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- 5. März 2012
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Hallo,
angeregt durch aktuelle eigene Erfahrung sowie die gewisse Diskussionen im Forum "Einspielungen" möchte ich einen Diskurs darüber eröffnen, an welchen Schwierigkeitsgrad man sich heranwagen "darf".
Es gibt offenbar den Standpunkt, der Pianist habe der Musik zu dienen und soll sie nicht zur Selbstdarstellung missbrauchen. Dieser Anspruch ist vermutlich in dieser allgemeinen Form schon fast konsensfähig.
Heißt das aber, dass ich die Finger lassen soll von Werken, die ich nicht mit absoluter Leichtigkeit spielen kann ("loslassen" war das Stichwort)? Die ich nicht "verstehe", sei es in ihrer Struktur oder ihrer Aussage? Weil ich dann eben der Musik schade?
Und wer entscheidet, ob ich ein Werk verstanden habe und damit qualifiziert bin, es zu spielen? Ich selbst? der Klavierlehrer? Oder die "Öffentlichkeit", sofern ich mich mit meinem Spiel in selbige hinauswage?
---
Dazu möchte ich eine eigene Erfahrung schildern (vorsicht, lang). Ich habe vor ca. 2 Jahren wieder angefangen, Klavier zu spielen. Nach fast 30 Jahren Pause. Damals war ich - nach Einschätzung meines Lehrers - ganz gut, talentiert, vielleicht ein bisschen zu faul. Bevor ich aufgehört habe, hatte mein Lehrer die Papillons von Schumann als nächstes Stück in Aussicht gestellt.
Beim Wiedereinstieg stellte ich fest, dass überraschend viel aus meiner aktiven Zeit noch abrufbar war. Das führte mich zu der etwas vermessenen Annahme, ich könne einfach da weitermachen, wo ich damals aufgehört hatte. Also - eine schöne Henle-Ausgabe der Papillons gekauft und angefangen. Ab Mai mit KL, wobei ihre Aufgabe zunächst darin bestand, mich beim Erarbeiten der Papillons zu "begleiten". Nach ca. 10 Monaten hatte ich das Gefühl, jedes einzelne Stück der Papillons zu können, technisch wie interpretatorisch. Ich fand mich gut, echt.
Letztes Jahr im Dezember hab ich beim Abschlusskonzert der Klavierklasse meiner KL die Papillons gespielt. Und leider auch mitgeschnitten. Stellenweise finde ich die Aufnahme ganz schön, aber ich bin ziemlich oft rausgekommen, hab nicht getroffen, ich finde, es ist kein Genuss, sich das anzuhören. Na gut, war vielleicht noch nicht reif. Ich hab die Papillons erstmal ruhen lassen, aber immer wieder mal die eine oder andere Stelle rausgekramt.
Vor 3 Wochen hab ich sie erneut bei einem Hauskonzert gespielt. Ich hatte mich ca. 8 Wochen drauf vorbereitet, vor allem versucht, textsicherer zu werden. Zudem hab ich nach Noten gespielt. Auch von diesem Auftritt gibt es leider eine Aufnahme. Es war besser, aber nicht gut.
Was mach ich nun? Weiterüben? Wird es vielleicht mal besser? Oder die Finger davon lassen, weil das Stück für einen Amateur mit Familie und viel beruflicher Reisetätigkeit einfach zu groß ist (nicht nur technisch, auch schlicht vom Umfang)? Oder es nur für mich spielen? Ist es angemessen, eine der Aufnahmen hier zur Diskussion zu stellen, oder ist das narzisstisch und gehört ausgebuht?
---
Meine Geschichte soll als Beispiel dienen, die Diskussion darf gerne allgemein geführt werden. Freue mich auf Eure Meinungen!
- Karsten
angeregt durch aktuelle eigene Erfahrung sowie die gewisse Diskussionen im Forum "Einspielungen" möchte ich einen Diskurs darüber eröffnen, an welchen Schwierigkeitsgrad man sich heranwagen "darf".
Es gibt offenbar den Standpunkt, der Pianist habe der Musik zu dienen und soll sie nicht zur Selbstdarstellung missbrauchen. Dieser Anspruch ist vermutlich in dieser allgemeinen Form schon fast konsensfähig.
Heißt das aber, dass ich die Finger lassen soll von Werken, die ich nicht mit absoluter Leichtigkeit spielen kann ("loslassen" war das Stichwort)? Die ich nicht "verstehe", sei es in ihrer Struktur oder ihrer Aussage? Weil ich dann eben der Musik schade?
Und wer entscheidet, ob ich ein Werk verstanden habe und damit qualifiziert bin, es zu spielen? Ich selbst? der Klavierlehrer? Oder die "Öffentlichkeit", sofern ich mich mit meinem Spiel in selbige hinauswage?
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Dazu möchte ich eine eigene Erfahrung schildern (vorsicht, lang). Ich habe vor ca. 2 Jahren wieder angefangen, Klavier zu spielen. Nach fast 30 Jahren Pause. Damals war ich - nach Einschätzung meines Lehrers - ganz gut, talentiert, vielleicht ein bisschen zu faul. Bevor ich aufgehört habe, hatte mein Lehrer die Papillons von Schumann als nächstes Stück in Aussicht gestellt.
Beim Wiedereinstieg stellte ich fest, dass überraschend viel aus meiner aktiven Zeit noch abrufbar war. Das führte mich zu der etwas vermessenen Annahme, ich könne einfach da weitermachen, wo ich damals aufgehört hatte. Also - eine schöne Henle-Ausgabe der Papillons gekauft und angefangen. Ab Mai mit KL, wobei ihre Aufgabe zunächst darin bestand, mich beim Erarbeiten der Papillons zu "begleiten". Nach ca. 10 Monaten hatte ich das Gefühl, jedes einzelne Stück der Papillons zu können, technisch wie interpretatorisch. Ich fand mich gut, echt.
Letztes Jahr im Dezember hab ich beim Abschlusskonzert der Klavierklasse meiner KL die Papillons gespielt. Und leider auch mitgeschnitten. Stellenweise finde ich die Aufnahme ganz schön, aber ich bin ziemlich oft rausgekommen, hab nicht getroffen, ich finde, es ist kein Genuss, sich das anzuhören. Na gut, war vielleicht noch nicht reif. Ich hab die Papillons erstmal ruhen lassen, aber immer wieder mal die eine oder andere Stelle rausgekramt.
Vor 3 Wochen hab ich sie erneut bei einem Hauskonzert gespielt. Ich hatte mich ca. 8 Wochen drauf vorbereitet, vor allem versucht, textsicherer zu werden. Zudem hab ich nach Noten gespielt. Auch von diesem Auftritt gibt es leider eine Aufnahme. Es war besser, aber nicht gut.
Was mach ich nun? Weiterüben? Wird es vielleicht mal besser? Oder die Finger davon lassen, weil das Stück für einen Amateur mit Familie und viel beruflicher Reisetätigkeit einfach zu groß ist (nicht nur technisch, auch schlicht vom Umfang)? Oder es nur für mich spielen? Ist es angemessen, eine der Aufnahmen hier zur Diskussion zu stellen, oder ist das narzisstisch und gehört ausgebuht?
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Meine Geschichte soll als Beispiel dienen, die Diskussion darf gerne allgemein geführt werden. Freue mich auf Eure Meinungen!
- Karsten