Arbeit an Phrasierungen

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nils1

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Hallöchen,

Ich bin seit einiger Zeit an einem Stück in welches ich viel Training, allein ins Treffen der richtigen tasten, investieren musste. Nun bin ich seit kurzem soweit, dass ich die Nummer relativ gut fehlerfrei spielen kann.

Nun geht es für mich intensiv an die Betonung. Grundsätzlich ist es so, dass mir das Arbeiten an Phrasierungen sehr viel Spaß macht. Hier entstehen unfassbar viele Entwicklungsmöglichkeiten und Kreativität. Man kann im Ausdruck eines Stückes ja tausende von Charakteren erzeugen.

Nun interessiert mich, wer von euch überhaupt an Phrasierungen wirklich arbeitet. Die Profis hier sicherlich sowieso. Ich meine übrigens nicht, den einen Teil eines Stückes ff zu spielen und einen anderen Teil pp. Ich spreche wirklich von allerkleinsten Betonungen, angefangen bei nur einem Ton, innerhalb nur eines Taktes.

Wie erfahrt ihr, welche Phrasierung angemessen ist? Spielt und betont ihr immer nach Vorgabe der Noten (insofern dazu Notierungen vorhanden sind). Oder versucht ihr, eine eigene Garnitur zu entwickeln? Wenn ja, wie?

Wie sind eure Methoden, eine schöne Phrasierung zu entwickeln? Begründet ihr für euch, weshalb ein Ton, ein Takt oder ein Anschlag lauter oder leiser sein soll/muss?
 
Meine Methode ist alt, nicht besonders originell, aber wirksam:

Erst die technischen Voraussetzungen schaffen, also, alle Töne - auch die "Ekelstellen" - in langsamem Tempo richtig spielen. Das kann dauern.

Dann Tempo langsam etwas steigern. Jetzt fängt an, so etwas wie ein musikalischer Fluss zu entstehen. Es entwickelt sich eine Vorstellung, ein Plan der Gestaltung.

Ja, und diese Vorstellung, und da sind wir dann auch bei den "Phrasierungen", dann peu à peu umzusetzen, das ist der jetzt folgende Teil. Die technische und die musikalische Weiterentwicklung sind ab hier nicht mehr eindeutig zu trennen. Sie laufen gleichzeitig, Hand in Hand, quasi parallel.

Und irgendwann 'mal kann man es so einigermaßen - oder auch richtig gut. Oder man hat die Nase voll von dem Stück, kann auch passieren.

Aber es wartet ja schon das nächste Stück. Bitte dann oben weiterlesen.

CW
 
Ich mache das wie Cwtoons.
Und ich spiele auch sehr gerne damit herum. Manchmal findet bei der Arbeit an der Phrasierung ein völliges Umdenken statt, oder es macht Klick und ich höre das Stück auf einmal völlig anders.
Bei alten Stücke, die ich schon oft aber immer wieder gerne spiele, improvisiere ich auch gerne die Phrasierung, kehre sie um, so dass es jedes mal etwas anderes ist.
Wirklich zufrieden bin ich nie und es ist immer im Hinterkopf der Gedanke "hmm, könnte man auch so spielen...".
 
Man kann im Ausdruck eines Stückes ja tausende von Charakteren erzeugen.
das ist eine Übertreibung, sagen wir lieber Nuancen, Schattierungen

du stellst (verständlicherweise) viele Fragen auf einmal, und sie betreffen ganz wesentliche, grundsätzliche musikalische Angelegenheiten: das cantabile, das melodisch sinnvolle gestalten.

leider hast du aber einen meiner Ansicht nach ganz gräßlichen Fehler gemacht, nämlich dir "das phrasieren" für zuletzt aufgehoben - mit anderen Worten, du hast dir schon angewöhnt, dein Stück quasi unmelodisch zu spielen. Das ist, weil du´s nun ändern musst, ungünstig. viel besser (und künftig hoffentlich immer) ist es, von Anfang an die nötigen sinnvollen Phrasierungen zu berücksichtigen

mein Tipp:
nimm ein anderes, leichteres Stück (z.B. andantino von Chatschaturjan, langsam und leicht, aber sehr melodisch), und übe dieses anders - also mit cantabile - ein.

