Zwölftonmusik - wozu, weshalb, warum?

Hallo Haydnspaß!
Zwei Fragen:
1)Wer ist Bodo Wartke - bzw. welches Video?



Wenn ich Dich mit dem Fettgeruckten richtig verstehe, müsste ich anfügen:
...außerdem schmälert die politische oder religiöse u. sonstige Ausrichtung eines Künstlers niemals den Wert seiner Kunst.

Das würde wiederum heißen, ich hätte Schönberg irgendwie beleidigt oder ins schiefe Licht gerückt.

Na, du hast Schönberg unterstellt, eine "kommunistische" Musik schaffen zu wollen.

Damit hast du sowohl Schönberg als auch Eisler beileidigt.



Das darf doch nicht wahr sein...

Vergleiche meinen vorigen Post eher mal mit der heutigen Grün-Pinselei. Es gibt fast nichts, daß nicht irgenwie ökologisch ist, selbst wenn dabei Urwälder abgerodet werden. Immerhin kommen dann Ölpalmen dorthin und das ist Biosprit und Umweltneutral. Toll Grün - Toll ÖKO

So, und zur Krönung beleidigst du jetzt auch noch die Grünen.

Darf ich fragen, was du wählst...? ;)


Ich meine einfach "Zeitgeist" damals und "Zeitgeist" heute.

Aha, Zeitgeist. Du meinst, soziale Gerechtigkeit sei eine Frage des Zeitgeists. Interessant...

Im übrigen will ich gar keine politische Diskussion losbrechen (passt auch absolut nicht in diesen Thread) - blos mißverstanden möchte ich nicht werden.
 
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Zu dem Trugschluß "Töne mit Gleichberechtigung = Kommunismus" nur eine Bemerkung:

Holz ist oft braun!

12-Tonmusik ist ein radikaler Versuch, den polyphonen Horizont zu erweitern, über das Bestehende hinaus. Dabei muß zwangsläufig Musik herauskommen, die ungewohnt ist, denn genau das ist ja auch beabsichtigt.

Und warum zwängt man sich wieder in ein Regelwerk? Kunst ist zwar in der Ausführung sehr frei und Regeln sind meistens dem künstlerischen Gedanken untergeordnet. Aber ohne Regeln wird es leicht zufällig, so ähnlich wie der berühmte Gedankenversuch, Affen mit Schreibmaschinen auszustatten, in der Hoffnung, daß sie irgendwann ein verschollenes Stück von Shakespear schreiben. Es geht ja auch auf der Suche nach neuen Wegen nicht darum, völlige Freiheit zu erlangen, denn dann könnte man darauf verzichten und querfeldein gehen. Es geht darum, sich gezielt vom bisherigen abzuwenden und neue Möglichkeiten zu entdecken, in dem man neue gangbare Wege sucht.

Ich habe mir auch mal Gedanken dazu gemacht, ob Neues umbedingt schön sein muß und bin zu dem Schluß gekommen, daß wirklich Neues nicht wirklich schön sein kann. Dazu bedarf es erstmal der Auseinandersetzung, Erfahrung und Gewöhnung. Sicherlich kann nicht nur das schön sein, was man schon kennt, aber Musik z.B. kennt so ziemlich jeder Mensch und wirklich neue Musik ist erstmal ungewohnt und wirkt deshalb automatisch falsch. Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, daß man bei nährerer Beschäftigung mit ungewohnter Musik durchaus auch in der Lage sein kann, falsche Töne zu hören, was wieder darauf hinweist, daß ein stimmiges Kunstwerk auch gewisser Regeln bedarf.

Interessant finde ich übrigens, daß es immer wieder Leute gibt, die etablierte Musik als Lärm, wertlos oder sogar verachtenswert einstufen, ohne sich damit überhaupt auszukennen und es dann sogar noch sinnvoll finden, das (und nichts anderes) anderen mitzuteilen, die überhaupt nicht danach gefragt haben :) Solche Leute stehen natürlich jeglichem Fortschritt im Weg...
 
Rein subjektiv betrachtet finde ich diese 'Musik' einfach nur grausam! Ich kann mich ihr keine 2 Minuten aussetzen ohne Kopfschmerzen zu bekommen. In der Theorie ein interessantes Konzept aber für mich völlig unbrauchbar; da bleibe ich doch lieber bei Dur/Moll Tonalität und der Werkevielfalt der klassischen Musik. (Ich spreche hier nicht vom objektiv-profitablem Nutzen der Zwölftonmusik für die Weiterentwicklung der Tonalität bis in die Moderne!)
 
