wieder einmal Thema Lampenfieber

kreisleriana

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haben die Erfahrenen/Profis unter Euch da Tips zu folgender Fragestellung:

ich habe so gut wie kein Lapenfieber,wenn ich "Standard-Stücke"(d.h.Werke die ich subjektiv als mehr oder weniger leicht empfinde) präsentieren will,egal ob drei zuhören oder dreißig,da kann ich mich ziemlich ruhig auf die Interpretation konzentrieren.

Ausreichend tiefgehendes Studium der aufzuführenden Werke setze ich natürlich voraus,braucht also nicht behandelt zu werden.

Probleme treten aber auf,wenn es ans absolute(oder relative) technische Limit geht.

Zu Hause oder auch bei anwesenden musikalisch eher wenig versierten Zuhörern im Verwandtenkreis macht es keinen Unterschied, ob ich nun ein Schubert Improptu oder auch eine subjektiv leicht empfundene Chopin Etude oder auch mal Tristan Paraphrase spiele oder aber wirklich an die Grenzen des für mich technisch erreichbaren z.B Campanella oder dergleichen für sie spiele,klappt alles wunderbar,virtuose Sachen machen da sogar Spaß.

Wenn ich gleiches dann nach diesen "Vorübungen" in Anwesenheit von Profi Publikum(Musikkritiker,Berufspianisten) auf fremdem Instrument wiederholen möchte,sieht die Sache völlig anders aus.:shock:

Da gibt es zwar bei oben genannten Stücken von Schubert, Chopin oder Liszt kaum übermäßige Nervosität,komm ich dann aber zu den Grenzen(eben z.B Campanella oder dergleichen) ist es aus,der Respekt vor dem Werk,wo ich weiß ,da liegt (momentan) meine Grenze(auch wenn zu Haus jeder Ton sitzt und natürlich abrufbar ist), ist eine Wiedergabe plötzlich schlicht unmöglich bzw unsinnig,mit zitternden Händen(innere Stimme:"bis jetzt war's ja leicht,aber jetzt kommt....") lassen sich solche Werke wirklich nicht gut meistern und an interpretieren ist ohnehin nicht mehr zu denken,da man nur mehr ans überleben denkt...

Logische Folgerung:
"spiele nur Sachen vor, die deutlich unter deinem technischen Standard liegen."
oK ist klar, ist aber fad.....

Was machen da Profis,vor zB Gaspard Aufführung,vor Rachmaninow Konzerten,müssen die so gut sein dass sie noch viiiiiel schwierigeres als Gaspard,sämtliche Liszt Etuden, Rachmaninow Konzerte etc spielen könnten??Muss ein Konzertpianist,der im Konzert sämtliche Chopin Etuden op10+25 spielen will,eigentlich sämtliche Chopin Etuden in der Godowsky Fassung drauf haben?
Oder gelingt es denen ,auch Stücke aufzuführen die eben auch für sie am technischen Limit liegen?:confused:
 
Ich befürchte ja fast, dass so ein Konzert von Rachmaninoff für diese Pianisten eben wie für dich eine Etude von Chopin ist. Das beruhigt dich wahrscheinlich gar nicht (und mich erst recht nicht), und es ist auch bloß eine Vermutung von mir. Sogar auf meinem Anfängerlevel kann ich das absolut nachvollziehen, was du hier beschreibst.
 
Vielleicht spielt dir auch dein eigenes Wertungssystem einen Streich: wenn du über das "Spielenkönnen" bestimmter Schwierigkeitsgrade zu viel nachdenkst und dem eben Wert beimisst, dann schlottern dir natürlich die Knie, wenn es vor Fachpublikum zur Darbietung eines *besonders schwierigen* Stückes kommt. In deinem Kopf blinken vielleicht alle Alarmleuchten auf: Vorsicht, Hobbypianist versucht sich an für sein Niveau ungewöhnlich schwieriger Literatur. Eine selbsterfüllende Prophezeiung aus dem Bilderbuch!

Was einen professionellen Pianisten mit entsprechender Ausbildung vom Amateur außerdem unterscheidet, dürfte eine einigermaßen lange Reihe von Auftrittserfahrungen sein, die auch Prüfungskonzerte bzw. Konzerte vor Fachpublikum umfasst. Wenn man sich durch das Fehlen solcher Erfahrungen nicht an derartige Stresserfahrungen gewöhnen kann, dann bleibt es wohl nicht aus, dass man, wie du, sehr aufgeregt ist.