für das cantable spielen zunächst nur ganz allgemeine Grundregeln*):
- fast jede musikalische Phrase macht cresc.-dim. und sollte zum letzen Ton hin diminuieren
- aufwärts-Bewegungen benötigen meist ein crescendo (abwärts umgekehrt)
- der höchste Ton eines melod. Zusammenhangs muss immer hervorgehoben werden
und jetzt ne hammerkrasse Zumutung: hör dir an, wie gute Sänger (z.B. Hermann Prey, Pavarotti) dir bekannte Lieder oder Arien singen und achte dabei auf deren Melodiegestaltung (möglichst mit den Noten, findet sich bei imslp)

_____________________
*) diese gelten sehr oft, es sei denn, der Komponist schreibt extra eine andere Gestaltung vor
 
das ist eine Übertreibung, sagen wir lieber Nuancen, Schattierungen

du stellst (verständlicherweise) viele Fragen auf einmal, und sie betreffen ganz wesentliche, grundsätzliche musikalische Angelegenheiten: das cantabile, das melodisch sinnvolle gestalten.

leider hast du aber einen meiner Ansicht nach ganz gräßlichen Fehler gemacht, nämlich dir "das phrasieren" für zuletzt aufgehoben - mit anderen Worten, du hast dir schon angewöhnt, dein Stück quasi unmelodisch zu spielen. Das ist, weil du´s nun ändern musst, ungünstig. viel besser (und künftig hoffentlich immer) ist es, von Anfang an die nötigen sinnvollen Phrasierungen zu berücksichtigen

mein Tipp:
nimm ein anderes, leichteres Stück (z.B. andantino von Chatschaturjan, langsam und leicht, aber sehr melodisch), und übe dieses anders - also mit cantabile - ein.

für das cantable spielen zunächst nur ganz allgemeine Grundregeln*):
- fast jede musikalische Phrase macht cresc.-dim. und sollte zum letzen Ton hin diminuieren
- aufwärts-Bewegungen benötigen meist ein crescendo (abwärts umgekehrt)
- der höchste Ton eines melod. Zusammenhangs muss immer hervorgehoben werden
und jetzt ne hammerkrasse Zumutung: hör dir an, wie gute Sänger (z.B. Hermann Prey, Pavarotti) dir bekannte Lieder oder Arien singen und achte dabei auf deren Melodiegestaltung (möglichst mit den Noten, findet sich bei imslp)

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*) diese gelten sehr oft, es sei denn, der Komponist schreibt extra eine andere Gestaltung vor

Ok..., komplett verrückt. Interessant ist, dass es dafür offensichtlich Basisregeln gibt. Ob die grundsätzlich anwendbar sind?

Ne Rolf, ganz so, wie du beschreibst, gehe ich nicht an ein Stück heran. Vom ersten Aufschlag des Notenheftes, beginnend beim ersten Ton, arbeite ich mit Phrasierungen. Es würde mich krank machen, auch nur einen Takt ohne eine gewisse Betonung zu spielen.

Jedoch lege ich nicht das Hauptaugenmerk auf die Betonung, wie zu dem Zeitpunkt, wo das Stück technisch sitzt. Am Anfang steht nur das Lernen des Stücks. Und wenn dies fertig ist, steige ich tiefer in die Betonung ein.

Ich werde allerdings einmal versuchen, die von dir genannten Grundregeln anzuwenden, um zu schauen, was dabei rum kommt.
 
Jedoch lege ich nicht das Hauptaugenmerk auf die Betonung, wie zu dem Zeitpunkt, wo das Stück technisch sitzt. Am Anfang steht nur das Lernen des Stücks. Und wenn dies fertig ist, steige ich tiefer in die Betonung ein.
Betonung und Phrasierung sind zwei Paar Schuhe (bitte schreibe nicht von "Betonungen", wenn du Phrasierungen meinst)
 
Zusätzlich zu den von Rolf genannten Prinzipien sagt mein Lehrer immer, dass crescendo, diminuendo, accelerando und ritardando nicht linear, sondern als Exponentialfunktion ausgeführt werden sollten. Das ist zwar nicht ganz einfach, es ist aber erstaunlich, welchen Unterschied das macht.
 
