Antiken Petrof Flügel restaurieren (bj. 1905)

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julianbehrendt

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Guten Morgen zusammen,
dieser Flügel war schon Thema meines vorherigen Posts.

IMG_7171.jpeg
Ich habe ihn geschenkt bekommen, eine ältere Dame hatte ihn jahrelang zur Deko dastehen, wurde also kaum bespielt.
Trotz der fetten Risse, welche ich reparieren möchte, hat er noch einen sehr kräftigen ( aber verstimmten ) Klang, vermutlich hat der Reso also noch ordentlich was drauf.

IMG_7173.jpeg

Die Dämpferfilze, Stimmwirbel, Gussplatte, eigentlich alles ist ziemlich runtergenudelt. :dizzy:

Da ich die Gussplatte sowieso rausnehmen muss, um den Reso zu spanen, macht mir das keine Sorgen.

Jetzt meine Frage, kennt sich jemand mit alten Petrofs aus, sprich welche Filzfarbe, gebleichter oder glänzender Resonanzboden damals üblich war?
Ich würde gerne so aussehen lassen, wie er damals aussah.
Würdet ihr da vernickelte Stimmwirbel reinhauen, oder sieht das zu modern für einen 120 Jahre alten Flügel aus?

Jetzt zur Mechanik...
IMG_7170.jpeg

Ja, nach kurzer Recherche vermute ich, dass es eine Flemming Mechanik ist, vermutlich Stoßzungenmechanik genannt?

IMG_7179.PNG

Ich konnte die Mechanik leider noch nicht rausholen, da die Schrauben nicht raus wollten, gehe da die Tage mal mit einem größeren Schraubendreher ran.

Meint ihr die Mechanik lässt man so und reguliert sie (wie auch immer man das macht bei so einer alten Technik), oder ist so eine Mechanik nicht mehr zu gebrauchen?
Alle Tasten funktionieren, technisch scheint also alles gut in Schuss zu sein...
Ich wär dankbar für ein paar Meinungen und Informationen zu der Mechanik, da ich nicht viel dazu gefunden habe.

Wäre es notfalls möglich, es durch eine moderne Mechanik zu ersetzen, oder müsste ich dann eine komplett neue Klaviatur herstellen wie es @agraffentoni gemacht hat?
Das wär dann doch deutlich über meinem können :lol:

Außerdem wurde der Elfenbein wohl mal sehr schlecht erneuert, man spürt deutliche Übergänge auf den Tasten, wo auf der selben Taste nur die Hälfte des alten Belags erneuert wurde. (Siehe erstes Bild)
Da Elfenbein sowieso nur mit Zertifikat so richtig legal ist, (ist es überhaupt realistisch, so eine Genehmigung zu bekommen?) werde ich sie vermutlich durch Plastik ersetzen.

Ich wär sehr dankbar für ein paar Tipps und Meinungen!!

Viele Grüße!
Julian
 
Zuletzt bearbeitet:
Das hast du im anderen Thread nicht erwähnt, glaube ich. Du möchtest den Flügel restaurieren, um ihn dann zu verkaufen?
Für den Eigengebrauch kann es ein interessantes Projekt sein. Aber ein von einem Nicht-Fachmann restauriertes Instrument (noch dazu Erstversuch) würde ich nicht kaufen wollen.
 
Das hast du im anderen Thread nicht erwähnt, glaube ich. Du möchtest den Flügel restaurieren, um ihn dann zu verkaufen?
Für den Eigengebrauch kann es ein interessantes Projekt sein. Aber ein von einem Nicht-Fachmann restauriertes Instrument (noch dazu Erstversuch) würde ich nicht kaufen wollen.
Das kam falsch rüber, es soll wie du sagst ein hobby Projekt werden, der soll dann bei einem Freund in seiner Halle stehen, um zum Spaß etwas bespielt zu werden, da aber bereits diese Übergabe zwischen Freunden wie ich gelesen habe, strafbar sein soll (Elfenbein) , habe ich es so formuliert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Würdet ihr da vernickelte Stimmwirbel reinhauen
Nä! Ich würde gebläute nehmen, wenn es schon Original aussehen soll.
Meint ihr die Mechanik lässt man so und reguliert sie (wie auch immer man das macht bei so einer alten Technik), oder ist so eine Mechanik nicht mehr zu gebrauchen?
Weder lässt man sie einfach so noch ist es so, dass sie nicht mehr zu gebrauchen wäre.
Man überholt die Mechanik nach Bedarf und entsprechend ihrem Zustand (Achsen, Tuch, Filze, Federn....). Das geht auch in Eigenleistung nach gründlichem Einlesen.
Wie woanders schon geschrieben, empfehle ich Forss, Piano- und Flügelreparatur. Da ist dann auch die Regulation beschrieben.
 