Na, du hast Schönberg unterstellt, eine "kommunistische" Musik schaffen zu wollen.

Damit hast du sowohl Schönberg als auch Eisler beileidigt.





So, und zur Krönung beleidigst du jetzt auch noch die Grünen.

Darf ich fragen, was du wählst...? ;)




Aha, Zeitgeist. Du meinst, soziale Gerechtigkeit sei eine Frage des Zeitgeists. Interessant...
Fakten, Zusammenhänge usw. kann man immer auseinanderpflücken, verneinen, wegdiskutieren, missverstehen etc.

Mehr Verstehen (auch von Zwölftonmusik) oder Gerechtigkeit (die Soziale)erreicht man ohne Diskussionsraum wohl kaum.

OK, ich scheue mich nicht davor zu erklären, daß ich niemand beleidigen, etwas unterstellen oder auf den Schlips treten will. Das ist ehrlich gemeint. Genügt das?

Wählen... Fragen darfst Du natürlich. Wenn irgend eine Partei oder Ideologie eine Besserung nicht nur für ein paar Menschen, sondern für den ganzen Planeten bringen würde, täte ich mich dafür einsetzen. Bisher wurde ich stets enttäuscht, egal für welche Farbe ich mich entschied. Was ich nächstens wählen werde, weiß ich heute genauso wenig, wie ich nicht weiß, was wir nächste Woche für einen Liter Diesel zu zahlen haben.

Danke noch für den Videolink. Ohne ein Fünkchen Wahrheit, wärs interessanter Weise gar nicht lustig. So ist das im Kabarett-Business. Auch eine Form der Auseinandersetzung mit einem Thema - und nicht die Schlechteste.

Liebe Grüße
Michael
 
eine Alternative ?

erstmal Dank an den Threadersteller. Es gab viel zu lernen. die 12-Ton Musik hat immerhin einen solchen Raum eingenommen, dass wir wissen sollten, worum es sich handelt. Dies hat der Thread wirklich geleistet.

Es hängt ja immer mit den generellen Fragen zusammen:

Warum gibt es Musik und wozu dient sie. Mit der Suche nach Antworten werden noch viele Diskussionen geführt, wissenschaftliche und auch populäre, in Büchern, Hörsälen und eben auch in Foren.

Für mich ist ein wesentliches Element der Musik die Verbindung ins Spiritistische oder eben auch ins Kosmische. Musik hat Wirkung auf die Seele und von daher erklären sich wohl auch die Affekte, die sie auslöst.

Es hat sehr lange gedauert, bis sich die Musik zu ihrer Hochblüte entwickelt hat - den Bruch dieser Entwicklung könnte ungefähr Schönberg markieren - . Diese Entwicklung stellte eine kulturelle Gesamtleistung der Menschen dar, die in diesem geographischen Raum beheimatet waren. Das Aufkommen musikalischer Genies wie die grossen Meisterkomponisten erklärt sich wohl auch nur, weil sie von dieser Entwicklung getragen wurden. Innerhalb dieses Kulturkreises haben die Menschen sich mit dieser Musik identifiziert. Sie ist ihnen quasi zur Natur geworden. Das System aus Tonarten und Tongeschlechtern führte dazu, dass den einzelnen Tönen sogar spezielle Energien anhaften. Alles hat einen Vektor, also eine Kraftrichtung, der man sich kaum entziehen kann.

Die 12-Ton Musik bzw. ihre Erfinder haben schon richtig gesehen, welche Gefahr sich in weiterer Verästelung der chromatischen Möglichkeiten verbirgt. Aber sicher stellt diese Erfindung kein probates Mittel dar, um abhilfe zu schaffen. Die Negierung sämtlicher Abhängigkeiten von in Jahrhunderten gelernten Hörgewohnheiten kann nicht gelingen und ist meiner Meinung nach auch letztendlich als Fehlversuch zu werten. Es war ein anerkennenswerter Versuch, weil von Ernst und viel Wissen und Können mitgetragen, aber sicher eine Fehleinschätzung der Möglichkeiten dieses Modells.

Es gab innerhalb der Epochen immer wieder ein Roll-Back, wenn Auswüchse zu bunt wucherten. Beim Übergang des Barock in die Klassik spielten ähnliche Strömungen bereits eine Rolle. Der Zeitgeist am Anfang des 18 Jahrhunderts verfolgte die Bereinigung der im Barock zu üppig wuchernden Klänge und Ausschmückungen. Hier wurde erfolgreich die Musik weiterentwickelt. Die Übergänge erfolgten fliessend und ohne Bruch.

