounds an Kraftenergie auf. Beim Minutenwalzer ca. 250 pounds.

Klar ist auf jeden Fall, dass wir bei längeren und schweren "Granaten", aber auch bei sag ich mal "kurzen, harten Brechern" so energiesparend wie möglich vorgehen sollten.

Es wurde zusätzlich der mentale Aspekt angesprochen: Es ist m.E. wohl gut nachvollziehbar, dass es auch Pianisten gibt, die keine Lust haben, 60 Seiten mit dissonantem modernen Material ( z.B. vollgriffige hässliche Akkorde und weite Sprünge im ff oder lauter, und Cluster usw. ) zu spielen ODER sich anzueignen, es spielen zu können.

Eine Gefahr sehe ich also z.B. in langweiligen, oder extrem nervigen, langen Stücken solcher Machart. Diese sind keine Pflicht und als Pianist würde ich sie meiden. Auch Gould hat nicht alles gespielt, was aufm Markt war, wie ich neulich las.

"Wir sind die Briefträger, die zu Fuß gehen. Mit allem, was wir spielen, üben wir unsere Ausdauer. Wir brauchen nicht zusätzlich üben, lange Strecken zu Fuß zu gehen." ( Libermann, frei. )

Vorsichtig betrachten müssten wir auch - es wurde ganz kurz bereits erwähnt, aber ich möchte es nochmals erwähnen - , dass z.B. Werke wie Chopins Oktavenetüde für jemanden, der nur KNAPP eine Oktave greifen kann, eine ERHEBLICHE Energie benötigen, ich habe das an mir selbst gesehen, und dies an der Etüde beobachtet quasi seit ich so 14 bin bis heute. Damals ein MEGA-Brecher, heute mag ich sie, verbrauche WENIG Energie, viel weniger als früher, weil die Hände auch in LOCKEREM Zustand bereits die Oktave greifen können, früher nur unter SPANNUNG. Und Muskelspannung / Anspannung kostet eben viel Energie.

Also sind auch anatomische Faktoren / Körperliche ( und evtl. geistige ) Entwicklungsprozesse, Beschäftigen mit dem Aussieben von Ineffizientem usw. nicht ganz unwichtig hier, würde ich postulieren.

Mit LG, Olli!
 
Auch für die von Dir genannte Literatur kann mit Sicherheit auch gegen VIELE "große Virtuosen" ins Feld geführt werden, dass sie a ) HÄMMERN, ( warum ? Non percussive ist eigtl. immer besser. Selbst wenn mal "Martellato" da steht. Und b ) Theatralische zusätzliche Bewegungen ausführen.
...ja wenn die Hämmervirtuosen das hier lesen, werden die an die Leine pilgern, im Herrenhaiser Park kontemplieren und auf Knien in deinem Vorgarten auf Unterweisungen warten ;-)

"Wir sind die Briefträger, die zu Fuß gehen. Mit allem, was wir spielen, üben wir unsere Ausdauer. Wir brauchen nicht zusätzlich üben, lange Strecken zu Fuß zu gehen." ( Libermann, frei. )
die Erfahrungen eines unmotorisierten Briefboten, der aus der norddeutschen Flachebene in Allgäuer Bergdörfer versetzt wird, sind gewiß unterhaltsam ;-)
 
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...die Erfahrungen eines unmotorisierten Briefboten, der aus der norddeutschen Flachebene in Allgäuer Bergdörfer versetzt wird, sind gewiß unterhaltsam ;-)

Herr "(Libermann, frei)" ist sich sicherlich darüber im Klaren, dass "Mit allem, was wir spielen" eine gewisse Adaptionszeit ausdauertechnisch benötigt, wenn das Niveau angehoben wird.
 
rolf, eine Frage ;-)
viel schöner ist, die Diskussion hier aus schnöder Vergnügungslust zu lesen (hoffentlich kommt noch viel mehr)) :-D:drink:


Fällt eigentlich mein Beitrag hier

Die Muskeln werden irgendwann lahm, sie wollen nicht mehr richtig reagieren: das passiert in der Regel beim Klavierspiel, wenn die Ausdauer erschöpft ist.

nicht viel weiter über diesen Punkt hinaus üben, keinesfalls "mit Gewalt" oder "mit dem Kopf durch die Wand" bis zur extremen Verkrampfung, oder sogar Schmerzen im Muskel, versuchen.

Nach der Erschöpfung der Muskeln eine kurze Pause machen, dabei den Arm entspannen, durchbluten lassen, sich erholen lassen, massieren. Dann wieder auf ein Neues, das ganze wiederholt. So bekommt der Körper den Impuls gesetzt: Hoppla, das, was ich jetzt kann in Sachen Ausdauer, reicht nicht aus. Da muß was passieren (biochemische bzw. physische Anpassungen).
für Dich ebenfalls unter die Rubrik "Belustigungspotential"? ;-)
 
Rolf ist gerade im Urlaub. :-)

Was Du beschreibst, lieber @Dreiklang , ist genau der Prozess, den man aus der Sportlehre kennt.