Der soll dann bei einem Freund in seiner Halle stehen, um zum Spaß etwas bespielt zu werden, daaber bereits diese Übergabe zwischen Freunden wie ich gelesen habe, strafbar sein soll (Elfenbein) , habe ich es so formuliert.
Grundsätzlich sollte mit der Seriennummer eine Verkaufsgenehmigung erhaltbar sein. Das ist jedenfalls im Moment kein Grund, den Belag zu entfernen. Wenn er dir zu uneben ist und du ihn auch nicht glattschleifen möchtest, erübrigt sich die Frage nach der Genehmigung natürlich.

Ob du sie brauchst, um den Flügel bei einem Freund unterzustellen weiß ich nicht. Es ist keine Vermietung, kein Geschenk, kein ...

Vermutlich hättest du die Genehmigung schon beim Erhalt des Flügels gebraucht - passiert ist offenbar nichts.
Oder war das schon vor 3 Jahren?
 
Grundsätzlich sollte mit der Seriennummer eine Verkaufsgenehmigung erhaltbar sein. Das ist jedenfalls im Moment kein Grund, den Belag zu entfernen. Wenn er dir zu uneben ist und du ihn auch nicht glattschleifen möchtest, erübrigt sich die Frage nach der Genehmigung natürlich.

Ob du sie brauchst, um den Flügel bei einem Freund unterzustellen weiß ich nicht. Es ist keine Vermietung, kein Geschenk, kein ...

Vermutlich hättest du die Genehmigung schon beim Erhalt des Flügels gebraucht - passiert ist offenbar nichts.
Oder war das schon vor 3 Jahren?
Hmm. Ans Glattschleifen habe ich garnicht gedacht, das kann ich mal probieren, danke!
Körnung 600 und dann abgestuft auf 1000 oder wie würdet ihr das angehen?

Dann mach ich mich mal Schlau wie man so eine Genehmigung bekommt, vielen Dank!

Ja die Genehmigung hätte ich auch schon beim Transport letztens gebraucht 😬
Falls ich den Belag glatt bekomme, probier ich einfach mal eine zu bekommen.
Danke für deine Antwort!
 
Nä! Ich würde gebläute nehmen, wenn es schon Original aussehen soll.

Weder lässt man sie einfach so noch ist es so, dass sie nicht mehr zu gebrauchen wäre.
Man überholt die Mechanik nach Bedarf und entsprechend ihrem Zustand (Achsen, Tuch, Filze, Federn....). Das geht auch in Eigenleistung nach gründlichem Einlesen.
Wie woanders schon geschrieben, empfehle ich Forss, Piano- und Flügelreparatur. Da ist dann auch die Regulation beschrieben.
Ich habe mal Petrof angeschrieben, die beantworten wohl Fragen zu alten Instrumenten, mal sehen was sie sagen, aber ja, ich probier mich mal an der Mechanik und ersetze was geht!

Danke!
 
So, es geht endlich weiter!

Ich habe die Mechanik, Dämpfung und Lyra mit nach Hause genommen.

Dort habe ich die Filze von den Dämpfern abgenommen ( Mit einer Zange gingen die leicht ab)
Die Dämpfer hatten einen separaten Unterfilz, bei den neueren werden die Filze ja direkt mit Unterfilz produziert.
Würdet ihr den Filz wieder separat machen oder mit der neuen Variante gehen? Scheint ja eher ein optisches Ding zu sein, oder stehen die separaten Filze "edle Details" ? :konfus:
Dämpfer mit Unterfilz.jpeg
Die Dämpfer habe ich übrigens nummeriert, keine Sorge ;)
Ich überlege, die Dämpferköpfe später noch neu zu polieren, ich werde sie vermutlich auf eine Halterung nebeneinander setzen und dann mit einer Schwabbelscheibe rüber gehen, spricht da was gegen? Habe ich so bei Klavieratelier gesehen.

Außerdem habe ich die letzten Filzreste von den Dämpferköpfen noch nicht ganz runter, ich würde die in einen Schraubstock tun und dann mit einer Feile rüber gehen, bis es nur noch das Holz ist, natürlich dabei drauf achten, dass ich die Fläche nicht abrunde.