Was das öffentlich Spielen generell betrifft, düfte kein Profi Stücke aufführen, die er nicht wirklich draufhat. Ob das der Fall ist, merkt man wahrscheinlich erst vor Publikum oder, wenn man ehrlich ist, auch schon zu Hause :D. Das geht ja jedem Klavierschüler so, dass es zuhause immer suuuuper klappt, nur im Unterricht plötzlich nicht mehr.... ;-)

LG, Sesam
 
Hallo Kreisleriana,

ich kenne dieses Problem sehr gut. Im Moment spiele ich ein langes, stellenweise sehr schwieriges Werk, bei dem mich manche Leute drängen, ich solle es doch unbedingt mal vor Publikum aufführen. Ich kann das Stück inzwischen schon recht gut und habe es neulich mal einigen Leuten vorgespielt (vier Personen, von denen ich zwei etwas besser und zwei praktisch gar nicht kannte). Sofort kam bei den heiklen Stellen dieser typische Stress auf "Huch, ich muss das jetzt im vollen Tempo hinkriegen! Ich muss, ich will, es soll gut sein!" Natürlich bin ich voll rausgeflogen.

Ich denke, man sollte ein Stück wirklich erst dann vor Publikum spielen, wenn es auch unter Stressbedingungen quasi leicht von der Hand geht und man nie das Gefühl hat, die Zügel aus der Hand zu lassen. Auch die schweren Stellen sollen sich leicht anfühlen. Und ich glaube, dass das bei Profis wirklich so ist, wenn sie ultravirtuose Sachen aufführen. Die kennen das Stück so in- und auswendig, dass sie immer die volle Kontrolle behalten.

Manchmal gelingt mir das bei schweren Stücken/Stellen auch. Das Gefühl, was sich dann einstellt, ist, dass das Stück auch in hohem Tempo langsamer zu werden scheint. So, als ob ich jeden einzelnen Ton schön nacheinander betrachten und in Ruhe spielen könnte - obwohl das Tempo sehr hoch ist. Wenn das passiert, dann weiß ich, dass ich bald so weit bin.

Grüße von
Fips
 
mir ist lieber, alle Hände voll zu tun zu haben: da bleibt keine Zeit oder Gelegenheit für Ängste - oder wie es Pollini sagt:
Zitat von Pollini:

was die Frage nach sehr schwieriger Konzertliteratur betrifft: diese wird gespielt, nachdem sie genügend geübt wurde und "sitzt" (erstaunlicherweise fliegen wirkliche Profis kaum bei den schwierigsten Stellen raus: z.B. Gilels verhaute ein paar Oktaven im Prestissimo der h-Moll Sonate, aber das hinderte ihn nicht daran, mit Schwung weiterzuspielen - freilich wer sich selber Angst einprogrammiert, der fliegt dann raus und findet nicht kaum noch rein) --- und nein, "leicht" im Sinne von mühelos a la "is ja voll baby" ist für keinen Zeugs wie Gaspard, Petrouchka, Tannhäuser-Transkr. & Co.: unter anderem deswegen wird das ja auch immer wieder geübt ;), und zwar von allen, die das spielen!

bzgl. Lampenfieber: ich kenne das vor dem ersten Ton, und da ist es furchtbar und nix hilft dagegen - aber mit dem ersten Takt ist es weg.
 
Meine Erfahrungen damit sind unterschiedlich - manche schweren Stücke werden vor Publikum tatsächlich leichter, wie das vonstatten geht, ist mir bisher ein Rätsel, denn sobald ich sie wieder allein übe, sind sie wieder schwerer... vor Publikum bin ich manchmal lockerer, möglicherweise, weil ich mich so sehr auf Melodie und / oder Ausdruck konzentriere, dass ich vergesse, dass es schwer ist.
Genauso kenne ich auch das Gegenteil: Wenn man in Ruhe übt, klappt alles, sobald es funktionieren muss, sperrt sich irgendwas und man kämpft sich nur noch durch oder fliegt raus.
Die Erfahrung hat auch gezeigt: Darauf, wie das erste öffntliche Spielen klappt, baut das weitere öffentliche Spielen in gewissem Sinne auf. Wenn ich also beim ersten Spielen rausfliege oder mich unwohl fühle, habe ich auch beim nächsten Mal die Sorge, dass das passieren könnte - wenn es aber (vielleicht sogar wider Erwarten?) gut funktioniert, habe ich mir bewiesen, dass ich es kann, traue mich weiter und das nächste Mal läuft auch besser. Das bedeutet: Das erste Mal Vorspielen sollte so gewählt sein, dass man sich wohlfühlt.

