Auf welchen Instrumenten hat eigentlich Chopin komponiert?

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deltafox

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Hatte er schon Fluegel zur Auswahl oder entstanden seine Kompositionen auf Klavier, oder hat er beides benutzt?

Gruss Markus
 
Hallo Markus,

zunächst: Herzlich willkommen im Forum!

Zu Chopins Instrumenten findest Du einige Informationen in Jan Marisse Huizing, Frederic Chopin, Die Etüden, Mainz 2009, (Schott) ISBN 978-3-7957-8744-8.

Schick mir gegebenenfalls eine PN.

LG

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Soweit ich weiß, hatte er (u.a.?) ein Klavier bzw. Flügel von der Firma Pleyel.
 
Hier gab's vor einiger Zeit mal einen Faden unter dem Titel "hystorische Flügel". Da war soweit ich mivh erinnern kann, von einem Flügel, wie ihn Chopin hatte, die Rede. Mit Aufnahmen. Versuch's mal mit der Suchfunktion.
 
fündig wird man auch in den vorhandenen Briefen von Chopin, denen als Selbstzeugnisse ja durchaus eine gewisse Relevanz eigen ist
 
Hallo Marcus,

Chopin hat Flügel und Klaviere benutzt. M.W. hat er den etwas leiseren Ton der Klaviere sogar bevorzugt.
Bei seinen ersten Konzerten in Wien hatte er die Wiener Mechanik kennen gelernt (Fügel von Graf?); in Paris fand er in den Instrumenten von Pleyel eine ähnlich leichtgängige Spielart. Er bevorzugte bekanntlich keine großen Säle und für das Instrument weniger einen großen Ton, als vielmehr die Möglichkeit, äußerts fein zwischen ppp und allenfalls einem f differenzieren zu können. Dem kamen die (von ihm hoch geschätzten) Instrumente von Pleyel entgegen.

Zwischen den Instrumenten aus Chopins Zeit und den heutigen (aber auch den älteren) gibt es gravierende Unterschiede:

1. Mit der wachsenden Größe der Konzertsäle wurden die Anforderungen an Lautsträrke und Klangfülle immer größer. Entsprechend wurden Hammerkopfgröße, Saitenspannung, Anschlagtiefe mehr und mehr vergrößert.

2. Die Tastenbreite wurde etwas Vergrößert.

Hier einige Zahlen:

Mozart : Spielgewicht ca. 15g, Tiefe ca. 5mm, Oktavabstand 17,8 cm

Chopin : Spielgewicht ca. 35g, Tiefe ca. 7mm, Oktavabstand 18,5 cm

Steinway heute: Spielgewicht ca. 50g , Tiefe ca. 10mm, Oktavabstand 18,9 cm

(Alle Angaben nach Huizing, Fredric Chopin, Die Etüden, Mainz 2009)

LG

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Wusst ichs doch! Habe mich nämlich sehr gewundert, dass ich auf einem älteren Klavier einmal plötzlich keine chromatische Tonleiter mehr spielen konnte. Hab nur daneben gegriffen. Da hab ich noch überlegt, ob da vielleicht der Tastenabstand irgendwie anders sein könnte.
 
Im Chopinmuseum steht ein ramponierter Pleyelflügel aus den 30er Jahren des 19. Jh.. Die Klaviatur ist dicht über den Tasen mit Glas abgedeckt, also nah genug, um die Griffweite zu testen. Ich kann dort eine Duodezime beinahe greifen, auf einem heutigen Flügel kann ich eine Undezime knapp anschlagen - das ist kein großer Unterschied.
Bedenklich stimmt der Umstand, dass Chopin Dezimenakkorde fast immer (eine Ausnahme findet sich im c-Moll Nocturne aus op.48) arpeggiert notiert.
 
Vielleicht interessiert es dich, deltafox, ansonsten einfach überlesen:

Hier YouTube - Chopin 1st Impromptu op. 29 - played on an historical instrument spiele ich in Wien im Instrumentenmuseum auf einem Pleyel-Flügel, wie Chopin ihn besessen hat. Ich habe vorher noch nie auf einem Hammerklavier gespielt und mir war nicht wirklich bewusst, inwiefern Chopins Instrumente von den heutigen verschieden waren.
Tatsächlich ist das Spielgefühl deutlich anders, und es ist sehr hilfreich für das Verständnis der chopin'schen Kompositionen und Überlieferungen der Vortragsanweisungen, ein wenig darüber zu wissen.

