Firmenbiografien

[axburg]

Servus allerseits,

ich hatte mir ja mal die Firmenbiografie "steinway & Sons. Eine Familiengeschichte um Macht und Musik" gekauft.
Gibt es eigentlich noch weitere Biografien dieser Art nur von anderen bekannten Herstellern?

Danke und Gruß,
Axel

 

[Hellas]

So etwas wie "Ibach und die Anderen"? https://historische-daten.de/h-d/buchpublikat/ibach_buch.htm
Kann dazu aber nichts weiter sagen, da ich es noch nicht gelesen habe.

 

[Stefan379]

"Die Bechsteins - Eine Familiengeschichte" von Gunna Wendt.

 

[Ambros_Langleb]

Als historisches Werk würde ich diesen Titel aber nicht bezeichnen, eher als eine Mischung aus Panegyrik und Apologie.

 

[cwtoons]

"Panegyrik" -- wieder ein neues Wort gelernt. Jetzt bin ich auf der Suche nach jemandem, der das Wort nicht kennt und dem ich es dann ganz betont beiläufig unter die Nase reiben kann:

"Die Panegyrik dieses Apostratsupporterflansches ist wirklich atemberaubend, finden Sie nicht auch?".

CW

 

[Klein wild Vögelein]

Als historisches Werk würde ich diesen Titel aber nicht bezeichnen, eher als eine Mischung aus Panegyrik und Apologie.

Ich musste natürlich auch nachschauen, was die Begriffe bedeuten.

Geht es bei der Verteidigungsrede (Apologie) um die Schuld Helene Bechsteins?

Das Buch werde ich mir kaufen.

 

[ElRealisto]

Panegyrik" -- wieder ein neues Wort gelernt. Jetzt bin ich auf der Suche nach jemandem, der das Wort nicht kennt und dem ich es dann ganz betont beiläufig unter die Nase reiben kann.

Wenn Du da suchen musst, musst Du ja in wirklich gebildeten Kreisen wandeln.

Meinen Bekannten- und Freundeskreis kann man als gebildet bezeichnen und in diesem würde ich nur zweien zutrauen das Wort zu kennen.

 

[fisherman]

Tja, @Ambros_Langleb tut halt was für unsere Bildung. Bei der nächsten Schmeichelei, die mir gilt, werde ich das gerne „hervorzaubern“

 

[cwtoons]

Nee, ich glaube, das kennt von meinen Freunden keiner.

CW

 

[Ambros_Langleb]

"Die Panegyrik dieses Apostratsupporterflansches ist wirklich atemberaubend, finden Sie nicht /auch?".

Schönen Guten Morgen aus New Jersey allerseits. Ich bin immer wieder verblüfft, welche Reaktionen zwischen Befremdung und Feixen die Verwendung von Ausdrücken hervorruft, deren Kenntnis man noch in den 80ern bei jedem Absolventen eines ruralen Gymnasiums, ausgenommen vielleicht in NRW und Hessen, vorausgesetzt hätte. Und wie auf der anderen Seite oft die albernsten Anglizismen auf diesem Forum unwidersprochen, wo nicht beifällig, hingenommen werden.

Zur Sache: Ich verwende Ausdrücke wie die beiden inkriminierten, weil ich ein Anhänger der rhetorischen Kategorie des Aptum, der Gegenstandsangemessenheit bin; und ich glaube, dass beide einen semantischen Mehrwert gegenüber ihren möglichen deutschen Gegenstücken bieten. "Panegyrisch" ist der stilistische Charakter einer Festschrift, und um eine Kryptofestschrift handelt es sich nach meinem Eindruck bei dem diskutierten Titel über weite Strecken. "Apologetisch" ist der Ton im Hinblick auf Bechstein im Dritten Reich, d.h. beschwichtigend, manchmal sogar ein wenig schönfärberisch *), aber mit den strukturellen Merkmalen einer

Verteidigungsrede

hat der Text natürlich nichts zu tun.

Nun, die Autorin ist ja keine Historikerin, sondern eine Populärschriftstellerin, und "ihre Bücher stellen eine Mischung aus Roman und Biografie dar" (WP. s.v., auf der Basis einer Rezension der SZ). Mit historischer Quellenforschung und -kritik ist bei dieser Art von Literatur natürlich nicht ernsthaft zu rechnen. Eher, neudeutsch gesprochen, bereitet die Autorin einen vorgefundenen "Content" sprachlich gefällig auf, konventionell gesagt, sie formt eine vorgegebene Materie ästhetisch nach den Bedürfnissen der Zielgruppe. Dagegen ist nichts zu sagen, und die Tradition des historischen Romans ist ja auch sehr lang; man muss sich nur im klaren sein, welche Gattung von Buch man vor sich hat. Man kann das mögen, es aber auch, wie ich, als irritierend empfinden, wenn man sich fortwährend fragen muss, wo die Grenze zwischen Historizität und Fiktion, Quellentreue und panegyrischer oder auch malizöser Verbrämung liegt.

Freilich hat diese Art von Literatur derzeit Konjunktur, man denke nur an das Beethovenbuch von Chr. Eichel (https://www.clavio.de/threads/was-lest- ihr-gerade-buch-analog.3924/page-48#post-720618), das sich seitenlang spekulativ darüber auslässt, ob Ludwig und Josefine nun tatsächlich miteinander geschnackselt haben oder nicht. Allerdings ist es nicht so, dass richtige Musikwissenschaftler:innen nicht ebenfalls ansprechend schreiben könnten. So bekommt man etwa für das Geld, das man für Eichels Buch erlegen muss, auch die Beethovenbiographie des Musikwissenschaftlers Martin Geck (https://www.br-klassik.de/aktuell/news-kritik/musikwissenschaftler-martin-geck-gestorben- 100.html), welches ebenso flüssig zu lesen ist, aber den Leser nicht den oben genannten Einschränkungen unterwirft.

