Arbeit an Phrasierungen

  • Ersteller des Themas nils1
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Danke Dir schon, beste Lichtgestalt. Ich muß gleich weg und deswegen nur zwei ganz kurze Anmerkungen:

Den Unterscheid der Länge zwischen musikalischem und poetischen Thema können wir vernachlässigen. Abgesehen davon, daß das "Thema" der Odyssee im Wortsinn aus den ersten beiden Versen besteht ("nenne mir, Muse, den Mann, den vielgereisten, der viel umhergetrieben wurde, nachdem er Troias heilige Stätte zerstört hatte"), also sogar sogar 12 daktylische "Takte" ausmacht, ist v.a. der Begriff "lesetechnisch" hier fehl am Platz, weil das Epos niemand lesen konnte (es gab zu Homers Zeit nur "Staatsexemplare"), sondern es zur Instrumentalbegleitung vorgetragen wurde, ähnlich (naja) wie die Rezitative in einer Passion. Und derlei dauert bekanntlich ...

Zum anderen:

Ich würde aus meiner Perspektive sagen, dass die Phrase nie unabhängig vom Metrum sein kann, denn das Metrum ist immer "da" und spürbar, allerdings kann - und das meintest du ja - die Phrase auch gegen das Metrum sein. Zudem ist es auch kein Zufall, dass Phrasen oft eine gerade Anzahl von Takten dauern, wenn man mal von Übergänge, Überleitungen, Schnitten etc., die Schnittstellen zwischen zwei Phrasen bilden können (s. obiges Zitat), absieht. Da eine Phrase, eine Melodie, sich immer auch auf die Zeit bezieht, in der sie verläuft, und das Metrum eine Art Gliederung dieser Zeit darstellt, gibt es m.E. keine wirkliche Unabhängigkeit.

Kann ich das in meinem simplen Hausmannsverstand einfach so speichern: es gibt zwar Phrasen gegen das Metrum, aber da der Komponist und der intendierte Hörer wissen, das ein bestimmter "Takt" zugrundeliegt, "denkt" er den quasi mit und erfährt eine Diskrepanz zwischen beiden als ästhetisches Erlebnis?

Nun ja, das wäre dann ja eine gewisse Analogie zu den oben angeführten Knittelversen Hans Sachsens, deren Komik auch auf dem Wissen um den "Regelverstoß" - um die Diskrepanz zwischen Metrum und Wortakzent - beim Hörer liegt. Allerdings endet die Analogie hier: der Wortakzent eines Gedichts hat sich idealerweise dem Metrum / Rhythmus zu fügen, wogegen ein Motiv / eine Phrase das nicht tun muß; vielmehr die Diskrepanz ein ästhetisches Mittel ist, das mit fortschreitender Entwicklung der Musik anscheinend immer populärer geworden ist.

PS. Keller - hihi, der war zu der Zeit als ich Orgel spielen lernte, ein Säulenheiliger - benutzt in Deinem Zitat ganz unverkennbar einen Ganzheitsbegriff, der aus er aristotelischen Poetik abgeleitet ist.
 
"Wohin ich forschend blick'
in Virtuosen-Chronik,
nirgends find ich Mick."

:-D:-D:-D:-D:-D:-D:-D:-D:-D:-D:-D:-D:-D:-D:-D:-D:-D:-D:-D

Auch ein Knittelvers hat seine Regeln; neben dem Reim betrifft das die mit Senkungen alternierende Dreihebigkeit. Da sich die vorstehenden Verse über letzteres souverän hinwegsetzen, haben sie das darunter verbildlichte schallende Gelächter völlig verdient.
 
Bin gerade über das angebliche Tucholsky-Zitat gestolpert.
Zitat von Kurt Tucholsky:
"Der Vorteil der Klugheit besteht darin, daß man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger.“ ;-)

Sollte jedoch wider Erwarten jemand einen Nachweis dafür erbringen können, dass es sich bei einem der hier aufgeführten Beispiele tatsächlich um ein Tucholsky-Zitat handelt (und Nachweis meint hier: Mit exakter bibliographischer Angabe der Originalpublikation), so erhält der oder diejenige ein Exemplar unserer Tucholsky-Anthologie »Die Zeit schreit nach Satire« und eine Jahresmitgliedschaft in der Kurt Tucholsky-Gesellschaft.

...
»Der Vorteil der Klugheit liegt darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger.«
(Oder auf Spanisch: La ventaja de ser inteligente es que así resulta más fácil pasar por tonto. Lo contrario es mucho más difícil.)
https://tucholsky-gesellschaft.de/2016/03/17/angebliche-tucholsky-zitate/
 

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