Lieber Nils,

die Phrasierung ist ein sehr wichtiges Gestaltungsmittel und ich freue mich über dieses Fadenthema. Aus meiner Sicht ist die hohe pianistische Qualität von z.B. Sokolov und Kissin u.a. darin begründet, dass sie die Phrasen in ihrem Aufbau ungeheuer zwingend und intensiv gestalten - es gibt eine Klarheit in der Struktur, dass man nur staunend zuhören kann.

Musik und Sprache sind in vielem ähnlich und so kann man, wenn man sich mit Phrasierung beschäftigen möchte, als Erstes damit beginnen, wahrzunehmen, wie unsere Sprachmelodie funktioniert und klingt. Wir nehmen diese Sprachmelodie oft nicht wahr, weil sie als Muttersprache "automatisiert" ist, aber wenn man sie sich schon bei einem ganz einfachen Satz bewusst macht, wird einiges klarer.

Wir nehmen mal den Satz "ich spiele Klavier". Wir stellen fest, dass wir keineswegs mit unserer Stimme auf einer Tonhöhe bleiben (das kann man als Kontrast durchaus mal machen, indem man mit einer Art Roboterstimme auf einer Tonhöhe "leiert"), sondern ein Auf und Ab von höheren und tieferen, von leiseren und lauteren Tönen sprechen (Sprachmelodie). Wir haben auch ein Ziel, einen Höhepunkt, nach dem sich die anderen Töne in seinem Umfeld richten - ich kann je nach dem, was ich sagen will (Inhalt/Bedeutung) betonen:

ich spiele Klavier (nicht du)

ich spiele Klavier (nicht Geige)

ich spiele Klavier (etwas weniger gut, aber auch noch möglich).

Bestimmte Silben können also betont werden, es gibt nicht nur eine Möglichkeit, je nachdem was ich inhaltlich sagen will. Nicht möglich, weil sinnentstellend, wäre:

ich spiele Klavier

ich spiele Klavier.

Es gibt also auch in der Phrasierung "No-Go's".

Ganz ähnlich funktioniert auch die Phrasierung in der Musik. Dabei ist es sehr sinnvoll, so zu üben, dass man nicht am Ende der Erarbeitung eines Stücks mit der Phrasierung anfängt, sondern die musikalischen Gestaltungsmittel, nicht nur die Phrasierung, nach und nach in die Arbeit und den Übeprozess integriert. Man könnte z.B. eine Melodie eines Stücks erarbeiten und sich (das Erarbeiten der Noten und des Rhythmus' dieser einen Stimme dauert meistens nicht allzu lang) sich dann schon um die Phrasierung Gedanken machen. Nebenbei: deshalb bin ich der Meinung, dass bei mehrstimmigen Stücken im Regelfall direktes und ausschließliches Zusammenspielen der Hände sehr ungünstig ist, da man die horizontalen Stimmverläufe so nicht hört, herausarbeitet, und oft unmusikalisches Spiel die Folge ist. Stimmenweises Üben hilft da sehr, denn dann kann man sich auf die Phrasierung u.v.a.m. konzentrieren (horizontale Ebenen). Ähnlich einem Orchester, bei dem die einzelnen Stimmen/Instrumente individuell horizontal verlaufen und dabei natürlich (vertikal) zusammenklingen, wobei diese Zusammenklänge/Harmonien wiederum auch einem horizontalen Prozess/Linien folgen.

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Die Phrasierung selbst ist von mehreren Faktoren abhängig. Ein Charakteristikum einer Melodie ist ihr Verlauf in einer bestimmten Zeit. Das heißt, dass Rhythmus und Metrum sich immer in einem Verhältnis zueinander befinden, was auch Auswirkungen auf die Phrasierung hat. Je nach Komplexität und Stilepoche werden Höhepunkte in einem 4/4-Takt bei einer einfachen Melodie eher weniger auf den unbetonten Taktzeiten zu finden sein, wobei ich mit solchen Aussagen vorsichtig bin, denn sie arten leicht in Schematisierungen aus. Aber das Verhältnis einer Phrase zum Metrum ist einer der Aspekte, die man untersuchen sollte.

Der zweite ist der Melodieverlauf selbst, also die Anordnungen und Räume der Intervalle und Tonhöhen. Aufwärts strebende Linien werden eher cresc., abwärts fallende eher decresc. gespielt (bitte auch hier Schemata vermeiden!). Große, nach oben strebende Intervalle enthalten mehr Spannung als nach unten schreitende Sekunden.