Mein heutiger Ausflug ins Pathetische:

Am Homo sapiens gibt es zwei Naturwunder: Das menschliche Gehirn und die menschliche Hand. Die Evolution hat nichts Vergleichbares hervorgebracht.
 
...ja wenn die Hämmervirtuosen das hier lesen, werden die an die Leine pilgern, im Herrenhaiser Park ( Anm. Olli: Herrenhäuser Gärten ? ) kontemplieren und auf Knien in deinem Vorgarten auf Unterweisungen warten ;-)


die Erfahrungen eines unmotorisierten Briefboten, der aus der norddeutschen Flachebene in Allgäuer Bergdörfer versetzt wird, sind gewiß unterhaltsam ;-)

Jaahrr, @rolf . :teufel: Und bedenke, dass zu L's Zeiten die Ami-Postboten ja vielleicht tatsächlich noch zu Fuß gingen? :-D..später dann, so kenne ich es vom schönen C-64 game "Paperboy", fuhren sie mit dem Fahrrad, die Jungs, ( zumindest die Zeitungs-Jungen ), und warfen VOM FAHRRAD aus die Zeitungen in die zur Straße hin offenen Zeitungskästen der Häuser. Und: Man sagt: Es gab da Experten, die trafen fast immer!

Aber..bezüglich Libermann: Beeil Dich mal, aus dem Urlaub wieder zurückzureisen und prüf mal Deine pns.

Ich denke, Du wirst, so wie auch 6 weitere Clavios, Libermanns Stellungnahmen dann alle höchstselbst nachlesen können...;-)- im Original...

Herzliche Grüße vom: Olli! :drink:
 

Wirst Du die Kraft aufbringen, es zu ertragen? :lol:
 

Hallo Dreiklang,

ich glaube, du bist auf dem Holzweg. Es erschöpfen nicht die Muskeln - im Sinne von Ermüdung durch Laktatproduktion, weil die Sauerstoffzufuhr nicht mehr ausreicht um die Energieverbrennung zu gewährleisten. Wie soll das auch passieren, wenn das Tastendruckgewicht nur gering ist? Du kannst ja auch stundenlang Hausarbeit machen oder Tastatur eines Computers schreiben ohne muskulär zu ermüden.

Die Ermüdung, die ich meine, die zur Verkrampfung führt (dieses neuromuskuläre Unvermögen gibt es auch als Pathologie - eine Diskrepanz zwischen der reflektorischen Arbeit zwischen Agonist und Antagonist - genannt Spastik) ist eine Ermüdung ganz unabhängig von Sauerstoff und Energieverbrennung. Und dieses System ist ebenso auf Ausdauer trainierbar wie das von Euch oben genannte aerobe Stoffwechselsystem.

Wann will denn das hier jemand endlich einmal verstehen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Ermüdung, die ich meine, die zur Verkrampfung führt (dieses neuromuskuläre Unvermögen gibt es auch als Pathologie - eine Diskrepanz zwischen der reflektorischen Arbeit zwischen Agonist und Antagonist - genannt Spastik) ist eine Ermüdung ganz unabhängig von Sauerstoff und Energieverbrennung. Und dieses System ist ebenso auf Ausdauer trainierbar wie das von Euch oben genannte aerobe Stoffwechselsystem.

Wann will denn das hier jemand endlich einmal verstehen?

Danke, das wurde bereits verstanden. :-)

Wenn man übrigens die Tastatur des PCs so bedienen würde wie die des Klaviers, entstehen genau dieselben "Probleme".
 
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@Stegull
Die meisten Leute tippen ja auch nicht so schnell, so pausenlos und nicht mit mehreren Fingern GLEICHZEITIG. :-D
 
Als Anfänger aber verkrampft man bei hohem Tempo und die Schreibmaschinengurus empfehlen dann: Locker und langsam üben.
 
habt Ihr schon mal versucht, völlig ohne Gewicht, nur die Finger längere Zeit sehr schnell hin und her zu bewegen? Irgendwann ermüden die Finger und eine weitere Bewegung ist nicht mehr möglich. Dies kann man jedoch nicht als Krampf oder Spasmus bezeichnen. Denn ein Spasmus ist per definitionem eine nicht willkürliche Kontraktion der Muskulatur. Bei der Übermüdung tritt aber keine Verkrampfung auf. Ohne es definitiv zu wissen, würde ich sagen, dass bei einer Übermüdung auf die Schnelle nicht mehr genug Energie (ATP) bereitgestellt werden kann, um eine weitere Kontraktion des Muskels durchführen zu können.
Was haltet Ihr von diesem Denkansatz? ;-)
 

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