Man kann den Übergang auch fließend gestalten. Ein Problem ist nämlich, dass man immer meint, Flügel, Hände und Hirn würden sich verändern, sobald da ein paar Leutchen zuhören. Das stimmt aber gar nicht, es ist alles wie vorher. Wenn man das erstmal begriffen hat, geht es plötzlich leichter.
Es nützt, sich z.B. beim üben allein vorzustellen, da wäre ein Publikum - mit allem, was dazugehört. Klavier / Flügel auf, ins Zimmer treten, verbeugen, konzentrieren, nochmal schön ans Publikum denken und sich fest vornehmen, fehlerlos durchzuspielen. Wenn das gut gelingt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es in echt auch gelingt, recht groß.
Auch aufnehmen hilft sehr, denn das stresst einen selbst ungemein, trotzdem hat man nichts zu verlieren und außerdem die Chance, nachzuhören, wo die problematischen Stellen liegen. Die kann man dann nochmal gesondert bearbeiten.

Übrigens nimmt auch die Angst, Limit-Stücke vor Publikum zu spielen, ab, je öfter man das tut. Die ersten Male hat man vielleicht noch ziemlich Schiss und verhaut alles, aber je öfter man das macht, desto mehr wagt man, mal die Sau raus zu lassen, und plötzlich geht es.
Es ist nichts anderes - man traut sich einfach nicht. Leider kann man nicht einfach beschließen, sich doch zu trauen, und wenn doch, wäre man so überrascht von sich selbst, dass man vielleicht trotzdem rausfliegt... :floet:
Irgendwann setzt man mal alles auf eine Karte, zieht den Kopf nicht mehr ein und spielt. Wenns daneben geht, merkt das Publikum keinen Unterschied zu vorher - wenn nicht, was viel wahrscheinlicher ist, klingts wirklich toll...
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Vielleicht spielt dir auch dein eigenes Wertungssystem einen Streich: Eine selbsterfüllende Prophezeiung aus dem Bilderbuch!

Was einen professionellen Pianisten mit entsprechender Ausbildung vom Amateur außerdem unterscheidet, dürfte eine einigermaßen lange Reihe von Auftrittserfahrungen sein, die auch Prüfungskonzerte bzw. Konzerte vor Fachpublikum umfasst.

Was das öffentlich Spielen generell betrifft, düfte kein Profi Stücke aufführen, die er nicht wirklich draufhat. Ob das der Fall ist, merkt man wahrscheinlich erst vor Publikum
LG, Sesam

Pkt eins volle Zustimmung,aber was hilft gegen selbsterfüllende Prophezeiungen? besser üben oder Hypnose?(kenn einen Pianisten der das übrigens tatsächlich versucht hat) ;)


Prüfungskonzerte sind da sicher die beste Vorbereitung,da geht es ja auch um einiges,da hast du sicher recht.

Letzter Punkt trifft glaub ich aber nicht zu ,Profis sollten eben nicht erst vor Publikum merken ob sie ein Werk drauf haben!obwohl ich mich an einen Klavierabend erinnere,wo eine russische Pianistin(war aber noch nicht ganz fertig mit dem Studium) nach einer wunderbaren MozartInterpretation die Schumann Fantasie spielte,auch sehr gut bis zur berüchtigten Stelle,war natürlich neugierig-gespannt wie die Sprünge kommen,war dann das größte Fiasko das ich je in einem Konzert erlebte,sie flog 2xraus und begann die stelle von vorn,umden 2.Satz in einer furchtbaren Kakaphonie zu beenden,tat mir wirklich leid die Arme.


.