Dies ist am anfang des 20 Jahrhunderts bisher nicht gelungen. Ein derart radikaler Schnitt, bei dem alles bisher Bewährte über Bord geworfen wird, kann von den Menschn nicht mitgetragen werden. Denn sie erhalten ja nichts im Gegenzug, was ihnen das Verlorene ersetzen könnte.

Auf demm richtigen Weg sehe ich als Beispiel die Werke von Strawinsky und Bartok (nur als Stellvertreter für auch andere), die in ihren Werken neue Gedanken und Impulse verarbeiten, ohne das Bewährte aufzugeben.

Es ist wahr, dass in unseren Konzertbetrieben anscheinend ständig museale Musik aufgeführt wird. Aber wer sind denn die Konsumenten? Wir haben nicht annähernd die Chancen ergriffen, die Musik der Hochblüte der Klassik (allgemein also von Frühbarock bis Spätromantik)den Menschen allgemein zugänglich zu machen. Ich sehe deshalb das Wirken von Menschen wie Barenboim oder LangLang (wiederum nur einige Stellvertreter für viele Andere)als ungeheuer wichtig an, die durch ihr Engagement in Schulen, Universitäten und in Schüler- und anderen Orchestern Breitenwirkung erzielen.

Meine These: Erst wenn ausreichend viele Menschen diese Musik wirklich kennen und verinnerlicht haben, wozu man ihnen die Chance geben muss, kann sich aus der Mitte der Bevölkerung etwas Neues abzeichnen, was dann hoffentlich tragfähig wird.

Was dringend reformiert werden sollte ist der moderne Konzertbetrieb, der ungeachtet der tollen Leistungen der Interpreten, ein Sumpf ist, in dem sich musikferne Manager austoben.
 
klavigen, das unterschreibe ich sofort!
Hast Du wirklich schön und mit Sachverstand formuliert.
Ich war dabei letzlich etwas zu grob vorgegangen.

Liebe Grüße
Klaviermacher
 
Rein subjektiv betrachtet finde ich diese 'Musik' einfach nur grausam!

Naja, vielleicht liegt es nicht an dem Konstruktionsprinzip, sondern an der Umsetzung. Will sagen, vielleicht finden sich doch "schöne" Zwölftonsequenzen.

Z.B. ist doch die Berceuse von Chopin in einigen Teilen lupenreine Zwölftonmusik- wenn ich mir die chromatischen Terzen- und Sextenläufe so anschaue; und klingen die schlecht? :D

In einem 1. Versuch einer Zwölftonsequenz ist bei mir folgendes gerade entstanden (habe B's statt Kreuze genommen, wahrscheinlich weil ich Chopin-Geschädigt bin:p):

Dumme Anfänger-Frage an Haydnspaß oder andere Zwölftonkundige, nichtsdestotrotz:
Bezieht sich 12-Tonmusik nur auf die Melodie? Also wenn man eine Zwölftonsequenz als Melodie hat, gibt es Einschränkungen im Freiheitsgrad bei Aussetzung der Harmonie ?
 
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Mindenblues, deine Zwölftonreihe hört sich "tonaler" an als meine :).

Hier mal meine Reihe:

25349704oa9.jpg


(Vor dem E fehlt noch ein Auflösungszeichen.)

Auf dem Klavier habe ich auch bereits begonnen etwas zusammenzustellen. Mein Problem ist bloss: Sobald ich alle 12 Töne aufgebraucht habe, fange ich ungern wieder von vorne an... :D
 
Naja, vielleicht liegt es nicht an dem Konstruktionsprinzip, sondern an der Umsetzung. Will sagen, vielleicht finden sich doch "schöne" Zwölftonsequenzen.

Z.B. ist doch die Berceuse von Chopin in einigen Teilen lupenreine Zwölftonmusik- wenn ich mir die chromatischen Terzen- und Sextenläufe so anschaue; und klingen die schlecht? :D

Um es mal etwas provokativ zu sagen

Daß es "schlecht" klingt, ist von Schönberg bewußt so gewollt :p

Er wollte ja mit voller Absicht verhindern, daß sich sowas wie ein "Tonartgefühl" einstellt. Daher auch das Dreiklangsverbot. Auch Dominantseptakkorde sind natürlich etwas, was gleich bestimmte Erwartungen weckt und man wird sie in strengen Zwölftonstücken nicht finden. Genausowenig wie chromatische Tonleitern.

Vom Prinzip her könnte man sicher auch tonale Stücke im Zwölftonsystem komponieren. Ist ein bißchen schwieriger als normal, aber gehen tut es bestimmt.