Das dritte ist das Vehältnis der Melodietöne zu der ihr zugrundeliegenden Harmonik. Hierbei wird also auch die vertikale Ebene gehört und wahrgenommen. Wo gibt es Dissonanzen (Spannung), wo Konsonanzen (Entspannung)? Welche Melodietöne sind Bestandteil einer Dominante (Spannung), welche lösen sich in die Tonika auf (Entspannung) u.v.a.m.? Spannungen werden in der Regel lauter gespielt, die folgende Entspannung leiser. In dem Zusammenhang ist auch das Ende einer Phrase genau zu betrachten: schließt sie, wird also abphrasiert, also in einem decresc. leiser gespielt (sehr oft hört man den letzten Ton einer Phrase leider viel zu laut gespielt, weil die Phrase nicht "zu Ende" gehört, sondern schon an den nächsten Takt gedacht wird!) oder endet sie als Frage, offen etc.?

Und zum vierten ist diese einzelne Phrase ein Baustein des ganzen Stücks und tritt mit allen anderen Phrasen in eine Beziehung. Die Form, der Aufbau und die Bedeutung dieser einzelnen Phrase in diesem Aufbau muss klar sein. Ein und der gleiche Satz kann in unserer Sprache je nach Kontext eine andere Bedeutung haben. Es entsteht so ein architektonisches Klanggebäude, das im besten Fall in sich ganz schlüssig und von großer musikalischer, emotionaler und lebendiger Aussagekraft ist.

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Man übt also so, dass man die verschiedenen musikalischen Parameter mit allen Sinnen hörend, wahrnehmend und reflektierend erfasst. Wer jetzt denkt "oh Gott, ist das kompliziert", kann ganz beruhigt sein. Denn man hört zu, beobachtet, denkt nach, probiert aus, experimentiert. Dabei lernt man das Stück kennen. Und dann trifft man Entscheidungen, denn es gibt immer mehrere Möglichkeiten. Und man wächst mit seinen Aufgaben und wird Phrasierung nicht gleich an komplexen Werken erlernen und erfahren. Das Wichtigste ist, sich zuzuhören und dafür braucht man Ruhe und muss so üben, dass die Aufmerksamkeit nicht gänzlich von manuellen Dingen beherrscht wird, sondern noch jede Menge Kapazität zum Hören und zur Reflexion vorhanden ist. Ein Schauspieler muss auch überlegen, wie er seinen Text spricht und phrasiert und das richtet sich nach dem, was er vermitteln will.

Eine spannende Aufgabe, die die Wahrnehmung schärft und das eigene Spiel wesentlich verbessert!

Liebe Grüße

chiarina
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Wie sind eure Methoden, eine schöne Phrasierung zu entwickeln?
Arbeit am Stück, auch natürlich Experimentieren. Auch zufällige Abweichungen beim Üben können zu interessanten Gestaltungsideen führen bzw. werden.
Wie begründet ihr für euch, weshalb ein Ton, ein Takt oder ein Anschlag lauter oder leiser sein soll/muss?
Das Ergebnis der Arbeit und des Experimentierens wird gegen eine (riesengroße) Menge Erfahrung mit Musik, die ich im Laufe meines Lebens gesammelt habe, verglichen.

Und sehr wichtig bei dieser Sache: an irgendwelche starr-mechanischen Regeln halte ich mich nicht. Musik ist viel zu vielschichtig, hat viel zu viele (mögliche) schöne Gesichter, um sie in eine handvoll feste Regeln zu pressen (man vergleiche mal geniale Gould-Interpretationen).

Schöne Musik hat zwar Regeln (die man auch problemlos verletzen kann, bei mangelndem Musikverständnis). Ich behaupte aber mal, es ist wesentlich zielführender, diese Regeln intuitiv wirklich begriffen zu haben und anzuwenden - als rational und mechanisch versuchen, irgendetwas Vorgegebenes umzusetzen.
___

Für so ein Vorgehen wie meinereiner ist aber eben ein fundierter musikalischer Erfahrungsschatz die Voraussetzung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und sehr wichtig bei dieser Sache: an irgendwelche starr-mechanischen Regeln halte ich mich nicht. Musik ist viel zu vielschichtig, hat viel zu viele (mögliche) schöne Gesichter, um sie in eine handvoll feste Regeln zu pressen (man vergleiche mal geniale Gould-Interpretationen).