Natürlich sieht man sich als potentieller Käufer immer vor das Problem der Beurteilung gestellt, und das umso mehr, als das Internet von Ps.-Rezensionen überschwemmt wird, die entweder unkritisch oder geradewegs verkappte Verkaufsförderung sind. Ich finde oft eine halbwegs zuverlässige Orientierungshilfe in den Rezensionssammlungen auf Perlentaucher.de, auch wenn in solchen Sammlungen unvermeidlicherweise das Jubelpersertum die lautstarke Nachbarin nüchterner Kritik ist.




*) In einer leider nicht mehr verfügbaren SWR-Rezension hieß es seinerzeit: "Am ärgerlichsten ist der Umgang der Autorin mit ... Helene Bechstein". Und der ist m.E. völlig unnötig. Es hätte vollauf genügt, in einer Anmerkung zu sagen, dass man auf die Bechstein-Nazi-Obessionen der angloamerikanischenn Literatur nicht eingehe, weil die Naziverbindungen eines einzelnen Familienmitglieds, das nicht zum Eigentümerkreis zählte, die Firmengeschichte nicht nachweislich beeinflussst haben.

 

[Klein wild Vögelein]

Zitat: Apologetisch" ist der Ton im Hinblick auf Bechstein im Dritten Reich, d.h. beschwichtigend, manchmal sogar ein wenig schönfärberisch *), aber mit den strukturellen Merkmalen einer..

Das habe ich befürchtet, habe das Buch aber trotzdem bestellt.

 

[fisherman]

deren Kenntnis man noch in den 80ern bei jedem Absolventen eines ruralen Gymnasiums, ausgenommen vielleicht in NRW und Hessen, vorausgesetzt hätte.

Nananana! Du kokettierst und stellst Dein Licht unter den Scheffel. Als durchaus stolzer bayrischer Abiturient mit Bestnoten anno 79 muss ich Dir leider widersprechen. Ja, wir waren gebildet - aber nicht soooo gebildet

Leider hatten wir dennoch viel mehr Wissen intus als die Kids heute. Schade - nichts ist erfreulicher als eine Jugend, die die Alten lehrt.

 

[Cheval blanc]

Leider hatten wir dennoch viel mehr Wissen intus als die Kids heute. Schade - nichts ist erfreulicher als eine Jugend, die die Alten lehrt.

Das Wissen der Jungen ist halt ein anderes. Aber wußten wir 68er, wie man ohne Brandbeschleuniger, nur mit Feuerstein ein veritables Lagerfeuer entfacht?

 

[Tastenscherge]

deren Kenntnis man noch in den 80ern bei jedem Absolventen eines ruralen Gymnasiums, ausgenommen vielleicht in NRW und Hessen, vorausgesetzt hätte.

Ich hab 1984 Abi in NRW gemacht. Ich hatte Altgriechisch Leistungskurs, aber panegyrisch hab ich noch nie gehört.

 

[Flieger]

@axburg Das ist jetzt keine Firmenbiografie, aber vielleicht für dich trotzdem interessant:
https://shop.falter.at/detail/9783631530146/wiens-vergessene-konzertsaele

 

[agraffentoni]

panegyrisch

dann ist der Orangenmann ein Autopanegyriker...

 

[fisherman]

Aber wußten wir 68er, wie man ohne Brandbeschleuniger, nur mit Feuerstein ein veritables Lagerfeuer entfacht?

Wussten schon, können aber nicht.

BTW: 68er? Meinst Du damit Menschen, die anno 68 ungefähr volljährig wurden oder meinst Du 68 Geborene? Für erstere bin ich zu jung, für letztere zu alt

 

[Ambros_Langleb]

Ich hab 1984 Abi in NRW gemacht. Ich hatte Altgriechisch Leistungskurs, aber panegyrisch hab ich noch nie gehört.

In einem solchen Leistungskurs müsstest Du allerdings fast zwingend mit Isokrates' Panegyrikós in Berühung gekommen sein, und möglicherweise hat euere Lehrkraft euch sogar verraten, dass das Wort panegyric als Adjektiv in der englischen Literatur eine milde ironische Note annimmt, die sich dann auch im Deutschen wiederfindet. Aber lass mich raten: Du hast deine Gedanken lieber auf ein attraktiveres Objekt gerichtet, das vielleicht zwei Bänke weiter saß. Hab ich auch so gemacht. ;)

 

[Bernhard Hiller]

"Panegyrisch" ist der stilistische Charakter einer Festschrift,

Und ich dachte zunächst darüber nach, welch neuartig kulinarische Kombination aus italienischem Brot mit griechischem Döner entstehen könne. Nach der Festschrift kommt der Festschmauß!

"Apologetisch"

Zum Glück sind wir noch knapp an Senecanischer Apocolocynthosis vorbeigeschrammt.

 

[Ambros_Langleb]

Als durchaus stolzer bayrischer Abiturient mit Bestnoten anno 79

Wirklich? Und das sagst Du, ohne Dich zu genieren? Schon bei meinem Abi anno 1968 war es unabdingbar, dass man in Musik und Religion einen Status-Vierer hatte. Und wenigstens letzteren hatte ich, wiewohl mein Vater Pfarrer war. Ich wollte ja vor den anderen nicht gänzlich als das schwarze Schaf dastehen.