Dann habe ich mir die Pedale vorgenommen:

Pedale Unterschied.jpeg

Das andere Pedal wurde natürlich auch noch poliert, wollte nur einen direkten Vergleich für euch zeigen ;-)
Ich bin sehr zufrieden, sollte mir aber vielleicht eine richtige Poliermaschine zulegen, mit so einem mini Dremel macht das nämlich extra wenig Spaß :-((

Die Mechanik habe ich erstmal in Ruhe gelassen, dort werde ich versuchen neue Achsen einzubauen und zu regulieren, aber, (und ich kann es selber kaum glauben dass ich das sage) werde ich die Hammerköpfe vielleicht vom Fachmann machen lassen, da neue Hammerköpfe und all das vielleicht doch etwas zu viel sind...
(Natürlich möchte ich aber trotzdem bei den Arbeitsschritten zuschauen oder ein paar Fotos von ihm haben :teufel:)

Vernünftig, oder?

So, genug Vernunft, wer will einem Laien zuschauen, wie ein Flügel von seinen Saiten befreit wird?

Videos habe ich leider nicht machen können, aber hier mein Vorgehen:

Vorbereitung:
Vorerst habe ich den Stegdruck gemessen, so wie es Henry und Peter mir bereits empfohlen haben. (Dankeschön!)
Dann mir notiert, welche Saiten eine Öse hatten und wie diese aussahen.
Den Sitz der Stimmwirbel messen, ob es der Stimmstock noch tut bzw. ob er die Wirbel noch hält.

Material:
Stimmhammer
Seitenschneider
Mikrometer
Selber angefertigte Tabelle um die Saitendurchmesser aufzuschreiben

Durchführung:
Ich habe damit angefangen, wie ich im Reblitz Buch gelesen habe, immer nur eine Saite der dreichörigen, nur jeden zweiten der einchörigen und einen der zweichörigen zu entlasten.
Das tue ich damit die Gussplatte gleichmäßig entlastet wird. :-)

Als dann alle Saiten entlasten waren, habe ich im Blankbezug angefangen, die Saiten abzuknipsen, und dann immer eine Saite des Chors auf den Durchmesser zu überprüfen.
Das habe ich dann in eine Tabelle aufgeschrieben, ganz simpel, 85 Felder wo ich daneben den Durchmesser und später die Länge hinschreiben werde. (Mein Flügel hat keine 88 Tasten)

Leider war das Messen der Durchmesser enttäuschend, denn obwohl ich die Saite vor dem Messen etwas geputzt habe, kamen da zwischen durch kleinere und dann wieder größere Saitenstärken raus, und fast alle Blanksaiten waren in drei Größen, ich würde mich wundern wenn das Sinn macht.

Ich habe also wie Peter empfohlen hat, bei Hellerbass schonmal nachgefragt, falls ich mit meinem Flügel weit genug komme, sie mir eine neue Blankmensur berechnen und schicken würden. :super:

Bei den Bassbezug bin ich etwas anders vorgegangen, der war nämlich nicht besonders kooperativ.
Ich habe die Saiten zwischen Stimmwirbel und Agraffe durchgeknipst, und habe sie dann mit größter Mühe (und zunehmend Wut) durch die Agraffe gefädelt.
Das hat zwar ein bisschen gedauert, hat dann aber auch geklappt.
Ich habe das getan, weil ich mir die Möglichkeit offen halten wollte, die Basssaiten einfach einzuschicken.
Dann musste ich sie aber noch vom Anhangstift entfernen, was bei diesen Handösen ein Alptraum ist.:-((:-((
15 Minuten und stark schmerzende Finger später habe ich sie auf einer Blanksaite aufgefädelt.
Ich werde sie aber trotzdem ausmessen, das Einschicken soll nur ein Notfallplan sein.

Ich habe zum Test mal einen Stimmwirbel ausgemessen, ich habe die restlichen aber noch nicht entfernt, da ich nicht genug Zeit hatte, dafür werde ich einen Akkuschrauber mit passendem Aufsatz benutzen.
Jede Saite hat noch ein bisschen Draht von der Umwicklung, da bitte ich hiermit um Tipps, wie man diese am besten entfernt? Ich würde mit einer Spitzzange den Draht, der im Stimmwirbel ist, herausziehen.
Oder meint ihr das geht von selber ab, wenn ich die herausdrehe?
Ich würde mich sehr über ein paar Tipps freuen :)