Nun ja, unabhängig von starr-mechanischen Regeln, mit denen Musik nichts zu tun hat, gibt es trotzdem auch eine Art Handwerk. Ein Maurer muss erst mal lernen, wie's geht, und dann kann er beginnen, tolle Häuser zu bauen, die - hurra - nicht beim ersten Sturm umfallen.

Was Glenn Gould angeht (erstaunlich, dass immer wieder solche Ausnahmeerscheinungen als Vergleich und zur Rechtfertigung der eigenen Arbeit herangezogen werden und noch erstaunlicher, wenn man bedenkt, wie akribisch genau Gould sich mit jeder Phrase, mit Kontrapunkt und Satztechnik etc. beschäftigte und ein Handwerkszeug zur Verfügung hatte, mit dem er Einzigartiges schaffen konnte .....), hier zwei Zitate:

"I believe that the justification of art is the internal combustion it ignites in the hearts of men and not its shallow, externalized, public manifestations. The purpose of art is not the release of a momentary ejection of adrenalin but is, rather, the gradual, lifelong construction of a state of wonder and serenity."

"The prerequisite of contrapuntal art, more conspicuous in the work of Bach than in that of any other composer, is an ability to conceive a priori of melodic identities which when transposed, inverted, made retrograde, or transformed rhythmically will yet exhibit, in conjunction with the original subject matter, some entirely new but completely harmonious profile."

Liebe Grüße

chiarina
 

Hi Dreiklang und Chiarina,

Ehrlich gesagt, habe ich mit Beiträgen von euch beiden gerechnet und mich sehr darauf gefreut.

Ich hatte weiterhin schon die Vermutung, dass DK es etwas emotionaler betrachten wird. Und Chiarina, zwar ebenso emotional, jedoch auch fachlich nach einem "Regelwerk" als Grundlage. Beides ist, denke ich, wichtig und spielt ineinander.

Liebe Chiarina, leider kann ich deinen Ausführungen rein gar nichts fachliches hinzufügen. Hier fehlt mir völlig die notwendige Kompetenz. Ich habe bisher Betonungen oder Phrasierungen rein nach Gefühl gebastelt.

Noch eine sehr schöne Variante der Betonung, ist es, einen Ton gar nicht zu spielen. Dies funktioniert sehr gut am Ende eines ausklingenden Pianissimo. Teilweise lasse ich den letzten Ton einfach weg, bzw., lege zwar den Finger auf die Taste, ohne jedoch, dass ein Ton erklingt. Dennoch höre ich oder der Zuhörer den Ton in meiner/seiner Phantasie, weil er an der Stelle einfach logisch wäre.

Dies wäre dann die höchste Form des Pianissimo:lol:

Rolf, Dreiklang, Chiarina: Schon jetzt vielen Dank. Ich konnte bereits einiges lernen. Und nun macht bitter weiter.:-)
 
