Aufgabe/Ziel des Klavierunterrichtes

Ellizza

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Klavierschule Erika Schütte-Kötschau
Im Vorwort dieser auch als Neuauflage erhältlichen Schule stellt die Autorin u.a. die Leitforderung auf, dass zunächst beim Kind ein musikalisches Intellekt vor einem musikalischen Gefühl geweckt werden sollte. Also Bach vor Schuman. Aber lest selbst!
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist genau so ein Unsinn wie der Satz, man solle Bach wie Chopin und Chopin wie Bach spielen (hat irgendein berühmter Pianist mal in einem Interview behauptet).

Den musikalischen Intellekt vor dem musikalischen Gefühl zu schulen scheint mir eine veraltete Ansicht zu sein und steht zum
einen der Individualisierung (es gibt Bauchmenschen und Kopfmenschen) und zum anderen einer ganzheitlichen Musikauffassung entgegen.

Da war Schumann mit seinen musikalischen Haus- und Lebensegeln schon fortschrittlicher.
 
Das ist genau so ein Unsinn wie der Satz, man solle Bach wie Chopin und Chopin wie Bach spielen
Na, das ist aber gewagt. Die Schule ist ein Nachkriegsprodukt, wo man durchaus gerade in der jungen DDR nicht gouvernantenhaftes Einprügeln von nicht durchschauten Lehrinhalten wollte, sondern gerade mit Polyphonie und gezielter Technikausbildung in Bachs Fußstapfen treten wollte, um die seichte Mode von begleiteten Opernmelodien in der Klavieranfängerausbildung abzulösen und stattdessen auf komplexe Mehrstimmigkeit in beiden Händen hinzuarbeiten unter zunächster Vermeidung von allzu Romantischem bis Kitsch. (Da wo wir heute angekommen sind).
Und es ist bemerkenswert, dass die Gehörbildung durch altes Volksliedgut und nicht durch simple nichtssagende Eigenkompositionen von Autoren der Schulen angestrebt wird.)
 
Kann man das musikalische "Gefühl" schulen? Ich denke, es ist das, was man Begabung nennt, was angeboren oder mit der Muttermilch aufgesaugt wurde. Ersteres macht dann einen Schuh draus.
Es ist seit langem verbreitetes Wissen, dass musikalisches Empfinden und musikalischer Ausdruck entwicklungsfähig sind. Und nun komme ich wieder auf Schumann zu sprechen, der sagte: „Wie wird man aber musikalisch? Liebes Kind, die Hauptsache, ein scharfes Ohr, schnelle Auffassungskraft, kommt, wie in allen Dingen, von Oben. Aber es läßt sich die Anlage bilden und erhöhen.“

Schumann geht also von einem dynamischen Musikalitätsbegriff aus, und der ist seit langem in Musikpädagogik-Kreisen größtenteils Konsens.

vgl. hierzu etwa auch Jacoby et alii
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Jacoby
 
Aufgabe und Ziel des Klavierunterrichts? Das hat Hasenbein doch schon zur Genüge beschrieben: Kinder bespaßen und den Eltern die Last der Kinderbetreuung abnehmen. Reicht das nicht?
 
Aufgabe und Ziel des Klavierunterrichts? Das hat Hasenbein doch schon zur Genüge beschrieben: Kinder bespaßen und den Eltern die Last der Kinderbetreuung abnehmen. Reicht das nicht?

Nein, definitiv nicht!
Die Blagen sollen intelligenter werden, sich besser konzentrieren und nicht zu vergessen: disziplinierter verhalten!

Irgendjemand muss das ja vermitteln, wenn man schon zu Hause kläglich dran scheitert.
Wofür Zahl ich denn bitte schön so viel?!

Außerdem brauch ich Zeit beim Lehrer, um in Ruhe in Internetforen zu lesen.
 

Aufgabe des Klavierunterrichtes ist es anscheinend, den Kindern das Klavierspiel beizubringen.

Wenn die Kids dann noch stubenrein würden und über das Wasser wandeln könnten, wäre das optimal.

CW
 
Wenn ich das lese, habe ich automatisch eine gestrenge ältliche Gouvernante vor meinem geistigen Auge, die in herrischem Ton spricht.
Als Kind hatte ich die Freude, Erika Schütte-Kötschau als Cembalistin bei einem gemeinsamen Konzert und den dazu gehörigen Proben zu erleben. Sie ist mir damals sehr aufgefallen, obwohl sie nur ein Mitglied des Orchesters war - allerdings spielte sie den Continuopart in der Matthäuspassion.
Ich fand sie hinreißend. Eine zarte, weißhaarige Dame mit einem sehr warmen, freundlichen und bescheidenen Charakter, die unglaublich schön musiziert hat.
 
beim Kind ein musikalisches Intellekt vor einem musikalischen Gefühl geweckt werden sollte.