Ich denke, man sollte ein Stück wirklich erst dann vor Publikum spielen, wenn es auch unter Stressbedingungen quasi leicht von der Hand geht und man nie das Gefühl hat, die Zügel aus der Hand zu lassen.
Fips

Ja ist mir ja klar,aber wenn Vorspiel vor kleinem Publikum keine stressbedingte Panik auslöst,sondern nur Kombi "fremder Flügel mit völlig anderem Anschlagsverhalten,keine Möglichkeit zum Einspielen,im Publikum lauter Profis und dann ein ultra schweres Stück..." .DAS macht dann den Unterschied und der ist so schwer zu trainieren :-(

freilich wer sich selber Angst einprogrammiert, der fliegt dann raus und findet nicht kaum noch rein) --- und nein, "leicht" im Sinne von mühelos a la "is ja voll baby" ist für keinen Zeugs wie Gaspard, Petrouchka, Tannhäuser-Transkr. & Co.: unter anderem deswegen wird das ja auch immer wieder geübt , und zwar von allen, die das spielen!
-.

ist klar,ich finde die "delete-Taste" ,oder "in den Papierkorb verschieben" gegen das Programm aber nirgends im Kopf :-)

Eben DAS interessiert mich,wie die die Stellen, wo sie wissen, da haben sie Probleme ,trotzdem im Konzert meistern:von Horowitz erzählt man ,er habe oft endlos an manchen Stellen üben müssen weil sie ihm nicht gelangen(zumindest nicht so wie er das wollte),hat dabei russisch geflucht und getobt,trotzdem waren die Konzerte dann großartig,von einem anderen großen Russen weiß ich,er übte EINEN einzigen takt eine halbe Stunde lang,dann gingen die Besucher eine Stunde spazieren,als sie zurück kamen, übte er noch immer den gleichen Takt....


. Wenn man in Ruhe übt, klappt alles, sobald es funktionieren muss, sperrt sich irgendwas und man kämpft sich nur noch durch oder fliegt raus.

Auch aufnehmen hilft sehr, denn das stresst einen selbst ungemein, trotzdem hat man nichts zu verlieren und außerdem die Chance, nachzuhören, wo die problematischen Stellen liegen. Die kann man dann nochmal gesondert bearbeiten.

Übrigens nimmt auch die Angst, Limit-Stücke vor Publikum zu spielen, ab, je öfter man das tut. Die ersten Male hat man vielleicht noch ziemlich Schiss und verhaut alles, aber je öfter man das macht, desto mehr wagt man, mal die Sau raus zu lassen, und plötzlich geht es.

Das mit dem Aufnehmen werd ich ja mal probieren,ist ohnehin geplant,danach werd ich jedes Klavier, das ich irgendwo sehe, mit Liszt Etuden zertrümmern :-)

liszt Kopie1.jpg


Naja danke mal an alle,für erste geh ich die sachen mal wieder gaaaaaanz langsam durch,dann Flügel stimmen lassen und aufnehmen.
 
Eben DAS interessiert mich,wie die die Stellen, wo sie wissen, da haben sie Probleme ,trotzdem im Konzert meistern:von Horowitz erzählt man ,er habe oft endlos an manchen Stellen üben müssen weil sie ihm nicht gelangen(zumindest nicht so wie er das wollte),hat dabei russisch geflucht und getobt,trotzdem waren die Konzerte dann großartig,
die Antwort auf deine Frage hast du doch selbst schon gegeben: notfalls durch exzessives Üben, und weil das ärgerlich sein kann, wird eben auch geflucht :):) - - allerdings wird so lange und richtig geübt, bis es dann eben doch funktioniert (und natürlich wird alles Nutzlose ausgeblendet - "man darf nur keine Angst haben" (Pollini)) --- der Vorteil des richtigen Übens ist ja, dass man Bewegungsabläufe verinnerlicht, dass sie automatisch werden, und das dauert mal länger mal weniger lange.
und da in den Noten nie steht "hähä, jetzt kriegste Schiß, gleich fliegste raus, ätschibätschi da hilft kein üben" sondern stattdessen das Klanggeschehen notiert ist, genügt es eben völlig, nach dem üben einzig auf das Klanggeschehen konzentriert zu sein -- Horowitz hat fluchend ein halbes Jahr an der sauschweren 5. Sonate von Skrjabin geübt, und sicher klang das üben nicht immer erbaulich, aber nach dem halben Jahr konnte er die, ohne dass er vor den Leuten eingenässt hätte :):)
 
Wozu beim Üben fluchen???

Bloß weil Horowitz das (angeblich!) gemacht hat, ist das noch lange nichts, was man nachmachen sollte!