Nun ja, unabhängig von starr-mechanischen Regeln, mit denen Musik nichts zu tun hat, gibt es trotzdem auch eine Art Handwerk. Ein Maurer muss erst mal lernen, wie's geht, und dann kann er beginnen, tolle Häuser zu bauen, die - hurra - nicht beim ersten Sturm umfallen.
Dazu können praktische Klavierdidakten (wie Du) höchstwahrscheinlich mehr sagen als ich: denn ich habe bisher noch zu selten konkrete musikalisch-gestalterische Schwächen bei Klavierschülern "behandelt". Interessant in diesem Zusammenhang (es sei mir verziehen) sind Meister- und Anleitungskurse mit Lang Lang. Er bringt es oft auf den Punkt, was musikalisch-gestalterisch bei Schülern noch suboptimal ist, und was man besser machen kann.
Was Glenn Gould angeht (erstaunlich, dass immer wieder solche Ausnahmeerscheinungen als Vergleich und zur Rechtfertigung der eigenen Arbeit herangezogen werden
Du mißverstehst meine Begeisterung für Gould etwas. Was Gould ausmacht, ist nicht in einem Satz zu beschreiben - und noch viel schwerer, wirklich zu verstehen.
Für das, was ich tue, brauche ich keine Rechtfertigung(en). Aber es ist doch schön, wenn ein Weltklassemusiker sich um vieles mal nicht schert - und mit die bemerkenswertesten (und unlangweiligsten) Mozart-Interpretationen der Geschichte auf die Beine stellt ;-)
und noch erstaunlicher, wenn man bedenkt, wie akribisch genau Gould sich mit jeder Phrase, mit Kontrapunkt und Satztechnik etc. beschäftigte und ein Handwerkszeug zur Verfügung hatte, mit dem er Einzigartiges schaffen konnte .....)
... und wie faszinierend und gekonnt er bestehende Hör- und Gestaltungsgewohnheiten durchkreuzen konnte, wenn er wollte ;-)Gould ist ein bisschen mehr für mich, als eine öffentliche Freikarte dafür, tun und lassen zu können, was man will. Und bevor man ein Gould werden kann, muß man auch erst die Regeln schöner Musik ziemlich gut begriffen haben (und ich möchte hinzufügen, verdammt gut klavierspielen können).

Viele Grüße zurück
Dreiklang
 
Schöne Musik hat zwar Regeln (die man auch problemlos verletzen kann, bei mangelndem Musikverständnis). Ich behaupte aber mal, es ist wesentlich zielführender, diese Regeln intuitiv wirklich begriffen zu haben und anzuwenden - als rational und mechanisch versuchen, irgendetwas Vorgegebenes umzusetzen.
jetzt bin ich wirklich gespannt, wie du mit deinen genialischen sprachlichen Mitteln und enzyklopädischen Kenntnissen den Nils anleitest, musikalische Regeln "intuitiv begriffen zu haben und anzuwenden"..... das wird ein großer Spaß beim mitlesen!!! :lol::lol::lol:

...kleine Schikane: woher kennst du (woran ich erhabliche Zweifel habe!) eigentlich musikalische Regeln? vom Himmel gefallen? und woher weißt du, dass z.B. von Bethoven vorgegebenes (etwa mal gegen die gewohnten Regeln zu gestalten wie in op.27,2) etwas rational mechanisch versuchtes ist??

...ach, wie so oft der gute alte Settembrini:
Zitat von Settembrini:
wer seine Worte so zu setzen wüßte... ich sehe, hier weht ein anderer Wind.
 
jetzt bin ich wirklich gespannt, wie du mit deinen genialischen sprachlichen Mitteln und enzyklopädischen Kenntnissen den Nils anleitest, musikalische Regeln "intuitiv begriffen zu haben und anzuwenden"..... das wird ein großer Spaß beim mitlesen!!!

Ich denke, das Missverständnis liegt irgend wo zwischen "intuitiv" und "begreifen".

Wenn ich etwas begreife oder erst begreifen muss, bevor ich es umsetze, bin ich ja fernab der Intuition. Intuition besagt ja, dass etwas intuitiv, eben unterbewusst, nicht bedacht, geschieht.

Dennoch glaube ich zu kapieren, was DK sagen möchte. Es geht wohl eher darum, die Regeln nicht intuitiv "begriffen" zu haben, sondern intuitiv umzusetzen.

Intuitiv hole ich mir jetzt zum Beispiel ein Glas Rotwein.:lol: Ich begreife dies jedoch nicht. Es ist eher ein Grabschen, was die Hand zum Glas schnellen lässt. Ok, das führt zu weit. Wenn ihr intellektuell nicht folgen könnt, sagt Bescheid :-D
 
Intuitiv hole ich mir jetzt zum Beispiel ein Glas Rotwein.:lol: Ich begreife dies jedoch nicht. Es ist eher ein Grabschen, was die Hand zum Glas schnellen lässt. Ok, das führt zu weit. Wenn ihr intellektuell nicht folgen könnt, sagt Bescheid :-D
ich sehe, du hast alle Voraussetzungen für sämtliche Lisztetüden - wenn du die dann nächste Woche drauf hast, kannst du ja nach den bösen Strawinski-Peterchen-Sachen fragen (obwohl das eigentlich nicht nötig sein wird) :-):-):-D
 

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