Mein Eindruck: Das Instrument fühlt sich viel zerbrechlicher und weniger robust an. Man könnte damit niemals so umgehen wie mit einem heutigen Flügel, den man ja bei entsprechenden Stücke durchaus mal zum wackeln und vibrieren bringen kann.
Der Spieltisch ist niedriger (vermutlich bedingt durch die damals noch geringere Körpergröße), ich, als 1,70 große normal-Frau bringe gerade so meine Knie darunter.
Die dynamische Bandbreite ist geringer, sowohl in ihrem absoluten Umfang (max. Lautstärke, verglichen mit einem heutigen Flügel, höchstens mezzoforte) als auch in der Abstufung zwischen den Lautstärken.

Wie schon beschrieben, ist der Tastentiefgang und das Anschlagsgewicht geringer, man muss die Tasten nur angucken, schon bewegen sie sich.
Es fühlt sich mehr nach einem "Drüberspielen" oder "auf den Tasten schweben" an, der Kontakt mit dem Instrument ist ein anderer.
Ich habe einen Takt vom Larghetto des 2. Konzertes angefügt, leider habe ich keine Version mit dem Chopin-Fingersatz gefunden. Beim dolcissimo benutzt Chopin in den ersten Tönen mehrmals hintereinander den 4. Finger (ich hab leider meine Ausgabe nicht hier, falls du, Rolf, das Beispiel vollständig hast, sei doch so lieb und ergänze es, wenn du magst.). Auf den ersten Blick erscheint das merkwürdig, doch mit dem Hintergrund solcher Instrumente sieht man das anders. Der FS ist aber auch auf modernen Flügeln nicht ganz unsinnig einsetzbar ;)

Der Klang ist auch verschieden, abgesehen von den anderen Dynamikmöglichkeiten.
Durch die geringere Saitenspannung (u.a. daher die geringere Lautstärke) und den Holzrahmen verstimmt das Instrument viel schneller und klingt immer etwas "verstimmt", was ich aber nicht negativ meine. Es ist ein lebendigerer Klang, der farbvoller und runder oder welliger ist, als der gerade Flügelklang von heute.
Ich finde, das passt hervorragend zur Chopinmusik. Er hat sich das Instrument eben vollkommen zu eigen gemacht.

Gleichzeitig hat er aber auch wohl geahnt, dass die Instrumente noch größere Klänge produzieren können werden, denn manche Stellen wirken doch einfach besser mit satten Bässen und größerer Dynamikbreite.

So, jetzt hab ich viel mehr geschrieben, als ich wollte, ich hoffe, es hat jemanden interessiert :p

liebe Grüße
Stilblüte
 

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Hallo Stilblüte,

das war aber super - völlig andersartiges Instrument, mit einigen "Störenfrieden" dabei und dann dieses Spiel! - Was mich interessieren würde: Hatte das Instrument schon Filz auf den Hämmern, oder noch Leder? Mein Höreindruck war eindeutig Filz - aber das könnte auch mit der Aufnahme/Wiedergabetechnik zusammenhängen.

LG

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Das weiß ich leider nicht, ich würde aber auf Leder tippen. Das solltest du mal klaviermacher fragen, der kann sowas besser beantworten!
 
Liebe Forummitglieder,

danke fuer die sehr interessanten Informationen!

Die Ueberlegung hinter meiner Frage war: haette Chopin gewollt, dass wir seine Stuecke auf grossen Konzertfluegeln spielen?

Jetzt kann ich davon ausgehen, dass Chopin bewusst fuer Kalvier oder Fluegel komponiert hat.

Oder kann man das so nicht festhalten?

Markus
 
haette Chopin gewollt, dass wir seine Stuecke auf grossen Konzertfluegeln spielen?
Ja.
Ihm war übrigens sehr an guten Instrumenten (Klavieren/Flügeln) gelegen:
Zitat von Chopin:
einen Topf kann man nicht zum singen bringen
Jetzt kann ich davon ausgehen, dass Chopin bewusst fuer Kalvier oder Fluegel komponiert hat.
aber sicher, sonst hätte seine Etüden ja für Flöte oder Triangel komponiert... ;):D:D
Spaß beiseite: abgesehen von seinen frühen kammermusikalischen Werken und seinen dem Konversationsstil Hummels etc. verpflichteter früher Werke für Klavier und Orchester, hat Chopin sich absichtlich ganz und gar auf das Klavier beschränkt. Lediglich in seinen späten Kompositionen findet sich noch ein Ausflug in eine andere Gattung: die Sonate für Cello und Klavier. Bezeichnend übrigens, dass es von Chopin kein Musikstück ohne Klavier gibt.
...man wollte ihn mehrmals überreden, dass er Opern schreiben solle - das wollte er aber nicht.
 

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