Sich ärgern / fluchen VERSCHLECHTERT die Voraussetzungen, das Stück hinzubekommen, da man schlechter auf die wesentlichen Dinge fokussieren kann und der Körper angespannter wird und die Atmung schlechter fließt.

Es ist für jedermann, egal auf welchem Level, absolut möglich, gänzlich ohne Ärgern und Fluchen zu üben!

Denn worüber ärgert man sich denn? Über die zweifelsfreie, neutrale, simple Tatsache, daß der eigene Körper die Klangfolge / den Bewegungsablauf, den das Gehirn dieses Körpers für erstrebenswert hält, jetzt eben gerade nicht hinbekommen hat. Das heißt, man nimmt eine Spaltung in den "Beobachter / Denker", der angeblich (!) weiß, wie's richtig ginge, und den tatsächlichen Körper, der das Stück spielt, vor, der vom "Beobachter / Denker" beschimpft wird. Das sollte doch jedem klar sein, daß das idiotisch ist! Man ist EIN Mensch, nicht zwei!

Und überlegt mal, wie Ihr es fändet, wenn Euer Klavierlehrer so blöde mit Euch rumschimpfte, wie Ihr es mit Euch selber tut! Den würdet Ihr doch hinjagen, wo der Pfeffer wächst! Also verhaltet Euch Euch selbst gegenüber einfach so, wie Ihr von anderen Menschen auch behandelt werden wollt!

Das einig Richtige ist, wie ein Wissenschaftler zu üben: "Aha, soso, diese Stelle geht nicht! Wieso? Aha, vielleicht deswegen! Also mal überlegen, wie könnte ich vorgehen... etc."

Ein Wissenschaftler ärgert sich ja auch nicht, wenn die Ergebnisse des Experiments anders ausfallen als erwartet (es sei denn, er ist ein Wissenschaftler minderer Qualität, dem es um Ruhm und Geld und Wichtigtuerei geht), sondern sagt: "Danke, Experiment, daß Du mich mehr über die Realität hast erkennen lassen und mir die Möglichkeit gibst, jetzt weitere Experimente auf der Grundlage richtigerer Hypothesen auszuführen!"

LG,
Hasenbein
 
Wenn das wirklich, auch nach genauer Betrachtung, bei Dir so ist, Rolf, daß Dir das Ärgern / Fluchen Spaß macht (tatsächlich?), dann isses ja ok! Nur ist es bei den allermeisten nicht so!

LG,
Hasenbein
 

@ Rolf: :D:D:D

Also mir rutschen beim Orgelüben in der Kirche auch öfters lautstarke Flüche raus, die weder jugendfrei sind noch einen evtl. anwesenden Pfarrer erfreuen dürften.. :D

Warum soll man nicht durch Fluchen Dampf ablassen dürfen beim Üben?

Aus meiner Sicht wird das Lampenfieber auch und gerade bei schwierigeren Passagen besser, wenn man eben möglichst oft vor Leuten spielt und den öffentlich vorgetragenen Schwierigkeitsgrad aufgrund positiver Erfahrungen peu a peu in die Höhe schraubt, möglichst ohne die persönliche Kompfortzone von im stillen Kämmerlein gemeisterten Schwierigkeiten zu verlassen.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Warum soll man nicht durch Fluchen Dampf ablassen dürfen beim Üben?
Warum sollte man so üben, daß sich überhaupt "Dampf" in einem bildet??

LG,
Hasenbein
Also mich würden Tipps interessieren, wie man denn so übt, dass kein "Dampf" aufkommt.

Es ist ja so, dass man immer etwas übt, was man noch nicht kann. Ich frage mich, wie ich effektiver die im Hintergrund immer drohende Frustration und Überforderung, ausblenden kann. Dass du von Wissenschaftlern gesprochen hast, fand ich sehr aufschlussreich. Tatsächlich habe ich auch beobachtet, dass ein quasi "emotionsloses" Üben mir gut tut. Aber wie kann ich meine Gedanken so programmieren, dass ich nicht von jedem Fehler oder misslungenem Versuch gepeinigt werde?

lg marcus
 
Also mich würden Tipps interessieren, wie man denn so übt, dass kein "Dampf" aufkommt.

Es ist ja so, dass man immer etwas übt, was man noch nicht kann. . .