Und wie begründet sie, warum und auf welche Weise man das trennt? In der modernen Lernforschung geht man davon aus, dass Intellekt und Gefühl nicht fein säuberlich voneinander getrennt werden können. (KEM-Kreis = Kognition + Emotion + Motivation)
 
Sie spricht vom "unverdorbenen" Kind und meint wohl die der Entwicklung vorgreifende frühzeitige Hingabe an Gefühlsduselei in der Musik (z. B. hier TEY) ohne die Kunst der Musik an sich zu verstehen. Niemand spricht hier dem Gefühl seinen Wert ab, eher ist die Musik zur Evocation von eben diesem europäisch neuzeitlich. Aber Klangschönheit, interessanter Rhythmus, in sich stimmige Melodie (- Stimmen) sind es wert, an sich erfahren zu werden, wie es auch der geschichtlichen Entwicklung des "Musikmachens" entspricht.
 
Die ersten Erfahrungen mit Musik, aus denen bei vielen der Wunsch entsteht selbst ein Musikinstrument zu erlernen, geschehen auf der Gefühlsebene, ohne dass der musikalische Intellekt unmittelbar angesprochen wird. Man kann noch weiter zurückgehen: Kindliches Singen basiert auf purem Gefühl, pränatale Musikerfahrungen passieren auf einer noch niedrigeren Schwelle. Warum sollte etwas getrennt werden, was zusammengehört? Obwohl ich natürlich verstehe, was gemeint ist, empfinde ich nach wie vor ein Unbehagen bei der genannten Forderung. Das entspricht der veralteten pädagogischen Auffassung, erst müsse z.B. die Struktur eines Durdreiklangs verstanden werden, bevor er gehört und empfunden werden darf.

Was ist eigentlich mit den hervorragenden Musikern anderer Kulturen, die bereits als Kinder kultische Musikrituale miterleben und mitgestalten und dabei alles auf einer musikmagischen Ebene lernen, die aber musikalisch keineswegs dümmer sind als unsere hervorragendsten Musiker?
 
Was ist eigentlich mit den hervorragenden Musikern anderer Kulturen, die bereits als Kinder kultische Musikrituale miterleben und mitgestalten und dabei alles auf einer musikmagischen Ebene lernen, die aber musikalisch keineswegs dümmer sind als unsere hervorragendsten Musiker?
Wow, genau die westliche Überheblichkeit gepaart mit Bewunderung von angeblichen "eingeborenen" Naturkulturen. Die westliche Empfindungsmusik hat nichts mit Tanzrhythmen oder einlullenden Tonpatterns zur Meditation zu tun. Oder Liedbegleitung bei z. B. stundenlangen orientalischen Balladen. Nicht umsonst sind alle Filme bis auf kleine Touchs aus fernöstlichen oder nahöstlichen Tonräumen weltweit mit westlicher Orchestermusik ausgestattet. Das ist keine Abwertung von zum Beispiel dem indischen Sitarspiel.


View: https://youtu.be/UgDptH0EFfU

View: https://youtu.be/ul4z6sLnXYY
 
Zuletzt bearbeitet:
Im Vorwort steht doch nichts davon, dass Intellekt und Gefühl geföŕdert oder ausgebildet bzw. getrennt werden sollen, sondern "geweckt". Das kann man so verstehen, dass zuerst ein Verständnis geschaffen werden soll, damit das Kind frühzeitig versteht, was es da Gefühlsduseliges hört. Das Gefühl wecken, das geht von ganz alleine, da braucht man keinen Lehrer.
 
@elizza
Ich vermute, du denkst, ich würde hier TEY-Musik verteidigen. Das ist aber keineswegs so. Ich führe nur Argumente an, die gegen die geforderte Trennung von Intellekt und Empfinden sprechen. Da du des sachlichen Argumentierens aber anscheinend unkundig bist, suchst du dir einzelne Aussagen heraus und unterstellst Überheblichkeit, ohne dies argumentativ zu untermauern. Ich denke, du selbst solltest an deinen eigenen intellektuellen Fähigkeiten arbeiten, anstatt in dieser Diskussion dich von deinen Emotionen überwältigen zu lassen.
 

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