In einem 1. Versuch einer Zwölftonsequenz ist bei mir folgendes gerade entstanden (habe B's statt Kreuze genommen, wahrscheinlich weil ich Chopin-Geschädigt bin:p):

Dumme Anfänger-Frage an Haydnspaß oder andere Zwölftonkundige, nichtsdestotrotz:
Bezieht sich 12-Tonmusik nur auf die Melodie? Also wenn man eine Zwölftonsequenz als Melodie hat, gibt es Einschränkungen im Freiheitsgrad bei Aussetzung der Harmonie ?

Diese Frage wurde ganz am Anfang schonmal gestellt, macht aber nix.
Ja, auch die Begleitung muß sich streng an die Reihenfolge der Zwölftonreihe halten. Sie kann aber parallel zur Melodie (also unabhängig von ihr) gestaltet werden. Es muß natürlich dieselbe Reihe sein, sie kann aber transponiert, umgekehrt, gespiegelt oder alles kombiniert sein.
 
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Danke für die Erklärungen, Haydnspaß!

Also, wenn Dreiklänge und Chromatik ausgeschlossen sind, sowie die Begleitstimmen auch die Zwölftonreihe irgendwie haben müssen, dann fällt es wohl schon verdammt schwer, das was "schönes" dabei herauskommen kann.

Wahrscheinlich ist nur garantiert, dass es "konstant schief" klingt und nie aus Versehen "schön", natürlich alles gewollt.

Ist wohl doch nix für mich...
 
Wahrscheinlich ist nur garantiert, dass es "konstant schief" klingt und nie aus Versehen "schön", natürlich alles gewollt.

Ja, scheint so - und das ist ja auch garnicht so einfach :)


Es zwingt uns ja niemand, Schönbergs musikalische Geschmacksrichtung zu kopieren. Wär doch eine Gelegenheit, mal ein richtig schönklingendes Zwölftonstück zu komponieren, unter Beachtung der Reihen-Regeln, aber Dreiklänge und Tonalität durchaus einzubeziehen.

Alban Berg hat in seinen Zwölftonkompositionen auch viel tonaler komponiert, als es von Schönberg geplant war, und Schönberg hat trotzdem noch mit ihm geredet ;)

Alban Berg Ausschnitt aus der Zwölfton-Oper LULU
http://de.youtube.com/watch?v=BPaNykQbXN4
 
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Interessante Stücke hast du da gepostet:)
Dann will ich auch noch eines dazufügen von Olivier Messiaen, auch wenn das auch nicht ins Thema passt, da es keine Zwölftonmusik ist. Eine Oper über Franz von Assisi, wenn ich das richtig verstanden hab. http://de.youtube.com/watch?v=b_WaDyh1pUk

Aber eigentlich hätten die Kompositionsweisen von Ligeti und vor allem von Messiaen auch einen eigenen Thread verdient!
 
Kleine Anregung

Findet sich hier auch jemand, der einen "Informationsthread" über die von Klavigen genannten Komponisten (Strawinsky, Bartok, u.a.) erstellen würde?

Das ist sicherlich genauso interessant wie die Zwölftonmusik :)

Damit hätte man auch noch einen Vergleich der unterschiedlichen Bewältigung der "musikhistorischen Krise", was vlt eine spannende Diskussion auslösen würde?!

Was meint ihr?

marcus
 
Findet sich hier auch jemand, der einen "Informationsthread" über die von Klavigen genannten Komponisten (Strawinsky, Bartok, u.a.) erstellen würde?

Das ist sicherlich genauso interessant wie die Zwölftonmusik :)

Damit hätte man auch noch einen Vergleich der unterschiedlichen Bewältigung der "musikhistorischen Krise", was vlt eine spannende Diskussion auslösen würde?!

Was meint ihr?

marcus

Warum nicht, ich werde es zwar nicht machen, aber ich wäre interessiert daran mitzulesen.;)
Vielleicht eröffne ich dann morgen, oder besser gesagt heute, einen Thread für Messiaen, aber eher was die kompositionstechniken betrifft, da ich noch keinen gefunden habe bei der Forumsuche.

Und damit ich wenigstens noch etwas zum Thema beitrage:
Ich finde wir sollten alle mal ein Zwölftonstück komponieren und es hier vorstellen. ;)
Ein Komponierwettbewerb wurde ja schon vorgeschlagen. Ich wäre immer noch interessiert an euren Einfällen/Kompositionen und Ideen und nicht nur an euren Zwölftonreihen.
 

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