Früher hatte ich schon ziemliche Wutanfälle und als Kind sogar das arme Instrument mit Schlägen traktiert ,wenn etwas nicht und nicht geklappt hat,heute bin ich doch ruhiger geworden und überlege erst mal woran es liegt ,dass was nicht klappt ;)

Man übt eben NICHT immer etwas, was man noch nicht kann,sondern leider muss man auch Sachen üben, die man NICHT MEHR kann,das empfimde ich schon als etwas ermüdend, und ich denke, auch Berufsmusiker machen das nicht mit wirklicher Begeisterung.Da kann dann auch eher Zorn aufkommen.Kennt ja jeder:eine etwas kniffligere Stelle in einer Sonate,endlich sitzt das perfekt,dann zig mal gespielt,auch öffentlich,alles perfekt,dann eine Zeit lang weg gelegt und schon klappt die Stelle nicht mehr und muss wieder langsam und systematisch erarbeitet werden...ist schon ein wenig ärgerlich, was unser Gehirn uns da für Streiche spielt.

die Antwort auf deine Frage hast du doch selbst schon gegeben: notfalls durch exzessives Üben, und weil das ärgerlich sein kann, wird eben auch geflucht :):) - - allerdings wird so lange und richtig geübt, bis es dann eben doch funktioniert --- der Vorteil des richtigen Übens ist ja, dass man Bewegungsabläufe verinnerlicht, dass sie automatisch werden, und das dauert mal länger mal weniger lange.
und da in den Noten nie steht "hähä, jetzt kriegste Schiß, gleich fliegste raus, ätschibätschi da hilft kein üben" sondern stattdessen das Klanggeschehen notiert ist, genügt es eben völlig, nach dem üben einzig auf das Klanggeschehen konzentriert zu sein -- Horowitz hat fluchend ein halbes Jahr an der sauschweren 5. Sonate von Skrjabin geübt, und sicher klang das üben nicht immer erbaulich, aber nach dem halben Jahr konnte er die, ohne dass er vor den Leuten eingenässt hätte



nein, "leicht" im Sinne von mühelos a la "is ja voll baby" ist für keinen Zeugs wie Gaspard, Petrouchka, Tannhäuser-Transkr. & Co.: unter anderem deswegen wird das ja auch immer wieder geübt ;), und zwar von allen, die das spielen!
.

Wenn ich das richtig verstehe, bedeutet das aber,dass man keineswegs nur Stücke in Streßbedingungen aufführen soll,die deutlich unter dem eigenen technischen Niveau liegen,sondern sehr wohl auch Werke die eben am Limit liegen,vorausgesetzt die sind dann wirklich 120% vorbereitet,oder?
Denn wenn Horowitz ein halbes Jahr zum Einstudieren benötigte,war das Werk für ihn offenbar keineswegs leicht,sondern ein echt harter Brocken,trotzdem klappte die Aufführung,dank richtigen Studiums der Sonate.

Das beantwortet eigentlich meine Frage.

Schlußfolgerung für mich?:
1.natürlich müssen gerade solche Limit-Werke offenbar NOCH besser sitzen,obwohl ich gedacht hatte,sitzt eigentlich gut genug,da fehlt mir eben die Aufführungserfahrung.Also spiel ich's nächste zeit NUR mehr gaaaanz langsam um alle Abläufe noch besser zu internalisieren.

2.Was haltet Ihr von der erlebten Situation: -Klassiker:"geh schau da ist ein Klavier,spiel mal was...": komme also in ein Zimmer,fremder Flügel,fremder Hocker,anderer Lichteinfall,Profis anwesend,ich setz mich hin und beginne mit dem schwierigsten Werk.....nach den ersten Tönen merke ich,zähe Mechanik,dunkler Raum,Hocker auch zu hoch und noch dazu zu weit rechts,jetzt hab ich aber schon mal begonnen und muss da durch....das geht nicht gut aus.....zitter,zitter,Schweiß..

oK war blöd oder?
Hätte eine Stunde Einspielen(haben Gastgeber nicht gar so gern vorm Essen),Hocker richten,an die Umgebung gewöhnen,mit leichten Stücken Vertauen gewinnen anstatt die nachher zu spielen.. wäre alles klüger gewesen,aber die Hybris kommt daher,dass ich bei einfacheren Werken nicht so leicht aus dem Konzept zu bringen bin.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Also mich würden Tipps interessieren, wie man denn so übt, dass kein "Dampf" aufkommt.