Stimmwirbel.jpegStimmwirbel 2.jpeg
Hier der Stimmwirbel.
Ich habe bei einem Post gesehen, dass man die Stimmwirbel bei alten Instrumenten wieder verwendet, da sie oft handgeschmiedet sind, meiner sieht aber nicht handgeschmiedet, und auch nicht mehr in einem Zustand aus, dass man ihn wieder einbauen würde, oder?
Dass man dafür dann den Stimmstock wieder bearbeiten müsste, dass er den selben Wirbel nochmal hält, ist mir klar (auch, dass ich das selbst wohl kaum hinbekommen würde), geht gerade nur um meine Neugierde ;)

Das wärs dann auch für heute, hier noch ein Foto vom Flügel ohne Saiten:

Flügel ohne Saiten.jpeg

Nächste Schritte wären dann die Stimmwirbel und Gussplatte rausnehmen.
Für Tipps, eigene Erfahrung und gerne Kritik bin ich immer offen :)

Bis dann,
Julian
 

Hier der Stimmwirbel.
Ich habe bei einem Post gesehen, dass man die Stimmwirbel bei alten Instrumenten wieder verwendet, da sie oft handgeschmiedet sind, meiner sieht aber nicht handgeschmiedet, und auch nicht mehr in einem Zustand aus, dass man ihn wieder einbauen würde, oder?

Handgeschmiedete Wirbel hast Du bei historischen Instrumenten, Baujahr vor 1850.

Dies hier sind normale Industriewirbel aus der Schraubenfabrik.

Die solltest Du durch stärkere Wirbel ersetzen, je nachdem wie leichtgängig die waren 7,15 oder 7.25 Durchmesser, wenn die alten 6,75 oder 6,90 hatten.
 
Handgeschmiedete Wirbel hast Du bei historischen Instrumenten, Baujahr vor 1850.

Dies hier sind normale Industriewirbel aus der Schraubenfabrik.

Die solltest Du durch stärkere Wirbel ersetzen, je nachdem wie leichtgängig die waren 7,15 oder 7.25 Durchmesser, wenn die alten 6,75 oder 6,90 hatten.
Alles klar, dankeschön!
Soll ich, wenn es soweit ist, die Löcher im Stimmstock minimal aufbohren und dann etwas größere Stimmwirbel als die Löcher einsetzen? Dann würden sie ja gleichmäßig sitzen. Oder wäre die Gefahr, dass das Loch oval wird da zu groß?
Naja, erstmal müssen wir und ja den Stimmstock anschauen, Bilder gibts demnächst!
Danke!
 
Soll ich, wenn es soweit ist, die Löcher im Stimmstock minimal aufbohren

Besser nicht, sonst läufst Du der Gefahr, daß die stärkeren Wirbel auch gleich wieder lose sind.

So 100%ig gleichmäßigen Wirbelgang hast bei den alten Stimmstücken ohnehin nicht - ist aber wurscht, wichtig ist, daß sie alle fest genug sitzen.

Was Du machen kannst um einen gleichmäßigeren Wirbelgang zu bekommen, die Wirbelgewinde mit Kolophonium einzureiben.
 
Besser nicht, sonst läufst Du der Gefahr, daß die stärkeren Wirbel auch gleich wieder lose sind.

So 100%ig gleichmäßigen Wirbelgang hast bei den alten Stimmstücken ohnehin nicht - ist aber wurscht, wichtig ist, daß sie alle fest genug sitzen.

Was Du machen kannst um einen gleichmäßigeren Wirbelgang zu bekommen, die Wirbelgewinde mit Kolophonium einzureiben.
Macht Sinn, danke Henry!

Habe eben von Hellerbass eine Antwort bekommen, sie liefern nur an Fachhändler und auch keine Blanksaiten :(
Da hatte Peter wohl Glück als er sie bekommen hat ;-)

Dann werde ich mir wohl was anderes ausdenken müssen, um an die Saiten zu kommen.
Werde ich wohl meinen Klavierstimmer fragen wenn es soweit ist, hoffentlich kann er da helfen :)

Schönen Abend wünsche ich!
Julian
 
Da hatte Peter wohl Glück als er sie bekommen hat ;-)

Ich hab keine Ahnung wie @Peter das geschafft hat, aber des ist so ein Naturtalent, der kommt an alles irgendwie ran :-D

Aber daß bis auf wenige Klavierzubehör Zulieferer keine Privatkunden bedient werden, ist bekannt.

Daher schrieb ich ja auch mal, daß es immer sinnvoll ist einen Klavierbauer an der Hand zu haben, welcher einem auch das eine oder andere beschaffen kann.
 

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