Es ist ja so, dass man immer etwas übt, was man noch nicht kann. Ich frage mich, wie ich effektiver die im Hintergrund immer drohende Frustration und Überforderung, ausblenden kann. Dass du von Wissenschaftlern gesprochen hast, fand ich sehr aufschlussreich. Tatsächlich habe ich auch beobachtet, dass ein quasi "emotionsloses" Üben mir gut tut. Aber wie kann ich meine Gedanken so programmieren, dass ich nicht von jedem Fehler oder misslungenem Versuch gepeinigt werde?

lg marcus

Lieber marcus,

ich übe auch genauso, wie hasenbein sagt, d.h. bei mir kommt gar kein Dampf auf. :p

Ich sehe mein Üben bzw. die Erarbeitung eines Stücks immer als Prozess, der in vielen einzelnen Schritten besteht, die irgendwann zum Ziel führen werden. Also habe ich nicht den Ehrgeiz, das Stück jetzt sofort zu können, sondern widme mich in aller Ruhe allen für mich nötigen Schritten, um das Stück musikalisch und klanglich zu erforschen.

In diesen Schritten übe ich so, dass ich einzelne Elemente wie Aufbau und Entwicklung von Phrasen, Melodien, Klangschichten etc. erkenne, spiele, höre, gestalte und im musikalischen Kontext betrachte. Die musikalische Struktur bestimmt, was ich übe und wie ich übe. Das Notenbild weckt eine Klangvorstellung, die beim Üben überprüft und verbessert wird. Dieser kreative Prozess macht Spaß, besonders dann, wenn immer so geübt wird, dass man alles kann, was man spielt!

Da könnte meiner Meinung nach dein Knackpunkt liegen, denn du schreibst, dass man immer etwas übt, was man noch nicht kann.

Ich sehe es genau anders herum: ich übe immer so, dass ich alles kann! :p

Und zwar bezogen auf das Stadium, in dem ich mich gerade befinde. Das Tempo ist fast immer das letzte, was ich anpasse, und so bin ich zufrieden, wenn ich eine Phrase oder Stimme so spiele, dass ich sie musikalisch verstanden habe und klanglich schön gestalte.

Bei dir habe ich das Gefühl, du siehst den Übeprozess immer bezogen auf das Ziel, das Stück komplett zu können und hast vielleicht daher das Gefühl, dass du noch nicht kannst, was du spielst. Vielleicht siehst du eher den "Soll"-Zustand und ich den "Ist"-Zustand.

Ich weiß einfach, dass diese Schritte notwendig sind, um später ein wirkliches musikalisches Verständnis erlangt und das Stück quasi "durchgehört" zu haben. Mein Ziel ist die Wahrnehmung möglichst vieler Facetten und das kann ich nur, wenn ich mir beim Spielen noch zuhören kann. Bin ich zu beschäftigt, kann ich mir nicht mehr gut zuhören. Daher übe ich nur das, was ich kann und beschäftige mich mit den klanglichen Verbesserungen, die ich gut realisieren kann. Die manuelle Bewältigung ergibt sich in Kongruenz zu dieser Art des Übens (wenn ich nicht zu schwere Stücke spiele :p ).

Könnte es also sein, dass du deine Ziele beim Üben zu hoch steckst? Dass du zu ungeduldig bist und das Stück schnell "können" möchtest?

Liebe Grüße

chiarina
 
2.Was haltet Ihr von der erlebten Situation: -Klassiker:"geh schau da ist ein Klavier,spiel mal was...": komme also in ein Zimmer,fremder Flügel,fremder Hocker,anderer Lichteinfall,Profis anwesend,ich setz mich hin und beginne mit dem schwierigsten Werk.....nach den ersten Tönen merke ich,zähe Mechanik,dunkler Raum,Hocker auch zu hoch und noch dazu zu weit rechts,jetzt hab ich aber schon mal begonnen und muss da durch....das geht nicht gut aus.....zitter,zitter,Schweiß..

oK war blöd oder?
Hätte eine Stunde Einspielen(haben Gastgeber nicht gar so gern vorm Essen),Hocker richten,an die Umgebung gewöhnen,mit leichten Stücken Vertauen gewinnen anstatt die nachher zu spielen.. wäre alles klüger gewesen,aber die Hybris kommt daher,dass ich bei einfacheren Werken nicht so leicht aus dem Konzept zu bringen bin.


Lieber kreisleriana,

tröste dich: kaum ein Pianist spielt gleich am Anfang eines Klavierabends seine schwierigsten Stücke! Allen geht es gleich - sie müssen erst mal rein kommen, der Eine mehr, der Andere weniger. Kein Mensch fängt mit La Campanella einen Klavierabend an, außer er ist sehr hartgesotten. Als erstes Stück nimmt man also eins, was man schon sehr sicher kann und - wenn möglich - öfter aufgeführt hat. Dein Punkt 2 ist schon die Hardcore- Nummer! :D

Dann unterschätzen viele immer wieder, wie viel man üben muss. Es gibt zwar schon Vorspieltalente, denen diese Situation nicht so viel ausmacht und die nicht so viel Sicherheit brauchen, aber im Regelfall muss man eben sehr viel üben und natürlich auch richtig üben. Und dann spielen die meisten ihre neu erarbeiteten Stücke nicht sofort in der Carnegie Hall, sondern im kleineren Rahmen. Bei uns in der MHS hat mal Andras Schiff gespielt und hat seinen Bach-Abend sehr verhauen, weil ihn sein Gedächtnis im Stich gelassen hat.... . Pianisten wählen gern erst mal kleinere Säle, um Vorspielerfahrung zu bekommen.

Sei doch froh, dass du bei leichteren Stücken keinen Koller bekommst :) und spiele immer mehrere Stücke hintereinander und als Letztes das, was am Limit ist. Und das möglichst oft. Die Vorspielerfahrung nimmt einem keiner ab.

Liebe Grüße und viel Erfolg!!!

chiarina
 
Ich sehe es genau anders herum: ich übe immer so, dass ich alles kann! :p

Genau das ist es! 100%! Bitte alle hier ausdrucken und an die Wand hängen!

Wenn Ärger aufkommt, übe ich falsch, da ich so übe, daß ich häufig verkacke. Intelligentes, zweckmäßiges, "wissenschaftler-artiges" Üben beinhaltet aber, daß alles, was man sich vornimmt, auf jeden Fall klappt und daher die Bewertung "Boah ey, wat'n Scheiß wieder!" überhaupt nicht aufkommen kann!

Oder aber, wenn man partout bei den unzweckmäßigen Übeweisen und den häufigen Verkackern bleiben will, dann muß man wenigstens ehrlich sein und sich sagen: "OK, ist ja auch kein Wunder, ich spiel hier wieder planlos drauflos und kriege natürlich entsprechende Ergebnisse" und hat auch keinen Grund, sich zu ärgern.

LG,
Hasenbein
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Also mich würden Tipps interessieren, wie man denn so übt, dass kein "Dampf" aufkommt.
lg marcus

Hallo marcus,

ich bin zwar absolut kein Profi und lediglich ein Spätanfänger, aber ich denke, dass die Frage, wie man übt, ohne dass überhaupt Dampf aufkommt alle Klavierspielenden und -lernenden, egal welchen Niveaus betrifft.

Du hast ja jetzt schon einige Antworten von den Profis erhalten, dennoch will ich dir meine simple Anfängersicht hierzu erläutern.

"Dampf" kommt dann auf, wenn ich mir hinsichtlich eines bestimmten STücks/einer bestimmten Passage etc. mental eine Vorstellung bilde in dem Sinne: "Das müsstest du jetzt in xx Minuten/Stunden/Tagen/Wochen/Monaten etc. "draufhaben".

Rein mental haben wir musikalische Takte/Phrasen/Stücke/Werke recht schnell begriffen bzw. durchschaut; allein die (Fein)motorik und Koordination ist wahrscheinlich wesentlich langsamer als der Geist und die eigene Musikalität (vermute ich mal!). Daher müssen wir uns damit abfinden, dass einzelne Takte, kleine Passagen etc. relativ lange geübt werden müssen.

Hinsichtlich der feinmotorischen und koordinativen Fähigkeiten gibt es bei den Pianisten sicherlich erhebliche Unterschiede!
Aber!!! und das sollten alle immer im Auge behalten: es gibt m.E. höchstwahrscheinlich keinen Pianisten bei dem das rein motorische Begreifen eines Stücks schneller funktioniert als das mentale und musikalische Begreifen des selben!

Somit sitzen letztendlich alle Pianisten im gleichen Boot!:D:D

LG

Debbie digitalis
 

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